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Nl'mmer 42 — 26 Iahrqanq Smol wöch. Bezugspreis für Februar 3.00 elnschl. ttxitcllario vnzeigenprelse: Die Igelp Petitzeile 30L, Skellengefuche Sü L Die Petitreklamezeile. 89 Milli, neier dien l OUeriengebilhren tür Selbstabholer 20 L bei Ueberlenoung aurch die Post außerDem P.'riozuschlag Einzel-Nr l0 L. Sonmags.Nr IS Belchättl. Teil: Frteorich Riefer in Dresüen. » Schokoladen » » Konsitiiren » » Kaffee/Tee » » Gekchenkartikel» Kranz Steiner Vcesden.TI. Alaunstraße 13 und 45 V Ev^' ^c> »»' 4-' Sonntaq. 20. Februar 1927 Im Falle höherer Gewalt erlisch» jede Derpflichtvsg »uf Lieferung sowie Erfassung v -knzetgrnaufrrshe« «. Leistung v Schaoenersatz Für unoeull u s Fern ruf übermitt Anzeigen übernehmen wir keine Le»- antworiung Unverlangt eingelanoie u m Riictipoi'.« nicht v-rsehene Manuskripte werv nicht ausbeixahrt Sprechstunüe oer ReSaktion 2 3 Uhr nachmiliag» Hauprschristleit.: Dr. Joseph Albert. Dressen WM W ttir alle ^cved«« in silon ?r»>sisgen sin!p?r>zliie!l!!S!l v. iiVsüeniilei UrenUen-^., ^clire'lier.-iisse n,1cvsi«IA markt »»iciiimfisilell», Truck und Vertan r Saronta- B> > r'-scrci T'.esdcn kl. i, Poiierli'ehe 17. > > UNS. il'oUccho-ttoiito Dresden I47M. -- -ee»n,'er Bank, Dresden. 'X 1 Für christliche Politik und Kultur LL2L !ltedai»«n der Sächsischen Volks,etkung DreSden-Rttstadl 1. PoUccstrahe >7. gernrut 207II und riois. >> Reichswehr und Volk Tie Reichswehr steht seit einer Reihe von Mo naten im Mittelpunkt des i n n e r p o l i t i sch e n Kampfe s. Ter Herbst des Jahres 1926 war ausgefüllt m't Erörterungen über die Wehrmacht, die sich schlieh- l'ch zu einem Generalangriff der Linkspresse auf den Reickswchrminister Gehler auswuchsen. Das Beschwerde- maicr'al gegen die Leitung der Wehrmacht wurde dann dem Reichskanzler vorgelegt. Aber noch ehe die amt liche Prüfung beendet war, teilte Scheidemann in seiner bekannten Neichstagsrede dieses Material der Oeffent- lichkeit mit als Begründung für den Sturz des Kabinetts der Mitte, den die Sozialdemokratie gleichzeitig herbei führte. Tiefes Vorgehen war um so verwunderlicher, als der Reichskanzler in der gleichen Sitzung in allen wesent lichen Punkten Reform zugesichert hatte. Tiefe Reform ist nun unbeeinflußt durch die inner politische Krise in Angriff genommen worden und wird von der neuen Regierung restlos zu Ende geführt werden. Die Grundlage dafür bieten die von allen Koalitionspar teien anerkannten Richtlinien, lieber die einzelnen Maßnahmen der Reform hat Aufschluß gegeben die Aus sprache, die in den letzten Tagen den Haushaltaus schuß des Reichstages beschäftigt hat. Ter Reichswehr minister Geßler und der neue Chef der Heeresleitung, General Heye, sind vor dem Ausschuß zu Wort gekommen und haben sich ausführlich mit der an der Reichswehr ge übten Kritik auseinandergesetzt. Ten Kernpunkt der gesamten innerpolitischen Aus einandersetzungen über die Reichswehr bildet die Re iz r u t i e ru n g s f r a g e. Tas hat sich bei der Debatte im Halishaltausschuß deutlich gezeigt. Es kommt wirk lich nicht darauf an. ob da oder dort im Heerwesen etwas gespart werden kann oder ob der und jener Offizier sich nicht genau an die Vorschriften hält — auf die Z u k unft der Reichswehr kommt es an. Hierzu ist nun zu sagen, daß die ganze Form der Reichswehr uns von außen auf gezwungen ist. Ein Söldnerheer entspricht nicht dem deutschen Gefühl. Es stebt auch in völligem Widerspruch zu der republikanischen Staatsform: alle Republiken, die die