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1 Schönburger TaaMnit und Dienstag, den 28. September 1880 220 Alle Postanstalten, die Expedition und die Colportsure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Berlin vorläufig keinen ungünstigen Eindruck, ob wohl man überzeugt ist, daß es nur ein Lückenbüßer ist. Die „National-Zeitung" bemerkt: die Ernennung Bartholemy's sei eine friedliche Demonstration, durch welche Grövy den ungünstigen Eindruck abschwächen wollte, welchen der Sturz Freycinel's hervorgerufen. Die reactionäre und radicale Presse Frankreichs nennt den neuen Minister des Auswärtigen bald eine machtlose Puppe, bald einen halben Lan- desverräther, Letzteres auf Grund eines im März d. I. von ihm an die „Deutsche Revue" geschriebe nen Briefes, in welchem er den Fürsten Bismarck als einen Friedenspolitiker kennzeichnet und ihn den „großen Kanzler" nennt. Das ist allerdings in den Augen mancher Franzosen ein unverzeihliches Verbrechen. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Spanien. Die tugendhafte Isabella, wir meinen selbst verständlich die Exkönigin von Spanien, versteht es vortrefflich, ihrem Volke die Erklärung zu erpressen: „Du warst uns eine theure Königin!" Kaum in Madrid angelangt, hat sie eine Forderung von fünfundzwanzig Millionen Francs milsammt den Zinsen seit dem Jahre 1864 geltend gemacht. England. Die Aufklärungen des mysteriösen Versuchs, einen Zug der Nordwest-Bahn durch Dynamit in die Luft zu sprengen, sind trotz aller Anstrengungen der Geheimpolizei nicht weiter gediehen. Keine der verschiedenen beargwöhnten Personen konnte mit dem Verbrechen in Zusammenhang gebracht werden. Ebensowenig ist es der der russischen Botschaft atta- chirten Polizei gelungen, die Belheiligung an dem mörderischen Versuche irgend einem der in England weilenden russischen Flüchtlinge nachzuweisen. Türkei. Das französische Flottencontingent ist am Sonn abend nach Dulcigno abgegangen. Prinzipiell wurde vereinbart, daß im Falle der Nothwendigkeit von Feindseligkeiten alle Mächte gleichmäßig vorgehen. Der französische Admiral erhielt demgemäß seine Instructionen, sich eventuell an der Beschießung zu betheiligen. Admiral Seymour hat den Befehl erlassen, daß das Geschwader sich heute Montag zum Auslaufen bereit zu halten habe. Der Sultan soll übrigens dem deutschen Botschafter Grafen Hatzfeld gegenüber geäußert haben, er werde bezüglich Dulcignos den Ereignissen ihren Lauf lassen; die Verantwortung für dieselben würde auf Europa zurückfüllen. Aegypten. Auf den Khedive Tewfik Pascha von Aegypten wurden am 7. September in Alexandrien während der Fahrt durch die Straße Moharem Bey mehrere Revolverschüsse abgefeuert, welche ihr Ziel verfehlten. Die Kugeln wurden im Wagen aufge funden. Der Attentäter, ein Soldat, wurde verhaftet. Aus dem Muldenthale. *Waldenburg, 27. September. Am gestrigen Tage hielt die hiesige Freiwillige Feuerwehr ihre diesjährige Hauptübung auf hiesigem Markplatze ab. Auf ergangene Einladung waren zu derselben Herr Branddirector Albert aus Hohenstein, sowie eine Anzahl Mitglieder der Glauchauer Freiwilligen Feuerwehr erschienen. Zunächst wurden Fuß- exercitien, sowie Geräthübungen der einzelnen Sectionen vorgenommen und folgte sodann ein Sturmangriff auf das Haus des Herrn Posern am Markt, das als in Brand gerathen gedacht wurde. Nachdem die Spritzen angekommen waren, erfolgte nach nicht ganz vier Minuten den Bericht erhalten: „Ende