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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.10.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189510135
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18951013
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18951013
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-10
- Tag 1895-10-13
-
Monat
1895-10
-
Jahr
1895
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 13.10.1895
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BezugK-PreiS in der Hemptexpeditiou oder deu i» Stadt- bezirk uud den Vororten errichteten AuS- gabestellen abgeholt: vierteljährlich 4.50, bei zweimaliaer täglicher Zustellung iu- Haus 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich ^l 8.—. Direkte tägliche Kreuzbandienvung ins Ausland: monatlich ^l 7.50. Die Morgen-Ausgabe erscheint um '/,? Uhr. die Abeud-Ausgabe Wochentag- um 5 Uhr. / Nedactiün und Lrpeditiou: JohanneSgaffe 8. Dir Expedition ist Wochentag» ununterbrochea geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Filiale«: Otto Rlemm s Earti«. (Alfred Hahn), UniversitätSstraße 1, Laut» Lösche, Katharinenstr. 14, pari, und König-Platz 7. WM TllgMM Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschiiftsverkehr. - ANz»ige«.PreiD die «gespaltene Petitzelle SO Pfg. Reklamen unter demRedactionsstrich (4ao- spalten) 50^, vor den Kamiliennochrichten (6 gespalten) 40^. Gröbere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Tarif. Extra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefärcherung 60.—, mit Poftbesördernng 70.—. Amrahmefchluß für Anzeizen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Für die Montag-Morgen-Ausgabe: Sonnabend Mittag. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets au die Expedition zu richten. —-o—o- i Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. 485. Sonntag den 13. October 1895» 88. Jahrgang. Die nächste Nummer erscheint am Montag Morgen. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachung, die Vertrauensmänner skr die JnvaliditLtS- «nd Altersversicherung betreffend. Nachdem der Gesammtvorstand der Versicherungsanstalt für das Königreich Sachsen nach Maßgabe der von den Verwaltungsbehörden gemachten Vorschläge eine Neuwahl der Vertrauensmänner und deren Ersatzmänner vorgenommen hat, werden die Namen der Gewählten hiermit zur öffentlichen Krnntniß gebracht. I. Bezirk: Alt-Leipzig. Arbeitgeber. Vertrauensmänner: Ersatzmänner: . Osten. 1) C. Friedrich Hübel, Buch» 1) Loui- Bernhard Richter, Kauf ¬ bindereibesitzer, Leipzig, Tau- mann, in Firma Richter L chaerstr. 15 d. Bürckner, Leipzig, Theater- Passage. Süden. 2) August Knauth, Klempner- 2) Franz Schwericke, Uhrmacher, meister, Leipzig, Bayrische Leipzig, Bayrische Str. 12. Str. 38. Braune, Leipzig, Vertrauensmänner: 1) Theodor Knirsche, Kaufmann, i. Fa. A. Herzog, Leipzig, Brühl 61, 2. S.-G. l. 2) Valentin Rudolf, priv. Loh gerbermeister , L. - Lindenau, Bernhardstr. 7. Tr. ä, II. ' " L) Georg Pfotenhauer, Gasthofs besitzer, L.-Eutritzsch, Markt 7. , „ ) Schulze, Schlosser, Leipzig, Kochstr.46 pt. stordeM. 3) Carl Friedrich Kegler, Haus- 8) C. Hermann Jehnig, Markt meister der Neuen Börse, Helfer, Leipzig, Packhos-Str. 3. Leipzig, Blücherplatz. II. Bezirk: Letpzig-Plagwtst, — -Lindenau, — -Kleinzschocher, — -Tchleuszig. Arbeitgeber. Ersatzmänner: 1) Max Höfler, Buchdruckerei- besitzer, L.-Lindenau, Linden- stratze 4. 