Geschichte kennt, haben unter den vornehmsten Ausga ben ihrer Bürger das Recht und die Pflicht zur Landes verteidigung gekannt. In dem Rahmen aber, der gegen wärtig durch den Versailler Vertrag gegeben ist. muh jährlich ein Teil der Reichswehr erneuert werden. Selbst verständlich hesteht ein starkes Interesse, daß dieser Er satz nicht aus Kreisen genommen wird, die innerlich der Republik feindlich gcgenüberstehen. Das Urteil, ob eilt Bewerber geeignet ist oder nicht, muß aber in dieser wie in jeder anderen Beziehung den zuständigen Stellen der Reichswehr überlassen bleiben. Es wäre etwas ganz un gewöhnliches. wenn die Einstellung der Rekruten von Or ganen geregelt würde swie es von sozialdemokratischer Seite vorgeschlagen würde), die der Reichswehr gar nicht angehören. Tie Verantwortung müssen die Führer der Reichswehr, letzten Endes der dein Reichstag verantwort liche Minister tragen. Die Frage der Rekrutierung ist also im Grunde eine Frage der Führung. Man hat mit Recht gesagt, daß innerhalb des Offizierskorps der Reichswehr eine große Anzahl von Männern stehe, die die monarchische Staatsform innerlich höher stellen als die republika nische. Zugegeben — aber ist das ein Grund, an dem Treueid zu zweifeln, den diese Männer der Republik geschworen haben? Das wäre sehr töricht. Man wird sich hier gerade in Zentrumskreisen erinnern, daß es nach 1871 sehr viele Männer gegeben hat. die das non Bis marck geschaffene Preußen-Deutschland nicht für den be sten möglichen Staat der Deutschen hielten, trotzdem aber diesem Staate dienten. Kein Geringerer als Windthorst hat damals es aus der Tribüne des Reichstages ausge sprochen, daß inan solchen Dienst am Vaterlande nicht ge ring einschützen dürfe. — Entscheidend ist hier, wie über all. die Tat. Beim Kapp-Putsch hat die G e s a m t h e i 1 der Reichswehr die Probe auf ihre Verfassungstreue be standen. Wo Mißgriffe im einzelnen Vorkommen, müs sen sie selbstverständlich un nachsichtlich geahndet werden. Der Reichswehrminister hat im Haushaltausschuß Fälle angeführt, in denen fristlose Entlassung über Offiziere verhängt worden ist, die in ihrer dienstlichen Tätigkeit die selbstverständliche Rücksichtnahme gegenüber der re« Siedlung lul nol Eine Kundgebung -er führenden Wirtschaftsverbände Berlin, 19. Februar. Die Gen'llschaft zur Förderung der innere» Kuloni-- iatlivn, der Deutsch' Lantavirtschaftsrat, die Pceuß sche Hauptlandivirttchastskammcr, der Reich-Verband der Teut- ichcn Industrie, der Deutsche Industrie- und HandclsiciH, der Reichst«,idbnnd, der Deut che Bauernbund, die Ber einigung der deutschen Bauernvereine, der R chrreröaud landwirtzchaitlichcr Klein- und M'.ltetbetricte und der Ver band der Prenßftchcn Landgemeinden vervi'entlichen fol gende Kundgebung zur Frage der ländlichen Siedlung: „Im Jahre 1920 hat da- Reich namhafte Beträge für die ländliche Siedlung bereilgestettt, Preußen hat sich dem angeschtossen. Dieser Schritt'w rd in alten Krei ci, des dcnt'chen Volkes lebhaft begrüßt. Sind doch — in der Voraussetzung, daß Siedlung E.genlnm bedeutet und daß bei der Durchführung des SiedtnngSwerkeS der Rcchts- grund!atz des Eigentums voll gemährt bleibt — an einem nmsa'senden ländlichen Siedliingswerk Landwirtschaft, In dustrie, Handel und Gewerbe, Städte und Landgemeinden in gleicher Weile interessiert. Die Landwirtschaft braucht für ihren Bevöl kerungszuwachs neuen und ausreichenden Lebensrauin. Ruch die in den Landkrcftcn und Landgcmc.ndcil zusammengesaßtr Selbstverwaltung lann nur gedeihen, wenn