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214 Donnerstag, den IS. September 1898 57. Jahrgang Krsch«t»t tt«N4 mit Avsuahm« "der Soun- und Festlage, ab«nd» für den sol- geuden Lag. Preis vi«rt«ljährltch 1 M SO Ps., monatlich bO Ps., EinielvunimerbPs. Bestellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Aus gabestellen, sowie allen Postanstaltcn angenommen. Auserat-Kedastre»! Einspaltige Petit-Zeile oder deren Baum IOPs.; im amtlichen Teile pro Zeile 30 Ps.; „Eingesandt" und Reklame unter dem Redaktionsstrich 2ö Ps. — Komplizierte Inserate »ach beson derem Taris. — Für Nachweis und Offerten - Annahme werden pro Inserat SbPs.extra berechnet Amtsblatt der Königlichen Amtshauptmannschaft Flöha, des Königlichen Amtsgerichts und des Stadtrats zu Frankenberg. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Romberg in Frankenberg I. Sa. — Druck und Verlag von C. G. Roßberg in Frankenberg l. Sa. Die Genfer Blutthat. Di« von uni bereits gegebenen ausführlichen Berichte ergänzen wir noch durch folgende wichtigere Meldungen: Wit wenig man anfangs an einen Mordansall glaubte, zeigen weitere Berichte. Als der Mörder entflohen war, und die Kaiserin sich erhoben hatte, fragte ihre Hofdame Gräfin Sztaray: „Maje stät, wollen wir nicht wieder ins Hotel zurückkehren?" Die Kai serin antwortete: „Nein, er hat mich nur auf die Brust geschlagen, ich glaub«, er wollte mir die Uhr stehlen." Nach Aeußemng der Aerzte ist die Kaiserin vollständig schmerzlos gestorben. Sie hatte lediglich das Gefühl, eS sei ihr ein Schlag versetzt worden, und dann floh daS Bewußtsein. Dreimal hat sie mit ersterbendem Ton« gestöhnt, dann war sie verschieden. Uebrigcns war der Stoß mit dem tödlichen Werkzeug derartig wuchtig geführt, daß es nicht nur das ganze Herz durchbohrt, sondern vorher auch die vierte Rippe gebrochen hatte. Daß die Kaiserin noch bis zum Dampfer gehen konnte, wird von ärztlicher Seite damit erklärt, daß die linke Herzkammer, also der kräftigste muskulöseste Teil des Herzens, durchbohrt worden ist. Vermöge dieser starken Muskulatur hat das Herz, sich zu sammenziehend, auch die Wunde immer wieder geschlossen. So ist die Verblutung viel langsamer vor sich gegangen, als dies bei der Verletzung eines anderen Teiles des Herzens geschehen wäre. Einigen wenigen Personen, darunter Vertretern der Presse, war am Montag der Zutritt zu dem Gemach gestattet, in welchem Kaiserin Elisabeth auf einem Katafalk aufgebahrt ist. Die Kaiserin ist mit einem schwarzen Seidenkleid bekleidet, das Gesicht mit einem weißen Tuch verhüllt; in der Hand hält sie ein kleines Kreuz und einen Rosenkranz; das Haar ist in Kronensorm ge ordnet, wie sie cs immer zu tragen pflegte. Trotz der über den ganzen Sarg gebreiteten Spitzcntüchcr ist die hohe Gestalt der Fürsten deutlich zu erkennen. Das Antlitz ist verhüllt, weil es ziemlich entstellt sein soll. Zu beiden Seiten der Entschlafenen find weiße Rosen ausgcbreitet. Geistliche und Nonnen verrichten am Sarge sortwährend Gebete. AuS dem Gefängnis in Genf hat der Mörder Luccheni (von dem eS übrigens feststeht, daß er sich 1894 vierzehn Tage in Ofen-Pest aushielt und dort zweimal die Kaiserin sah) einen Bries an den Leiter des Blattes „Don Marzio" in Neapel ge schrieben. In sehr schlechtem Italienisch verfaßt, beweist der Bries doch durchaus, daß man eS mit einem normal veranlagten Men schen zu thun