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WMIt für Ms druff WmiA, Nossen, Sikbenlkhn und die Umsrsenden. , »->1^ ! — ImtsblAlt für die Kgl. Amtshauptmannschaft Aleißen, für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Milsdruff, sowie für das Kgl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf„ durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Psg. pro dreigespaltene Corpuszeue. Druck und Berlag von Martin Berger m ÄUsdruff. — L^ranrworUich iur du- Redaktwu H A Berger daleibst. Ro. 6V Donnerstag, de» 21. Mai j 18SK. Bekanntmachung. Nachdem von der vorigen hohen Ständeversammlung die Erbauung der schmalspurigen Eisenbahn Wilsdruff—Nossen genehmigt worden ist, beabsichtigt das König liche Finanz-Ministerium die speziellen Vorarbeiten für diese Bahnlinie vornehmen zu lassen. Da von derselben auch die hiesige Stadtflur betroffen wird, so werden die m Frage kommenden hiesigen Grundbesitzer hiermit bedeutet, dem mit den fraglichen Vorarbeiten beauftragten Personale hierbei Hindernisse nicht entgegenzusetzen, ihnen vielmehr den freien Zutritt zu ihren Fluren zu gestatten, auch an den aufzustellenden Signalen, sowie an den eingeschlagenen Vermessnngspfählen, welche voraussichtlich längere Zeit werden unversehrt stehen bleiben müssen, sich in keiner Weise zu vergreifen. Wilsdruff, den 20. Mai 1896. Der B ü r g e r m e i st e r. I. V. Goerne. Bekanntmachung. Die Grasnutzungen der Stadtparke, sowie die der Wiesenvarzelle Nr. 279 sind anderweit zu verpachten. Bewerber hierzu wollen sich an Herrn Stadtverordneten Dinndorf wenden. Wilsdruff, den 19. Mai 1896. Der Stadtgemei nderath. 'I. V. Goerne. Auf Antrag des Herrn Id» i»««k. L»rt Huas Ferdinan- LieSler in Wilsdruff soll das demselben gehörige, in hiesiger Stadt gelegene Hausgrundstück Folium 472 des Grund- und Hypothekenbuchs für Wilsdruff, Nr. 54 des Brandkatasters und Nr. 52 des Flurbuchs, welches 2,6 ur enthält, mit 96,0 Steuereinheiten belegt und mit 12660 Mark — Pf. bei der Jmmobiliarbrandversicherungskaffe versichert ist, Sen 27. Juni s Js. Vormittags S Uhr freiwilliger Weise an hiesiger Gerichtsstelle versteigert werden, was für Kaufsliebhaber mit dem Bemerken, das; die Vcräußcrungsbedingungen an hiesiger Gerichtsstelle zur Ein sicht bereit liegen, hierdurch bekannt gemacht wird. Künigl. Amtsgericht Wilsdruff, den 19. Mai 1896. Einladung. Dienstag, den 26. Mai d. I., Vormittags N Uhr soll der Grundstein der neuen Kirche zu St. Nicolai gelegt und damit eine gottesdienstliche, auf dku Kirchbanplatze stattfindende Feier verbunden werden, bei welcher aus dem Landesgesangbuch die Lieder 1, 564,2, 529,3 gesungen werden sollen. Zur Theilnahme an dieser Feier und dem am Gasthof zum „Löwen" sich stellenden und Punkt 11 Uhr sich in Bewegung setzenden Festzug werden nicht nur die ganze Kirchgemeinde, sondern auch insonderheit die Kaiserlichen und Königlichen Behörden, das Lehrerkollegium und die Vereine unserer Stadt hierdurch herzlichst eingeladen. Wilsdruff, d. 20. Mai 1896. Der Kirchenvorstand. G. Dicker, Pfarrer, Vorsitzender. Die Krönungsfeierlichkeiten in Moskau von Paul Liudenberg. (Nachdruck verböte».) 