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WeWritz -MW Amtsblatt Verantwortlicher Redactmr: Paul Ichne in Dippoldiswalde, 55. Jahrgang Sonnabend, den 13. Juli 1889. Nr. 82. Gelüste zur Weltherrschaft, welche erst 1870 durch das deutsche Schwert eine anscheinend so gründliche Dämpfung erfuhren; bereits sind jedoch im französischen Volke die Erinnerungen an seine große militärische und politische Vergangenheit wieder geweckt worden und werden sie durch die Nevancheschreier mit lebendig erhalten und diesem Zwecke sollte ja das Revolutions jubiläum von allem Anfänge an mit dienen. Vielleicht wird auch die Erinnerungsfeier des 14. Juli in Paris derartige chauvinistische Anklänge zeitigen, aber Deutsch land wird sich hierdurch ebensowenig beunruhigen lassen, wie durch den ganzen bisherigen Verlauf der Ne- volutionsseierlichkeiten jenseits der Vogesen, und Ge wehr bei Fuß auch der letzten Scene des gegenwärtigen französischen Spektakelstückes kaltblütig zuschauen. ZM M. Ichmkjk des KaWmstilMw. Die von mancherlei Festlichkeiten umrahmte fran zösische Revolutionsjudelseier neigt sich ihrem Ende zu, aber gerade in den Schlußtheil des ganzen Festcyclus fällt der bedeutsamste Erinnerungsiag des Revolutions jubiläums, der 14. Juli, der Tag des Bastillensturmes. Denn am kommenden Sonntag vollendet sich ein Jahr hundert, daß die Bastille, jene alte Zwingburg, durch welche die französischen Herrscher die unruhige Be völkerung der Hauptstadt Paris in Schach hielten, von einer großen Volksmenge erstürmt wurde, um bald nachher der Erde gleich gemacht zu werden, und die Geschichtsschreiber datiren von dem Ereignisse den eigentlichen Beginn der großen französischen Revolution. Diese Anschauung ist auch vollkommen gerechtfertigt, obwohl die ganze Aktion des BastiUensturmes sich innerhalb weniger Stunden abspielte und die Zahl der hierbei Getödteten oder Verwundeten insgesammt kaum zwei Hundert betrug; aber die Erstürmung des histo rischen „Zwing-Uri" der Könige Frankreichs durch das lange geknechtete Volk zog tiefere und allgemeinere Folgen nach sich, als dies von vielen blutigen Schlachten der Weltgeschichte gelten kann. Die Bastille war seit langer Zeit als ein Mittel- und Stützpunkt der Tyrannei des Königthums in Frankreich, als das drohende Wahrzeichen der absolutistischen Monarchie betrachtet werden und ihr Fall symbolisirte daher den freiheitsdurstigen Massen den Sturz der königlichen Macht und den Beginn der Volksherrschaft. In diesem Sinne machte die Erstürmung der finsteren, mauer gewaltigen Veste einen ungeheuren Eindruck nicht nur rn Frankreich selbst, sondern auch weit über dessen Grenzen hinaus, man ahnte in diesem Vorgänge das Wehrn einer neuen Zeit und das folgende blutige Nevolutionsdrama erhielt von dem Falle der Bastille unleugbar seinen eigentlichen Impuls. Es ist daher nur begreiflich, wenn sich die leitenden und republika nischen Kreise in Frankreich bemühen, die hundertste Wiederkehr des Tages des Bastillensturmes möglichst glanzvoll zu gestalten und hiermit zugleich dem ge jammten Revolutionsjubiläum einen effektvollen Ab schluß zu verleihen. Dabei läuft indessen der deutlich erkennbare Hintergedanke wieder mit unter, welcher die Nevolutionsjubelfestlichkeiten schon von Anfang an durchzog, der längst fadenscheinig gewordenen fran zösischen Republik neuen äußerlichen Glanz zu ver leihen und die Erinnerung an das Große und Gute, welches die civilisirte Menschheit der ersten französischen Revolution verdankt, lediglich zu Gunsten des morschen republikanischen Staatswesens in Frankreich von heute auszubeuten. Darum soll denn auch das Fest des 14. Juli als eine hochwillkommene Gelegenheit benutzt werden, den Völkern und Regierungen aufs Neue ins Gedächtniß zurückzurufen, daß ihnen vor hundert Jahren von Frankreich aus die Segnungen eines neuen freiheitlichen Geistes geworden sind und daß Europa den Franzosen das Geschenk der modernen politischen Kultur verdankt. Nun wohl, man wird überall an