hat. Ferner verwahrt er sich gegen die abfällige Annahme, daß er nach der Lehre Lambrosos ein Verbrecher aus Anlage sei, und bittet, dies entschieden zu bestreiten. Ebenso be streitet er, aus Not gehandelt zu haben. Hieran knüpfte er den Wunsch, daß allen Herrschern ein gleiches Schicksal beschicken werde, und stellt weitere Mordanschläge in kurzen Zeiträumen in Aussicht. ES sollen nicht nur Herrscher und Minister, sondern alle anderen Unterdrücker einem gleichen Schicksale verfallen. Er schließt mit den Worten: „Wer essen will, soll auch arbei ten." — In seinen weiteren Verhören gesteht Luccheni alle ihm vorgehaltenen Thatsachen zu und zeigt auch jetzt noch keine Reue. Er habe durch sein« That die Sache des Anarchismus fördem wollest, klebrigen» leugnet er, Mitschuldige zu haben. Drei der von der Genfer Polizei in Hast genommenen Personen find in des noch immer verhaftet; einer ist sehr verdächtig, er erklärt, daß er Anarchist sei. Am Montag nachmittag verließ derIKaiser zum ersten Mal daS Schönbrunner Schloß, um mit seinen Töchtern einen Spa- Kiola tricolor. Novelle von R. InoK 2. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Wieder lag eS weiß auf den Bäumen des Gartens. Wenn der Wind wehte, rieselten glänzende Flocken auf den Rasen und di« Kiesweg« nieder. Aber diesmal war eS duftiger Blütcnschnee. Der Frühling war eingezogen mit Blumendust und Liederschall. Der Himmel lächelte heiter auf die neu verjüngte Erde nieder. Ja selbst, wenn e» einmal regnete, meinte man in jedem fallenden Tropfen eine hellblinkcnde Freudenthräne zu sehen. Die beiden hohen Flügelthüren, die aus dem Gartensalon des hübschen Landhauses auf Rohrbeck auf eine Veranda hinausgingen, von welcher eine breite Steintreppe in den Garten führte, standen weit geöffnet, um der Luft und dem Sonnenschein freien Zutritt zu gewähr«». Drinnen stand Elfriede und drückte -inen breit randigen Strohhut auf die Hellen Locken. Dann ergriff sie ein Buch, da» auf dem Tische lag, und schritt durch die Kieswege d«S Gartens durch eine kleine Pforte in der blühenden Pfingst rosenhecke, auf einen schmalen Rain, der zwischen Kornfeldern und leichten Krümmungen bis zum Walde führte. DaS Buch, welches sie mit sich genommen, war jener Roman aus hohem Norden, der vor vielen Wochen ihre Begeisterung erregt hatte. Tie Zeit hat dies«» Enthusiasmus nicht geschwächt. Dies Werk war ihr gleich- > sam «in Freund geworden. Noch war kein Tag vergangen, an dem es einmal unbeachtet auf ihrem Schreibtisch gelegen hätte. Elfriede hatte sich später auch an den Buchhändler gewandt und gebeten, ihr alle schon erschienenen Werke dieses Vcrsaffer» zu senden. E« waren viele Bände, zum Teil wissenschaftliche Schrift«». Sie la» sie alle und lernte den tiefen, reichen Geist, ziergang im Schloßpark zu machen. Eine Aeußemng de» Kaisers lautet: „Die Welt ahnt gar nicht, wie sehr wir un» geliebt ha ben; ich will diese besondere Frau in besonderer Weise ehren." Das Oberhofmeisteramt in Wien erhielt am Dienstag von der deutschen Botschaft die bestimmte Mitteilung, daß Kaiser Wil helm zum Leichenbegängnis der Kaiserin nach Wien kommen werde. , Für Wien bedeutet die Ermordung der Kaiserin eine tief gehende wirtschaftliche Katastrophe. Die Schädigung, die HaH«l und Gewerbe erfahren haben, ist «ine geradezu unabsehbare. In allen Zweigen der Geschäftswelt hatte man für die JubiläumS- sestlichkeiten