2. „Mütterchen Moskau" putzt sich. — Innerhalb des Kreml. Moskau, 11. Mai. Welch' eine seltsame, phantastische Stadt, dieses Moskau, welch ein Zauber übt sie doch immer wieder auf uns aus und bringt einen, in jeder Sekunde von neuem zum Bewußtsein, daß man sich in einer gänzlich freuiden und eigenartigen Welt befindet, mit der sich kaum ein anderer Ort unseres Ecdballs vergleichen läßt. Kreuz und quer und auf und niedrig gehen die Straßen, hier sieht man mit einem Male empor zu den weißen Mauern der „Gorod", der inneren Stadt, aus der die Paläste, Kirchen, Klöster des Kreml aufragcn, dort blickt man hinunter auf weite, sich flachausdehnende Stadttheile mit un zähligen grünen Kuppeln und Thürmen von Kirchen und Klöstern, dann sind wir eingeschlossen von engen, schmalen Gäßchen mit gelben, grünen, rothcn, blauen einstöckigen Häuschen, inmitten deren Gewirr und Schmutz und Verlaffenheil plötzlich eine goldüberladene Kapelle fleht, und kurz danach schreiten wir durch dichtbelebte Straßen mit prächtigen Läden und modernen Mieths- und Geschäftspalästen in Sandstein und Marmor, um, wenn w r nach rechts oder links abbiegen, uns wieder in einer elenden rümpelhaften Straße zu befinden, die uns nach wenigen Mi nuten auf einen breiten Boulevard mit schönen Promenaden führt. Und nun erst die Völkerschaften in ihrem hundertfachen Gemisch, Stockruffen im Schafpelz mit Bastschuhen und einer undefinirbaren Mütze, in und unter der es recht häufig kribbeln und wibbeln mag, wie aus mancher verdächtig-hastigen Hand bewegung hervorgeht, Popen mit langwallendem Bart und in weiten schwarzen Talaren, reiche Kaufleute nach modernster Pariser Mode gekleidet, lumpenumhüllte Bettler und Bett lerinnen, die wie Pagoden sich demülhig auf- und niederbeugen, Armenier und Tataren mit hohen schwarzen Pelzmützen, Perser mit spitzen Lammfellkappen, Türken im rothcn Fez, Griechen mit Pluderhosen und breitem buntem Leibgurt, Kirgisen und Kalmücken, Chinesen und Japaner, Tscherkeffen und Afghanen, das Alles fluthet an uns vorüber, namentlich in der alten „inneren Stadt", in welcher sich die Magazine, die Börse, die Trödelmärkte, die großen Waarenhäuser, die in einem herrlichen, monumentalen neuen Riesenbau untergebrachten Kaufhallen u. s. w. befinden. Noch buntfarbiger und gedrängter wie sonst ist gerade jetzt dieser Völkerzusammenfluß, wo sich Moskau auf die Krönung vorbereitet; zahlreiche Deputationen aus den inneren und den astatischen Provinzen, von den Nachbarstaaten und aus fernen Welttheilen find schon eingetroffen und ihren Mitgliedern be gegnet man überall, wie auch die Zahl der Equipagen, deren feurige Rosse von dem unförmig dicken und gravitätischen Kutscher (je korpulenter er ist, also desto vornehmer er ist, als desto vornehmer gilt das Fuhrwerk), dessen schwarzer Bart oft bis auf die Brust niederwallt, geschickt gelenkt werden, eine auffallend große ist, denn viele zur Krönung befohlene oder auch nur zum Zuschauen gekommene hochgestellte wie" reiche Herren und Familien weilen bereits hier und lassen es sich in der „heiligen Stadt", die so viele weltliche Abwechslungen bietet und deren Zurüstungen zum bevorstehenden Feste so in teressant zu beobachten sind, wohl gefallen. Denn „Mütterchen Moskau" putzt sich bereits gehörig und legt, wie es einer halborientalischen Dame zukommt, einen ebenso buntfarbigen wie abwechslungsreichen Staat an. Da mals, als ich izum ersten Male hier war, im November des vorvergangenen Jahres, da sah die Stadt finster und verschlossen aus; die Trauerglocken