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Interpretation zwei Berufskünstler zur Verfügung standen, der Klavierpart da gegen für einen seiner Schüler, den jungen Erzherzog Rudolf, geschrieben wurde. Im heiteren, frischen ersten Satz (Allegro) dominiert das gleich zu Beginn in einer kurzen Einleitung des Orchesters vorgetragene freudig-festliche Hauptthema, das von den einzelnen Soloinstrumenten aufgenommen und weitergeführt wird und den Verlauf des breitangelegten Satzes weitgehend bestimmt. Einen schönen Gegensatz zum Eingangs-Allegro bildet der knappe zweite Satz, ein klanglich farbiges, empfindungsstarkes Largo in As-Dur, mit reichem melodischen Ranken werk ausgeschmückt. Das unmittelbar anschließende Finale endlich ist als feuri ges, von tänzerischem Schwung erfülltes „Rondo alla Polacca" gearbeitet. Der zündende Polonaisen-Rhythmus des Hauptthemas bringt in diesem Satz, in dem die brillante Behandlung und die führende Rolle der Solistenpartien besonders hervortreten, starke Wirkung hervor. Des 23jährigen Sergej Prokofjews Londoner Begegnung mit dem Ballett- Impresario Diaghilew, seinem „Russischen Ballett'' und Strawinskys „Feuervogel”, „Petruschka" und „Frühlingsopfer'' löste den Plan aus, ein Ballett nach einem Sujet aus der russischen Sagenwelt oder aus urgeschichtlicher Zeit zu schreiben. Nach Petersburg zurückgekehrt, begann er sofort, mit dem Schriftsteller Goro- detzki ein Ballettlibretto nach Motiven aus der russischen Vorgeschichte, der Zeit der Skythen, zu erarbeiten. „Es drängte mich, etwas Größeres zu schaffen. Stra winskys ,Sacre du Printemps' (Frühlingsopfer) hatte ich schon im Konzert gehört, aber nicht verstanden. Es war leicht möglich, daß ich ähnliches auf meine Art suchte", heißt es in Prokofjews autobiographischen Aufzeichnungen. Folgende Grundzüge der Balletthandlung kristallisierten sich im Arbeitsprozeß heraus: Der Sonnengott Weles und der hölzerne Götze Ala sind die mächtigen, angebeteten Lieblingsgötter der Skythen. Eines Nachts versucht der schlaue Tschushbog, von den dunklen Mächten des Bösen unterstützt, die Statue Alas zu stehlen. Doch nur in der Dunkelheit läßt sich sein böses Werk vollenden — Licht zerstört die Zauberkraft der bösen Mächte. Der junge Krieger Lolli, der den Diebstahl be merkt, eilt zur Rettung Alas herbei. Im Zweikampf mit dem Dieb gerät er in Lebensgefahr. Rechtzeitig erscheint jedoch Weles im blendenden Sonnenglanz. Die Strahlen der aufgehenden Sonne töten den bösen Tschushbog. Diaghilew gefielen weder diese Handlung, die deutlich das archaisch-mythische Vorbild von Strawinskys Ballett „Frühlingsopfer" erkennen ließ, noch die bereits im Herbst 1914 vorliegende Klavierskizze der Musik. Er forderte ein anderes Werk aus der Feder des Komponisten, das dieser mit dem Ballett „Le Chout" nach einem russischen Märchen lieferte. Während der Arbeit an diesem Stück sah Prokofjew im Sommer 1915 die Musik zu „Ala und Lolli" durch und fand sie wert voll genug, sie nicht im Schreibtisch verschwinden zu lassen. „ ... Es gelang mir, die Musik so zusammenzustellen, daß daraus die viersätzige ,Skythische Suite' wurde, deren Handlungsablauf der gleiche war wie in dem nicht zu- standegekommenen Ballett. Die Instrumentierung beherrschte ich bereits in ge nügendem Maße, um mich an ein großes Orchester zu wagen und meinen Ideen musikalische Gestalt zu verleihen . . lesen wir in Prokofjews Autobiographie. Die „Skythische Suite" wurde die erste großangelegte Komposition des jungen Komponisten, in der er mit brillanter Technik und farbenreicher Klangpalette einen riesigen Orchesterapparat (u. a. acht Hörner, fünf Trompeten, verstärkte Holz bläser, Kesselpauke, Klavier, Celesta, Harfe und ein reich bestücktes Schlagwerk) zum