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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration»-Breis 22j Tüderar. Tdlr.) vierteiiädrljch. Z Mir. für das ganze Jadr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Pränumerationen werden non jeder Buchhandlung (in Berlin hei Veit u. Cvmp., Jägerstraße Nr. 25), so wie von allen Königl. Post-Nenner», angenommen. Literatur des Auslandes. 140. Berlin, Mittwoch den 22. November 1843. Mejiko. Die Berichte des Fernando Cortes an Kaiser Karl V. Diese merkwürdigen Depeschen des Conquistadors von Mejiko, von wel chen eine deutsche Uebersetzung bereits vor einigen Jahren herauskam"), sind jetzt in einer neuen englischen Ausgabe erschienen"), welche aber, nach den von der fflomk!)- Uevievr gegebenen Proben zu schließen, gleichfalls nur die drei ersten Berichte (vom 30. Oktober 1520, 15. Mai 1522 und 15. Oktober 1524) enthält, die der Feldherr an seinen Monarchen abstattete. Nach den Veröffentlichungen, die in der neueren Zeit von der spanischen Akademie und ihrem Präsidenten, Don M. F. de Navarrete, ausgegangen, durften wir allerdings etwas Umfassenderes erwarten, wie sich dies in der That auch in der von Herrn Prescott, dem Verfasser der trefflichen Biographie Ferdi- nand's und Jsabella's, so eben herausgegebenen „Geschichte der Eroberung Meriko's" befindet, auf welche wir später zurückkommcn werden. Die oben erwähnten drei ersten Depeschen wurden hingegen schon früh bekannt gemacht und sind auch in einer italiänischen Version in der Samm lung Ramusio's zu finden. Sie enthalten ein lebhaftes und anziehendes Gemälde jener wunderbaren Revolution, die den Untergang des mächtigsten Reiches der neuen Welt herbeiführte. Bei den glänzenden Schilderungen, die Cortes von den Städten der Ureinwohner, dem Rcichthum und der Macht ihrer Fürsten und dem blühenden Zustande ihres Gcwerbfleißes entwirft, muß man zwar bedenken, daß er den Werth seiner Eroberung nach Möglichkeit zu vergrößern suchte — es bleibt aber doch immer genug übrig, um eine Nation erkennen zu lassen, die den heutigen Jndianerstämmen unendlich überlegen war und der auch die indo-spanische Republik Mejiko kaum die Waage halten dürfte. Das jetzt zu einem unbedeutenden Dorfe herabgesunkene TlaScala wird z. B. auf folgende naive, aber graphische Weise beschrieben: „Diese Stadt ist so ausgedehnt und aller Bewunderung Werth, daß, ob gleich ich Vieles verschweige, was ich davon erzählen könnte, man mir sicher lich das Wenige nicht glauben wird, das ich sagen werde. Sie ist größer als Granada und viel stärker, und enthält eben so viele schöne Häuser und eine weit größere Volkszahl als jene Stadt zur Zeit ihrer Eroberung; sie ist auch viel besser mit Naturprodukten versehen — mit Getraide, Wildprct und Ge flügel, mit Fischen, Gemüsen verschiedener Art und anderen vortrefflichen Lebensmitteln. Es befindet sich hier ein Markt, worin täglich 30,000 Menschen zum Kauf und Verkauf zusammentreffen — die in anderen Theilen der Stadt zerstreuten Handelsleute ungerechnet. Der Markt enthält eine große Mannig faltigkeit von Allem, was sowohl zur Speise als zur Kleidung nöthig ist, so wie auch mehrere Arten Schuhwerk, Aleinode von Gold und Silber, nebst edlen Gesteinen und dem (hier zu Lande gebräuchlichen) federnen Kopfschmuck — Alles so gut «»geordnet, wie man es