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„Weiseritz-Seitung" «scheint wöchentlich drei mal: DienStag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljiihrlich I M. zk Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfa, lNnzelne Nummern 10 Pfg. — All« Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. Wchnitz -Mmg. Amtsblatt Zni«are, weich« b«t d« bedeutend« Auflage d«t Blattes ein» sehr wirk- same Verbreitung finden, ««den mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder der«« Raum berechnet. — Ta bellarische und complictrt» Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Lirme- sandt, «in redaktionell« »heile, di- Spaltenzeik« 2V Pfg. für die Könialiche KmtshaupLmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen UmLsgerichte und die Siadtrülhe zu Dippoldiswalde und Irauenstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Ithne in Dippoldiswalde. Nr. 2. Donnerstag, den 3. Januar 1889. 55. Jahrgang. Beim Jahreswechsel. Ist es ganz natürlich, daß der Mensch den unsicht bar waltenden Mächten gegenüber seine Unzulänglich keit und Machtlosigkeit in Demuth empfindet — und also völlig thöricht und unverständlich, wenn er in Uebermuth sich als alleiniger Lenker seiner Geschicke geberdet —, so kann es nicht befremden, daß er na mentlich beim Jahreswechsel in Sitten und Gebräuchen zu erkennen giebt, wie tief er seine Ohnmacht und Schwäche erkenne und sein zukünftiges Geschick dem Walten einer höheren Macht unterwerfe. Denn tief verschleiert liegt vor uns, was das neue Jahr in seinem-Schooße birgt; kein Auge durchdringt das Dunkel, das es verhüllt; keine Hand lüstet den Vor hang der kommenden Ereignisse. Darum fühlt selbst der materiell und wenig ideal gesinnte Mensch beim Jahreswechsel religiöse Regungen, und an keinem Tag« des Jahres sind die Kirchen gefüllter als am Vor abende des Neujahrs. Jeder fühlt das Bedürfniß wahrhaft religiöser Erhebung und Erbauung und kommt zur Kirche, nicht blos, um dieselbe im Lichter glanze erstrahlen zu sehen, sondern um seinen Sinn auf das verflossene Jahr, die Zukunft und auf den zu lenken, der die Geschicke leitet und von dem er hofft, daß er auch im neuen Jahre bei ihm sein werde. Je empfänglicher jeder Hörer in dieser Abendstunde für eine starke Anregung auf Herz und Gemülh ssein" wird, desto eindrucksvoller und nachhaltiger wird eine kirchliche Sylvesterfeier sich gestalten, die, den Gedanken- nnd Empfindungskreis der Zuhörer berücksichtigend, anschaulich an die noch frisch im Gedächtnisse lebenden Ereignisse des verflossenen Lebensabschnittes anknüpft und dieselben im Lichte wahrer Religiosität betrachten lehrt. Wie sollte sich ein Sylvesterprediger diese so selten wiederkehrende Gelegenheit entgehen lassen? — Aber neben der Befriedigung des religiösen Bedürf nisses spielt am Sylvester leider der Aberglaube immer noch seine, nicht blos harmlose Rolle. Zu welchen Thorheiten hat die Menschen nicht schon das Bestreben, den Schleier der Zukunft zu lüften, verleitet? Und wenn auch wohl bei sehr Vielen das Bleigießen, Pan toffelwerfen und dergl. nur als ein harmloser Scherz gelten mag, so fehlt es leider auch nicht an Solchen, die durch derartige Orakel, besonders, wenn sie mehr fach ungünstig ausfallen, mit Befürchtungen und bangen Ahnungen erfüllt werden und sich den frohen Genuß der Gegenwart trüben lassen. Je weniger Macht wir über die Gestaltung der kommenden Er eignisse haben, desto thörichter ist es, ihretwegen sich die Gegenwart, die zum Theil gestaltend auf die Zu kunft einwirken kann, zu verderben. Darum mit Muth und Selbstvertrauen vorwärts ins neue Jahr; was es auch bringen mag, wir müssen es tragen, werden es aber entschieden leichter tragen, wenn nicht schon vorher die Flügel unserer Seele er lahmt sind. Zu den religiösen und — abergläubischen