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K Weißerih-Zeitung- M !ostanstalten. ' 8 Pfg. Amts- und Aszkigk-Dlatt der Königliche« Gerichts-Ämter o«k Itsttrtttze zu Kippotdiswatde o»d /raueustei«. Veranfworfficher Ne-alteur: Larl Zehne in SiPpoMrsilde. Der deutsche Krieg. Und der große Moment fand ein großes Geschlecht; so wollen wir im Gegensätze zu unserm Dichter sagen. Herzerhebend ist es in der That für jedes patriotische Gemüth, so allgemeine Begeisterung und Hingabe für die bedrohte nationale Macht und Ehre zu erleben. Aus dem fernen Chicago (Nordamerika) telegraphirt man dem Grafen Bismarck: 200 Dollar Prämie dem Soldaten, der die erste französische Fahne erobert; Prämien von 500. 200 und 100 Thlr. auf die Eroberung der ersten französischen Kugelspritzen sind bereits ausgesetzt. Die Deutschen in Set. Louis sandten dem Reichstagspräsi denten Simson eine Adresse mit Anweisung von einer Million Dollar für die Invaliden und für die Wittwen und Waisen der Gefallenen; ein schlichter Bürger giebt zu gleichem Zwecke sein Silberzeug und die goldene Uhr seiner Frau, mit dem Bemerken, daß es keine Zeit sei, solchen Tand zu tragen; aller Orts bilden sich Hülfsvereine; die akademische Jugend strömt zu den Waffen; täglich bringen die Zeitungen Berichte patrio tischer Handlungen. Der bedeutungsvollste Act bleibt aber, daß die süddeutschen Staaten, voran der jugend liche König von Baiern, dem seine Münchner dafür eine glänzende Ovation brachten, so rasch und entschlossen in den nationalen Kampf eintraten und so das deutsche Heer um 200,000 Streiter vermehren halfen. Binnen wenig Wochen wird am Rheine eine eiserne Mauer von nahe einer Million kampfbereiter Männer stehen und dem Franzosenkaiser den Beweis liefern, daß seine Speculation auf das zerrissene Deutschland eine verfehlte war, daß die Zeiten von 1806 für immer dahin sind und das einige Deutschland in voller Pracht und Herrlich keit ihm gegenüber steht. In der That, wenn, wie unser Landsmann Fichte sagt, „nicht die Kraft der Armee und die Tüchtigkeit der Waffen, sondern die Macht des GemüthS eS ist, welche die Schlachten schlägt und die Siege erringt," dann kann uns der Sieg kaum fehlen. Möglich, daß die Franzosen, welche einen Vorsprung in den Rüstungen haben sollen, für den Anfang kleine Bortheile erreichen, schließlich werden sie doch geschlagen werden. Diese, durch das unbegränzte Vertrauen in die Tüchtigkeit des preuß. großen General stabes und die ausgezeichneten Führer begründete Ueber- zeugung ist zu einem unumstößlichen Dogma im deutschen Herzen geworden. Gott schütze Deutschland! Deutschland ist stark und siegesgewiß. Bereits ruht über Land und Volk jener tiefe schwere Ernst, welcher geheimnißvollen Entscheidungen im Gemüthe guter und gesitteter Menschen vorangeht. Fern liegt den Deutschen jenes wüste Toben entfesselter Pöbelhaufen, wie sie der beginnende Sturm der Revo lution oder die heiße Begehrlichkeit der Kriegslust bei den Franzosen in den Vordergrund treten läßt. Eine fast feierlich gehobene Stimmung erfüllt die Herzen un seres treugesinnten, vaterlandliebenden Volkes. Wohl ruht mancher schwere Kummer, manche bange Sorge in der Mitte der Familien, wo der Sohn und mancher junge Gatte und Vater sich loSreißt aus den Armen der Seinigen, um dem Rufe des Fürsten: „Zu den Waffen!" Folge zu leisten. So ziemt es jedem braven und ehrenwerthen, die redliche Arbeit des Friedens und die Sitte des Hauses über Alles hochhaltenden Volk. Aber nur der stille Hintergrund unseres heutigen Lebens ist von diesem schmerzlich wehmuthsvollen Bilde erfüllt. In den großen Städten, an den Bahnen und Straßen, und überall, wo die Strömung des öffent lichen Lebens hervortritt, sehen wir eine hocherhebende, jedes Bangen und jeden Schmerz zurückdrängende Er scheinung. „Der Feind steht vor den Thoren, in wenig Tagen können seine Schaaren unser, in den Arbeiten des Friedens aufgeblühtes Land überfluthen!" ruft die Gewißheit der drohenden Gefahr, wie sie uns Alle er füllt. „Der Feind will sich anmaßen, unser Herr zu sein; wir Deutschen sollen uns gehorsam schmiegen unter die Launen der Pöbelmassen von Paris und seiner Despoten? — Das wäre unsres Volkes, seiner ruhm vollen Geschichte, seiner reichen Geistesbildung, seiner hohen und edlen Bestimmung unwürdig;— wir werden mit einträchtiger Treue und deutscher Tapferkeit, wett eifernd der Süden mit dem waffenstrahlenden Norden, diesen Kampf führen als die Vertheidiger der Gerechtig keit, der Ehre und der Unabhängigkeit des großen Vaterlandes!" So ruft es aus allen Lebens-Kreisen, so blitzt eS uns entgegen aus den Augen der Männer, so trägt es der begeisterte Wiederhall von Gau zu Gau, von Land zu Land, wo Deutsche wohnen und ihre Seele erfüllt haben mit dem unvertilgbaren Glauben an die Tapferkeit und die mannhafte Treue unseres hochherzigen Volkes. Wunder haben die anmaßenden Forderungen und Drohungen des Erbfeindes bewirkt. WaS bisher in tiefem Groll zerrissen und feindselig einander gegenüber stand, ist heute geeinigt in dem Aufblick zu den hei ligen Pflichten gegen das Vaterland. Wer aus staat lichen Grundsätzen einer demokratischen Auffassung oder aus Gründen vorwiegend kirchlicher Natur dem starken waffenmächtigen Preußen entgegenstand, läßt heute seine Zweifel und Bedenken schwinden und vertagt seinen grundsätzlichen Widerspruch. Wie ein großes staat-