gut, Alles gut. Ein herrliches Wetter begünstigt die letzte Passionsvor stellung. Das Dorf ist, wie immer, von Fremden überfüllt. Die Passionsspieler selbst sind zwar noch voll Begeisterung und Eifer, aber körperlich ermattet. Der materielle Erfolg hat ihre kühnsten Erwartungen übertroffen; der Ertrag übersteigt die Summe von 300 000 Mk. Ob der König Ludwig hierher kommt, ist ganz unbestimmt. Außerordentlich populär ist der deutsche Kronprinz geworden. Er hat den ganzen Tag über der Vorstellung mit größter Theilnahme beigewohnt. Beim Scheiden sagte er dem Bürger meister, er sei im Augenblicke nicht im Stande den erhaltenen tiefen Eindruck zu schildern. Jeder Oberammergauer erzählt mit Stolz und Rührung, daß der Kronprinz bei diesen Worten Thränen in den Augen hatte. Ferner erzählt u an sich eine hübsche Geschichte, die sich vor dem Hause des Bürgermeisters zugetragen. Als das Publikum sich nach dem Hause des Bürgermeisters drängte, um Billets zu erhalten, stand nämlich der Kronprinz gerade unter der Thür. Da wurde er von Per sonen, die ihn nicht kannten, für den Bürgermeister gehalten und um Billets bestürmt. Der Kronprinz spielte denn auch lachend die Rolle des Bürger meisters und sagte den Zudringlichen begütigend: „heute giebt es keine Billets mehr, Sie massen morgen wiederkommen." Die von anderer Seite sofort angefochtene Mel dung der „Köln. Ztg.", derzufolge im Vatican die Absicht obgewaltel hätte, als Vertreter des Papstes einen Cardinal zur Dombaufeier nach Köln zu senden, wird jetzt auch von der römischen „Aurora" als völlig unbegründet hingestellt. Die Vermuthung eines Berliner Correspondenten der Augsburger „Allg. Ztg.", daß auf den Wunsch des Kaisers Leo XIII. sich in Köln durch einen deutschen Bischof vertreten lassen werde, wird von der „Ger mania" gleichfalls als durchaus unzutreffend be zeichnet. „Zu welchem Zweck' man derartige Gerücvte in Umlauf setzt", — fügt das ultramon tane Organ hinzu, — „ist uns unerfindlich; wir wollen nicht annehmen, daß damit Wünsche osficiel- ler Kreise ausgedrückt werden sollen, in welchen man doch darüber nicht in Zweifel sein sollte, daß unter den leidigen „Culturkamps"-Verhältnissen an eine Be theiligung des h. Stuhles bei der Feier nicht ge dacht werden könne. Oder haben die Flunkereien vielleicht den Zweck, die Katholiken für die Feier zu erwärmen? Auch darin dürfte man sich ver rechnen, wie dies die Stimmung der rheinischen Katholiken genügend bezeugt." Frankreich. Der Minister des Auswärtigen, Barthelemy St. Hilaire, hat den diplomatischen Vertretern Frank reichs im Auslande folgendes Schreiben zugehen lassen, worin er die Versicherung ertheilt, daß das neue Kabinet nichts in der von dem letzten Kabinet befolgten auswärtigen Politik ändern wird. „Nie mals hat Frankreich ein größeres Gewicht auf die Aufrechterhaltung des Friedens gelegt, der so heil sam ist für seine Wohlfahrt und seine Ehre. Die ses System, welches durch die Weisheit Thiers, dessen Freund ich so lange gewesen bin, inaugurirt worden, ist seit 10 Jahren mit Beharrlichkeit be folgt worden und Hal herrliche Früchte getragen. Wir werden dieser so glücklichen Tradition treu bleiben und werden Alles thun, um die freundschaft lichen Beziehungen, welche die französische Republik zu den anderen Regierungen unterhält, noch mehr zu entwickeln. Was mich persönlich angeht, so werde rch alle meine Kräfte hierzu anwenden!" Das neue französische Ministeriummacht in *Waldenbnrg, 27. September 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser hat der evangelischen Geistlichkeit in Köln ausdrücklich seinen Wunsch ausgesprochen, daß die für den aus Anlaß der Dombauseler am 15. October stattsindenden Gottesdienst bestimmte Zeit von 45 Minuten in keinem Falle überschritten werden dürfe. Ferner hört man, daß der Kaiser mehrfach betonte, wie er dem ganzen Dombaufeste das Gepräge einer Huldigung für den verstorbenen König Friedrich Wilhelm IV-, der den großartigen Plan der Vollendung des Kölner Domes ersaßt und bis an sein Lebensende gefördert habe, gegeben zu sehen wünsche. Es steht übrigens anderweiten Mitteilungen gegenüber fest, daß der Kaiser ent schlossen ist, nur am 15. October der Kölner Feier lichkeit beizuwohnen. Fürst Bismarck zeigt sich als neuer preußischer Handelsminister bemüht, in ähnlicher Weise, wie er einst seiner Politik die einflußreichen Kreise der Groß industriellen und Landwirthe durch den neuen Zoll tarif anzuschließen wußte, auch die Arbeiter-Ba taillone für dieselbe zu gewinnen. Ein socialpoliti sches Programm, dessen Gipfelpunkt die staatliche Regelung der Arbeitervcrsicherung bilden soll, ist von ihm in großen Zügen entworfen worden, um demnächst einem Sachverständigen-Ausschuß unter breitet zu werden. Die Idee ist gewiß großartig und aller Sympathien werth. Auch Napoleon III. — der Socialist auf dem Throne — beschäftigte sich in seinen letzten Regierungsjahren eingehend und praktisch mit diesem Problem, das er bereits in den „iäÖ68 nupolöonionnsZ" theoretisch zu lösen versucht hatte. Es ist ein eigenthümliches Zu sammentreffen, jetzt den Mann, welcher das zweite Kaiserreich so ruhmvoll niedergeworfen, auf den Spuren desselben wandeln zu sehen. Der Finanzminister Bitter, 67 Jahre alt, hat sich am 25. d. mit einer Professorstochter Fräulein Nerenz, 37 Jahre alt, vermählt. Es soll in höheren militärischen Kreisen die Frage in Erwägung gezogen werden, ob es nothwendig sei, eine Reform des Natural-VerpflegungSivesens der Armee vok'zunehmen In neuerer Zeil ist von fachmännnischer Seite wiederholt darauf hu.gewiesen worden, daß die bisher vorgeschriebene Natural- Verpflegung für die meist noch in der Entwickelung begriffenen jungen Männer, zumal im Hinblick auf die Strapazen des Dienstes, nicht ausreiche. So z. B. forderte auf der letzten Versammlung des Deutschen Vereins für Gesundheitspflege in Mün chen Professor Voit eine bessere Verpflegung des Militärs im Frieden, nachdem er etwa Fol gendes angeführt halte: „Die Nahrungsmittel, von welchen die Soldaten leben, enthalten oft nur die Halste des zur Ernährung nöthigen Eiweißes: da durch sieht sich der Soldat genöthigt, sich den Man gel mit eigenem Gelds zu ersetzen. Wie wenig er Semeinsamen Menage zu leben vermag, / große Absatz der Marketenderwaaren in den Kasernen Auch die ärmsten Eltern sehen sich gezwungen, sich einige Pfennige vom Munde abzu sparen, um ihren Sohn vor Hunger zu scbüken Der Staat hat aber ein großes Interesse daran' die Körper der Soldaten stark zu erhalten denn nur gut genährte Soldaten können den heutigen Anforderungen des Krieges genügen." Der bier angeregte Gegenstand dürfte jedenfalls die größte Beachtung verdienen. " Ueber das Ende der Oberammergauer Passi- onsspiele hat das „Deutsche Montagsbl." folgen Waldenburger Anzeiger Annahme von Inseraten für d-e nächster- scheinende Nummer b,s Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg