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MdmfferTaMatt Nr. 173 — 97. Jahrgang Mittwoch, den 27. Juli 1938 Wilsdruff-Dresden Drahtanschrift: „Tageblatt' Postscheck: Dresden 2640 Das „Wilsdruffer Tageblatt" ist das zur Veröffentlichung der und des Stadtrats zu Wiydruff behördlicherseits bestimmte Blatt des Finanzamts Nossen SLVLNL Rr«-"»»« Mr s»s»-u„ u. Umgcgmd »«LL «ng oder Kürzung der BezugtpreNe» Rücktendung etngesandler SchiMftüile erfoigi nur. wenn Rültporln bcilieg» Anzeigenpreise laul ausliegender Preisliste Nr. 8. — Ztsser-Gebühr: 2V Rpfg. — DorgeschrU» bene Erscheinungstage und P atzwünschc werden nach Möglichlett berückstchligt. — Anzetgeu-Annahm« bi« vorminagr 10 Uhr . „ ... . .. Für die Richtigkeit d«, durch Fernru, üb-rmit. Fernsprecher: Amt Wilsdruff 206 t-lt-n Anzeigen überne» men wir keine Gewähr. — Bei Konkurs nütz Zwangrvergleich erlischt leder Anspruch «rrs Nachlaß amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meitze» und enthält Bekanntmachungen des Amtsgerichts Wilsdruff, sowie des Forstrentamts Tharandt. Freie Bahn dem Tüchtigen! Wenn in diesen Tagen auch die Handwerksbe triebe und K l e i n u n t e r n e h m e r zur Durch führung des Leistungskampfes aufgerusen werden, dann ist es Pflicht eines jeden, die Steigerung der Leistung m die Tat umzusetzcn. Leistung ist keine Angelegenheit des Geldes, sondern sie baut sich einzig und allein auf der Gesinnung und Hal tung des tätigen Menschen auf. Darum ist auch nicht die Grütze des einzelnen Betriebes maßgebend, sondern aus schließlich der Geist der Verbundenheit zwischen Gefolg schaft und Betriebssichrer, zwischen Lehrling, Geselle und Meister. Leistung aber ist nicht das Streben um egoisti scher, kleinlicher Vorteile willen, in der heutigen Zeit des Mangels an Arbeitskräften muß jedermann bemüht sein, alle seine Fähigkeiten und die seiner Gefolgschaft zu Wecken und auszubaucn. Niemals darf übersehen werden, daß der richtige Einsatz jedes Schaffenden auf dem Platz, der seiner persönlichen Neigung und seinen Fähigkeiten ent spricht, eine ungeheure Freude an der Arbeit vermittelt, und diese ist gleichzeitig die Grundlage, um beruflich weiter und höher zu kommen. Einzelne Leser werden vielleicht entgegenhalten: Da wird immer von Leistungssteigerung, von vermehrter Ar beit, von der Zunahme des Volksvermögens geredet, aber unser Einkommen erhöht sich nicht entsprechend, und selbst an vermehrter Arbeit haben wir nicht teil. Diese Men schen begreifen nicht, daß alles das, was sie heute haben — besitzen sie auch noch so wenig —, alles, was sie erleben, was sie um sich sehen, nichts anderes als das Ergebnis einer Leistungssteigerung all derer ist, die mit dieser Leistungssteigerung dem Manne danken wollen, der uns alle vor der endgültigen Vernichtung bewahrt und dazu noch die große Entwicklung erst möglich gemacht hat. Unser Handwerk ist nicht wirtschaftlich schwach, wie sich manche immer wieder vorschwatzen, es kann aber auch nicht einmal gegenüber dem Großbetrieb schwach genannt wer den, denn der einzige Hemmschuh wäre schlimmstenfalls die Rückständigkeit, und sie allein gilt es zu bekämpfen. Selbst der kleinste Betrieb hat heute die Gelegenheit dazu, er hat alle Möglichkeiten, die Rückständigkeit zu überwin den. Es ist eine Fchlspckulation, wollte man annehmen, der Nationalsozialismus sichere den Arbeitsplatz, den Be trieb oder den Beruf. Er will lediglich den geordneten Wettbewerb aller leistungsfähigen Volkskräfte und damit