Volltext Seite (XML)
Lehrer, bereiste Deutschland, Österreich, die Niederlande und Rußland. In den Jahren 1789/90 dirigierte er das Liebhaberkonzert in Kassel. 1794 bekam Stamic eine feste Anstellung als Direktor der akademischen Konzerte in Jena und verstarb hier im Jahre 1801. Der Schwerpunkt seines kompositorischen Schärfens liegt auf dem orchestralen Werk. Unter den erhaltenen Kompositionen befinden sicn 80 Sinfonien, Solokonzerte für verschiedene Instrumente sowie Kammer musik. Die Sinfonia D-Du.r mit der Bezeichnung „La chasse" — „Die Jagd", deutlich in der Mannheimer Orchesterkultur wurzelnd, zeigt eine große Vertrautheit mit der dem Orchester gemäßen Satztechnik und einen flüssigen, „manierenreichen" empfindsam-galanten Stil, zu dessen Ausprägung r_arl Stamic viel beigetragen hat. Terzenmelodik und Vorhaltbildungen U.Seufzer") geben ihm ein ganz eigenes, gesangliches Kolorit. Nach italienischem Muster ist die formale Anlage aes Werkes areisätzig, das Menuett fehlt, Französischer Einfluß zeigt sich in der abwechslungsreichen fhemengestaltung und in der langsamen Einleitung zum ersten Satz. Signalartige Intonationen im ersten, besonders jedoch im dritten Satz (in der reizvollen Klangmischung von Oboen und Hörnern) weisen auf den Titel des Werkes hin: Die Jagd. Die schnellen Ecksätze rahmen ein anmutiges Andante mit charakteristischem Mollteil ein. Josef Suk, dessen Werk bisher bei uns noch nicht gebührend gewürdigt worden ist, darf mit seinem Schaffen wie Leos Janäcek und Vitezslav Noväk als Wegbereiter jener tschechischen Musikergeneration angesehen werden, die nach dem zweiten Weltkrieg in das Blickfeld der Öffentlichkeit trat. Aber nicht nur für die weitere Entwicklung der tschechischen Musik wurde sein Oeuvre außer ordentlich bedeutungsvoll — es besitzt vor allem genügend künstlerische Eigen ständigkeit und Überzeugungskraft, um selbständig bestehen zu können, Suks Stil wurde stark durch den Impressionismus und Richard Strauss beeinflußt, er hielt jedoch seine persönliche Note durch den kompliziert-grüblerischen Charak ter des Komponisten, seine lyrisch-melodische Erfindungsgabe und seinen eigen artigen Formwillen. Er schrieb u. a. bedeutende Orchesterwerke (darunter die Streicherserenade Es-Dur, die sinfonische Dichtung „Praga", die Sinfonien „Asrael", „Das Reifen" und „Epilog"), Kammermusik, Klavierstücke, Chorwerke und Bühnenmusiken. Einer alten Kantorenfamilie entstammend, 1874 in Krecovice (Böhmen) geboren, zeigte Suk schon frühzeitig Äußerungen einer außerordent lichen musikalischen Begabung. Als Elfjähriger kam er bereits an das Prager Konservatorium, wo er die Aufmerksamkeit Dvoraks, seines späteren Lehrers, er regte. 1892 gründete er das weltberühmt gewordene „Böhmische Quartett", dem er bis 1933 angehörte, bei etwa 4000 Konzerten in der ganzen Welt mitwirkend. Suk war auch ein hervorragender Pädagoge. Einer seiner Schüler war Bohuslav Martinu. 1922 wurde er Kompositionsprofessor am Prager Konservatorium — eine Stellung, die er bis zu seinem Tode im Jahre 1935 innehatte. 1898 hatte er Dvoraks Tochter Otylka geheiratet. Als 1904/05 Schwiegervater und Frau ver storben, erschütterten ihn diese beiden Schicksalsschläge derart, daß eine Wende zum Reflexiven in seinem Schaffen eintrat. In diese Richtung weist bereits die Fantasie für Violine undOrche- ster g-Moll op. 24 (1902/03), die am 9. Januar 1904 in Prag zur Ur aufführung gelangte. Es handelt sich hierbei um ein „Werk der freizügig be handelten Form, der frei waltenden uyid schaltenden Fantasie, die nur um ihre künstlerische Aussage besorgt ist und sich in kein Formschema pressen lassen will. Suks Werk ist für sein Instrument geschrieben, das er selbst virtuos be herrscht hat. Mit stürmischen Akkorden beginnt die Komposition, um sich so gleich wieder zu beruhigen, wobei die Solo-Violine zwar zunächst auch energisch einsetzt, um aber bald in eine wunderschöne Kantilene hineinzumünden. Aber die stürmischen Anfangstakte brechen immer wieder in den Gesang des Solo- Instruments ein. Jedoch unverzagt läßt stets nach einem solchen Sturm die Geige ihr sehnsuchtsvolles Lied erklingen. Dieser