Gebräuchen gefallen sich endlich auch die konventionellen, die durch das gesellige Zusammenleben der Menschen hervorgerufenen. Dazu gehört vor Allem der Sylvester trunk und das — Gratuliren. Dem Ungewissen gegen über sucht man einen Rausch und befiehlt sich und Andere dem — Glücke. Es dürfte bei uns Deutschen ein aussichtsloses Unternehmen sein, (und wir wollen uns gegen den Versuch eines solchen hiermit feierlich verwahrt haben), derartige Volkssitten zu bekämpfen. Nur vor Ausschreitungen muß man ernstlich warnen. Ebenso auch bei dem Versenden von Witz- und Scherz karten. Anstatt den Freund mit einem ernstgemeinten Segenswunsche beim Jahreswechsel zu begrüßen, ärgert ober kränkt man gar oft durch alberne, nicht selten zotige Bilder mit entsprechenden Reimen und Witzen. Das ist ein Auswuchs der Volkssitte, dem von allen Wohlgesinnten allen Ernstes entgegen getreten werden sollte. Auch das Aussenden von gutgemeinten Wunsch karten kann zum Mißbrauche werden und wenn, wie es scheint, in dieser Hinsicht bereits Heuer bei uns ein Rückgang eingetreten ist, so ist dies jedenfalls auf schon vielseitig ausgesprochene Mahnungen, vielleicht auch auf den Antrag zurückzuführen, den die vorjährige Diöcesanversammlung bezüglich der Neujahrskarten ge stellt hat. Zeige man seinen Mitmenschen Liebe und Zuvorkommenheit das ganze Jahr über durch die That, so bedarf es der oft sehr gedankenlos vorgebrachten Neujahrwünsche nicht. «Lokales rmd Sächsisches. Dippoldiswalde. Bei der hiesigen Sparkasse wurden im Monat Dezember v. I. 944 Einzahlungen im Betrage von 68,680 Mark 70 Pfg. gemacht, da gegen erfolgten 377 Rückzahlungen im Betrage von 48,662 Mark 9 Pfg. Ueberhaupt sind im vorigen Jahre 688,560 Mark 51 Pfg. Einlagen in 9,I2S Posten, 80,956 „ 38 „ Kapital-Rückzahlungen, 110,536 „ 10 „ Zinsen, 37,051 „ — „ für verkauftr Werthpapiere, 200 „ 10 „ Insgemein. 917,304 Mark 9 Pfg. in Summa vereinnahmt. Dagegen 558,302 Mark 68 Pfg. Rückzahlungen in 4348 Posten, 2,385 „ 28 „ Zinsen an Einleger, 861,475 „ — „--Kapital-Ausleihungen, 2,932 „ 50 „ für gekaufte Werthpapiere, 24,610 „ 23 ,, abgelieferte Ueberschüffe vom Jahre 1887, 4,762 „ 25 „ Verwaltungs-Aufwand, 380 „ 56 „ für neue Sparkassenbücher, 106 „ 25 „ Insgemein. 894,654 Mark 75 Pfg. in Summa verausgabt worden. Sparmarten ä 5 Pfg. sind 2650 Stück verkauft worden. 1375 Stück waren ult. Dezember 1887 in den Händen der Sparer verblieben. In Summa 4025 Stück. Davon sind 2840 Stück im Jahre 1888 an die Kasse zurückgegeben worden, während 1185 Stück in den Händen der Sparer verblieben sind. — Geschäfts-Bericht des Vorschußvereins für Dippoldiswalde und Umg. auf Monat Dezember. Einnahme: 8556 Mark 91 Pf. Kassenbestand vom vor. Monat. Stammeinlagen. Eintrittsgeld. 137 12 - 50 - - 80 - 5155 - 50 - Spareinlage. 12641 s — s verkaufte Staatspapiere. 492 - 10 - Zinsen von Staatspapieren. 10308 s s zurückgezahlte Vorschüsse. 419 - 92 - Provision. 795 - 86 - Zinsen. 38519 Mark 59 Pf. Summa der Einnahme. Ausgabe: 12530 Mark — Pf. gegebene Vorschüsse. Mitglieder. 9247 50 - zurückgezahlte Spareinlagen. 6 54 - Zinsen. 242 50 - zurückgezahlte Stammeinlage. 82 50 - Negieaufwand. 163 50 - Nemun. an die Verwaltungs- 22272 Mark 54 Pf. Summa der Ausgabe. K Glashütte, 30. Dezember. Ä)as Concert des Musikdirektor Keil mit der Kapelle des Schützen-Re giments war äußerst zahlreich besucht. Die einzelnen Nummern wurden, wie man das von Hrn. Keil nicht anders kennt, vorzüglich vorgetragen und ernteten wohl verdienten Beifall. Ein stark frequentirter Ball be schloß den Abend. — Heute Abend kurz vor '/,9 Uhr ertönte Feuer lärm durch den Ort und rückte die freiwillige Feuer wehr nach Cunnersdorf aus, konnte aber unterwegs wieder umkehren. Es brannte beim Gutsbesitzer Fritz Schönberg in der Kammer eines Knechts, das Feuer