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Nr. L88 — v. Jahrgang Freitag den Lv. August LV1V MchsislheUolksreituntz Eriqclnt tSgllch «ach«. mtt »«»nähme der Sonn- und Festtage. ««»-ab« «U .Die Zeit t« Wort und «>Id- diertellLhrlich. !»,»« In Dresden durch Boten »,4« In gang Deutschland ftei Hau» »,S» Unabhängiges Tageblatt Nnsrrat« werden die «gespaltene Petttzeile oder deren Raum mit »"«eklamen mit tia^ die Zeile berechnet, bet WtedcrbollM,«« entsprechenden Radalt. . . «uchd»u«»r,». Redaktta« »»d ««,°abe».> Ohne illustrierte Beilage dltttel^ 1.80 4». I» Dreien. PUIntq.r »traft^. - 8",, mech« ,»«« ^pfpisekencl unc! labsnä Ol'sclo-^isbsSi'sri ^ f^suncl 18 s^snmßs. 8c l)^5den. ^IsciselakKN In »IIsn StkcättsIIsn. ltlb Gegen den Hansabund. Aufs neue streckt der Hansabund seine Fühler aus, um Stimmreich für die kommenden Wahlen zu erhalten, wenn nicht gar direkt zu kaufen. Die Millionen allein tun es nicht, man kann damit und mit den angestellten Beamten viel Lärni machen, auch Flugblätter verteilen, aber nian er obert damit inimer noch keine Mandate, mit allem Geld nicht. Darum stickst er nun Wähler. Geld hat der Hansa bund wie Heu: die Banken zahlen hohe Jahresbeiträge und das können wir ihnen nicht verdenken: denn sie rechnen diese Summen unter die (ijeschäftsausgaben. Die Politik des Hansabundes kann den Banken mit Leichtigkeit Millio nen zuführe», so das; sich jede Mark Agitationsausgabe mit 100 Prozent rentiert. Aber Banken allein können auch n.vh kein Mandat verschaffen. Daher soll nun der ganze Mittelstand heran. Aber wer sind denn diese Helfer des Mittelstandes? Da steht obenan das Kohlensyndikat mit 60 000 Mark Beitrag an den Hansabund: das Kohlensyndikat hat erst kürzlich die Koks preise erhöht, es hat in wenigen Jahren die Kohlenpreise um mehr als 3 Mark pro Tonne in die Höhe gesetzt. Da Deutschland rund 140 Millionen Tonnen Kohlen braucht, so bedeutet das allein eine Mehrbelastung von 420 Millionen Mark pro Jahr und niemand rührt sich. In manchen Kreisen ballt man wohl die Faust und sagt: „Wenn Kirdorfs (der Gewaltige im Kohlensyndikat) nichts zu tun hat, setzt er die Kohlenpreise um 80 Pf. in die Höhe" und niemand prote stiert gegen diese Mehrbelastung von 70 Millionen Mark; wenn aber das Reich für die Gesamtheit nur 40 Millionen Mark will, dann brennnt es überall vor lauter Protesten. Man findet ferner im Hansabunde das Stahlwerks syndikat mit 80 000 Mark Jahresbeitrag, jenes sonderbare Syndikat, das seine Fabrikate in Belgien und in den: ganzen Auslande billiger verkauft wie bei uns. So sehen zwei Freunde des Hansabundes aus. Ferner sind dem Hansabunde die Besitzer der große» Warenhäuser beigetreten und sie spielen dort die erste Violine, auch die Ricsenmiihlen, von denen unsere Mittel- und Kleinmllhlcn erdrückt wer- den, gehören dem Vorstande an. Sagt diese Zusammen setzung nicht schon genug? Sie kann auf den Handwerker und Geschäftsmann nicht anziehend wirken. Di? Verhältnisse zwischen Kleingewerbe und Industrie, zwischen der schweren Industrie lind der Leichtindustrie ber- gen nicht minder eine Fülle von Differenzkeimen, die bei irgendeinem gewerbe-politischen oder zollpolitischen Anlas; zersetzend wirken müssen, wenn nicht die oft schwer erkenn- bare und nur mittelbar in die Erscheinung tretende Inter essengemeinschaft beizeiten herausgearbeitet wird. Darüber sagt Butschmann im