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Elbckall und Anzeiger. Amtsvlatt für die Königl. Gerichtsämter sowie die Stadträthe zu Mesa und Strehla. Redaction, Druck und Verlag von G. Ponsong in Riesa. 83. Sonnabend, den 11. October 1873. Diese- Matt erscheint In Riesa wöchentlich dreimal, Dienstag«, Donnerstag« und Sonnabends, und kostet vierttlMrltch 10 Rgr. — Bestellungen «erde» bei jeder Dost- Anstalt, in unseren Expeditionen in Riesa und Strehla, sowie von allen unser» Boten entgegen genommen. — Inserate werden die einspaltige LorpuSzeile mit 1 Rgr., die tweispaltige mit 2 Ngr. und die dreispaltige mit S Ngr. berechnet. — Zur Annahme von Inseraten find bevollmSchttgt Haajenstein <L Vogler in Hamburg-Altona, Leiptig und Frankfurt a. M., R. Moss« in Leipzig, 8- W. Gaalbach in Dresden und Eugen Fort in Leipzig. Die uiichstt Rümmer d. Bl. erscheint Dienstag, de« 14. Oetover. Die Ausgabe fiir Riesa ersolgt am Montag Abend. Inserate für diese Rimmer werden vis spiitesteus Wontag Bormittag 11 Uhr erbeten. Lekanutmaebuug. Nach 8 9, 10 und 11 de« Gesetze«, die Bildung der Geschwornenlisten betreffend, vom 14. September 1868, haben die Gemeindevorstände die von ihnen im Jahre 1871 angefertigten Urlisten zu revidiren und zu ergänzen und sie sodann, und zwar noch in diesem Monate, während 14 Tagen zu Jedermann Einstcht öffentlich auszulegen, nachdem sie vorher öffentlich bekannt gemacht haben, daß die« geschehen werde, und daß Diejenigen, welche nach 8 5 de» qngezogenen Gesetze« von den Geschwornen befreit zu werden wünschen, ihre Gesuche, bei derem Verlust, schriftlich in der angegeben« 14 tägigen Frist einreichen sollen. Nach Ablauf dieser Frist und längsten« de« Oktober d. IS. sind die Urlisten nebst dm etwa eingereichten Befreiungsgesuchen und Rekursen beim unterzeichneten Gericht-amt« wieder einzureichen. Strehla, am 8. October 1873. Da« Königliche GerichtSamt. Strauß. Den L4. und LS. diese- Monat- werden die hiesigen GerichtSlocalitäten gereinigt und deshalb an diesm Tagm nur besonder dringliche Sachen expedirt. Riesa, am 9. October 1873 Königliches GerichtSamt. Caspari. Thost, Rendant. Die Brandcaffen-Localeinnehmer hiesigen Landbezirks werden andurch angewiesen, die von ihnm einzuhebenden, bez. etngehobenen Branvcaffen- beiträge auf den 8. Termin dirseS JahreS längstens de» I«. diese- Monat- an Vie Cassenverwaltung des unterzeichneten Königlichen Gerichtsamtes abzuführen. Riesa, am 9. October 1873. Königliches GerichtSamt. Caspari. Thost, Rendant. England sonst und jetzt. Der Umschwung, der sich in dm Machtver hältnissen der europäischen Staaten seit einem Vierteljahrhundert vollzogen hat, wird in seiner Totalität nirgends deutlicher erkannt, als wenn man die Stellung, welche England bis dahin im europäischen Völkerrath behauptete, mit der kläglichen Rolle vergleicht, welche es gegenwärtig auf der politischen Bühne spielt. Zu einer Zeit, wo ganz Europa unter der Herrschaft des ersten Napoleon seufzte, war England die einzige Macht, die dem Eroberer zu trotzen wagte; englische Schiffe machten bei Trafalgar den LieblingS- wunsch des Kaisers, Frankreich auch die Herrschaft über die Meere zu geben, zu Nichte, englische« Gold lag stet» bereit für alle Staaten des Con- tinmtS, welche die französischen Ketten abzu schütteln versuchten, ein englischer Offizier hemmte vor Akkon zum ersten Mal den Siegeslauf deS bisher Unüberwundenen, englische Regimenter fochten gegen die kaiserlichen Cohortm in Spanien, und die unerschütterliche Standhaftigkeit des eisernen Herzogs von Wellington war er, die bet Waterloo das Glück und die Macht der großen Corsm auf immer zertrümmerte. Wenige Jahre später sehen wir England rüstig Theil nehmen an dem großen Krieg zur Befreiung der Hellenen vom türkischen Joch, und bei Navarino wurde der Ruhm von -buktr und Trafalgar glänzend erneut. Eine fast ununterbrochene Reihe von Gtaat-männern erster Größe, Pitt, George Lan ning, der Herzog von Wellington, eben so tüchtig al« Diplomat wie mit dem Schwerte, u. ». lei- tetm