2) Friedrich Wilhelm Lochmann, Siegellackfabrikant, L. - Lin denau, Luppenstr. 32. v. Versicherte. Vertrauensmänner: Ersatzmänner: 1) Friedrich Ernst Pfefferkorn, 1) Franz Emil Engler, Arbeiter, Zimmermann, L. - Klein- L.-Lindenau, Hermannstr. 7. zichocher, Plagwitzer Str. 14. 2) Gustav Geidel, Etsrnhobler, 2) Hugo Anton Josef Prohubcck, L. - Kleinzschocher, Plagwitzer Buchhalter, L.-Plagwitz, Post- Straße 33. straße 2. IH. Bezirk: Leipzig-Eohli», —-Eutritzsch. Arbeitgeber. Vertrauensmänner: Ersatzmänner: 1) Bruno Richard Roch, Kauf- 1) I. Emil Lodde, Kaufmann, mann, Leipzig, Neumarkt 3, Leipzig, Hallesche Straße 12. 2) A. F. I. W. Zimmermann, Gärtnereibesitzer, L.-Eutritzsch, Gartenstr. 3. . Versicherte.. Vertrauensmänner: Ersatzmänner: 1) EarlHeinr.Hartmann.Contorist, 1) Moritz Kersten, Schlosser, L- L-Gohlis, Braustr. 6l. Eutritzsch, Lindenstr. 2) Alexi» Friedrich Oberländer, 2) I. F. F. Leiter», Werksührer, Buchhalter, L.-Eutritzsch, Ost- L-Eutritzsch, Oststr. 12. straße 4. IV. Bezirk: Leipzig-Connewitz und -Lötzntg. Arbeitgeber. Vertrauensmann: Ersatzmann: F. H. Schwarz, Bäckermeister, G. Fischer, Sensfabrikant, L.» L.-Connewitz, Leipziger Str. 56. Connewitz, Kochstr. 3. ». versicherte. Vertrauensmann: Ersatzmann: Westen und Norden. 8) August Wackernagel, Schlosser- 3) Hans Heinrich Rudolf Schmidt, meister, Leipzig, Ranstädter Besitzer einer Badeanstalt, Steinweg 35. Leipzig, Naundörfchen 9. L. versicherte. Vertrauensmänner: Ersatzmänner: Osten. 1) Carl Arthur Kotte, Corrector, 1) Wilhelm Ludwig Leipzig, Lange Str. 11,1. Buchbindergehilfe, Friedrich Str. 3,1. Süden. 2) Ludwig Malerbachei-, Schlofft, s) Friedrich Ferdinand "Leipzig, Sophienstr. 2. <7'.' " " ' ' Westen und Norden. Corl Reischel genannt Hering, Gustav Kranert, Lithograph, Goldschnittmacher, L.-Conne- L.-Lonnewitz, Marienstr. 3. Witz, Teichstr. 7. V. Bezirk: Leipzig-Reudnitz — -Renschönefeld — -Neustadt — -BolkmarSdorf — -Sellerhausen — -Anger-Erottendorf und Leipzig-Thonberg. Arbeitgeber. Vertrauensmänner: Ersatzmänner: 1) Adolf Schotte, Feilensabrikant, 1) Reinhold Wegner, Möbelfabrik Leipzig-Reudnitz, Kohlgarten- u. Fournirhandlung, Leipzig straße 22. Reudnitz, Kuchengartenstr. 22. 2) Hermann Fechner, Fabrikbe- 2) Robert Lange, Manometer. sitzrr, L.-Anger, Wilhelmstr. 14. u.Bierdruckapparate-Fabrikant, » L.-Rrudnitz, Feldstraße 4. v. versicherte. Vertrauensmänner: Ersatzmänner: 1) Franz Meyer, Wcrksübrer, 1) Carl Mothes, Buchdrucker, L. - Sellerhausen, Eisenbahn- L -BolkmarSdorf, Bergstr. 37. straße 127. 2) Gustav Ahme, Buchdruckerei. 2) F. Wilhelm Mehl, Markthelfer, factor, L.-Neustadt, Ludwig- L.-Reudnitz, Oststraße 43. straße 44, II. VI. Bezirk: Letpzig-Neusellerhausen. Arbeitgeber. Vertrauensmann; Ersatzmann: Carl Emil Puriche, Siebwaaren- Wilhelm Sauer, Schmiedemeister, fabrikant, L.-Neusellerhausen, L.-Neusell«rhaus«u, Wurzeuer Wurzener Sttaße 54. Straße 58. ». versicherte. Vertrauensmann: Ersatzmann: Carl August Niklitzsch, Buchdrucker, Georg Blume,Äsrudreher,Leipzig. L -Neusellerhausen, Wurzener Neusellerhauseu,WurzenerStr.48. Straße 34. Leipzig, am 9. Oktober 1895. Vit. 2278 2378 Der Nolh der Stadt Leipzig. KrankenverfichernngSamt. vr. Schmid. Herzog. Lekanntmachung. Wegen Reinigung der Geschäftsräume können in unserm Melde amt», Wächterstraße Nr. 5, II. Etage, am 14. dieses Monats in Abtheiluug III (für Dienstboten) und am 18. dieses Monats in Abtheiluug I Buchstabe LI—2 (für bleibende Einwohner) nnr dringliche