Volltext Seite (XML)
Mtißerih-Mlmg Die 68. Jahrgang. Dienstag, den 11. März 1902. Nr. 27. aus unserer Amtshaupt- mannschaft mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische undcomplicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. Einge sandt, im redactionellen Theile, die Spaltenzeil« 20 Pfg. Inserat:, welche bei der bedeutenden Auslage de» Blattes eine sehr wirk same Berbreitung sinken, werden mit 12Pfg-, solche V-rmdvorUich-r Md-Umr: Paul JePw. - Dm» »nd V-rko °°n C-rl I-l!»c m DH>x°ldIÄm>N>°. MU .chq-m,«. „„uama«, »-.--».«.W.»»«". «« ---- «» 44 Pfg., elnmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- ' —' . .. . Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Amtsblatt für die Köni«liche Amtsyauptmannschast, das Königliche Amtsgericht «nd den Ktadtrath zu Dippoldiswalde. erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich I M. 2b Pfg-, zweimonatlich Auktion. Mittwoch, den 12. März d. Z., Mittags 12 Uhr, sollen im Gasthofe „zum Erbgericht" in Reinhardtsgrimma nachstehende, anderwärts gepfändete Gegenstände, als: 1 Schreibselretär, 1 Pelz, 1 Sattel mit Zäumung, 1 schlesinger Kutschwagen und 1 Spazierschlitten gegen sofortige Bezahlung meistbietend versteigert werden. Dippoldiswalde, am 10. März 1902. H. 17M2. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts. Auktion. Dienstag, den 11. März d. I., Nachmittags 2 Uhr, sollen hier nachstehende Gegenstände, als: 1 Aleischerwagen, 1 Kastenschlitten, 2 Wagenlaternen, 1 Regulator, 1 Sopha, 1 Schlittendecke, 1 Tafelwaage, 1 Ladentafel, 1 Spiegel, 2 Halftern, 1 Schotzleder, 1 Schellenvand, 1 Wagennetz, 5 (Nsenstangen, 1 wasser dichte Decke n. A. m. gegen sofortige Bezahlung meistbietend versteigert werden. Versammlungsort: Reichskrone. Dippoldiswalde, den io. März 1902. <2. A02. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts. Das Ende der sozialdemokratischen Prophezeihnngen. Den „überzeugten Genossen" kann bekanntlich kein Gegner ihrer Welt- und Staatsanschauung irgend etwas beweisen, denn fortgeschrittene Sozialdemokraten sind über die Ausführungen der Gegner erhaben und betrachten nicht nur alles Bestehende, sondern auch alles aus der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung sich Entwickelnde als reaktionären Schlamm, der höchstens einen guten Dünger für die einst in stolzer Schönheit entstehende sozialdemo kratische Reinkultur abgebeu kann. Doch im Uebrigen werden die Sozialdemokraten sich wohl allmählich etwas beweisen lassen müssen, natürlich nicht von ihren Gegnern, wohl aber von einigen ihrer überzeugtesten und fort geschrittensten Genossen. Schon der Sozialdemokrat Bern stein hat bekanntlich ohne jeden Vorbehalt die Marr'sche „Ausbeute- und Verelendungstheorie", sowie auch Friedrich Engels und August Bebels „Krachtheorie" (Engels und Bebel hatten den „großen Krach" der gegenwärtigen Ge sellschaft spätestens zu Ende des verflossenen Jahrhunderts, jo vom Jahre 1898 bis 1900 prophezeiht) als Jrrthum hingestellt, und nun kommt auch noch der Genosse Schippel und führt in dem Leiborgan der sozialdemokratischen Ge werkschaften aus, daß cs mit der sozialdemokratischen Krisentheorie, auf welche die gelehrten und ungelehrten Sozialdemokraten ihre neuen Hoffnungen gesetzt haben, auch nichts ist. Was ist nun, kurz gesagt, die sozialdemo kratische Krisentheorie? Diese neue Weltweisheit will wissen, daß die wirthschaftlichen Krisen in den einzelnen Kulturländern ansteckend wirken, das; sie immer größer und schlimmer werden, daß sie sich endlich gar wie eine Riesenlawine entwickeln und die ganze bestehende Gesell- schafts- und Wirthschaftsordnung megschwemmen werden. Auf dem fetten Schlamme dieser wirthschaftlichen Sünd- jluth wird dann der neue Staat, der sozialistische Zu kunftsstaat rasch und üppig emporwachsen. Diesen Traum hat nun Genosse Schippel gründlich zerstört, und die sozialdemokratischen Propheten hätten Ursache, in Sack und Asche zu trauern, wenn sie nicht aus naheliegenden Gründen die Flammen des Weihrauches zur Erhaltung ihres eigenen Ruhmes emsig weiter schüren müßten. Genosse Schippel führt nämlich in seinen Abhandlungen aus, daß zwar jede größere wirthschaftliche Krisis in einem Lande sich auch in vielen anderen Ländern fühlbar macht, daß aber zugleich auf dem weiten Weltmärkte auch neue Faktoren und Umstände in die Erscheinung treten, welche die allgemeine wie auch die besondere Krisis mildern, ja ausheben. So treten nach Schippel gerade in einer Periode der Absatzstockung und der daraus entstehenden günstigen Kaufgelegenheit ost ganz fremde Länder als Abnehmer auf. Zu den großen Gegenströmungen des in eine Krisis gerathenen privaten Wirtschaftslebens zählt Schippel auch die großen Auf träge, welche die Staaten, die Gemeinden und andere öffentliche Verbände zu vergeben haben, und die gerade im Deutschen Reiche ganz enorm sind. Es ist eben mit Ker Krisen- und Lawinen-Umsturztheorie der neuesten sozialdemokratischen Propheten auch nichts, rein gar nichts, und man darf gespannt sein, welche neue Form des nahenden Kraches der heutigen Gesellschaft nun von den weisen sozialistischen Propheten als demnächst in die Er scheinung tretend angekündigt werden wird. Die alte Welt dreht sich darob aber vergnügt weiter, denn bange machen gilt nichts, und der wirkliche Entwickelungsgang der Welt hat fortschreitende Kultur gezeitigt. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Nachdem bisher im vergangenen Winter die Wettervorhersagung Falbs wenig von Erfolg begleitet waren, hatte er für heutigen Montag den zweit- stärkstcn kritischen Tag des ganzen Jahres in Aussicht ge stellt, der aber auch 3 bis 4 Tage früher eintreten könne. Und diesmal war ihm das Glück hold! Der gestrige Sonntag selbst schon war ein Regen- und Sturmtag erster Ordnung, und als wir am heutigen Montag früh zum Fenster hinausschauten, bot sich dem erstaunten Auge ein völliges Winterbild dar, schöner fast wie überhaupt im ganzen verflossenen Winter, dabei schneit es noch ununterbrochen fort. — Es ist nicht unmöglich, daß die alte Bauern weisheit wahr wird: Fangen die Tage an zu langen, kommt der Winter erst gegangen. — Unsere ABC-Schützen. Mit dem Ende des alten Schuljahres naht auch gleichzeitig der Beginn des neuen und in zahlreichen Familien finden sich kleine Tra banten, deren Gedanken zum größten Theile mit der Schule beschäftigt sind. In ihrer kindlich naiven Weise bringen sie ihre Ansichten über die Schule, über die strengen Herren Lehrer mit dem gelben Rohrstock in oft mals drolliger Weise zum Ausdruck und halb neugierig, halb furchtsam blicken sie dem Tage entgegen, an welchem sie an der Hand des Vaters oder der Mutter der Schule zugcführt werden. Manche Eltern glauben nun der Schule einen besonderen Dienst zu erweisen, wenn sie ihren Lieblingen möglichst schon vorher recht viel Kennt nisse beibringen, wenn sie die letzten Wochen dazu be nutzen, den Kleinen das ABC, die Zahlenreihe von 1 — 100 und wer weiß noch für gelehrte Sachen ein- studiren. „Die Kleinen haben es dadurch nachher beim Anfang leichter", meint die besorgte Mutter, und doch ist diese Methode nach Ansicht hervorragender Schulmänner grundfalsch. „Vor der Schulzeit keine Schulzeit", das mögen die Eltern bedenken und es daher unterlassen, ihren jetzt noch nicht schulpflichtigen Kindern vorher Weisheiten einzuimpfen, die dem Unterricht nach Ostern eher störend als förder lich sind. Man mache die Kleinen auf die Dinge in ihrer Umgebung aufmerksam uud befriedige ihren Wissens drang, wenn sie fragen. Der Lehrer, der die Kleinen zn Ostern „anzubändigen" hat — übrigens eine keineswegs leichte Arbeit — geht bei den Anfangsgründen des Unter richts von ganz anderen Grundsätzen und Methoden aus, wie Vater und Mutter daheim. Man unterlasse es daher, die kleinen ABC-Schützen in dieser Zeit mit Unterricht zu quälen, der doch seinen Zweck verfehlt, man drohe auch keinesfalls bei jeder Unart m>t dem Lehrer und seinem Nohrstock, sondern lasse den Kindern durchblicken, daß die Schulzeit ihnen, wenn sie fleißig und folgsam sind, viel Freude bringen wird, damit sie nicht furchtsam und zag hast, sondern frohen Muthes dem Schultage, dem Beginn des wichtigen Lebensabschnittes entgegenblicken! — Der am 5. März d. I. hier abgehaltene Viehmarkt war gegen den des Vorjahres reichlicher mit Viehbeständen beschickt worden. Auch hatte sich, begünstigt durch das herrliche Wetter, sehr viel kauflustiges