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VsigtliiM scher Anztigtr. Amtsblatt für die Genchtsämtkr und Stadtrütbe e» Plauen, Pausa, Elsterberg, Schönest und Mübltroff. 8ielimzü;s1er Jahrgang. Beran kw örtliche Redaction, Druck und Perlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Diese» Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstag». Donnerstag» u"d Sonnabend». Iäbrlicher Abonnement-preiS, auch bet Veztebung durch die Post. 1 Thlr. 10 Ngr. — Annoncen, die bi» Vormittag» t l Uhr eingeben. werden in die Tag» daraus erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Ausnaome. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet. Sonnabend. 20» 14. Mai 183S. Plauen, 12. Mai 1859. Es gicbt viele Leute, für deren Ungeduld der Krieg viel zu langsam vorschrcitct. Ging's nach ihrem Wunsche, so hatten die Oesterreicher schon lange wenigstens eine Schlacht schlagen, natürlich die Saiden und Fran zosen gänzlich besiegen, unaufbaltsam vornickln müssen. Der Krieg wäre dann recht bald zu Ende, Alles käme wieder ins ruhige, glückliche Frie- densgleis, Handel und Gewerbe wieder in Blüthe. DaS wäre freilich recht schön. Allein eS gestaltet sich die Wirklichkeit in der Regel anders, als wir wünschen und hoffen, und leider dürste dies; auch bet dem gegeu- wärtigeu Kriege der Fall sein. Wir würden uns nach menschlichen An sichten Glück zu wünschen haben, wenn der eben begonnene Kamps nur tu so viel Monaten beendigt wäre, als er bis jetzt Tage gedauert hat. Täu schen wir uns nicht dmch trügerische Vorspiegelungen, durch träumende Hoffnung; die Enttäuschung, daS Erwachen würde nur desto schmerzlicher sein. Louis Napoleou hat einen Brand angeschürt, der vorläufig zwar nur Italien in Flammen gesetzt Hal, aber schon jetzt hinüberznngelt unter die unabhängigkeitslustigcn slavischen Völker der nördlichen Türkei, der möglicherweise über ganz Europa znsammenschlagen kann und am Ende mit dem Blute der besten Söhne Deutschlands an; Rhein, an der untern Donau und an der Weichsel gelöscht werden muß. Dem deutschen Manne, dem Christen ziemt in solchen entscheidungsschweren Lagen weder kindische Furcht, noch thörichte Selbsttänschung, weder Klein- noch Uebermuth, son dern ruhige Besonuenheit, die der Gefahr mit Muth und Vertrauen auf Gott und die eigene Kraft ins Auge schaut. Die Oesterreicher ko nuten und wollten am Po mit ihrer Hauptmacht bis jetzt nicht weiter Vor gehen, als sie gelhan. Es hemmten sie, wie wir schon früher bemerkt, die ausgetretenen Flüsse; dann aber auch haben sich die Sarden und Franzosen in eine so feste Stellung gezogen, daß die Oesterreicher Thoren sein müßten, wenn sie um jeden Preis, mit Verlust von Zehntaufenden jene darin angreifen und herauSlreiben wollen. Nimm nur, lieber Lefer, die einfachste Landkarte von Italien, von Piemont znr Hand! Da steckt diese Festung Alessandria am Tanaroflnß zwischen diesun und dem Po so günstig gelegen, dazu ist der Winkel zwischen beiden Strömen von etwa 100,000 Sarden und Franzosen so gut geschützt, daß die Oesterreicher Keile verdienten, wenn sie aus purer Rausluft (oder gar uns Zeitungs lesern zu Liebe!) ins Gelag hiucinstürmen wollten. Sie können's ruhig abwarten. Eie sitzen im feindlichen Lande, in der frnchlbaren, etwa 80 Geviertmeilen großen und von 300,000 wohlhabenden, meist bäuerlichen Einwohnern bewohnten Lomellina, hinter dem Po, einem großen Flusse, (etwa wie die Elbe bei Dresden) der gegenwärtig mächtig angeschwollen ist, und haben sich's schon ausgerechnet, daß ihre 150,000 M. Soldaten etwa drei Wochen zu zehren haben, ehe der letzte Bissen und Halm in der Lomellina für Mensch und Vieh ein Ende hat. Dazu haben sie hie und da jenseits deö Po, auf