Geschäfte erledigt werden. Leipzig, am 7. Oktober 1895. Das Poltretamt der Stadt Leipzig. V.R. 4856. Bretschneider. Saitenmachrr. Gekannlmachung. Die öffentlich ausgeschriebenen Gründungsarbeiten für die Auf stellung von 5 dreistelligen öffentlichen Bedürsnißanstalten sind ver- geben worden. Die unberücksichtigt gebliebenen Bewerber werden aus ihren be- züglichen Angeboten hierdurch entlassen. Leipzig, am 9. Oktober 1895. Der Rath der Stadt Leipzig. Io. 4728. vr. Georgi. Ctz. Erledigt hat sich unsere Bekanntmachung vom 25. vorigen Monats, die Fabrikarbeiterin Marie Beyer von hier betreffend. Leipzig, den 10. Oktober 1896. Der Rath der Stadt Leipzig. Ärmenamt. ^.-L.IVa. Nr. 1781 d. Hentschel. Hr. Die städtische Sparkasse beleiht Wertpapiere unter günstigen Bedingungen. Leipzig, den 1. Februar 1895. Dte Svareaffen-Devutatiou. Fondsbörse zu Leipzig. Die von den Mitgliedern der Fondsbörse vorzunehmende Wahl von 8 Mitglieder» des behufs Umlegung der Jahresbeiträge für 18S5 zu bestellenden SchätzungS-AttSschuffcS wird hiermit auf Montag, den 21. Oktober d. I., unmittelbar nach Börsenschluß im großen Börsensaale anberaumt. Alles Weitere ergiebt der Börsenaushang. Leipzig, den 12. Oktober 1895. Die Abgeordneten -er I. Abteilung des Börsenvorstandes: (gez.) Sieskind Sieskind. (gez.) Oskar Meyer. (gez.) Dir. Max Huth. Bleyl, Börsenfecretär. Aus der Woche. 42 Mit der Wiederaufnahme der BundeSraths- sitzungen und der Berathungen des preußischen Staats ministeriums hat die politische „Vorsaison" ihren Anfang genommen. ES ist dies die Jahreszeit, in der der genügsame Acker der falschen Meldungen — er braucht zur Tragfähig keit nichts als das Samenkorn der Erfindung und den Dünger der Leichtgläubigkeit — sich am fruchtbarsten zeigt. An solchen Svätberbstfrüchten ist auch dieses Jahr kein Mangel; ein Theil der Presse unterrichtet sein Publicum auf da- Genaueste von Dem, was kommen wird, und wenn der Himmel unserm Publicum die Gabe eines schlechten Gedächtnisses verliehen hat, dann wird rS bei Beginn der eigentlichen politischen Campagne wohl informirt sein. Wer aber „gut behält", ist Übel daran, denn da- Meiste wird dann nicht mehr „wahr" sein. Eine Blase ist bereits geplatzt. Die Aenderung des preußischen Vereinsgesetzes ist nicht beschlossen und kaum in Aussicht genommen. So fest wir davon überzeugt sind, daß die mündliche Verhetzung, die in den socialdemokra tischen Versammlungen betrieben wird, an Wirksamkeit der gedruckten mindestens gleichkommt, so wenig können wir den Verzicht auf eine Verschärfung des preußischen Vereinsrechts beklagen. Denn wenn er erfolgt ist, so kann cS nur aus dem Grunde geschehen sein, weil man die Ueberzeugung gewonnen hat, daß ohne Schädigung der berechtigten und nothwendiaen bürgerlichen Freiheit keine Regelung des Vereinswesens möglich ist, die den socialrevolutio- nairen Umtrieben Schranken zu setzen geeignet wäre. Diese Ueberzeugung muß aber, früher oder später, auf diesem unv auf anderen Gebieten dahindrängen, die Socialdemokratie auf dem Boden zu bekämpfen, auf den sie sich selbst gestellt hat, dem de- AuSnahmerechtS. Damit wollen wir die Mahnung eines freiconservativen Blatte-, die Regierung nicht zu gesetzgeberischen Schritten gegen die Socialdemokratie zu drangen, nicht auf uns an wendbar gemacht haben. Im Gegentheile stehen wir, wie am 2. September, auf dem Standpunkte, daß nichts versucht werden soll, ehe man der Durchführung sicher ist. Die