einen harten Leistungswettbewerb und endlich die Aus lese der Tüchtigen. Der Konkurrenzneid aber treibt fast täglich die un glaublichsten Blüten. Wehe, wenn ein tüchtiger Fach kollege sich über alle Widerstände und Widerwärtigkeiten hinweg hocharbeitet! Ueberall wächst der Neid. Wer neidisch ist, leiste und arbeite einmal mehr, und bald wird er sehen, daß sich innere Sicherheit und Zufriedenheit einstellen. Im Handwerk haben nur lebensfähige Betriebe Platz. Die große Zahl derjenigen, die einstmals als vorüber gehender Notbehelf stellungsloser Arbeitnehmer sogenannte Handwerksbetriebe geworden sind, gehören nicht zur Kerntruppe des Handwerks, sie schädigen sie sogar. Ja wohl, diese Leute schädigen das ganze Handwerk, denn sie finden sich mit ihrer schlechten Wirtschaftslage ab und „wursteln" weiter, und weil die meisten nicht einmal richtig zu rechnen verstehen, drücken sie die Preise all derer, die dank ordnungsgemäßer Geschäftsführung eine gewisse Mindesteinnahme für das jeweilige Arbeitsstück haben müssen. Wieder andere schädigen das übrige Handwerk dadurch, daß auf der einen Seite Wohlfahrtshilfen in An spruch genommen werden, um den sonstigen Lebensunter halt dann durch den Ertrag einer stundenweisen Beschäfti gung zu bestreiten, die kaum noch handwerkliche Arbeit genannt werden kann, sondern mitunter beinahe der be rüchtigten Schwarzarbeit gleichgestellt werden muß. Jedem vernünftig Denkenden ist klar, daß ein tüchtiger Hand werksmeister und Geselle zu jeder Zeit danach trachtet, sich zu verbessern. Wir sind uns restlos darüber im klaren, daß bei vielen älteren Handwerksbetrieben in der Systemzeit nicht nur die Kapitalreserven, sondern auch das Betriebsvermögen vernichtet wurden, weil das Handwerk niemals die ihm früher auferlegtcn Zinssätze Herauswirtschaften konnte. Aus dieser Tatsache heraus erklärt sich übrigens das noch immer vorhandene Kreditbedürfnis, sobald es sich darum handelt, größere Aufträge hereinzunehmcn. Wenn nun die verschiedenen Handwerkerorganisationen, die Hand werkskammern, Reichsinnungsverbände, Innungen und nicht zuletzt auch die handwerkliche Fachpresse sich Mühe geben, draußen wieder mehr Verständnis für die Lage des Handwerks zu erwecken, so ist cs ein Verbrechen des jenigen, der dann tatenlos abwartet, was bei diesem Streben hcrauskommt. Eine wahre Volksgemeinschaft muß fordern, daß Tüch- ugkeit und Fleiß den Weg frei bekommen. Wer in Er kenntnis des rechten Lebens für die eigene Leistungs steigerung sorgt, hat Anspruch auf Schutz und Aner- kennung. Raus aus dem Wald mit den Rauchern! WmSerlm zur MM Ammn; Vernünftige Lösung der sudetendeutschen Frage Im Verlaufe einer Rede vor dem englischen Unterhaus erklärte Chamberlain, die britische Regierung habe auf Veranlassung und Ersuchen der tschecho slowakischen Regierung dem zugestimmt, daß Lord Runciman als Untersuchcrund Vermittler nach der Tschecho-Slowalei gehen solle. Er sei in keiner Weise ein Schiedsrichter und würde unabhängig von der briti- schcn Regierung sein. Keine neuen Verpflichtungen gegenüber Paris „Ich kann mir nicht vorstellen", so erklärte Chamberlain einleitend, „daß irgendjemand im Unterhaus dem nicht zu stimmen könnte, was wir so häufig als das Hauptziel der auswärtigen Politik der Regierung bezeichnet haben, nämlich der Errichtung und Erhaltung des Friedens und der Beseiti gung aller etwaigen Konsliktsursachen, soweit das praktisch möglich ist, sowie der Beseitigung der Reibungen und Be schwerden der Länder