gerüstet, die der Dezember bringen sollte. Von all dem ist selbstverständlich keine Rede mehr. Es unterbleiben die Fürstenbesuche, die für den Winter in Aussicht standen. Schwarze Fahnen wehen von den Dächern und ein düsteres Bahrtuch breitet sich über Festesjubel und Jubiläumssreude. Kaiser Franz Joseph empfing Dienstag vormittag den ungari schen Ministerpräsidenten Baron Banffy zur Entgegennahme der Beileidskundgebung der ungarischen Regierung und des Parlaments. Aus allen Teilen der Monarchie laufen in Wien sehr zahlreiche Trauerkundgebungen ein von amtlichen Stellen, Landesausschüssen, Gemeindevertretungen, Korporationen, sowie aus allen Schichten der Bevölkerung. Die Leiche der Kaiserin wird in der Wiener Hofburgpfarrkirche aufgebahrt. Die Kapuzinerkirche ist wegen der Vorbereitungen für das Leichenbegängnis geschlossen. In der Dicnstagfitzung des Münchener Magistrats gab der Bürgermeister dem tiefen Schmerz beim Heimgang der Kaiserin Elisabeth Ausdruck. Die Stadtvertretung sandte Beileidsschreiben an den Prinzen und di« Prinzessin Leopold von Bayern. Au ßerdem wurde ein Lorbeerkranz nach Wien geschifft, sowie beschlos sen, die Verlängerung der Franz Josephstraße zu teilnehmendem Gedenken „Kaiserin Elisabethstraße" zu benennen. — Auch die Kronprinzessin Stephanie ist jetzt in Wien eingetroffen. König Albert von Sachsen wird sich zur-Trauerfeirr nach Wi«n be geben. Prinzregent Luitpolt von Bayern ordnete eine vierwöchige Hof trauer .an. Auf das Befinden der greisen Königin von Dänemark hat die Schreckensnachricht einen sehr ungünstigen Einfluß auSgeübt. Die Kräfte schwinden täglich, die Ohnmächten werden, häufiger. Wie das „Fremdenblatt" meldet, sagte der Kaiser nach dem Eintreffen der Schreckensnachricht zu dem Oberst-Hofmeister Prinzen von und zu Liechtenstein: „Es ist nicht zu fassen, wie ein Mensch Hand anlegen konnte an diese Frau, die in ihrem Leben niemand ein Leides und nur Gutes gethan hat." Gegen die Bewachung durch die Polizei hatte die Kaiserin, wie der schweizer Geschäftsträger in Wien erklärt, eine solche Ab neigung, daß dieselbe eingestellt werden muhte. So oft die Kaiserin Geheimpolizisten bemerkte, kehrte sie ins Hotel zurück oder verließ dasselbe durch die Hinterthür. — Während die Kaiserin Elisabeth sür sich selbst also keine Schutzmaßregeln beanspruchte, äußerte sie stets, die Polizei möge ihre ganze Aufmerksamkeit der Bewachung des Kaisers widmen: „Sein Leben ist zum Wohle und Glücke seiner Unterthancn nötig, ich dagegen, was bin ich? Eine Unbekannte, eine Fremde, die unbemerkt vorübergeht, eine Mutter in Trauer, di« ihr Kind beweint. Aber um Gotteswillen wachen Sie aus allen Kräften über den Kaiser; er ist so groß herzig, gut und edel. Sein Leben ist so vielen Millionen Men schen kostbar." Der Mörder Luccheni wurde 1873 in Paris von einem Dienst die edle Männlichkeit, die erhabene Größe der Weltanschauung, welche aus all diesen Werken sprachen, immer mehr erkennen und schätzen. Das liebste von allen blieb ihr aber doch „Walhall" mit seinen hehren Götter- und Heldengestalten. Sie hatte es auch der Großmama vorgelcsen. Die hatte anfangs zu der darin angestrcbten Lösung de» großen philosophischen Problems den Kopf geschüttelt und gemeint: „DaS sind neumodische Ideen, die passen nicht mehr sür mich alte, altmodische Frau." Doch da hatte Elfe ausgeblickt und entgegnet: „Das sind große, erhabene Gedanken! Und, Großmama, sagtest Du nicht einst, das Gute und Große sei überall am rechten Platze und komme stets zur rechten Zeit?" Dann hatte sie weiter gelesen und die alte Dame hatte end lich einstimmen müssen in die Begeisterung ihrer Enkelin. Daß sich zu dem Entzücken über ein großes Werk die Be wunderung sür den Schöpfer gesellt, ist nur natürlich. So war es auch bei Elfriede. Ihre Gedanken weilten ost bei dem Manne mit dem tiefen, durchdringenden Geist und ihre Phantasie entwarf zu dem Namen Roland Brixen ein Bild nach dem andern. Doch keines wollte ihr genügen. Da sand sie das Portrait des Dichters, daS einem seiner Werke bcigegeben war. Ein ernstes, bleiches Antlitz, von dunklem Haar und Bart umrahmt. Auf der hohen gewölbten Stirn schien der Genius zu thronen und aus den tief liegenden Augen strahlte eine Welt tiefliegender Gedanken. Ja so mußte er auSsehen der Dichter von Walhall. Elfriede hatte die Hände auf da» Herz gepreßt. So hatte die Statur doch nicht auf der «inen Seite fehlen lassen, wa» sie auf d«r andern in so überreicher Fülle verliehen: edle Schönheit. Sie hatte mit jenem Bilde sofort zur Großmama «ilen wollen. An der Thür ihre« Zimmer» aber war sie stehen geblieben, und Mädchen aus Borgo San Domino geboren, und al» er «in Jahr alt war, in geheimnisvoller Weise nach Parma gebracht und von der Polizei einer armen Familie anvertraut. Nach vier Jahren verschwand er, er wurde wieder nach Pari» geholt. Sein Name Luccheni ist der seiner Mutter. Seine Äugend hat er zumeist in Ungarn und Oesterreich verbracht. 1893 wurde er in Triest ver haftet und an Italien ausgeliefert, wo er al» Militärgestellung»- pflichtiger verurteilt, ab«r dann begnadigt wurd«. 1894 wurd« er Soldat, 1896 war er als solcher in Afrika. Nach seiner Heimkehr wurde L. wegen schlechter Führung degradiert, im De zember 1897 Kat er aus dem Militärdienst au», um sodann zeit weise in San Domino, einer Hauptburg der Sozialisten, zu ver weilen. Zur Zeit der Unruh«« in Mailand, al» «r sich bereit» in Gens aufhielt, war Luccheni sehr aufgeregt und hatte häufig Zusammenkünfte mit anderen Italienern. Drei der letzteren sind, wie bereits oben erwähnt, in Hast genommen ward«». — Als ihm die Mordwaffe vorgewiesen wurde, sagt« L.: „Freilich habe ich mit dieser Feil« nach der Kaiserin gestochen. Ich hab« dieses Werkzeug gewählt, weil ich weiß, daß eS die gefährlichste und unfehlbarste Waffe ist, und ich habe mir sie eigen» für diesen Zweck zubereitet." — DaS „Journal de Genöve" giebt folgende Einzelheiten üb«r di« Mordwaff«: Dieselbe wurde im Flur eines Hauses der Rue de« Alpes durch den Hausmeister gefunden, welcher glaubte, ein Arbeiter habe sie beim Umzüge verloren. AuS diesem Grunde machte er keine Anzeige davon. Di« Waffe ist «ine dreieckige Feile mit einem plumpen walzenförmigen Holz stiel. Ihre Gesamtlänge beträgt 16,30 Zentimeter, die Klinge allein ist 9,30 Zentimeter lang; dieselbe hatte nicht »die geringsten Blutspuren. Die Spitze ist abgebrochen, wahrscheinlich infolge der Erschütterung bei dem Falle, als der Mörder sie fortwarf. In verschiedenen österreichischen Städten haben bereit» am Sonntag antiitalienische Kundgebungen und Ausschreitungen statt- gesunden. In Laibach trieb eine tausendköpfige Menge hundert italienische Arbeiter vor sich auf den Straßen, verjagt« sie aus dm Gasthäusern und hieb