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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«, Preis 22^ Sgr. <4 Thlr.j vierteljährlich, 3 Tblr. für daS ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie, Magazin für die Man prännmcrirt auf diese« Beiblatt der Mg. Pr. StaatS- Zcitung in Berlin in der Expedition (Mohren-Straße No. 34t; in der Provinz so wie im Auslände bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. »U 43. Berlin, Freitag den 10. April 1833. England. Die jährlichen Zusammenkünfte der Britischen Gelehrten. Die politischen Gährnngen, welche das Ende des 18. Jahrhunderts bezeichnete», waren von verschiedenen secundairen Bewegungen begleitet, die einen friedlicheren Charakter hatten. Die großen Vereine gelehrter und literarischer Männer, welche in unserer Zeit bestehen, find aus jenen secundairen Bewegungen hervorgegangcn, und Deutschland, das Land der echten geistigen Freiheit und des kühnen Forschergeistes, hat die Bahn gebrochen. Die erste Bersammlung Deutscher Naturforscher, welche 1822 in Leipzig stattsand, war freilich nur sehr klein; aber der unscheinbare Schneeball ist jetzt schon zur gigantischen Lavine geworden. In England erhoben sich vier ausgezeichnete Forscher, Sir Hum phry Davp, Sir John Herschel, Herr Babbage und Sir Da vid Brewster, um die Wissenschaften von ihrem äilmaligen Werfall zu erretten. Sie spürten den Ursachen dieses Werfalles nach, und gaben Mittel an die Hand, wie man denselben steuern könnte. Einige Individuen, denen die Wissenschaft nur als Quelle irdischen Wohlbehagens etwas galt, imd einige Andere, die von Eitelkeit und Ignoranz sich leiten ließen, arbeiteten dem edlen und kühnen Beginnen dieser Männer nach besten Kräften entgegen. Eine dritte Klaffe, die allbereit« im Besitze akademischer Würden war, wollte von einem für Lie Wissenschaften zu begründenden National-Institule nichts hören, ob gleich man die herrlichen Früchte kennt, die solche Institute anderwärts getragen haben. Sie bildeten sich ein, der wissenschaftliche Denker werde, gleich dem Puritaner, durch weltliche Auszeichnungen verunehrt; die Wissenschaft, meinten sie, müsse, wie die Tugend, ihren Lohn in sich selbst finden! Diese Eontroverse gab den gelehrten Gesellschaften Großbritanicns ihr Dascv». Das Publikum hatte ruhig geurtheilt und gerecht entschie den. Sir David Brewster war cs namentlich, der in dieser Beziehung eine kräftige Aufforderung an das Publikum ergehen ließ. Einige Mo. nate nach der Publikation seines Aufrufs (im Oktober 1830), welcher in ganz Großbrilanien viel Sensation erregte, kam der Verfasser auf den Gedanken, die Freunde und Pfleger der Wissenschaft aus allen drei Reichen zu einer Versammlung nach Jork zu entbieten. Er wählte diese Stadt vorzugsweise, weil sic dcr ccntralstc Wcrcimguugspunkt für die drci Reiche schien, und weil sie zugleich eine philosophische Societät besaß, in deren Lokal die Zusammenkünfte stattsindcn konnten. Den 20. September 1831 fanden sich demgemäß 200 gclchrte Män ner in York ein. Theils hatte ihr persönlicher Eifer für die Wissen schaften sie angcirieben, «Heils waren sie Abgeordnete verschiedener phi losophischer Vereine, besonders aus Nord-England. Die Universitäten blieben neutral, um die steigende Flutb des Wissens zu beobachten, viel leicht auch um sie zu dämmen. Nur Oxford schickte einen Repräsen tanten, den glühenden und liberalen Forscher Daubenv. Den 18 Juni 1832 kam man in Orsord zusammen. Obgleich damals das rcsormirte Parlament seine Sitzungen hielt, so beehrten doch viele Mitglieder des Unterhauses und viele vom Adel die Sessionen mit ihrer Gegenwart. Die ungeheuren Säle dieser an Palästen so rei chen Stadt öffneten Gelehrten von jedem Bekenntniß ihre Portale, und von vier Philosophen, welche das Ehrendiplom dcr juristischen Doktorwürde erhielten, war auch nicht Einer Mitglied der Englischen Kirche — ein Faktum, das in der Geschichte dieser Universität unver geßlich bleiben wird. Wiel Interessante« wurde in den Sitzungen dcr Gesellschaft vorgelescn und manches schöne Instrument vorgezeigt; aber das Bedeutendste waren wohl mehrere Berichte über den gegenwärtigen Standpunkt dcr verschiedenen wiffcntschaftlichcn Fächer. Die Zahl dcr versammclien Miiglicdcr bclics sich auf ungefähr 700. Dcr drittc Britische Gelehrten - Kongreß versammelte sich den 18. Juni 1833 zu Cambridge. Auf dieser ehrwürdigen Universität, die lange Zeit und mit vollem Recht an dcr Spitze der Universitäten Eu ropas stand, wurde den Mitgliedern die gastfreieste Aufnahme zu Theil, und die ausgezeichneteren Mitglieder überhäufte man mit Ehrcubezeu- gnngen. Mehr als 900 Gelehrte waren in Cambridge versammelt und 1» dem wisscntschastlichcn Gebiete des Kongresses kam jetzt ein neues Feld, die Statistik. sDcn oien September 1834 erfolgte die vierte Zusammenkunft der Britischen Naturforscher, und zwar in Edinburg. Die große Entfer nung dieser Stadt von der wiffentschaftlichen