der ländliche Nachwuchs dem stachen Lande möglichst erhalten bleibt. Die Industrie erstrebt angesichts der geschmälerten Aus- fnhrmögüchkeitcn durch Vermehrung der bäuerlichen Stellen eine Stärkung der Aus»ah.mefvhi'gkeit des landwirl chasl- lichen Marktes für ihre Erzeugnisse. Handel und Ge werbe, insbesondere in den initiieren und kleincren Städ ten, werden durch die in ihrem Umkreis neu enlsteh.nden Nanerngemcindcil ersahrnngsgcmüß stark belebt. Die Städte, ebenso wie die großen Läiidgemeindeii t» den Jndustrie- gegenden, können ihrer Wohnungsnot und Erwerbslo igkeit und der damit zniammenhängciiLeii Folgeerscheinungen nicht Herr werden, wenn mit deren Bekämpfung nicht zugleich dw Quelle des Nebels — die übermäßige Abwanderung vom Lande nach der Stadt — durch eine starke ländliche Aii'iedlung verstopft wird. Wenn trotzdem eine großzügige ländliche Siedlung bis-hcr nicht in Fluß gekommen ist, w liegt der Grund daren-, daß wesenttiche sachliche Voraussetzungen für eine nmfangrciche Siedlung auch jetzt noch nicht erfüllt lind. Die Unterzeichneten Organftationen fordern deshalb; 1. Wiederherstellung einer ausreichende» Re » tab li- tat der L a n d w i r t > ch a f t als der sinngemäße» Vor bedingung für die Gründung lebensfähiger »euer Banern-- stellem 2. Zusammenwirken aller öffentliche» Faktoren zur Förderung der Siedlung nur nach, 'sachlichen Gei chlspunkie». 3. Verwendung nur leistnngs-fähiger. fachkundiger und genügende Sicherheit bietender Siedln» gS träger für die praktische Tnrchführung des SiedluiigSiverkeS. -1. Ans chaltung aller 'bürokratischen E »griffe in die S'.cdlnngstüligkc-it. Die Wirt chaftliche Selbständigkeit und B wegüchkeit der Sicdlnngs-träger muß vielmehr zur Siche rung eines wirklich wirtschaftlichen, willigen und schnellen V-'rsahrcns nnangetastcr bleibe». ö. Neben einem ausreichenden Zwftchentreüil für dc» SicdlnngSträgcr weitgehende» und willigen öffentlichen Tanerkredit für den einzelnen An iedler als »nerlässige Voraussetzung für eine nmsangreiche Neusiedlung. Eine ichlontrige Regelung des SiedlungsverfahrenS nach dieien Vorschlägen ist notwendig, wenn nicht auch noch das Jahr 1927 glech de» Vorjahren für de» Beginn einer großzügigen ländlichen Siedlung verloren gehen >o!l. » Diese Kundgebung wird man aufrichtig begrüßen kön nen. Es ist gut, daß sich jetzt auch die Kreise der Wirlichail dem Problem der Siedlung mit großer Energie zuwenden. Man darf darauf Hinweisen, daß die Notwendigkeit, de ländliche Siedlung auch im Jahre 1927 z» fördern, gerade von seiten der Deutschen Z e » t r n m s p a r t e i energisch betont worden ist. Jnsbe'vndcre ist es der Abgeordnete Sieger wald gewesen, der immer wieder die Animer» mnikeit der Reiche-regiernng auf Diese Frage gelenkt hat. Hier liegt zweifellos eines der wichtigsten Probleme für das Deutschland der Nachkriegszeit. Eine wettere 'Ausdeh nung nn eres industriellen Apparates ist nicht mehr denkbar. Umgekehrt sind die landwirtschaftliche» Gebiete Ostdeutsch lands, Pommern, Ostpreußen und Mecklenburg ziimal. d i e a ni dünnsten bevölkerte» Gebiete Mittelero- paS. Nur ein Nück-ließe» der Bevölkerung in die's Ge biete, die 1870 zum Teil eine dichtere Bevölkerung Hanen als heute, vermag der Ma'sieruiig der Menschen in de» In dustriestädten cntgegenzuwirle». Voraussetzung für eine solche naturgemäß nur langsam dnrchzuftihrende Umgruppierung der Bevölkerung ist frei- publikvnischen Staatsforin verletzt haben. Die Eraä-.zunst des Offizierkorps wird von seiten des