erkennen, daß die leitende» Ideen der großen Re volution von 1789 sich noch heutzutage lebendig er weisen und daß letztere den Uebergang aus verrotteten, halb mittelalterlichen Zuständen zu modernen, gesunden Staats- und Gekellschaftseinrichtungen beschleunigt hat. Aber wenn so einerseits die bevorstehende Feier des Bastillensturmes die angedeuteten Errungenschaften der französischen Revolution den Völkern Europas noch mals zum Bewußtsein bringt, so erweckt anderseits der 14. Juli doch auch wieder die Erinnerung an all' die unerhörten und blutigen Gräuelthaten, von denen das Erwachen des Volksgeistes in Frankreich vor 100 Jahren begleitet war und schließlich auch an jene lange unruhige und kriegerische Epoche, welche für ganz Europa aus den Ereignissen der Zeit, von 1789 folgte und die drückende Herrschaft des korsischen Eroberer- brachte. Seit jenen Tagen datiren in Frankreich oix .Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 12. Juli. Da die Ausführung der Turnsahrt der I. Knabenklasse, bei welcher die Zinsen des vom verstorbenen Diakonus Mühlberg ge stifteten Kapitals zur Verwendung kommen, voriges Jahr wegen des Wetters und aus anderen Gründen nicht ausführbar war, so sollte dies Jahr ein größerer Ausflug unternommen werden. Derselbe fand denn auch vorgestern und gestern mit bestem Erfolge statt. Mit dem Nachmittagszuge fuhren 41 Knaben unter Führung des Turnlehrers Herrn Eidner und Begleit ung einiger Herren nach Kipsdorf. Der gewaltige Gewitterregen, der den Zug bis Kipsdorf begleitet und genau bei der Ankunft aufgehört hatte, war den Wan derern zum Segen; er hatte die drückende Hitze ge mildert und den Weg staubfrei gemacht. Der Marsch ging nun über Altenberg nach Georgenfeld, wo Nacht quartier gehalten wurde. Donnerstag 4 Uhr ging es über Zinnwald nach dem Mückenthürmchen und dann über Voitsdorf, Lauenstein ('Mittag) und Bärenstein nach Glashütte, wo die zum Tyeil recht ermüdeten Wan derer aus der Höhe einige freundlichst gestellte Ernte wagen in die Heimath beförderten, wo sie nach 9 Uhr Abends anlangten. * Malter. Während des am 10. d. M., Nach mittags in der 3. Stunde über hiesigem Orte lagern den Gewitters schlug ein Blitzstrahl in die Scheune des hiesigen Wirthschaftsbesitzers Karl Aehlig, zündete zwar nicht, richtete aber verschiedene Schäden an dem Giebel und dem Dache an. -f- Frauenstein, 10. Juli. Der Gesammtausschuß für Ferienkolonien des gemeinnützigen Vereins zu Dresden hat in der vorgestern stattgefundenen Sitzung beschlossen, von der weiteren Gründung einer Kolonie abzusehen und die überzähligen Kinder solchen mit Selbstverpflegung zuzutheilen. Es verbleibt für dies mal bei einer Kolonie (Mädchen) für Frauenstein, welche unter Führung des Herrn Lehrer Mühlfriedel und Gattin im Gasthause des Herrn Franke während der wöchentlichen Ferien Quartier nehmen wird. Die zweite Kolonie konnte nicht nach hier verlegt werden, weil infolge Besitzmechsel des Gasthofs zum goldnen Löwen hier die Anmeldung zu spät eingegangen ist. — Die Ferien werden in hiesiger Schule in fol gender Weise stattfinden: In Klaffe la und III vom 15. Juli bis 3. August, da Herr Rektor Fiedler zur Stärkung seiner Gesundheit einen um acht Tage ver längerte» Urlaub erhalten hat; in Klaffe II und IV vom 15. bis 27. Juli; in Klaffe Ib und V vom 22. Juli bis 3. August. * BärenfelS. Bei dem Gewitter am Nachmittag des 10. d. M. ist durch Blitzschlag das einstöckige Wohngebäude des Wirthschaftsbesitzers Steinigen, Kat.