nur auf irgend einem öffentlichen Platz oder Markte der ganzen Welt antreffen könnte. Irdenes Geschirr ist von jeder Form und in einer Qualität zu haben, die der besten spanischen gleichkommt. Holz, Kohlen, eßbare und heilsame Pflanzen werden in großer Menge verkauft. Auch giebt cs Bäder und Häuser, wo man sich von Barbieren den Kopf waschen und rasiren läßt. Endlich findet man unter ihnen eine wohlgcregelte Polizei, das Volk ist verständig und wohlgesinnt und der kulti- virtesten afrikanischen Nation weit überlegen." Die Pracht und Herrlichkeit Tcnochtitlan'S, der Hauptstadt des mejikanischen Reichs, wird von Cortes mit den glänzendsten Farben ausge malt. Sie war in der Mitte eines salzigen Landsees gelegen und durch vier Eingänge oder Dämme mit dem festen Lande verbunden; an Größe war sie mit Sevilla oder Cordova zu vergleiche» und hatte breite und gerade Haupt straßen, die zum Theil unter Wasser lagen und mit Kanots befahren wurden. „Diesc Stadt", heißt eS ferner, „hat viele öffentliche Plätze, in welchen sich die Märkte und Kaufläden befinden. Es giebt darunter einen Platz, der zweimal so groß als der der Stadt Salamanca und von Säulengängen umgeben ist, worin sich täglich mehr als V0,000 Menschen als Käufer und Verkäufer einfinden und wo alle zum Lebensbedürfnisse gehörige Waaren zu treffen sind, welche die Erde dar bietet — als Mundvorrath, Gold- und Silber-Geschmeide, Blei, Messing, Küpser, Zinn, kostbare Steine, Knochen, Muscheln, Schnecken und Federn. Dort sind ') Drei Berichte bei General-Capitains von Neu-Spanien, D. Fernando Cortes. Ans dem Spanischen von C. W. Koppe (ehemaligem König!, preuß. General-Konsul in Mejiko). ") Pde Vi8z»atei>k8 ok Üernaütla Oortos. Drauslate« krour tde original Kpanisit dv 6. Itoiaom. auch gehauene und ungehauene Steine, gebrannte und ungebrannte Ziegeln, ge schnittenes und rohes Holz u. s. w. zum Verkauf ausgestellt. Jede Waaren- gattung wird in einem besonderen Distrikt oder Quartier feilgeboten und so die beste Ordnung erhalten. Man verkauft Alles zahl- oder maßweise : wenig stens haben wir nicht bemerkt, daß nach dem Gewicht verkauft würde. In dem großen Marktplatz ist ein Gebäude, welches als »mliencis (Gerichtshof) dient und wo zehn bis zwölf Magistratspcrsonen ihre Sitzungen halten, alle Streitig keiten schlichten, die am Markt entstehen, und die Schuldigen bestrafen. Auf demselben Platze giebt cs auch andere Offizianten, die stets umher gehen, die Verkäufe beobachten und auf die dabei gebrauchten Maße paffen; man hat auch gesehen, daß sie die falschen Maße zerbrochen haben. „Diese große Stadt enthält eine namhafte Anzahl Tempel oder Götzen- häuscr — schöne Gebäude, die in den verschiedenen Distrikten und Vorstädten belegen sind; in den hauptsächlichsten derselben halten sich die Priester der verschiedenen Sekten (Gottheiten?) auf, zu deren Gebrauch es außer den Tempeln noch andere bequeme Wohnungen giebt. Diese Leute kleiden sich alle schwarz und dürfen sich, von ihrer Aufnahme unter die Priesterschaft bis zu ihrer Entlassung aus derselben, das Haar weder schneiden noch kämmen. Die Söhne aller vornehmeren Einwohner, sowohl der Adligen als der acht barsten Bürger, werden in diesen Tempeln erzogen und tragen dieselbe Kleidung, von dem Alter von 7—8 Jahren, bis man sic wegnimmt, um sie zu verheiraten — was sich