Einsatz brachte. Die künstlerische Kraft und Originalität der Partitur, vor al lem in den beiden letzten Sätzen, die Kühnheit und Härte der harmonischen Sprache, die elementare Schönheit des Sonnenaufganges (im Finale) wurden von dem konservativen, zumeist aristokratischen Publikum, das der Uraufführung der Suite am 16. Januar 1916 in Petersburg beiwohnte, nicht richtig verstanden. Es kam zu einem großen Skandal; Prokofjew wurde - in der Presse — eines musika lischen Rowdytums bezichtigt, als Futurist bezeichnet usw. Jedoch schon kurze Zeit später setzte sich das Werk, in dem unverkennbar die Stimme der Revolution tönt, „die gegen die Überlebtheit einer alten Welt protestiert" (Assafjew), in Ruß land und im Ausland durch. „In diesem Werk fühlt man das erste Anzeichen, daß die russische Musik den Weg zum Licht gefunden hat, den Weg zur strah lenden Freude und ungetrübten Glückseligkeit. Man findet diesen Weg durch das Bewußtwerden der schöpferischen Kraft. Die zeitgenössische russische Musik hat das Erreichen dieses Wendepunktes vorausgenommen" (Assafjew). Die „Skythische Suite" ist nicht nach klassischen Formgesetzen aufgebaut, son dern sie ist vielmehr auf einen ständigen Wechsel von leuchtkräftigen Bildern, „Schichten" und Episoden bedacht. Der erste Satz (Die Anbetung von Weles und Ala) beginnt mit eindringlichen Beschwörungsphrasen. Dann entsteht der Ein druck groben Stampfens, schwerfälligen Tanzens. Auf dem Höhepunkt erklingt in aggressiven Akkorden, von acht Hörnern und vier Posaunen geblasen, der Haupt gedanke. Kontrastierend ist der zweite Abschnitt des weich verlöschenden Satzes angelegt mit seiner orientalisch anmutenden Flötenmelodie über wiegenden Rhythmen von Celesta und Harfe. - „Tschushbog und der Tanz der bösen Gei ster" ist der zweite Satz überschrieben. Kriegerische, grausam-mechanischsi Rhythmen ertönen, das Horn stimmt ein energisches Signalthema an. Der Marsch" bewegung folgt ein wilder, barbarischer Tanz mit kurzatmigen Melodiefetzen und mit motorisch stampfender Bewegung, — „Nacht"-Stimmung in der Steppenland schaft malt mit fast impressionistischen Mitteln der dritte Satz, dessen träumeri sche Klänge durch scharfe Alarmrufe unterbrochen werden. — Im betörend-klang vollen Finale (Lollis Marsch und die Sonnen-Prozession) lösen sich immer wieder phantastische Episoden von heidnisch-tänzerischem oder marschartigem Charak ter ab, bis schießlich der Höhepunkt erreicht wird im ergreifenden, dynamischen Bild des Sonnenaufganges - Symbol einer neuen Welt des Lichtes. Das musika lische Geschehen schwillt zu riesiger Klangfülle an, immer mehr Instrumenten- aruppen werden einbezogen, über allem schwebt der Ton von fünf Trompeten. Dieses eindrucksvolle Naturbild gehört neben der mitreißenden, elementaren Rhythmik zu den stärksten Seiten der „Skythischen Suite", die man fraglos zu den bedeutendsten Schöpfungen Prokofjews rechnen muß. Dr. Dieter Härtwig VORANKÜNDIGUNGEN: Sonnabend, den 14 Februar 1970, 20 Uhr, Kulturpalast Einführungsvortrag 19 Uhr, Dr. Dieter Hartwig 5. ZYKLUS-KONZERT Dirigent: Lothar Seyfarth Solist: Peter Rösel, Dresden, Klavier Werke von Prokofjew und Beethoven Sonntag, den 15. Februar 1970, 20 Uhr, Saal des Landhauses 4. LANDHAUS-KONZERT Werke von Mozart, Finke und Beethoven Anrecht B Anrecht D Sonnabend, 28. Februar 1970, 20 Uhr, Kulturpalast 7. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Kurt Masur Solistin: Hanne-Lore Kuhse Berlin, Sopran Werke von Tschaikowski, Strauss, Schubert und Wagner Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1969/70 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Härtwig Druck: veb polydruck, Werk III Pirna - 111-25-12 1,5 ItG 009-1-70 (•Hllnamnoni 4. ZYKLUS-KONZERT 1969/70