der feindlichen Seite deö Flusfes Brückenköpfe ""gelegt, zum Schutze ihrer Schiffbrückcu und ihrer Uebcrgängc über den Strom, d. h. kleine Festungen, Castelle oder Schanzen, so daß sie jederzeit, wenn cS ihnen behagl, auf ihren Schiffbrücken den Strom wieder über schreiten und im FcindeS Lande vorrücken könne. Allein, wie gesagt, sie warten, weil sie ruhig warten können. Sie warten auf LouiS Napoleon, der im Anzug, und wenn er Wort hält, heute Donnerstag, den 12. Mai, schon in Italien ist. Dieser kann nicht warten, er muß angreifen, siegen, (wenn cr'S kann!) Denn das franz. Volk wird immer schwieriger, und Siege, nichts als baldige Siege und Eroberungen können seine Herr schaft noch fristen. Da mag er nun hcranstürmen an die Oesterreicher hinter ihrer geschützten Stellung, diese werden ihm Stand zu halten wissen, wie sie und wir hoffen. Es dürfte darum immer noch einige Zeit vergehen, ehe irgendwo eine —jedcsfalls sehr blutige—Schlacht geschla gen werden wird. DaS Vorrücken des rechten Flügels der Oesterreicher an der Dora Balten hinauf nach den Alpenpässen der Straßen, namentlich nach dem Paffe über den kleinen St. Bernhard in der Richtung nach Aosta, (um vielleicht dieseu Weg Leu Franzosen zu verlegen, oder Contri- butionen zu erheben, Eisenbahnen und Telegraphen zu zerstören w.) dis Zvrea, ist Sache für sich und berührt das Hauptheer nicht. Die Franzosen scheinen sich übrigens auf einen langen Aufenthalt in Italien, in Genua einrichten zu wollen. In letzterer Stadt wünschten sie einige große Paläste am Meere zu micthen. Als der Stadtrath ihnen bemerkte, daß die Eigenthumcr sie nicht auf so kurze Zeit vermieden wür den, meinten die Franzosen, sie seien gesonnen, diese Paläste auf zwei Jahre zu micthen, aus einem derselben, dem Palaste Doria, wollten sie eine französische Admiralität machen! (Jetzt wolleu sie ihren guten Freun den noch abmicthen, wie lange wird's dauern, nehmen sie, was sie wollen, ungefragt.) Der „Grottenräuchercr" Pelissier ist vom franz. Gcsandtschaftsposten in England abberufen und nach Frankreich zurückgckehrt. Der Moniteur Hal unS, seinen geliebten Deutschen, darüber ein neues Schlastrankcheu cingcflößt, des Inhalts, der Marschall übernehme nicht daS BeobachtungS- heer von Nancy, auch sei daselbst kein Mann über die gewöhnliche Frie densstärke. Nun, eS mag wohl richtig sein, daß Pelissier jetzt in Paris, wo er das neue ungleiche NegierungSgespanu der jungen Frau und deS alten Mannes im Gange halten soll, nolhweudiger ist, als am Rhein; aber von Paris nach Nancy kann cr auf der Bahn in 6 Stunden kommen, und — der Moniteur hat schon ost gelogen. König Leopold von Belgien, der seiner Behutsamkeit wegen vom Kö nig Georg 1V. von England scherzweise „Markgraf Allmählig" genannt wurde, setzt sich in Kriegsversassung. Louis Napoleon verlangt von Spa nien 25,000 Manu Hilfslruppeu nach Italien. Die Spanier müßten doch von Golt verlassen sein, wenn sie ihm auch nur einen Zigeuner schickten! England hat in Kieler Hafen Räume für Steinkohlen gemicthet, in Triest Proviantanschaffungen besprochen, rüstet wahrhaft furchtbar und schafft ungeheure Massen Kriegsmaterial inS Mittelmeer. Seitdem hört man nichts mehr, daß Franzosen in Italien, außer auf sardunschem Ge biete, Landungspläne haben. Deutschland ist mit seinen Rüstungen ziemlich fertig. Der Preuß. General Willisen ist nach Wien, um vielleicht Mit Oesterreich zu vereinbaren, was nun der deutsche Bund als solcher weiter zu thun habe. Preußen möchte nicht, wie einzelne deutsche Staaten wünschen sollen, jetzt schon losgeschla gen wissen, sondern eist noch warten und znsehcn, ob der Krieg-Deutsch land selbst bedrohen und berühren werde. Wie es heißt, hält Preußen