Publikum von Nah und Fern hier eingefunden. Obwohl die Geldverhältnisse zur Zeit als nicht günstig bezeichnet werden können, so mar doch der Geschäftsgang gegen den im vorigen Jahre ein ganz anderer. Dieses konnte am besten dadurch be obachtet werden, daß der Handel, hauptsächlich mit Pferden, wenn auch nicht auf dem Markte, so doch in den Restaurationen, bis in die Abendstunden fortgesetzt wurde. — Für Eltern oder Vormünder ist cs von Wichtig keit, dieselben besonders ans einen Punkt des neuen Hand werkergesetzes aufmerksam zu machen. Wenn nämlich darin gesagt wird, „der Prüfling, welcher besteht, erlangt das Recht, vom 24. Lebensjahre an Lehrlinge anzuleiten", so geht daraus hervor, daß Obige ihr Augenmerk ganz besonders darauf zu richten haben, daß der Sohn oder Mündel sich der Gesellenprüfung unterzieht, denn nur der Werkmeister oder Meister, der seiner Zeit diese Prüfung bestand, darf Lehrlinge anleiten bez. halten. Weiter ist zu beachten, daß Lehrlinge eines Nicht-Jnnungsmeisters die Prüfung bei dem Ausschuß der Gewerbekammer in Dresden ablegen müssen, während die eines Jnnungs- meisters vom Prüfungsausschuß der betreffenden Innung geprüft werden. — Zur Abnahme der Gesellenprüfung im Schlosser handwerk hat die Eewerbekammer zu Dresden für solche in der Stadt Dresden und in den Bezirken der Amts hauptmannschaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt, sowie der Amtsgerichte Dippoldiswalde, Wilsdruff, Meißen und Radeburg aufhältliche Prüflinge, welche die Gesellen prüfung nicht vor einem bei einer Innung bestehenden Prüfungs-Ausschüsse ablegen können, einen Prüfungs- Ausschuß in Dresden errichtet und zum Vorsitzenden desselben Herrn Schlosser-Obermeister G. A. Neuschild in Dresden, Cranachstraße 18, ernannt. Dresden. Prinz und Prinzessin Friedrich August haben sich zu längerem Kurgebrauche nach Wiesbaden be geben und sind daselbst am Freitag Abend in strengstem Jncognito angckommen. Dresden. In der Sitzung der Zweiten Kammer am 7. März fand nur die Schlußberathung über den mündlichen Bericht der Beschwerde- und Petitionsdeputation über die Petition von Karl Stephan in Raum und Gen um Ergreifung von Schutzmaßregeln gegen Wildschäden statt. Der Berichterstatter Abg. Rittberger entwarf an der Hand der Petition ein Bild von der schwierigen Lage der Petenten, kleiner Landwirthe im Besitze von 5 bis 10 Acker Feld, die tagsüber auf Lohnarbeit gehen müssen und die die schweren, durch das Hochwild verursachten Flurschäden, zumal angesichts der übrigen mißlichen Lage der Landwirthschaft, sehr hart empfinden. Die Deputation schlägt vor, die Petition der königl. Staatsregierung zur Kenntnißnahme zu überweisen. Nachdem noch Abg. Frenzel um eine wohlwollende Behandlung der Petition gebeten hatte, nahm die Kammer den Antrag der Deputation ein stimmig an. — In der Zweiten Kammer gab cs dieser Tage einen nicht beabsichtigten Scherz. Der Abgeordnete Töpfer beschwerte sich bei der Besprechung des Justizetats darüber, daß die Amtsgerichte bei der Gewährung von Strafauf schub während der Erntezeit nicht einerlei Praxis hätten. Manche gewährten ihn, manche nicht. In seiner Gegend zum Beispiel sei ein ländlicher Arbeiter zur Verbüßung einer Gefängnißstrafe sozusagen direkt vom Felde weg verhastet worden, weil er bei einer Schlägerei einein Anderen ein Stuhlbein an den Kopf geschlagen habe. „Mir ist", fuhr der Abgeordnete fort, „im vorigen Jahre dasselbe passirt. ." — Heiterkeit der gesammten Kammer. Als das Lachen etwas nachläßt, fügt der Redner er läuternd hinzu: „das heißt, nicht ich bin eingesperrt worden, sondern einer meiner Feldarbeiter . . ." — Durch die bevorstehcude Einverleibung einer An zahl Nachbargemeinden in den Stadtbezirk Dresden wird die Zahl der Stadtbewohner einen beträchtlichen Zuwachs erfahren. Als größte Gemeinde steht Löbtau obenan; es wies am I. Dezember 1901 36421 Bewohner auf. Hierauf folgt Lotta mit 13300 Einwohnern. Niedriger ist die Bcwohnerzahl bei den folgenden Orten: Mickten (am 1. Dezember 1900) 4713, Trachau (am 1. Dezember 1900) 4520, Naußlitz (1900) 4161, Kaditz (1901) 4000, Seidnitz (am 1. Dezember 1900) 2399, Uebigau (15. Ja nuar 1901) 1803, Wölfnitz (1900) 710, Räcknitz (am