Bevölkerung Großbrilaniens hatte dem Gelingen keine Hindernisse entgegengesetzt. Auch Schottlands Hauptstadt behauptete von Seiten der Gastfreundschaft ihren alten Ruhm. Neben den strcngwissenschatslichcn Vorlesungen wurden jeden Abend populaire Vorträge für die gebildete Well EdinburgS gehalten, an denen auch sehr viele Damen Theil nahmen. Zu den ausgezeichneten Individuen, die dem Edinburger Kongreß beiwohnten, gehörten mehrere derjenigen Mitglieder des letzten Ministe riums, die in engerer Beziehung zu Schottland standen. Lord Brougham, der auf Sir David Brcwster's Antrag unter die Mitglieder ausgenom men wurde, entzückte die ungeheure Versammlung in dcr letzten allge meinen Sitzung durch seine mächtige und hinreißende Bercdtjamkeit. Unter den ausländischen Gelehrten, die an dieser vierten Zusammenkunft Theil nahmen, befanden sich Herr Arago, Professor Moll, Herr Trcvi- ranus und Herr Agassig. Nachdem wir das Historische der Britischen Gelehrten-Association kurz berührt haben, gehen wir nun zu ihren vornehmsten Zwecken über. Der Vice-Präsident der philosophischen Societät zu Hort, Herr Harcourt, entwarf den Plan zu einem permanenten Vereine dcr Gelehr ten, in welchem er sich über die Zwecke des Vereins in folgender Art ausspricht: „Dcr Verein beabsichtigt keine Eingriffe in andere Institu tionen. Er will den wisscnschaftlichen Forschungen einen kräftigeren Impuls und eine mehr svstematische Richtung geben — den geistigen Verkehr unter den Britischen Gelehrten und mit dem AuSlandc fördern — die Wissenschaft zum Gegenstände allgemeinerer Aufmerksamkeit ma chen, und alle öffentlichen Hindernisse beseitigen, die ihre Fortschritte hemmen könnten." In diesem Plane wird demnach als faktisch angenommen, daß die Richtung dcr wissenschaftlichen Untersuchungen nicht systematisch genug sev. Herr Harcourt sagt über diesen Punkt noch Folgendes: „ES müssen bestimmte Gränzcn gezogen werden, in denen die wissenschaftliche Forschung sich bewegt; — den einzelnen Gelehrten muß angczeigt wer den,, was für Untersuchungen in ihren respcktivcn Fächern am wün- schcnswerthestcn sind; — man muß Probleme lösen, Data feststcllen und Jedem eine bestimmte Aufgabe zulheilen." Ohne jetzt utticrsuchen zu wollen, ob ein Verein, der jedes Jahr nur eine Woche lang seine Zusammenkünfte hält, solche Zwecke, wie die cbcngcnannten, zu rcalisiren fähig seyn dürste, bemerken wir nur, daß unsere drei Metropolitan-Socictäten und hundert Provinzial-Ge sellschaften durch eine Parlaments-Akte aufgehoben werden müßten, wenn sie alle diese hohen Pflichten unerfüllt ließen. Herr Babbage und seine Freunde haben diese Gesellschaften niemals so strafbarer Nach lässigkeit bczüchtigt, und ihre Hülfsmittcl nie so gering angeschlagen. Herr Harcourt selbst sagt von der Königlichen Societät, „sie habe an fänglich ein Gleiches bezweckt." Sind nun diese Vorsätze ausführbar, so muß man noch jetzt daran arbeiten, sic auszusühren; wcrdrn sie abcr schwärmerisch und chimärisch befunden, so wird auch kein anderer Ver ein sie ins Dascyn rufen können. Zu dcr etwas dunklen Acußerung, daß man die öffentlichen Hindernisse beseitigen müsse, zieht Herr Harcourt selbst einen befriedi genden Kommentär, indcm er zunächst anseinandcrsctzt, wie theuer den Erfindern ihre Patente zu stehen kommen, und dann auf die schlechte Versorgung der Gelehrten überhaupt eingeht. Betrachten wir nun, wie der Gelehrten-Kongreß in Verfolgung seiner Zwecke zu Werke gegangen ist, und ob einige dieser Pläne mo- difizirt oder ausgcgebcn worden sind. Einer dcr vornehmsten Zwecke des Kongresses, das Licht der Briti schen Wissenschaft in den Brennpunkt einer jährlichen Versammlung zu konzentrircn, ist herrlich erreicht worden. Diese Zusammenkünfte dcr Gelehrten sind ein heiliges Vesta-Feuer dcr Wissenschaft, das ewig fortlodern und auch cndlich einer widerstrebenden Negierung jene Groß- mnlh entringen wird, die andere Regierungen den Denkern ihrer Staaten aus freien Stücken bewiesen haben. Nur diejenigen, welche glücklich genug waren, bei solch einem philosophischen Bankett Mitgäste zu seyn, können darüber urtheilen, wie sehr cin lebendiger Geist, ein für edlen Ehrgeiz empfängliches Gcmütb dadurch begeistert wird. An Einem Tische mit den Dalton's, den Arago's, den Herschels, den Fa- raday'S, Brown'S und Airy's ühcr Gegenstände dcr abstrakten Wissen schaft oder der Nalurforschung diskutircn zu dürfen, ist ein unschätzbarer Gewinn. Aber auch abgesehen von dieicm elektrischen Incinanderwir- ken verwandter Geister, so gewährt eine Zusammenkunft ausgezeichneter Menschen noch andere direktere und wesentlichere Vortbeilc. Wir ha ben in diesen Sitzungen stundenlang den Details selbstständiger For schungen unscr Ohr geliehen; wir haben schöne Instrumente und Ap parate geprüft; — von neuen Methoden der Beobachtung Kcnntniß genommen — lehrreiche und glänzende Experinwnle mit angesehen. Aber andere hochwichtige Zwccke des Gelehrten-Vereins find nn-'