wehklagten durch das Land, um den dahingeschiedenen Herrscher, schwarz und ernst hingen die Fahnen herab, düsteren Schmuck hatten die Häuser angelegt und wie von dumpfem Bann befangen ging da« Volk umher, wenn es nicht klagend und betend in den Kirchen weilte. Heute alles lustig und frohgemuth, heiter und lebensfreudig, die Bevölker ung wie die Stadt; emsig arbeiten an dem Festgewande tausende von Händen und schnell geht die flitterhafte und doch so wirk same Ausschmückung ihrer Vollendung entgegen. Ganze Meere neuer Farben scheinen während der letzten Wochen und Monate über die Stadt ausgegoffen worden zu sein, denn viele Häuser prangen in frischem Glanz und auch lange Straßenzüge haben neue Pflasterungen erhalten, Tausende von Fahnen und Bannern flattern weiß-blau-roth hernieder und nicht minder zahlreich find die Wappen und das kaiserliche Monogramm aufweisenden Dekorationen, die an den Häuserfronten, den Balkonen, über den Portalen angebracht und oft durch schingemusterte Teppiche, durch Vorhänge, durch Guirlanden ergänzt worden sind. Nur bei einer flüchtigen Durchwanderung der Haupt straßen sind mir schon Dutzende von Ehrenpforten, Triumph bögen, Obelisken, Pavillons in den mannigfachsten, meist zierlich orientalischen Formen aufgefallen, in leichtem Holzbau errichtet, mit bunten Farben bemalt, oben fast immer als Krönung die Abfangöbuchstaben des Kaisers und seiner Gemahlin, die Kaiser krone oder den Reichs-Doppeladler aufweiscnd, und nach Hunderten zählen die Tribünen, die den endlosen Weg, den dcrKrönung«- oder bester der Einhvlungszug nehmen wird, einsäumen. Innerhalb des Kreml — ich wiederhole, daß die- eine kleine kaiserliche Stadt für sich ist — wird alles für die Illu mination vorbereitet, die so zauberhaft «erden dürfte, wie sie weniger Sterblicher Augen gesehen. Die Paläste, das Arsenal, die Kasernen, das alle« wird von glühenden Arabesken um sponnen erscheinen, denn um all die tausende Fenster, um die Thüren, die Simse, die Balkoc.S ziehen sich elektrische Flämm- chen in verschiedenfarbigen Glashülschen, in grün, gelb und roth, und als gestern Abend bei einer Probebeleuchäng nur ein Theil ihnen oufsprühte, da war der Eindruck schon über wältigend. Denselben Flammenjchmuck erhalten die benachbarte Verkündigung«- und die Archangel-Kathedrale und der fünf stöckige, über 80 Meter hohe Glockenthurm Jnwan Welicky; umspannt wie von einem Spitzengewebe sind deren Mauern von den Flammen-Linien, die hinaufklettern bis zu den kleine» Thurm-Arkaden, welche die goldenen Thürme und Kuppeln gleich einem Schleier umhüllen und bis zur höchsten Spitze der Kreuze dringen. Auch oll diese Gebäude haben einen frischen Farbenschmuck erhalten und auch hier erhebt sich eine Reihe sehr sorgsam und hübsch gearbeiteter Tribünen, deren mit Holz schnitzereien versehenen Dächer von schlanken Säulen getragen werden; fie sollen den kaiserlichen Gästen, die ja nach Tausenden zählen, am Krönungstage zum Aufenthalt dienen. Wird die Beleuchtung innerhalb des Kreml nur elektrisch sein, so diejenige außerhalb desselben mittelst Millionen bunter Lämpchen? Ja, mittelst Millionen und aber Millionen! Da zu sehen, wird gleichfalls einem Märchentraum gleichen. Jede Zinne der altersgrauen, zwei Kilometer langen Kreml-Mauer, jedes Thürmchen, jeder Vorsprung, jede Treppenstufe, jede Nische