auf sie ein. Der LandeSbauverein ent ließ sämtliche italienische Arbeiter. In Triest warf man mit Steinen nach dem Gebäude des italienischen Turnverein»; die Turner erwiderten hierauf gleichfalls mit Steinwürfen; 35 Per sonen wurden verhaftet. Die Polizei hatte Mühe, die immer nmen Ansammlungen zu zerstreuen. — Am Montag haben sich die Ausschreitungen gegen die Italiener in Laibach und in Triest in verstärktem Maße wiederholt. Es wurden zahlreiche Revolver- schüffe abgefeuert. Dabei gab es auf beiden Seiten viele Ver- - wundete. 300 italienisch« Arbeiter verließen Laibach. — Mehrere Wiener Blätter verurteilen die Verfolgungen und «eisen darauf hin, daß Luccheni einer Sette angehört, die keine Landesgrenze kennt, und daß die Anarchisten kein Vaterland haben. Uebcr die Person des Mörders liegen ferner folgende Meldungen aus Lausanne vor: Am 19. August suchte hier ein Geheimpolizist einen italienischen Anarchisten. Ihm fiel ein Individuum wegen seines merkwürdigen Gesichts auf, das in einer öffentlichen Prome nade auf einer Bank saß. Der Agent fragte ihn, wa» er hier thue und wer er sei. Hierbei bemerkte der Agent, daß er gedruckte Papiere in der Tasche hatte. „Was ist das? fragte er dm Mann und nahm das Papier. Es waren anarchistische Lieder. Auf den Blättem stand der Name Luccheni. Die Polizeidirettion des Kantons Waadt machte den Bundesanwalt in Bem sofort aus das gefährliche Individuum aufmerksam. Von Bern würden aber keine Befehle an die Polizei in Lausanne gegeben. Man hätte in diesem Moment Luccheni aus der Schweiz als notorischen und dunkle Röte hatte ihr Antlitz bedeck'.. Die Großmutter würde sie gewiß wieder erstaunt, forschend ansehen, wie neulich, als sie so begeistert von ihm gesprochen. — Und langsam wandte sie sich wieder um und verschloß das Buch in ihren Schreibtisch. Sie mußte erst lemen, gleichgiltig zu scheinen. Aber das wollte ihr gar nicht gelingen. Sie holte das Buch nur sehr selten aus seinem Versteck, aber ihre Gedanken weilten oft bei dem ernsten, männlich schönen Antlitz. Jetzt war sie am Rande des Waldes angekommen. Er ge hörte nicht mehr zu Rohrbeck. Ein schmaler Waldbach, der hier an seinem Rande entlang plätscherte, bildete die natürliche Grenze gegen Burgdorf hin. Dies war vor Jahrhunderten einmal ein stattlicher Ritterfitz gewesen. Der adlige Stamm, der hier geblüht, war aber nach und nach verarmt und endlich ausgestorben. Als der letzte Junker die Augen schloß und sein Besitztum an ent fernte reiche Vettern fiel, bestand es nur noch aus einer halb ver fallenen Burg, einem kleinen wildarmen Walde und so viel Neckern, als knapp zum Unterhalt eines größeren Hausstandes ausreichten. Die reichen Vettern, die weiter im Süden auf stolzen Schlöffen» saßen, hatten wenig Lust, die alte Burg wieder auszubauen und warteten nur auf eine günstige Gelegenheit, die Erbschaft loszu schlagen. So lagen die Aeckcr brach und in den Gängen de» Gartens, dessen hohe, verwildert« TaxuSwände und zerbrochene Eandsteinfiguren zeigten, daß seine Anlage bis in die Barockzeit zurückreichte, wucherte das Unkraut. Auch auf dem Burghof sproßte zwischen den Pflastersteinen üppig daS Gras hervor, so daß der weite Raum ganz grün auSsah. Die Ketten de» Zieh brunnens in der Mitte waren verrostet. Sie wurden so selten benutzt. DaS groß« in Stcm gemeißelte Wappen über dem Thor der Umfassungsmauer war arg verwittert.