Reichsmehrmini- steriums künftig schärfer überwacht werden. Alle Vor merkungen. die für die nächsten Jahre gemacht worden waren, sind gestrichen worden. Wenn es der Reichswehr gelingt, dos Problem der Führung zu lösen, dann werden die Mißgriffe, die jetzt noch im Nekrutierungswefcn Vor kommen mögen, restlos beseitigt werden rönnen. Reformen in der Reichswehr können nicht so durch- gcführt werden, daß mit dem Nest von Wekrmacht, der uns geblieben ist. Experimente gelricben werden. Die Reichswehr als ganzes hat sich durchaus bewährt. Reichs kanzler Dr. Marx hat ihr das ausdrücklich bestätigt. Die Unvollkommenheiten aber, die sich im einzelnen herans- gestellt haben, müssen beseitigt werden. So ist die Trcn- nungslinie zwischen Reichswehr und „Wehrverbän- d e n" jetzt endgültig und scharf gewgen worden. Es ist besonders begrüßenswert, daß der Chef der Heeresleitung, General Heye, sich energisch für die Durchführung dieser Trenillliigslinie eingesetzt hat. Die Reichswehr befindet sich wie der Staat, dem sie dient, in einem Stadium des U e b e r g a n g e s. Es klin gen noch die Erinnerungen an die Vergangenheit noch, wenn auch die Notwendigkeit und Unabänderlichkeit des neuen Zustandes mehr und mehr anerkannt wird. Hier bedarf es auf beiden Seiten der Geduld und des Ver trauens. Die Schwierigkeiten, dis in der Wehrmacht vor handen sind, vor allem die zentrale Rekrntierungsfrage, sind lösbar. Cie dürfen aber nicht dazu dienen, die Reichswehr in den innerpolitischen Streit zu ziehen. Ge rade auf Grund seiner republikanischen Auffassung hat Dr. Wirth sich gegen diese Methode gewandt. Der Lärm um die Reichswehr schadet uns außenpolitisch. Via» darf doch nicht vergessen, daß die erste Aufgabe der Reichswehr der G r e n z s ch u tz ist. Die Reichswehr I ist uns ausdrücklich zugestonden worden als Verteidi gungswaffe für die nach drei Seilen offene deutsche Gren ze. Die politische Lage in Europa aber ist nicht der artig, daß Deutschland auf diese Verteidigungswaffe ver zichten könnte. Die A b r ü st n n g s f r a g e ist nicht ge löst. Der belgische Ministerpräsident Vandervelde hat es kürzlich ganz offen ausgesprochen, daß die künftigen Er örterungen ans Grund des Versailler Vertrages dazu führen müßten, daß entweder die Rüstung der anderen Staaten auf den Stand der deutschen Wehrmacht herab- gcdrückt würde, oder daß man Deutschland das Recht zuerkenne, seine Rüstung sa zu verstärken, daß es gegen einen feindlichen Einmarsch gesichert ist. Hier zeigt sich ein Ausblick, welche Möglichkeiten sich für die Reichswehr eröffnen würden, wen» der Zwang zum Söldnerheere, den man Deutschland in Versailles ankerlegt bat. einmal beseftiot würde. Nickt ecke Auf rüstung wäre dann zu wünschen; das entspräche nicht der friedlichen Gesinnung und der wirtschaftlichen Lage des deutschen Volkes, wohl aber müßte das Söldnerheer sich in ein Volksheer verwandeln. Dieser Nebergang würde eine neue Kr-se bedeuten, wenn heute die Armee stck vom Volke abschlieken und das Volk non feindseligem Mißtrauen gegen die Wehrmacht ergriffen würde. Ver trauen und Verständnis auf Heiden Seiten sind notwen dig. wenn Volk und Reicbsivehr allen Möalichkeiten der Zukunft gewachsen sein wollen. Aus dem innerpolitischen Kampf muß die Reichswehr bcrausgcnommen werden. Um so sorgfältiger ober werden die verantwortlichen Stellen zu prüfen haben, in welchem Umfange weiterhin Reformen notwendig sind, damit die Reichswehr ihren Aufgaben in der deutschen Republik in vollem Umfange gerecht werden kann. Dyk.