Motivirung des ZuwartenS, mit der das bezeichnete Blatt die Welt überrascht, können wir aber nicht gellen lassen. Es meint, Entschlüsse seien u. A. auch davon abhängig zu machen, „wie sich die Verhältnisse innerhalb der Socialdemokratie selbst gestalten, ob die Socialdemokraten die Worte Seiner Majestät deS Kaiser- beherzigen, sich einer provicatoriscken agitatorischen (!) Thätigkeit enthalten und das Gefühl für ibre nationalen Pflichten wieder finden oder nicht." Da- Blatt, daS sich mit der Anführung solcher Möglich keiten bemüht, hat bisher in der vordersten Reihe Derer ge standen, die einer Action gegen die Socialdemokratie, selbst ohne Rücksicht auf den schließlichen Erfolg, am eifrigsten da- Wort redeten. Warum dieser Umschwung? Etwa weil Auer die Schandreden Liebknecht'« zum Sedantag abzu schwächen gesucht bat, oder aar weil man gleich der Voss. Ztg. und sonstigen Strickstrumpfpolitikerinuen glaubt, von dem Verlauf der Breslauer Debatten über die Landagitation aus die Entwickelung der Socialdemokratie zu einer „radikalen Resormpartei" schließen zu dürfen? Will man vielleicht irgendwo wieder rn da- andere Extrem verfallen? Zur Landlagswahl. Iä. Leipzig, 12. October. Die gestern Abend in, kleinen Saale der „Buchbändlerbörse" abgehaltene Versammlung deS „Vaterländischen Vereins" hatte sich eines guten Besuches zu erfreuen. Auf der Tagesordnung stand die Landtags- wahl, sowie eine Ansprache des von der vereinigten national liberalen und konservativen Partei für den zweiten städti schen Wahlkreis aufgestellten Candidaten Herrn Justizrath vr. Schill. Die Versammlung wurde vom Vorsitzende» deS Vereins, Herrn Gymnasialoberlehrer vr. Voigt, mit herzlicher Be grüßung der Erschienenen eröffnet. „Wir haben", so führte Herr vr. Voigt weiter aus, „auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung die Landtagswahl gesetzt und Zwar in der Annahme, daß dieser wichtige Gegenstand Sie Alle interessiren werde. Gestatten Sie, daß ich noch mit einigen Worten auf denselben eingehe. Von den 27 Sitzen der II. Kammer, die zur Erledigung kommen, befinden sich 14 in den Händen der Conservativen, 3 im Besitze der Nationalliberalen, 5 in dem der sächsischen Fortschritts partei, während 5 die Socialdemokraten mne haben. Diese 5 Sitze sind Leipzig IV, Chemnitz II, Crimmitschau, Stollberg- und Chemnitz-Land. Letztere drei Mandate wurden von den Socialdemokraten bei den früheren Wahlen mit geringen Mehr heiten erobert und es wäre dieses Mal nicht unmöglich, daß die Ordnungsparteien sie wieder zurückgewinnen. Leider sind die Aussichten ungünstige, denn trotz der dazu erforder lichen Einmüthigkeit haben die Antisemiten in den Wahl kreisen Slollberg- und Chemnitz-Land noch Sondercandi- daten aufgestellt. Das kommt natürlich nur den Social demokraten , die übrigens in allen Wahlkreisen deS Landes Candidaten aufgestellt haben, zu Gute. WaS die übrigen 22 Kreise anbetrifft, so stehen sich in 12 nur die Candidaten der Ordnungsparteien und Socialdemokraten gegenüber; in diesen ist zu hoffen, daß die ersteren den Sieg davontragen. In 7 Kreisen sind die Antisemiten und in 2 Kreisen die Deutschfrrisinnigen mit Candidatnren hervorgetreten, aus Dresden wird aber gar gemeldet, daß vier Candidaten aufgestellt worden sind. Dadurch können lediglich die Socialdemokraten gewinnen, wenn eS nicht zu dem seltenen Fall der Stichwahl kommen sollte. Am meisten interessiren uns natürlich dis beiden Leipziger Wahlkreise. Von