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Schönburger Tageblatt MMM M de« Mdtmch ft WslLkÄmg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, 8««zeua», Lichtensteiu-Calluberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: ZilicNen: in A!lstsd!ivo1d«nb»rg bee Kaufin»nn Otto Förster; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. HSrilq, Mandelgaffe in NochSburg bei Herrn Paul Zehl; in Lunzenau bei Hrn. Buchhändler E. Diele, in Wechselburg bei Herrn Schmied Webe,; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Kltstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Sgidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen« Kuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsüurg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wallenburg und Ziegelheim. ^scheint täglich mit NuSnahm» der Tage nach Sonn« und Festtagen. Aunahm« von Inseraten für die nächster» Ich»inende Siumme» 5'" nachmittags 2 Uhr. tder NbonnementSpreiS beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SS Pf. zuferate pro Zeile 10 Pf., Linges. 20 Pst «I-edition: Waldenburg, Obergaffe 2Sle. rmd Waldeubmger Anzeiger. N 192. Sonntag, den 18. Angust 1889. WitterungSausfichten für dm 18. Angust: Vorwiegend heiteres und trockenes Wetter bei warmer Temperatur. Barometerstand am 17. August, nachmittags 3 Uhr: 761 mm. Gestiegen. Bekanntmachung. In hiesiger Stadt ist zum 1. October dieses Jahres die Stelle des Armen- ! Hausaufsehers, mit welcher der Dienst des ersten Nachtwächters und eines La- s ternenwächters verbunden ist, anderweit zu besetzen. Der Gehalt beträgt 450 Mk. i bei freier Wohnung im Armenhause. Bewerber, welche bei dem Heere gedient haben sollen, wollen ihre Gesuche spätestens bis zum 25. dieses Monats hier einreichen. Waldenburg, den 8. August 1889. Der Stadtrat h. Kretschmer, B. "Watveuvurg, 17. August 1889. Eine der größten Komödien der neusten Zeit ist mit dem Boulanger-Prozesse in Paris zum Abschluß ge kommen, und daß dies Gerichtsverfahren eine Komödie war, gestehen Freunde und Feinde des Generals in gleicher Weise ein. Aber es war eine Komödie auf gesetzlicher Grundlage, und deshalb kann gegen die Billigkeit des Urtheils keine Berufung oder ein Protest erhoben werden. Die französische Verfassung sagt aus- ! drücklich, daß durch Decret des Präsidenten der Republik der Senat, die erste Kammer, als Gerichtshof zur j Aburtheilung von Verbrechern gegen den Staat berufen werden könne. Dieses Decret ist erlassen, und beide ! Kammern haben mit großer Mehrheit einen Gesetz- ! entwurf angenommen, welcher das Verfahren von diesem ' Staatsgerichtshof regelt. Damit war seine Rechtsgil tigkeit außer allem Zweifel. Boulanger und seine Mit angeklagten Genossen sind ordnungsmäßig vorgeladen worden, und da sie sich nicht stellten, ist nach Ablauf ; der gesetzlichen Frist der Prozeß eingeleitet worden. i Bis hierher wurde der nöthige Ernst bewahrt; nun ! beginnt aber die Komödie. Eine Sitzung hindurch i wurden die zum Prozeß gehörigen Aktenstücke verlesen, s drei Sitzungen hindurch verlas der Generalstaatsanwalt , die Anklageschrift, 1^2 Sitzung stritt man sich über die - Zuständigkeit des Gerichtshofes für die einzelnen An klagepunkte, und endlich in weiteren 1'/r Sitzungen wurde Hals über Kopf das Schuldig gesprochen. Ir gend welche Berathung der Anklageschrift, eine Zeugen vernehmung und Vertheidigung haben in keiner Weise stattgefunden; die Angeklagten wurden verurtheilt, weil der Gerichtshof hierzu berufen war. Wäre es nur seine Verurtheilung, welche der Prozeß Boulanger ge bracht hätte, so brauchte er sich keine Sorgen um seine Zukunft zu machen. Sogar in Paris kümmert sich kein Mensch darum, und der Generalstaatsanwalt wird sich selbst wohl hüten, aus der Annahme seines Straf antrages für sich eine Lorbeerkrone zu fordern. Im Ernst glauben wohl die meisten Senatoren selbst nicht daran, daß Boulanger einen Staatsstreich mit bewaff neter Hand geplanr hat; dazu fehlte ihm die Courage. Im Interesse der Republik mußte Boulanger aus Frankreich entfernt werden, und daher diese Komödie, die wenig auf sich hat. Mit großer Meisterschaft hat es der Generalstaatsanwalt aber verstanden, Boulanger als einen gewissenlosen Lump hinzustellen, seine Um gebung als infame Subjecte, und an diesen Enthül lungen werden die Boulangisten schwer zu tragen haben. Aus der Anklage ist erwiesen worden, daß Boulan- Holzauktion auf Oberwaldenburger Reviere. Im Gasthofe „Katze" zu Obertirschheim sollen Mittwoch, den 21. August 1889, vou Vormittags 9 Uhr ab, folgende in den Abtheilungen 5 Kapellenberg, 18, 20, 21 Hohensteiner, 26, 29, 30 Schindel- und Todter Graben, 38 Baumgarten, 39 Haubler, 44 am Forst hause, 59 Gräfenviertel aufbereiteten Hölzer, als: 3 Rmtr. fichtene Nutzscheite, 3 Rmtr. harte und 120 Rmtr. weiche Brennscheite, 2 « - - 40 - - Brennklöppel, 400 Rmtr. fichtenes Schneidelrcißig, 21,7» Wellenhdt. weiches Reißig (Kapellenberg) unter den üblichen Bedingungen versteigert werden. Fürstliche Lchönburg'sche Forstverwaltnug Oberwald. i PMOsche MmDjchan. Deutsches Reich. ; Unser Kaiser hatte am Donnerstag Mittag eine i längere Conferenz mit dem Reichskanzler und am Abend eine solche mit dem Grafen Herbert Bismarck. s Freitag Vormittag empfing der Monarch den Militär bevollmächtigten Major von Deines aus Wien, hörte später die laufenden Vorträge und empfing dann zahl reiche Offiziere. Am Nachmittage entsprach der Kaiser einer Einladung des 1. Garde-Dragoner-Regimentes zur Feier des Tages von Mars la Tour zur Mit- > tagstafel und begab sich dann mit der Kaiserin nach s Potsdam, um dem Adlerschießen der Offiziere des 1. j Garde-Regimentes im Katharinenholz beizuwohnen, i Der Kaiser schritt die Front der zur Begrüßung auf- - gestellten Offiziere ab und that dann selbst den ersten Schuß. Abends erfolgte, nach Vertheilung der Schieß prämien, die Rückkehr nach Berlin, von wo um 11 Uhr abends das Kaiserpaar die Reise nach Bayreuth, Karlsruhe, Straßburg und Metz angetrelen hat. Für die Anwesenheit der kaiserlichen Majestä ten in Straßburg ist folgendes Programm aufge stellt worden: Die Ankunft erfolgt Dienstag Nach- i mittag i/e5 Uhr. Zum Empfange werden der Statt halter Fürst Hohenlohe, der commandirende General von Heuduck und die Spitzen der Behörden anwesend sein. Vom Bahnhofe bis zum Kaiserpalast bilden Spalier: Die Studentenschaft und die sonstigen Ver eine, außerdem werden 100 Bauermädchen in Landes tracht und die 20 ältesten Bürgermeister aus jedem Kreise zugegen sein. Im Kaiserpalast findet sodann Empfang aller Behörden statt. Um 6 Uhr ist kleine Tafel, um 8 Uhr Thee und Empfang der Damen. Hierauf folgt großer Zapfenstreich. Am Mittwoch findet Parade der durch zwei Regimenter verstärkten Garnison statt, sodann Frühstück bei den Majestäten. Nachmittags ist größeres Diner. Abends giebt die Stadt Straßburg dem Kaiserpaare ein Fest im Stadt hause. Donnerstag ist militärische Uebung, nachmittags größeres Diner, abends Festzug. Zum Empfange trifft auch der Großherzog von Baden in Straßburg ein. Die Verwaltung der Reichs-Eisenbahnen gewährt allen aus den Reichslanden während der Kaisertage nach Straßburg fahrenden Personen freie Rückfahrt. Der Prinz und die Prinzessin Heinrich von Preußen sind mit ihrem kleinen Sohne wieder in Kiel ange- kommen. Das auffällige Fernbleiben der Prinzessin von den Kaisertagen in Berlin, bei welchem sonst alle ger mit notorischen Schwindlern und Gaunern den allerfreundschaftlichsten Verkehr unterhalten und ihnen als Kriegsminister allerlei Gefälligkeiten erwiesen hat, nur, damit diese Sorte von Menschen für ihn Reclame mache. Boulanger hat sich ferner als ganz erbärmlich und kleindenkender Mensch entpuppt, als ein Schürzen träger von der allerschlimmsten Sorte, als ein Mensch, der Geld nahm, woher er es erhalten konnte. Daß eine solche Persönlichkeit den anspruchsvollen Parisern nur wenig imponiren kann, ist keine Frage, zumal, wenn sie Carnot mit Boulanger vergleichen. Aber ganz verschwunden sind die Boulangisten bei Weitem noch nicht, die Bonapartisten sind entschlossen, ihn wei ter zu unterstützen, und erst der Ausfall der allgemei nen Neuwahlen wird zeigen, wer bei der ganzen Bou- langer-Affaire am schlechtesten fortgekommen ist. Die Republik hat sich den Gegner, der ihr am nächsten stand, allerdings vom Halse geschafft, aber die angewendeten Mittel haben auch die republikanischen Verhältnisse in sehr trübem Lichte dargestellt. Alles, was Boulanger zur Last gelegt wird, hat er als Mi nister oder General gethan. Man fragt doch unwill kürlich, aber hat denn Niemand damals diese furchtbar schmutzigen Geschichten bemerkt, weshalb ist denn meh rere Jahre gewartet worden, bevor in dieser Weise vorgegangen wurde? Mögen die Enthüllungen Bou langer ruinirt haben, die Republik als solche hat nur geringen Nutzen davon gehabt, sie hat einräumen müssen, daß ein solcher Skandal an der höchsten Stelle im Staate möglich gewesen ist. Die Generalrathswahlen ha ben einen Gewinn für die Monarchisten ergeben, und diese bleiben auch in der Deputirtenkammer, wenngleich Boulanger daraus entfernt ist. Sie haben den jewei ligen Regierungen schon erhebliche Verlegenheiten be reitet, bevor sich Boulanger nur auf ihre Seite ge schlagen, und diese Verlegenheiten werden auch in Zu kunft andauern, wenn die Parlamentswahlen keinen großen Sieg der Republikaner bringen. Die schönste Satire aber bildet der Prozeß auf die stolze Devise: „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit!" Die Republikaner von heute haben bewiesen, daß ihnen diese Prinzipien höchst gleichgiltig sind, wenn es sich um die Macht handelt. Das Vorgehen gegen Bou langer ist und bleibt im Ganzen ein Gewaltact; man griff zur Gewalt, weil andere Mittel, den unbequemen Gegner fortzuschaffen, nicht wirkten! und dabei nennt sich Frankreich so gern einen Rechtsstaat.