Stimmungswechsel ist für die Fantasie charakteristisch. Dabei gibt aber Suk dem Instrument dankbare Aufgaben. Volksweisen klingen in einem scherzoähnlichen Teil auf, ein Fugato bringt wieder dramatische Akzente ins Spiel, die aber von heiteren Partien abgelöst werden, so daß der häufige Stimmungsumschwung ein Kennzeichen gerade dieser Fanta sie ist. Die Gedanken des Anfangs werden noch einmal aufgegriffen — und mit den stürmischen Takten des Beginns endet dieses Werk des Wohlklangs, dieses Werk der besten Tradition" (J. P. Thilman). „Wallensteins Lager" gehört neben „Richard III." und „Hakon Jarl" zu den ersten Leistungen Bedfich Smetanas auf dem Gebiet der sinfo nischen Dichtung, das für den großen tschechischen Meister neben der Oper eines der wichtigsten Schaffensgebiete werden sollte. Ursprünglich sehr von den Tondichtungen Franz Liszts angeregt und beeinflußt, dem der Komponist viel zu verdanken hatte, fand Smetana schließlich zu einem ganz eigengeprägten Typ dieses Genres, dessen Vollendung er mit seinem berühmten Zyklus „Mein Vater land" erreichte. Die sinfonische Dichtung „Wallensteins Lager" entstand 1858 während Smetanas mehrjährigem Aufenthalt in Göteborg (Schweden). Der Komponist, der ursprünglich von der Leitung des tschechischen Theaters in Prag beauftragt worden war, eine Musik zu Schillers „Wallenstein"-Trilogie zu kom ponieren, begeisterte sich sehr für dieses Thema. Er hatte zuerst sogar die Ab sicht, außer „Wallensteins Lager" noch eine zweite sinfonische Dichtung „Wal lensteins Tod" zu schreiben, doch kam es nicht zur Verwirklichung dieses Planes. „Nebst einigen Klaviersachen arbeite ich gegenwärtig an der Musik zu Schillers .Wallensteins Lager', dem später .Wallensteins Tod' nachfolgen soll", schrieb Smetana 1858. „Das bunte Treiben eines Lagers, wie Schiller es schildert, ist wohl eine sehr dankbare Aufgabe zur musikalischen Bearbeitung." Besonders fesselte ihn an diesem Stoff auch, daß die Handlung auf dem Boden seiner tschechischen Heimat spielt (Wallensteins Heer überwinterte auf seinem Feldzug in der Gegend von Pilsen), wodurch ihm gleichzeitig die Möglichkeit gegeben war, die geliebte Landschaft seines Landes in die musikalische Schilderung ein zubeziehen. In einem Brief Smetanas aus späterer Zeit (1877) heißt es dazu: „Ich mache darauf aufmerksam, daß ich mich schon bei der Komposition der sinfonischen Dichtung .Wallensteins Lager' bemüht habe — und zwar mit eini gem Erfolg — dem Werk ein nationales Gepräge zu geben." Die Komposition, in vier Teilen Ausschnitte aus dem Leben des Lagers zeichnend, zeigt im Gegen satz zu den beiden obengenannten, zeitlich benachbarten sinfonischen Dich tungen in ihrer musikalischen Sprache und ihrem formalen Aufbau tatsächlich bereits beträchtliche Unterschiede gegenüber dem Lisztschen Vorbild. Bereits das Motiv des lebhaften Anfangsteils, in dem das geschäftige, fröh liche Treiben des Lagers gestaltet wird, ist eine echt Smetanasche Melodie. Mitten in die sorglose, ja ausgelassene Stimmung der Soldaten hinein jedoch klingt ein Posaunenthema, die Stimme des Kapuzinermönches darstellend, der mit seiner Predigt die Soldaten ermahnen will, von ihrem tollen Übermut abzu lassen. Aber vergeblich, er wird bald durch Gelächter und Hohn unterbrochen (wobei der Kontrast zwischen der Kapuzinerpredigt und dem Spottgelächter des Lagers vom Komponisten sehr scharf herausgearbeitet wurde). In eine kecke Tanzweise von nationaler Färbung im Polkarhythmus mündet das immer aus gelassener und wilder werdende, wirbelnde Treiben, bis endlich nächtliche Stille über das Lager hereinbricht. Die Schilderung der Nachtstimmung (mit Streicher- pizzicato, das die Schritte der Wache andeutet) ist von besonderer Eindring lichkeit. Trompetensignale, zum Weitermarsch aufrufend, zeigen schließlich die Morgendämmerung an. In kraftvollem, energischen Charakter endet das Werk. * Hi i I Hi a rm on i o 9. KONZERT IM ANRECHT C UND 9. ZYKLUS-KONZERT 1973/74 Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1973/74 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: Polydruck Radeberg, PA Pirna - 111-25-12 2,85 ItG 009-56-74