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Dienstag AI 21. November 1854. Wcißerih-Icitnng Ins«»»« werden mit 8 Pf. für die Zeile berechnet ch u. in allen Ex peditionen an genommen. - . Erscheint Dienstags und. Freitag«. Zn beziehen durch alle Postanstal- tea. Preis pr» Quart. IVRzr. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Amtliche Erklärung. Von mehrer» Seiten her befragt, erklären wir hiermit, baß ber Brand, welcher unser arme» Zöblitz heimgesucht hat, durchaus nicht zu den sogenannten Specnlationsbränden gehört. Es ist — die Untersuchung schwebt noch — so gut wie erwiesen, daß der zebnjährige Knabe Dietz im Hause seines Stiefvaters, des Maurers Albrecht, das Feuer verwahrlost, wo nicht gar aus Rache gegen seine Elter», angelegt hat. Er hat cinge- standen, daß er eine halbe Stunde vor Ausbruch des Feuers, ohne Wissen seiner Eltern, mit brennendem Spane an einen Ort gegangen, wo Heu und Stroh lag. Und dort brach das Feuer aus. Maurer Albrecht hatte diesen Sommer viel in sein Haus verbaut und die mäßige Brandversicherungssumme nicht erhöht. Auch hatte er Mobiliar oder sonst Etwas durchaus nicht versichert und ist durch den Brand um Alles gekommen. Eiue böswillige Absicht Albrecht» kann sonach diesem Brande durchaus nicht zu Grunde liegen. — klebrigen« ist das Elend wirklich grenzenlos: denn 102 Wohnhäuser sind abgebrannt und 6V stehen noch, deren Mehrzahl noch obendrein von Unbe mittelten bewohnt wirb. — An alle Zeitungen und Localblät ter des Inlands die dringende Bitte, dem armen Zöblitz zu Liebe Gegenwärtiges auszunehmen. — Helse, wer Helsen kann! Zöblitz, den 12 November 1854 Justizamtmann Fritzsche. Pastor Wilde. Aus Geyer. Ueber das den hiesigen Ort gleichzeitig mit dem benach barten Zöblitz betroffene große Brandunglnck mögen wohl sehr verschiedene Urtheile gefällt werden. Die über die Entstehungs ursache mit Nachdruck geführte Untersuchung wird hierüber wohl bald einen nähern Ausschluß geben; soviel scheint aber jetzt schon fest zu stehen, daß hier eine böse Hand im Spiele gewesen ist, oder daß mindestens Seiten des Eigentbümers des Hanscs, wo daS Feuer anSgekommen, oder dessen Angehörige eine gröbere Fahrlässigkeit möge stattgcfunden haben. Ein- stußreich aus die Beurtheiiung der ganzen traurigen Begeben heit aber sind besonders folgende Hauplninstände: 1) das Feuer brach au§ an einem Orte, welcher der höl zernen Bauart der Häuser in der nächsten Umgebung, beson ders der weichen, zum Theil sogar ans Stroh bestehenden Bedachung von vornherein den Erfolg der Löschanstalten ver eiteln mußte,, und zwar nm so mehr, als eS gerade dort an größer» Wasser-Reservoirs gänzlich mangelte, der den hiesigen Ort dnrchströmsnde Bach aber sehr weit vom ursprünglichen Heerde de» Feuer« entfernt war; 2) herrschte seit längerer Zeit große Trockenheit, welche da« Umsichgreifen des Feuer« außerordentlich begünstigte, auch wehte überdies ein ziemlich heftiger Wind. sMerkwürdig ist, daß in Zöblitz Nordost-, hier aber Südsüdost-, ober wohl gar Südwind stattsand.) 3) Waren des Festtags halber die meisten Einwohner, besonders die jüngeren, rüstigeren, welche sich dem erlaubten Vergnügen de« Tanzens hingegeben hatten' nicht in ihren Be hausungen, und ehe sie sich der unheilvollen Stätte näherten, hatten die Flammen einen Umfang und eine Heftigkeit ge wonnen, welche allen Anstrengungen der herbcigecilten Lösch mannschaften spottete. Groß, ja unersetzlich ist bei Manchem der Verlust, indem z. B. ein Einziger von den Abgebrannten außer seinem sämmt- kichen Mobiliar—worunter 6 Gebett Betten — 500 Thlr. in E.-B., die er für einen abwesenden Bruder ausbewahrte, ein Anderer 70 Thlr. dergleichen, Alle aber ihr sämmsliche« Ar- bcitsgcräthe und die für den Winter gesammelten Vorräthc gänzlich verloren haben. Herrlich bewährt sich aber auch hier die edle, ächt christ liche Mildthätigkeit, welche von nah und fern, trotz der nab- ruugslosen Zeit, ihre Sendungen schickt zur Linderung der durch den strenge» Winter, der sich hier bereits eingestellt hat, noch erhöhten Noth, und Tbränrn des Kummers in Frendenthränen zu verwandeln unablässig bemüht ist. Der Allgütige vergelte Ihnen Alles, was Sie freiwillig und auf unfern Hülferuf au uns getha»! Geyer, am 13. November 1854 Der HilfScomitv. München, 17. Nov. Die Art und Weise, wie nicht bloS hier, sondern auch in den katholischen Kir chen der Provinzialstäbte die TrauerfeierUchkeit für die verstorbene Königin Therese abgehallen wurde, hat in zahlreichen und zwar nicht allein, oder ausschließlich protestantischen Kreisen eine peinliche Sensation erregt. Diese Feier, hört man äußern, habe in ihrer ganzen Zusammenstellung eine entschie den confessionelle Richtung gehabt, durch welche über, all fühlbar gewesen fei, daß sie einer NichtKüholikin gelte. Man habe die eigentliche kirchliche Weihe ver mißt, sie habe mehr den Anstrich einer musikalisch-de- clamatorischen Festlichkeit gehabt. Nicht einmal ein Vaterunser habe man der Dahingeschiebenen geweiht, kein brennendes Licht auf, sondern nur hinter den Altären, und dergleichen Beschwerden mehr, von de nen uns nur wundert, wie man in der jetzigen Zeit Anderes erwarten konnte. Türkei. Auö Odessa vom II. Nov. wird be- richtet: Nachrichten auS Sebastopot zufolge war daselbst am 6., 7. und 8. Nov. nichts Bemerkens- werlheS vorgekommen. Die Russen waren eifrig mit der Wiederherstellung der beschädigten Festungswerke beschäftigt. Die Alliirten setzten die BelagerungSar- beiten rüstig fort. — Aus Marseille vom I». Nov. wird französi schen Blättern telegraphirt: „Der am 5. Nov. von Konstantinopel abgegangene „Sinai" ist hier ange kommen und bringt auS der Krim folgende bis zum 3. Nov. reichende Nachrichten: „Der Sturm auf Se- bastvpol war auf den 5. Nov. festgesetzt nnd 8000 Freiwillige aus den Reihen der Verbündeten hatten sich einschreiben lassen, um daran Theil zu nehmen; 4000 derselben waren durch daS Loos erwählt worden. Die Sturmcolonnen sollten unter den Befehl des Prinzen Napoleon gestellt werden. Man beabsichtigte zuerst das in der Nähe des Kirchhofs errichtete Fort anzngreifen, wo die erste Bresche eröffnet worben war. Die Truppen befanden sich in einem Zustande fieber hafter Ungeduld. Der Zustand der Stadt wird als: furchtbar geschildert. ES herrschte daselbst ein voll-