konnte jedoch, ohne daß eS größeren Schaden angerichtet hatte, bald gelöscht werden. Potschappel. Am 1. Feiertage hatte Ortsrichter Willkomm hier eine Postkarte erhalten, in welcher er aufgefordert worden war, binnen 4 Tagen 50 Mark Geld an eine Säule der Bahneinfriedigung niederzu legen, widrigenfalls sein Haus in die Luft gesprengt werden solle. Auch war hinzugefügt, der Bedrohte dürfe nichts hiervon sagen, sonst solle es noch schlimmer werden. Die Sache wurde für einen schlechten Witz gehalten, doch hatte die Gendarmerie es ernster aus genommen, Wache gehalten und am frühen Morgen des bestimmten Tages an der bezeichneten Stelle einen bekannten Handarbeiter aus hiesiger Nähe in verdäch tiger Weise an dem bezeichneten Platze betroffen. Die weiter gegen denselben angestellten Untersuchungen müssen nun doch belastende Dinge zu Tage gefördert 'haben-, denn wie man hört, ist der betr. Mann der kgl. Staatsanwaltschaft zugeführt worden. Dresden. Die Elbe wird gegenwärtig auf ihrem gesammten Laufe von 31 Brücken überführt und zwar in Melnik (Straße), Leitmeritz (Straße), Aussig (Straße und zugleich für Eisenbahn), Bodenbach (für Eisenbahn), Tetschen (Straße), Mittelgrund (für Eisen bahn), Schandau (Straße und zugleich für Eisenbahn), Pirna (Straße und zugleich für Eisenbahn), Dresden: Alkrtbrücke (Straße), AugustuSbrücke (Straße) und MarienbrÜcke (Straße und zugleich für Eisenbahn), Niederwartha (Straße und zugleich für Eisenbahn), Meißen (eine Eisenbahnbrücke und eine Straßenbrücke), Riesa (Straße und zugleich für Eisenbahn), Torgau (zwei Straßenbrücken), Wittenberg (je eine Brücke für Straße und Eisenbahn), Roßlau in Anhalt (Straße und zugleich für Eisenbahn), Parby (Eisenbahn), in Magdeburg (Straße), oberhalb Magdeburg (Eisenbahn), unterhalb Magdeburg (Eisenbahn), Hämerten (Eisen bahn), Wittenberge (Eisenbahn), Dömitz (Eisenbahn), Lauenburg (Eisenbahn), Harburg (Eisenbahn), Ham burg (zwei Brücken, je eine für Straße und Eisenbahn). Von diesen Brücken sind 24 aus Eisen, 4 aus Stein, 2 aus Holz und eine als Kettenbrücke hergestellt. Aus Stein erbaut sind die 3 Dresdner Brücken und die Pirnaer Brücke, während die beiden Holzbrücken in Roßlau und Wittenberg über die Elbe führen. — Die Residenzstadt Dresden soll in der nächsten Zeit, wie von den verschiedenen Parochien geplant ist, fünf neue Kirchen erhalten. Bei zweien dieser Kirchen sind bereits jetzt sichtbare Zeichen des Werdens derselben wahrzunehmen. Die in der Neustadt ent stehenden zwei Gotteshäuser, am Königsbrücker und Großenhainer Platz, sind insofern bereits in der Vor arbeit begriffen, als die Bauplätze umplankt sind und das Material zur Anfuhr gelangt. Es sind dies die Kirchen der St. Pauli- und St. Petri-Gemeinde. Von oen übrigen drei geplanten Gotteshäusern dürfte das der südlich des Böhmischen Bahnhofes gegründeten Parochie zuerst fertig werden. Der Bauplatz wurde hier bereits von der Stadtgemeinde unentgeltlich über lassen. Die Jakobi-Parochie begnügt sich zur Zeit zur Abhaltung der Gottesdienste mit der früheren Ehrlich- schen Gestiftskirche, doch mehren sich hier die Mittel zur Erbauung einer eigenen größeren Kirche von Jahr zu Jahr in gewünschter Weise. Die St. Trinitatis gemeinde, eine Abzweigung der vor mehr als lOJahren von der Kreuzkirche abgetrennten Johannes-Parochie verfügt zur Zeit zwar nur über geringe Baukapitalien, doch wird auch diese Gemeinde in nicht allzuferner Zeit auf dem Dreieck, welches zwischen der Blasewitzer- und Trinitatisstraße am Trinitatisfriedhofe liegt, ein Gottes haus errichten können. Freiberg. Die hiesige Sladtverordnetenschast hatte am 28. Dezember die Wahl zweier Stadträthe an Stelle der ausscheidenden Maukisch und Harschig vor zunehmen. Stadtrath Ernst Maukisch, (ein geborner Dippoldiswalder), der sich um die Reorganisation des