diesen ist im vitzrten Wahlkreise auf Diese Breslauer Verhandlungen können nur Träumer oder Schwachkvpfe mit Beruhigung erfüllen. Wir haben wiederholt unserem Eindruck Worte verliehen, daß die Chancen des „Landprogramms" sich in BreSlau erheblich gebessert haben, und werden in dieser Meinung keineswegs beirrt durch die große Mehrheit, welche der radicalste unter den auf Ablehnung der Programmvorschläge abzielenden Anträgen gefunden hat. Aber gerade deshalb glauben wir die socialdemokratische Agitation künftig nur noch ernster betrachten zu müssen. Die Herren haben ja Alle mehr oder minder deutlich herausgesagt, daß der Verzicht auf ihr eigentliches Programm keinen anderen Zweck hat, als dem Zeitpunkte des gewaltsamen Umsturzes näher zu rücken und seine Aussichten zu verbessern, im Landvolke den Kern für die Revo- lutionSarmee heranzuziehen. Schönlant will sich vermummt auf den Dörfern zeigen, Kautzki unverlarvt: das ist der wahrlich nicht für die größere Harmlosigkeit des Ersteren sprechende Unterschied. Die „Köln. Ztg." hat für die nächste Session ein Menu zusammengestellt, daS von den verstimmten Magennerven dieses Reichstags ganz sicher nicht verdaut werden wird. Indessen dürfte es in der angegebenen Reichhaltigkeit auch kaum servirt werden. Vor allen Dingen fehlt der Glaube an die Botschaft, daß eine Militairstrafprvceßordnung zur Vorlage gelangen werde. Dies Ding will noch längere Weile haben, bis es gut wird. Wir möchten in diesem Stück sehr gern als falschePropheten dastehen, aber vorläufig scheint es uns ausgeschlossen, daß der im vorigen Jahre an gewissen sehr einflußreichen Stellen noch recht hartnäckige Widerstand gegen ein Gesetz, das dem Mindestmaß der Forderungen entspricht, die der Reichstag stellen muß, gebrochen ist. Und einen anderen Entwurf wird man doch nicht vorlegen wollen, es l«i denn, man fühle das Bevürfniß, der herrschenden Ver stimmung reichliche neue Kost vorzusetzen. Aus dem entgegengesetzten Bestreben ist offenbar der Entschluß hervorgegangen, die wider den Staatssecretair vr. v.B »etlicher vor einiger Zeit ausgestreuten und neuer dings mit heuchlerischer Perfidie wiederholten Verdächtigungen auf eine solenne Weise zu widerlegen. Man hätte sich sagen können, daß die Gesinnung, die jene feigen Andeutungen gestattete, die Fortsetzung der Geschäfte auch nach erfolgter Zurückweisung nicht verbietet. Es ist denn auch mit der Erklärung im „Reichsanzeiger" nicht das Mindeste gegen die Verleumder erreicht, wohl aber bewirkt worden, daß anständige Preßorgane auf Lücken in der Darstellung des Staatsministeriums Hinweisen. Wenn man in solchen Dingen nicht eine beweiskräftige Einsperrung erzielen kann, einen freiwilligen ehrlichen Widerruf wird man vergebens erwarten. Die Franzosen sind ihrer Gewohnheit, einem erwischten französischen Spion allsogleich einen deutschen in ihrem Hauptbuch gegenüber zu stellen, auch auS Anlaß der neuesten Verhaftungen in Köln u. s. w. treu geblieben. Aber diesmal haben sie nicht glücklich gegriffen. Die Anklage gegen Schwartz, wie sie in demRegierungsblatt, dem„TempS", gekennzeichnet wird, ist eine Selbstanklage der französischen Kriegsverwaltung: „Seine Hauptthätigkeit hat darin bestanden, die Namen der fran zösischen Geheimagenten in Deutschland herauSzubringen und sie dann der deutschen Regierung zu verrathen. Er hat sich mit einem wahren Feuereifer diesem Dienste hingegeben". Die „französischen Geheimagenten" sind zu