-Nr. 3, entzündet und bis auf das Umfassungs mauerwerk vollständig in Asche gelegt worden. Der zerstörende Strahl erschlug auch eine Kuh im Stalle, während das übrige Vieh unversehrt geblieben ist. Durch den Brand sind ungefähr 140 Ctr. Heu, 20 bis 25 Ctr, Stroh, 6 Ctr. Korn und Hafer, sowie sämmt- Jnserate, welche bei der bedeutenden Auflage d«S Blattes eine sehr wick- same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile M Pfg. liche Holzvorräthe mit vernichtet worden; das Mobiliar dagegen, welches übrigens ebensowenig wie die Ernte- vorräthe rc. versichert war, hat noch rechtzeitig gerettet werden können. Zur Dämpfung des Brandes erschien alsbald die Spritze der Gemeinde Schellerhau und entwickelte eine sehr erfolgreiche Thätigkeit. , Rehefeld-ZaunhauS. In der Nähe des Grenz bahnhofes Moldau i. B. werden sich auf sächs. Seite in nächster Zeit drei Neubauten erheben. Zunächst wird ein Herr Mayer aus Bienenmühle hier eine größere Kohlenniederlage errichten. In das neue Hausgrundstück gedenkt derselbe zugleich ein Restaurant und Wohnungen für Sommerfrischler mit einzubauen. Der Bau hat bereits begonnen. Als Bauplatz ist eine Fläche Wald vom Rehefelver Staatsforstrevier ange- kaust worden. Die anderen beiden Neubauten sind zwei Logirhäuser, welche der sächsische Staat für seine in Moldau stationirten Zoll- und Bahnbeamten auf führen läßt. Auch soll nun noch ein Theil des Zug personals, welches bisher in Bienenmühle wohnte, nach hier übersiedeln. Hoffen wir, daß dadurch die Bahn verbindung nach Sachsen herein eine günstigere werde, indem vielleicht nun früh zeitiger ein Zug von Mol dau nach Bienenmühle abgelaffen wird. Sämmtliche Bauten sollen so gefördert werden, daß sie bereits 1. Oktober bezogen werden können. Sicherlich werden dann die sächsischen Beamten, da sie auf sächsischem Grund und Boden wohnen, der politischen Gemeinde Rehefeld-Zaunhaus bestimmt zugewiesen. * Rechenberg. Am 10. d. M. entlud sich hier ein heftiges Gewitter und schlug ein Blitzstrahl des Nachmittags kurz nach 2 Uhr in das Wohnhaus des Gutsbesitzers Karl Wilhelm Neuber, zündete zwar nicht, nahm indeß seinen Weg durch den Viehstall und be täubte daselbst 2 Kühe Neubers, welche infolgedessen sofort getödtet werden mußten. L Glashütte, 10. Juli. Das Gewitter, welches von vor 2 Uhr bis nach >/s3 Uhr heute Nachmittag ununterbrochen über unserem Orte stand, entlud sich in der heftigsten Weise. Nicht weniger als 6 Mal schlugen Blitze in allernächster Nähe der Stadt ein, der weiteste ca. 800 m entfernt. 2 Mal schlug der Blitz aus der sog. „Scheibe" auf dem Cunnersdorfer Berge ein, 2 Mal in die Folgenfelder, einmal in den Kommunbusch oder doch in dessen unmittelbare Nähe, und einmal oberhalb des Kirchhofs in Feld oder Busch. Auch in der Nähe hat es an verschiedenen Stellen eingeschlagen, ohne Schaden anzurichten, so in einen Felsen hinter der Büttnermühle zu Niederjohnsbach, dann hinter Schätze's Ruhe nach Dittersdorf zu, auch auf der Höhe zwischen Dittersdorf und Rückenhain. Der diese Gewitter begleitende Regen erreichte die be deutende Höhe von 34 win in Stunden. — Gestern begann hier an 2 Stellen der erste diesjährige Korn schnitt. Kreischa, II. Juli. Die hier bestehende altrenom- mirte Wasserheilanstalt, Sanatorium für Nerven kranke, sowie auch die vor zwei Jahren neu errichtete Schwarze'sche Heilanstalt haben auch in diesem Jähre sich eines sehr zahlreichen Besuches zu erfreuen. Beide Kurhäuser sind gut besetzt, auch haben sich noch einige Familien im Orte einlogirt. Unter den Badegästen, besonders den Damen, sind solche, welche bereits da- zweite oder dritte Jahr Kreischa besuchen. Den Nutzen, welche derartige Anstalten für einen Ort haben, wie der unscige ist, wissen namentlich die Handwerker sehr zu schätzen. Die Anlagen, welche die Anstalten nach mehreren Seiten hin umgeben, werden von den Bade gästen fleißig besucht, mit Recht verdienen die zum Lungkwitzer StistSgute gehörigen, gut gepflegten, mit vielen Rohrbänken versehenen Anlagen den Vorzug. Dieselben, welche bei dem Eichberg beginnen und sich an dem Lungkwitzer Berge hinziehen, erinnern, nament lich bei dem vorderen am obengenannten Eichberg lie genden Theile, sehr an die heiligen Hallen zu Tharandt. DK „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg-, zweimonatlich V4 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postau- Italien, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. für die Königliche Umtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstein