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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrämunerationS- Preis 22^ Sgr. Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man xränumcrirt auf dieses Beiblatt der Allg. Pr. StaatS- Zeitung in Berlin in der Expedition lMohren-Straße No. Z4>; in der Provinz so wie im Auslande bei der» Wohllöbl. Pofi-Acmtern. Literatur des Auslandes. 24. Berlin, Mittwoch den 25. Februar 183k Spanien. Das Reisen in Spanien und das Museum von Madrid. Line bekannte Pariser Zeitschrift enthielt im Dezember des ver gangenen Jahres einen, ans der Feder des Herrn Louis Biardot ge flossenen Artikel, mit der Ucberschrist: „le Ausee eie Aluelrifl". Die Itevistu nimmt davon Veranlassung, gegen die neueren Reise- bcschreibcr Spanien'«, zu denen sich nun bald auch ein bekannter Deut scher Furst gesellen wird, ein wenig zu polemisiren, und sagt, in BL zng auf die Bemerkungen des Herrn Biardot: „Schon die Einleitung zu diesem Artikel Hal uns nicht wenig überrascht, und wir erinnerten uns dabei unwillkürlich an jene Anekdote von dem Gemälde, das einen Löwenbändiger darstellle, und bei dessen Anblick Jemand ansricf: „„Der Maler selbst ist wahrlich kein Löwe gewesen!"" — Herr Biardot ist zwar kein Spanier, allein er hat "fahre lang in Spanien und namentlich in Madrid verweilt, und man kannte also wohl von ihm verlangen, daß er positivere Data hätte, um der Wahr heit gemäßer zu sprechen. So ungerechte Behauptungen, wie die seini- gcn, dürfen aber in keinem Falle ungerügt bleiben, obschon jeder andere Franzose, der über unser Spanisches Vaterland raisonnirt, in ganz ähn licher Weise zu Werke geht." „Der Verfasser sagt in der Einleitung: „„Wenn die Pyrenäen in ihren malerischen und großartigen Partieen so gut angelegte Heer straßen hätten, wie l. B. die über den Simplon; wenn in den Ebenen am Ebro gute Posthäuser und statt schielender Maulthiere tüchtige Relais-Pferdc zu finden waren; wenn man nicht mit Karavanen reisen müßte, als ging es nach Arabien und bei jedem Schritt ans Räuber, banden stieße; wenn der Fremde in Spanien überhaupt gute Wege, sichere Fuhrwerke und keine so armseligen Wirlhshäuser fände: da wür de» Reifelustige wahrscheinlich von dem alten Schlendrian zurückkom men und die pyreuäische Halb-Insel noch lieber besuchen, als selbst die appeninische."" „Es würde uns nicht schwer werden, Hrn. Viardot zu beweisen, daß es in Spanien weder an guten Wegen, noch an guten Fuhrwerken und Wirthshäusern fehlt. Wir haben diese Dinge zwar nicht in so großer Anzahl wie die Franzosen, aber sie kommen den ihrigen an Güte min destens gleich, und mit den Wirthshäusern in Frankreich ist es, wie Ref. ans eigener Erfahrung weiß, oft noch weit schlechter bestellt. Herr Viardot klagt über die schlechte Kost in den venta«, und wir könnten ihm dagegen eben so viele Französiche aubvrAc-s anführen, wo nichts besseres zu bekommen war, als Aarbure avec un zu-tit »als (etwas Kohl und versalzenes Fleisch), sehr schlechter Wein und noch schlech teres Brod. Sobald man die gewöhnlichen Postwege verläßt, muß man hier und in Frankreich viel Ungemach erleiden; aber es darf auch nicht vergessen werden, daß Spanien noch gleichsam auf der Schwelle der Freiheit steht, während Frankreich schon vieljährigc politische Erfahrun gen gemacht hat." „Wo Herr Viardot von der Königlichen Bibliothek in Madrid spricht, ist er so gütig, uns anzuzeigcn, daß man daselbst eine reiche Sammlung von Manuscripten findet, daß aber nur wenige von dem Perlonale der Bibliothek Homer'S Namen in Griechischer oder Muhsm- mcd's Namen in Arabischer Schrift lesen können. Wenn dies bei den Bibliothekaren damaliger Zeil wirklich der Fall war, so lag die Schuld davon nicht bloß an den Spaniern: verhalfen uns nicht die Französi schen Truppen selbst zu Calo mar de, jenem geschworenen Feinde alles Wissens und aller Gelehrten?" „Von der Bibliothek wendet sich Herr Viardot zu dem Münzen- Kabinel: er sagt von demselben, cs sep das reichste und prächtigste in der Welt, wo inan auf ISO,MO Münzen aus der Phönizischen, Grie chischen, Pnnischen, Römijchcn, Gordischen und Atabischen Periode die Geschichte aller der Nationen studircn könne, die Spanien der Reihe nach besessen; nur sollten diese kostbaren Aliertkümcr, wie unser Ber- saffcr meint, nicht jn den Schubladen der Wandschränke unordentlich durcheinander liegen, und einen Direktor haben, der etwas mehr von seinem Amt verstände, als das Verschließen der Thürcn. Herr Viardot hat in dicftm Punkte nicht ganz Unrecht; allein die Verwahrlosung des Münz-KabinetS ist auch eine Wirkung der vorhin erwähnten Ursache, und wir wünschen sehnlichst, daß auch diesem Uebel bald abgcbolsen werde. Eben so richtig urthcilt Herr Viardot über das Zeugbäus, das natmhistorische Kabinet und den botanischen Garten." „Treten wir nun an der Hand der Verfassers in das Museum, welches zu seiner Relation den Titel bergegcben, „„Das Gebäude"", sagt Herr Viardot, „„ist prächtig, obschon inan ein halte? Jahrhundert daran gebaut hat."" Der Bau wurde nämlich erst im Jahre 1828 beendigt. Man Hal einen Theil der Gemälde, die bis dahin in den Palästen von Madrid, Aranjuez, San Ildefonso, El Pardo, La Zar zuela und La Quinta zerstreut waren, dahin transportirt und nach Ma- lerschulen geordnet." „Der Versasscr eilt von Saal zu Saal und findet, daß unser Mu seum an Ztaliättischcn Gemäldcu erstaunlich reich ist. „„Man sicht hicr"", bcmcrkt er, „„nicht bloß die, in gewissem Betracht sccundairen Werke Bellini s, der Bassano'S, Carracci'«, Andrea del Sarlo's, Guer- cino'S, Jordans Bruno's, Caravagziv's, des sanften Albano und des rauhen Salvator Rosa: auch die Meister vom ersten Range haben zu diesem Kunstschatze das Ihrige beigestcucrt. Leonardo da Vincr lieferte ein Bildniß der schönen Monna Lisa, der Gattin Iocondo's, die er zwei Mal konterfeit hat. °) Guido eine Kleopatra, eine Mar « Magdalena, eine Himmelfahrt Marias und andere seines großen Rufes würdige Stücke. Bon Tintoretto besitzt das Museum eine Menge verschiedenartiger Gemälde, worunter sein Meisterwerk, das Innere des Senates von Venedig. Auch Paul Veronese und Tizian, der wunderbare Genius, haben dem Muscum von Madrid ihren Tribut be zahlt. Cadore kann man hier in allen seinen Genre« studircn, und' selbst von dem unsterblichen Jüngling Raphael bewahrt das Museum einige Produkte." , „Nach den Italiänischcn Meistern folgen die anderen großen Ma- lcr des Auslandes. Die kleinen Gemälde der Niederländer füllen zwei Säle; man sicht hier Werke von Tenier, Ostade, RuiSdael, Wouverman, und einige Meisterstücke der drei Gewaltigen, Ru bens, Bandyk und Rembrandt." „Nachdem Herr Viardot die Italiäner und Niederländer gemustert, begiebl er sich in die Scitenhallcn zu den Spaniern. „„Ich möchte wobl"", sagt er, „„das Idiom der Kunst verstehen; nicht etwa die lobten technischen Ausdrücke, sondern jene Sprache, die alle Empfindun gen, welche ein Meisterwerk der Kunst in unserem Innern erregt, mit Treue und Lebendigkeit wicdergebc» kann. In Italien kam die moderne Malcrkunst zur Welt; dort sah mau sie cmporkcimen und blühen. Als die Ausländer sie ererbten, stand sie schon im Alter der Reife, und so gelangte das künstlerische Ausland mit einem Mal auf die Stufe dec Vollkommenheit, dic es überhaupt nur erreichen konnte, ohne eine Ent wickelungs-Periode durchzumachen. In Spanien, wie in Frankreich, umfaßt die Geschichte der Kunst einen Zeitraum von ungefähr andert halb Jahrhunderten, und wir lernen eine isolirte Generation kennen, die weder Ascendenten, noch Descendenten hat. Juan de Inanes, der Zeit nach der erste und seinem Verdienste nach gewiß nicht der letzte Spanische Maler, besuchte Rom, wo er unter Rapbael's Schülern sich bildete. Als er nach Spanien zurückgekehrl war, stiftete er die Valen cianische Schule, deren Koryphäos er immer blieb, weil keiner seiner Schüler ihm den Rang ablies. Inanes war gewiß der treuste Nach ahmer Raphael'«. Seine Gemälde haben dieselbe Schärfe der Umrisse, dieselbe Schönheit der Formen nnd dieselbe Energie im Ausdruck."" „Herr Viardot zählt nun die berühmten Spanischen Maler der Reibe nach auf; am längsten verweilt er bei Velazquez und Mu rillo, von denen er mehrere hinlänglich bekannte Anekdoten erzählt. Er behauptet, e« würde seinem Baterlande vielen Segen bringen, wenn einige Französische Künstler nach Madrid reisten, um dic Werke der Spanischen zu studiren. Ec sagt ihnen: „„Warum besucht Ihr nicht Spanien ? Dort ist das Klima eben so heilsam, der Sonnenstrahl eben so glühend, der Himmel eben so klar, dic Luft eben so rein wie in Italien. Wollt Ihr Natur und Kunst studiren, Ihr könnt cs nirgends, nirgends besser als in Madrid!"" „Hier scheint aber Herr Biardot zu vergessen, daß man ja m Spanien nicht reisen kann, daß es keine Landstraßen und in den B en las nichts zu essen giebt, als höchstens Gerste; daß man endlich bei jedem Schritte ans Räuberbanden stößt. Welchem Französchen Künst ler wird es wohl in den Sin» kommen, ein so barbarisches Land zu bereisen?" „Herr Biardot schließt mit der Bemerkung: „„Frankreich habe eine schöne Gelegenheit vorübcrgchen lassen, sich >» den Besitz einiger Dutzend trefflicher Gemälde — wie sie in Spaniens Palästen so zahl reich —, einiger hundert Manuskripte und einiger tausend Medaille« zu setzen."" — Sollte dem wirklich so sehn? Die schöne Gelegenheit war übrigens, wie Herr Biardot berichtet, folgende: „„Als Ferdi nand VII. im Jahre I82Z mit Hülse von hunderttausend Französischen Bajonetten den Spanischen Thron wieder bestiegen Halle, stellte er dem ') Das andere Portrait ist in Paris.