die Politik de« stolzen JnselvolkeS allchn au« dem hohen Gesichtspunkte der nationalen Macht und Ehre. ES ist ein unvergänglicher Ruh« für Sngkatch- daß von ihm der Gedanke aupgeganam unb «ttvvllne ENergi« durchgeführt worden ist, dm afrikanischen Sklavenhandel auf- Pchsvm und so einen drichündertjährigen Schand fleck in der Geschichte der europäischen Colonial mächte zu tilgen. Freilich, wie konnte denn auch ein Volk die Fortdauer der Sklaverei dulden, welches bei sich zu Hause sich der vollkommensten Freiheit erfreute! England galt ja überall als das Bollwerk der europäischen Freiheit; auf seine Verfassung, sein Parlament, seine inneren und Verwaltungsein richtungen sahen die in der Begründung und dem Ausbau konstitutioneller Zustände begriffenen Völker als ein nicht zu übertreffendes Muster, deutsche Dichter sangen von der englischen Ver fassung, dem großen Blatt, das Englands Könige zu Bürgern, zu Fürsten seine Bürger macht, mit einer Art peinlicher Aengstlichkeit ahmte man selbst reine Aeußerlichkeiten und parlamentarische Bräuche nach, nur weil das englischeUnterhauS sie beobach tete, und England hieß das gelobte Land, nach welchem Alle blickten, welche daheim über Zwang und Unterdrückung aus dem Gebiete der Politik oder des Verkehrs zu klagen hatten. Wie ist das doch alle« anders geworden! Wie sehr ist England in seiner äußeren Macht entfaltung, in der Großartigkeit seiner politischen Ziele, in der Entwickelung seiner inneren Ver hältnisse zurückgegangen! Der Krimkrieg, in welchem es gemeinsam mit Frankreich, Sardinien und der Türkei dm Ansprüche» Rußlands ent gegentrat, bezeichnet dm Wendepunkt zu dem Verfall seines Ansehen«. Seit der Zett ordnm die Rationen ihre Angelegenheiten, ohne daß England nennenswerthe Notiz davon nimmt, ohne daß auf seine Ansichten ein wesentliche- Gewicht gelegt wird. Da« trat zuerst hei dem dänischen Kriege von 1864 hervor. Kaum 10 Jahre früh« batte namentlich England in dem berüchtigten Londoner Protokoll die schle-wigholsteinsche Frage zu Gunsten Dänemarks entschieden, und allge mein war daher die Ansicht, daß. «kunun att Garant jme« Vertrage« dem.Vl»rg«ha,Hr«ußen- und Oesterreichs nicht unthätig zusrhen werde. Aber die regierenden Herren in der Drowning- street konnten sich nur zu einer fruchtlosen Ein schüchterungspolitik emporschwingen, die ministe rielle Presse erhob zwar einen großen Lärm, aber vergebens schauten die Dänen nach den englischen Fregattm auS: John Bull schrie und vrohte, aber er behielt die Hand in der Hosentasche und überlegte bei sich, ob ihm die Sach« einen Profit bringen könne, und da sie nicht danach angethan war, behielt er seine Schiffe zu Hause und sein Geld im Beutel. Denn England kennt jetzt in der Politik nur noch pekuniär« Interessen, uyd weder die Rücksichten der Ehre, noch der eigenen künftigen Sicherheit und Existenz kommen ihm da gegen in Betracht. So duldete es, daß in dem großen nordamerikanischm Kriege aus englischen Häfen den rebellischen Sklavenhaltern Waffen und Munition zugesührt und auf den englischen Werf ten gegm alles Völkerrecht Kaperfahrzruge gegen die Handelsschiffe einer befreundeten Macht aus gerüstet wurden, dasselbe England, welche» sich einst das Recht angemaßt, neutral« Handelsschiffe überall wegen Führung von KriegScontrebande wegzunehmen! Es ist im letzten sranzöstschmKrirge dm englischen Händlern von Setten der Regie rung derselbe schändliche Waffenschacher gestattet worden, und manche Kugel, die unfern Land wehrleuten Leben oder Gesundheit nahm- kam aus einem Lauf, der in Birmingham gegossen war. Durch nichts aber wird dieser schmutzige Krämer- geist deutlicher in seiner ganzen Gemeinheit dar gestellt, al« durch die Thatsache, daß in de englischen Waffmfabriken KriegSgeräth für mit England im Kriege liegenden AschantineL hergestrllt wird, wir denn ein englischer SM aufgegriffen worden ist, welches mit SchießA" für dieselben befrachtet war! DergleÜ^Mrd eben nur noch dadurch Überboten, daß bsMegn frei ist! Selche Meinung-muß man aber von