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Freitag Nr. 28. 28. April 1843. MM Deutsche Allgemeine Zeitung. sWU -Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Ueberbtiek. Deutschland. Aus Norddeutschland. Die Uebergangskrisen. Mün chen. Ein Relchsrath über die Dismembrationsfrage. * Erlangen Das Universitätsjubiläum. Schwerin. Gescheiterte Untcrhandtun, zwischen der adeligen und der bürgerlichen Ritterschaft. * Franklur a. M. Keine Aussicht zu Hamburgs Beitritt zum Zollverein. Der Rothschild'sche Agent ist doch in Spanien beraubt worden. Duell eines Rothschild'schen Geschäftsführers. Preußen. In Magdeburg sollen unnLthkge Festungswerke zu bessern Zwecken verwendet werden. »esterreich. "Wien. Eine Mordthat. Die Gerüchte in Betreff einer Staatsanleihe. Lenau besingt den Erzherzog Karl. *Äus Ungarn. Die liberale Bewegung. Die Nationalität. Spanien. * Paris. Feste der Osterwoche. Die Marinedepartements wünschen die Beibehaltung des Marincministers. Don Enrique See offizier. Der Schiffbruch des Solway. Großbritannien. Der Herzog von Sussex. Geheimerathsbefehl über Schiffahrtsverhältnisse zu Rußland. Adresse an Cobden. Frankreich. Die Deputirtenkammer nimmt das ChauffeegeseH an. Ge rüchte über Veränderungen im Ministerium. Der Constitutionnel über Religionsfreiheit. * Paris. Die Verwaltung des öffentlichen Unter richts in Frankreich, st Paris. Das Chauffeegesetz. Tod! des Hrn. Schickler. Belgien. Wahlen. Loseana. * Floren?. Frühling. Der Herzog und die Herzogin von Leuchtenberg. Der Erzieher des Kronprinzen. Uebersctzungen. Die große Procession in Pritto. Rußland und Polen'. 'Ein Militairbefehl. Haiti. Boyer ist gestürzt. Handel und Bubusttie. -Hanau. Hanau-Frankfurter Eisenbahn. Äknkündigungen. Deutsch kni« **AuS Nor-deutschland, 24. April. In Zeiten, reger Ent wickelung bisher meist schlummernder oder nur in beschränkterm Grad und nach minder vielfachen Richtungen hin thätiger Kräfte und Be strebungen der Völker pflegen mancherlei peinliche Verhältnisse, Uebel stände und Verlegenheiten einzutteten, welche das physische und mo ralische Wohl der Individuen und Staaten in ihren gegenseitigen Be ziehungen nach innen und außen beeinträchtigen, ankränkeln, in sei nem Wachsthum und seiner organischen Ausbildung hemmen, mit Ei nem Worte, den Zustand unbehaglich, bedenklich, ost auch gefährlich, die Abhülfe aber ungemein schwierig machen. Unbillig wäre es, der artige Noth und Bedrängniß, ost nur die endliche Wirkung schon Jahrhunderte lang bestehender Ursachen oder längst chronisch forlwu- cherndcr und nur zu Zeiten gefährlicher auftretender Krankhcitszustände, überall Verirrungen, Misgriffen, böswilligem LeichismN und Unver stand Einzelner, falschen Staatsprincipien und Rcgierungsgrundsätzen auf die Rechnung zu setzen: dergleichen Zustände bilden sich aus vie len Faktoren, eine Menge zusammcnwirkcnder Umstände führt sie her bei, und was in längst verflossenen Jahrhunderten unter andern Be dingungen vortheilhaft, wenigstens kein Uebel und leicht erträglich war, odet was der kurzsichtige Blick des Menschen ihn damals nicht als für die Zukunft gefährlichen Keim erkennen ließ, was der Nachfolger in träger Gewohnheit ungeprüft und auf gut Glück hinnahm, ja .oft ge flissentlich fortpflanzte, der noch Spätere nicht mehr auSzurottcn ver mochte, das bringt uns herbe Früchte, schafft vielseitiges Unheil und nimmt mühevolle Anstrengung zu seiner Bekämpfung und Entfernung dringend in Anspruch. Thöricht und befangen wäre cs ferner, zu ver kennen, daß mit den Uebergängen zu höher» Entwickclungöstufen im ma teriellen und geistigen Culturleben der Völker, veranlaßt durch gewaltigen Jdecnumfchwung, neue Erfindungen, erhöhte Einsicht, Willenskraft und Thätigkeit der Einzelnen re., eigenthümliche, jeder organischen Entwicke lung von Natur anhaftende, aber nur vorübergehende, krankhafte Zu stände, momentane Leiden und Schmerzen verbunden sind, welche das Ge fühl der Unbehaglichkeit durch das Ungewohnte der neu sich gestaltenden Verhältnisse noch steigern. Das dergleichen Krisen nicht über Gebühr dauern, möglichst normal und ungestört durch zweckwidrige Mittel ver laufen, daß nicht anderartige Uebel damit verwechselt werden und un ter diesem Schein immer mehr Grund und Boden gewinnen, das muß für den Staatsmann der Gegenstand