gegeneinander." Chamberlain wandte sich hierauf dem Pariser Besuch zu. Wie er glaube, werde allgemein anerkannt, daß die Einigkeit, die zwischen Frankreich und Großbritannien bestünde, nicht gegen irgendein anderes Volk oder eine Kombination anderer Völker gerichtet sei. Es habe keinerlei neue Versprechen und keinerlei neue Verpflich tungen auf beiden Seiten gegeben. Aniersuchung der WegerüberMe in Spanien Zur Spanien-Frage erklärte der Premierminister, er habe die britische Regierung davon überzeugt, daß der Moment noch nicht gekommen sei, in dem sie mit Erfolg intervenieren könne. Die Regierung Franco habe auf die Uebermittlung des britischen Planes zur Zurückziehung der Freiwilligen noch nicht geantwortet. Indessen hätte die Regierung in Burgos den britischen Vorschlag für die Untersuchung gewisser Fälle absichtlicher Angriffe aus britische Schisse angenommen. Sie hätte dem zugestimmt, daß diese Fälle angeblicher Angriffe nach geprüft werden sollten (Beifall). Die britische Regierung habe vorgeschlagen, daß diese Untersuchung von je einem britischen und einem spanischen Marineoffizier durchgeführt werden falle. Die britische Regierung erwäge daher nunmehr, ob es zweck mäßig sei, Sir Robert Hodgson nach Spanien zurückzuschicken, um diesen Vorschlag im einzelnen durchzuführen. „Das englisch-italienische Abkommen haben wir", so er klärte Chamberlain, „niemals als ein bloßes zweiseitiges Ab kommen zwischen Italien und Großbritannien angesehen." Die britische Regierung sei der Ansicht, daß die Lage in Spanien eine ständige Bedrohung des Friedens in Europa sei und aus diesem Gründe habe sie erklärt, daß diese Bedrohung beseitigt sein müsse, ehe das Abkommen in Kraft treten könne. Englands Ratschlage an Prag Chamberlain wandte fich nunmehr der Ische cho-slowa- ki s5h k." „F H? § e zu., " ' " Ohne ein Sonderstudium, sagte er dabei zu dem tschecho-slowakische» Problem u. a., sei es für die Leute in Großbritannien schwer, zu einer richtigen Schlußfol gerung über Recht und Unrecht in dem Streit zwischen der Tschecho-Slowakei und den Sudetendeutschen zu ge langen. „Hier sind wir uns wiederum nur zu sehr be wußt, daß alles Material vorhanden ist, das zu einem Bruch des Friedens führen kann mit allen unberechen baren Folgen — falls diese Angelegenheit nicht kühn und mit einem vernünftigen Maß von Beschleunigung behandelt wird. Taher haben wir in Uebereinstimmung mit unserer allgemeinen Politik und in enger Verbin dung mit Frankreich alles getan, um eine friedliche Lö sung des Streites zu erleichtern." Es sei nicht wahr, daß die britische Regierung die tschecho-slowakische Regierung gepreßt habe. „Unsere Sorge hat vielmehr darin bestan den, daß die tschecho-slowakische Regierung allzu hastig eine Lage behandeln könnte, die io delikat ist. Es ist doch äußerst wünschenswert, daß beide Parteien ^cht in di» Lage geraten, in der sie festsitzen." Englands Rat an Prag Die britische Regierung habe es daher der tschecho^ slowakischen Negierung dringend angeraten, ihren Vor 4 schlag Henlein zu unterbreiten, bevor sie diesem ihrem Parlament zuleite. Wenn es irgendwie möglich sei, daß ein durch Verhandlungen erzieltes Ueber« einkommen zwischen den Führern der Sudetcndentschen und der tschechischen Negierung erzielt werden könnte, bevor das Statut tatsächlich dem Parlament zugeleitet werde, so sei das offensichtlich die beste aller Lösungen, „Ich wünschte nicht, daß ein starkes Maß Druck von uns erforderlich war, um die tschecho-slowakische