französisch „espiong", Spione, und die Tbätigkeit des Schwartz, wenn er spionirt hat, war durch die französische Regierung bedingt! Grund deö vor zwei Jahren getroffenen Abkommens der deutsch-socialen Partei daS Vorschlagsrecht eingeräumt worden Ist der Kampf daselbst auch wenig aussichtsreich, so muß doch der Opsermuth des Candidaten und der Partei um so mehr gewürdigt und wenigstens gehofft werden, daß eS gelingt, zugleich eine ansehnliche Minderheit zu erlangen. Im zweiten Wahl kreise ist der nationallibrrale Besitzstand anerkannt und von dem Comits der vereinten OrdnunaSparteien der bisherige Vertreter deS Kreises, Herr Justizrath Dr. Schill, zur Wieder wahl vorgeschlagen worden. Leider hat sich ein Theil der Antisemiten, der den linken Flügel bildet, diesem Vorgehen nicht angeschloffen, sondern einen eigenen Candidaten auf gestellt. Es ist klar, daß ein solches Vorgehen nur den Socialdemokraten zu Gute kommt, da eine Absplitterung doch nicht bei diesen, sondern nur bei den Ordnungs parteien erfolgen dürste. Um so bringender ist zu wünschen, daß kein Anhänger der Ordnungsparteien sich dazu bewegen läßt, dieses Vorgehen durch seine Stimme zu unterstützen. Der Candidat der Socialdemokraien war ursprünglich der Schirmfabrikant Herr Kleemann. Dieser ist jedoch zurückgetreten oder, wie richtiger gesagt wurde, zurückgetreten worden, weil er am Sedantage sein Geschästs- local um 4 Uhr Nachmittags schloß und mit seiner Frau spazieren ging. Es wirft dieser Vorgang ein erheiterndes Licht auf die „Freiheit", welche zu gewärtigen ist, wenn, was Gott verhüte, diese Partei jemals die Oberhand gewänne. Nun ist Herr Buchdruckerelbesitzer Heinisch als Candidat der Socialdemokraten hervorgetreten. Von irgenv einer ge meinnützigen Thätigkeit desselben ist bisher nichts bekannt geworden. Ihm steht der Justizrath vr. Schill gegenüber. Er hat zwar gebeten, von jedem Lobe seiner Perlon abzu sehen, aber doch sei es gestattet, ihn an dieser Stelle als einen bewährten Candidaten zu bezeichnen. Durch die Ab trennung von Anger-Crottendorf und eines Theiles voa Reudnitz, dem gegenüber nur Thonberg und Neureudnitz hinzugekommen sind, erscheinen die Aussichten gegen früher günstigere geworden zu sein. Aber hüten wir unö vor zu großer Sicherheit. Vergessen wir nicht, daß die Gegner in den letzten Jahren eine fieberhafte Thätigkeit entwickelt haben, um ihre Anhänger zur Gewinnung des Staatsbürgerrechts zu bewegen, und daß infolge dessen die Zahl der Wahlberechtigten erheblich zugenommcn hat. Es ist deshalb falsch, die Hände in den Schooß zu legen. Die größte Rührigkeit haben wir zu entfalten, damit ein Candidat wie Herr Justizrath I)r. Schill mit großer Mehrheit siegt. Wir haben die Ehre, ihn heute in unserer Mitte zu begrüßen. Thue Jeder seine Pflicht, damit wir ihn am 17. October auch als unfern Landtagsabgeordneten begrüßen können!" Hierauf nahm Herr Justizrath vr. Schill das Wort zu einer Ansprache, die im wesentlichen folgendermaßen lautete: „Meine geehrten Herren! Ich danke zunächst Ihrem Herrn Vorsitzenden für die freundlichen Worte, mit denen er mich begrüßt hat, und bin ferner dankbar dafür, daß er mich aufgeforderl hat, in Ihrer Mitte zu erscheinen, und daß Sie gewillt sind, ein paar Worte von mir anzuhören. Denn ich halte es für gut und zweck mäßig, daß bei einer Wahl der Candidat, wenn auch vielleicht sein Name nicht unbekannt ist, Denen, die sich fiir seine Wahl interessiren und die für sie