strenger Prüfung, angestrengten Nachdenkens, weiser Umsicht und energischer Fürsorge sein. Ist diese ihm obliegende Pflicht an und für sich zu allen Zeiten sehr schwierig, so ist sie cs ganz besonders in unserer vielfach bewegten, so mannich- fache Rücksichten fodernden Zeit, deren Ansprüche so vielseitig und weit verzweigt, daß ohne die in Wort und That hülfreiche Unter stützung der Berufenen und Auserwählten, ohne den Beitrag einzel ner Scherflcin und die pflichttreue Mitwirkung Vieler, für den Ein zelnen keine Aussicht vorhanden ist, sich der allmäligcn Lösung so schwieriger Aufgaben mehr und mehr erfolgreich zu nähern, und wie so viele Factoren zur Herbeiführung so kritischer Verhältnisse zusam menwirkten, so bedarf es der Einwirkung eben so vieler Kräfte und Mittel der Verbesserung von den verschiedensten Seiten her, um die Nachtheile und Ucbelstände zu entfernen. Wie wirksam auf materiel lem Gebiete rein sittliche Bestrebungen sind, wie scheinbar ganz an dern Bereichen angehörende Thätigkeiten und Leistungen auch hier dem allgemeinen Wohle förderlich sind, wie erfolgreich sie zu dem höchsten Zwecke menschlichen Lebens und menschlichen Wirkens beitragen, eine har monische Durchbildung und lcbensfrischc Uebung des Körpers und Geistes zu bewirken, zu heilen, zu erfrischen, zu beleben: das zeigt die Geschichte zur Genüge, und in verzweifelten Zuständen war es die, eine nachhaltige Fülle neuer reeller Schöpfungen in sich tragende lebendige Idee, welche als Retterin hcrniederstieg in den Geist des Menschen, sich verkörperte und einbürgcrte unter dem hülfsbedürftigen Geschlechte. Nicht höhle Theorie, nicht müßige, der Wirklichkeit und dem praktischen Leben ab- gcwandte Ausgeburt wirrschweifcnder Phantasie, nicht ein künstlich schc- matisirter Zusammenhang von Einfällen, nicht ein buntes Gebilde träu merisch abstrakter Begriffsscligkcit tritt sie ein in die Wohnungen der Menschen, in Hütten und Königshallen, gibt sich furchtlos strenger Prü fung hin und verschmäht es nicht, mit anfänglich schwachen Erfolgen ruhig ugd besonnen den naturgemäßen, ost dornenvollen Weg allmä- liger Anerkennung zurückzulegen und Mutter neuer Sprößlinge zu werden, wenn sie selbst ihre Mission erfüllt hat. Solche in die Wirk lichkeit eingehende, sie veredelnde und dem praktischen Leben eine selbst bewußte, thatkräftige, sittliche Richtung'gebende geistige Macht wird sich dem empfänglichen Sinne leicht zu selbstthätiger Aneignung an- bcqucmen, und ihre Vertreter werden weit davon entfernt sein, das Reelle, wirklich Nützliche, das durch die Vernunft wohlberechtigt Be stehende oder erst Werdende für aufgebauschte Redensarten hinzugcben oder an Abgelebtes, Verwitterndes und Morsches ihre Zeit und Kräfte mit nutzlosen Scheinbclcbungsversuchen zu verschwenden. Der Pfunde und Gaffen sind vielerlei verliehen, alle aber zum Segen des Gänzen, zu sich gegenseitig ausgleichcnder, harmonisch-lebendiger Wirksamkeit: !cins ist gering zu achten, denn an alle ging der Ruf des sie verlei- >enden Schöpfers, nach dem Maße ihrer Steigerungsfähigkeit zu wir ken für das gemeine Beste. Hoheit der Gesinnung, Charakterstärke und liebevoller EdelmUth, Reichthum des Wissens und Tiefe der Er- kcnntniß, sie wohnen friedlich mit Einfachheit, schlichter Geradheit und maßvoller Selbstbescheidung zusammen und sind dem praktisch materiel len Wirken durchaus nicht feindlich entgegengesetzt, wie viele Beispiele alter und neuer Zeit zur Genüge beweisen. Möge daher das deutsche Volk fort und fort in allen seinen Angehörige» der verschiedensten Bil dungsstufen hohlen Theorien und eitlem Wahne immer mehr entsagen, der lrbenvollen Wirklichkeit und auch den materiellen Interessen immer hin ein gesteigertes Kräftemaß zuwenden, in der vollen Ucberzeugung, daß, da der Mensch nicht von Brot und Fleisch allein lebt, nach den Erfahrungen und Lehren der Geschichte, materieller Wohlstand, Blüte des Handels und Gewerbfleißes auch eine sichere Basis für höhere zei tige Entwickelung in größerer Ausdehnung als früher für die Zukunft chaffen werde; möge cs aber dabei nicht in materiellem Treiben und innlichcm Genüsse versinken und die geistigen und moralischen Mächte »ernachlässigen, welche den bleibenden Kern, das innerste Wesen der Menschheit ausmachcn und deren lichtvoller, warmer Gvtteshauch vor