öfter mit den Erstgeborenen ereignet, welche die Familiengüter erben, als mit den Anderen. Weibliche Gesellschaft ist den Priestern untersagt; kein Frauenzimmer darf die Gotteshäuser betreten. Auch enthalten sie sich gewisser Speisen, besonders zu festgesetzten Jahreszeiten.") Unter diesen Tempeln giebt cs einen, der die übrigen weit übertrifft, und dessen groß artige Struktur keine menschliche Zunge zu schildern vermag; in seinem Umkreise, der von einer hohen Mauer eingcschlossen ist, wäre Raum genug für eine Stadt von 500 Familien. Rund um das Innere dieser Mauer befinden sich schöne Gebäude mit geräumigen Hallen und Korridoren, in welchen die im Tempel dienenden Priester ihre Wohnungen haben — ferner zählt man wenigstens vierzig Thürme, alle hoch und wohl gebaut, wovon der größte fünfzig zum Eingang führende Stufen besitzt und höher ist, als der Thurm der Hauptkirche zu Sevilla. Der Stein und das Holz, von dem sie errichtet sind, ist in allen Theilen aufs trefflichste gearbeitet, so daß man es wohl nirgends besser machen könnte, indem das Innere der Kapellen, welche die Götzenbilder ent halten, aus kunstvollem Schnitzwerk besteht, das in den steinernen Pilastern des Gypsplafonds angebracht ist; das Holzwerk ist mit erhabener Arbeit ge ziert und mit Figuren von Ungethümen und dergleichen bemalt. Diese Thürme dienen den Adligen als Grabmäler, und jede Kapelle ist einem Idol gewidmet, dem die Eingeborenen ihre Andacht bezeigen." Eine Stelle des dritten Berichts, welche die Eintreibung der Zehnten zum Gegenstände hat, ist vorzüglich wegen der Parallele merkwürdig, die Cortes darin zwischen der spanischen Geistlichkeit und den mejikanischen Götzendienern zieht und die für erstere durchaus nicht schmeichelhaft auSfällt. „Der Plan", heißt es, „den ich Vorschlägen würde, ist der, daß man eine Anzahl frommer Männer (oder Priester), eifrig, sich der Bekehrung des Volkes zu weihen, herschickte, für welche man Häuser und Klöster an solchen Punkte» errichten müßte, die man für paffend erachten würde, und daß die Zehnten auf den Bau dieser Häuser und den Unterhalt dcr Priester verwendet, der Ucbcrschuß aber zur Errichtung und Ausschmückung dcr Kirchen in den von Spaniern bewohnten Dorfschastcn, so wie zum Unterhalt dcr dortigen Geist lichkeit, bestimmt werde. Zur Einsammlung der Zehnten wären von Ew. Maj. Beamte zu ernennen, welche Rechnung darüber führen und die Klöster und Kirchen daraus versorgen müßten, zu welchem Zweck mehr als genug vorhanden ist und noch eine Summe zur Verfügung Ew. Maj. übrig bleiben wird. Es mögen daher Ew. Maj. den Papst angehen, daß cr Ihnen die Zehn ten zu diesem Behuf abtrete, und ihm dabei zu verstehen geben, daß man den unserem Herrn durch die Bekehrung dieses Volks zu leistenden Dienst auf keine andere Weise erreichen könnc; denn wenn man Bischöfe oder andere Prälaten herschickte, so würden sie die Gewohnheit befolgen, die sie, unserer Sünden halber, heutzutage angenommen haben, indem sie die Kirchengütcr auf Fest, gepränge und anderen Tand vergeuden oder ihren Söhnen und Verwandten erblich zueigncn. Außerdem würde ein noch größeres Uebel aus dieser Lage der Dinge entstehen: die Eingebornen dieses Landes hatten früher ihre ') Also hatten diese mejikanischen Tempel in vielen Stücken eine frappante Aehnlich- keit mit katholischen Klöstern.