rintreten wollen, von Angesicht zu Angesicht bekannt wird. Sir werden nicht mit der Erwartung hierher gekommen sein, daß ich an dieser Stelle einen Bericht über meine Thätigkeit im Landtage erstatte oder im Einzelnen meine Stellung zu den künftigen Aufgaben des Landtages bezeichne. Es soll das nach dem Beschlüsse des WablcomitLs am nächsten Sonntag in einer größeren Bersamin- lung von Mitbürgern ohne Beschränkung auf die Zugehörigkeit zu einem Vereine geschehen. Sie wollen mir aber gestatten, daß ich einige allgemeine Bemerkungen über die Bedeutung de- Land tages und der bevorstehenden Wahlen hier mache. Man hört nicht selten die Ansicht aussprechen, daß die Auf gaben des Landtages weniger wichtig seien, als diejenigen des Reichstages, und daß deshalb auch die Landtagswahlen nicht einen solchen Aufwand an Kraft und Theilnahme nöthig machen, wie die Reichstagswahlen. Nichts ist unrichtiger, als eine solche Meinung, und uin so mehr würde sie zu beklagen sein, wenn sie etwa eine Lässigkeit in der Ausübung de- Wahlrechts zur Folge hätte. Es ist ja richtig, daß durch die Reichsverfassung auf mannig- fachen Gebieten die Zuständigkeiten der Volksvertretung auf den Reichstag übertragen worden sind. Es gehören dahin namentlich auch diejenigen Gebiete, auf denen sich die wirthschaftlichrn und socialen Bestrebungen und Kämpfe, welche die Signatur unserer Zeit bilden, abspielen. ES gehört ferner dazu daS Gebiet des bürgerlichen Rechts, auf dem bekanntlich da- Reich mit einer umfassenden Gesetzgebung vorzugehen im Begriffe ist. Auf allen diesen und auch noch anderen dem Reiche zugesprochenen Gebieten haben dir Einzellandtage die entscheidende Stimme verloren. Sie können höchstens noch durch Anträge an die Regierung wegen Instruction der Bevollmächtigten zum Bundesrathe oder in Form von Interpellationen einen gewissen Einfluß sich zu verschaffen suchen, wie das z. B. im vorigen Land tage hinsichtlich der Tabaksteuer und der Börsensteuer in der 11. Kammer unseres Landtages geschehen ist. Aber das, was dem Landtage noch nach Uebertragung dieser Gebiete aus hie Rcichscompetenz geblieben ist, ist immer noch so wichtig unh so von entscheidendem Einflüsse für die Gesammtheit nicht minder, wie für den einzelnen Staatsbürger, daß auf seinem Gebiete der Landtag gleichwerthig neben den Reichstag gestellt werden muß. Ich erinnere nur an die Feststellung des Staats haushaltplanes, an die Bewilligung der Steuer», an die Gesetzgebung über die letzteren, insbesondere an die Einkommen- steuergesetzgebung, an das gelammte Bildnngswesen, an die Handhabung und den Ausbau der ganzen inneren Staats-Ver waltung. Eie können daraus entnehmen, wie falsch eS ist, wenn man bei einer Landttagswahl weniger Gewicht darauf legen wollt», wie sie aussällt, als bei her Reichstagswohl. Die Zusammensetzuny de- Landtages ist von nicht minder wichtiger Bedeutung, al- dirzenige hes Reichstage-. Es kommt aber nach meiner Meinung in unserer gegenwärtigen Lage noch viel Wichtigeres in Frage, al« die Stellung, di» der einzelne Abgeordnete za dem oder jenem Gesetzentwurf einnimmt. ES gilt mit allen Kräften zu verhindern, daß nicht die Anhänger derjenigen Richtung, welche offenkundig und vollbewußt darauf ausgrht, den monarchischen Staat und die sittlichen und rechtlichen Grundlagen desselben in Trümmer zu schlagen, in noch größerer Zahl, als sie jetzt schon der Ü. Kammer angeboren, in
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