Regie rung dazu zu veranlassen, das zu tun, was sie die ganze Zeit zu tun wünschte, nämlich die beste Möglichkeit fü» eine völlige und reiche Erörterung irgendwelcher Vor schläge zu schaffen, die sie etwa zu machen wünsche. Im Laufe der Zeit ist es jedoch zweifelhaft erschienen, oh ohne irgendeine Hilfe von außerhalb ein freies Abkommen zwischen den Sudetendeut schen und der tschechischen Regierung zu er zielen war. Unter diesen Umständen hat die britische Re gierung geprüft, ob es nicht irgendeinen anderen Weg gibt, der es ihr gestatten würde, ihr Hilfe dabei zu ge währen, daß die beiden Verhandlungspartner zusammen gebracht würden. AnMöngiger Untersuchet zur PrWus au Lrt und Stelle Auf ein Ersuchen der tfchecho slowakischen Regierung hin haben wir dem Vorschlag zugestimmt, daß eine Per son mit den erforderlichen Erfahrungen und Qualitäten diese Frage an Ort und Stelle nachprüfen und versuchen solle, falls das notwendig ist, Mittel und Wege vorzu schlagen, welche die Verhandlungen zu einem Erfolg füh ren. Ein solcher Untcrsuchcr (investigator) und Vermitt ler würde natürlich unabhängig von der britischen Re gierung sein. Er würde tatsächlich unabhängig von allen Negierungen sein, und er würde le diglich persönlich handeln, und es würde natürlich not wendig sein, daß ihm alle Möglichkeiten sowie alle Fn- formationeu zur Verfügung gestellt würde«, damit er seine Aufgabe zu erfüllen vermöge. Dies kann nicht zusichern, daß ein Vorschlag dieser Art notwendigerweise zu einer Lösung dieser Frage füh ren wird, aber ich glaube, daß er zwei wertvolle Ergebnisse haben kann: 1. er wird sehr viel dazu beitragen, die öffentliche Meinung über die wahren Tatsachen des Falles zu un terrichten: — 2. ich hoffe, daß er bedeutet, daß die Fragen, die bisher unlösbar erschienen, sich unter dem Einfluß eines solchen Vermittlers als weniger hartnäckig erweisen werden, als wir das gedacht haben. Es ist offensichtlich, daß die Aufgabe an denjenigen, der diese Pflicht übernehmen wird, ein äußerstes Maß von Anforderungen stellt, und daß diese Aufgabe sehr delikat ist. Tie britische Regierung ist glücklich, daß es ihr ge lungen ist, von Lord Runciman das Versprechen erhol- ten zu haben, daß er bereit ist, diese Aufgabe auf sich zu nehmen, vorausgesetzt, daß er, wie ich hoffe, des Vertrauens der Sudetendeutschen versichert wird und daß er dem Beistand der tschecho-slowakische» Regierung erhält." Nicht Schiedsrichter — Vermittler Auf eine Frage Bellengers bestätigte Chamberlain, daß Runciman in keiner Weise ein Schieds richter (arbitrator) sein würde. Er sei ein Unter sucher (investigator) und Vermittler (Mediator) und würde versuchen, sich mit allen Tatsachen bekanntzu machen. Auf eine weitere Frage Bellengers, ob sich beide Seiten geäußert hätten, erklärte Chamberlain: „Wir Haven noch nichts von den S u d e t e n d e u t s ch e » gehört." Die britische Negierung, so erklärte der Premiermini ster im weiteren Verlauf seiner Rede, habe sich ständig dafür eingesetzt, daß man in einer sehr delikaten und schwierigen Lage die Geduld bewahre. Wenn eine fried liche Lösung dieser tschechischen Frage gefunden werden könnte, so würde er der Ansicht sein, daß der Weg nun mehr wieder für eine weitere Anstrengung zur Herbeifüh rung einer allgemeinen Befriedigung offen sei — einer Befriedung, die nicht zu erreichen sei, solange man nicht davon überzeugt sei, daß keine größere Meinungsver schiedenheit oder kein größerer Streit übrig geblieben sei.