Augustheft der „Welt des Kaufmanns": „Nießer spricht in seinen Kundgebungen oft von der „ein heitlichen Front", zu der das „deutsche erwerbstätige Bürger- tun:" wieder „zusammengeschmiedet" werden müsste. Und in der Tat, damit ist der Stimmungsuntergrund des Bundes ja wohl gut bezeichnet. Wir leiden in Deutschland ganz allgemein darunter, daß die unmittelbar produktive Arbeit, das ist eben bei uns vorwiegend die Erwerbsarbeit, politisch und sozial nicht so eingeschätzt wird, wie sie es in ihrer Eigenscl)aft als Grundlage aller Kultur beanspruchen darf. Den Ursachen nachzugehen, das würde hier zu weit führen. Ter Hansabund als Vertreter dieser unmittelbaren Produ zenten als solchen ist durchaus hinreichend legitimiert. Daß er sich auf „Getverbe, Handel und Industrie" beschränkt und die Landwirtschaft ausschließt, ist an sich unberechtigt, denn sie gehört eben auch zu den unmittelbaren Produzenten, denen die mittelbar produktiven Berufe der Beamten, Offiziere, Gelehrten usw. gegenüberstehen. Aber die Land wirtschaft hat niemals in dem Mäße unter der geringeren Aclstung und Berücksichtigung zu leiden gehabt wie Handel und Gewerbe. Das hat einmal historisch-politische Gründe; dann aber ist sie eben auch noch nicht völlig zur Erwerbs wirtschaft geworden wie jene, und gerade deshalb besteht zwischen ihr und Handel und Gewerbe — neben allen wirt schaftlichen Interessengegensätzen — auch eine sozusagen ge fühlsmäßige Spannung, und man muß — glaube ich — sie mit in Anschlag bringen, wenn man das gelegentlich recht schroffe Aufeinandertreffen des Hansabundes und der agra rischen Stimmführer richtig begreifen will. Ob nun frei lich die Jnteressensolidarität des „erwerbstätigen Bürger tums" nicht auch noch ein zu weiter Nahmen sein wird für eine einheitliche starke Aktion, möchte ich im Augenblick noch nicht entscheiden. Jedenfalls wird es nötig sein, daß der Bund dieser Jnteressensolidarität eine konkretere Gestalt verleiht dadurch, daß er ihre Probleme fest und unbeein flußt von der Rücksicht auf die gute Laune dieser oder jener Gruppe in seinen Reihen anfaßt. So wie er heute arbeitet ist er in Gefahr, die zu Schlagworten verdichteten Gegensätze zwischen seinen Mitgliedern durch ein neues großes Schlag wort zu verdecken, ohne sic innerlich jemals überwinden zu können." Damit ist genug gesagt. Doch für den Handwerker hat der Hansabund ein neues Schlagwort ausgegeben: Diskontierung der Buchforde- rungen! Nichts ist bedenklicher als ein solches „Heilmittel", denn es bedeutet den Ruin des Mittelstandes. Durch Auf nahme dieses Schlagwortes hat der Hansabund wohl er kannt, daß das leidige Borgen ein Krebsschaden für den Hansabund ist. Damit sind wir ganz einverstanden. Ein Handwerker und Kaufmann, der die Hälfte seines Umsatzes den Büchern stehen hat, kann es nicht mehr lange aus- in halten. Aber da gibt es nur ein Gegenmittel: Bar zahlung! Wenn der Hansabund dem Mittelstände helfen will, dann muß er mit allem Nackchruck in der Oeffentlich- keit für die Barzahlung eintreten. Er muß dem Kaufmann und Handwerker nahelcgen, daß sie stets sofort Rechnungen ausstellen und er muß die Käufer dazu erziehen, daß sie bar bezahlen. Das ist eine schwere Arbeit, aber sie lohnt sich. Wenn der Hansabund diesen Weg geht, dann hat er unseren Beifall und unsere Unterstützung. Statt dessen geht er den umgekehrten Weg und will den jetzigen ungesunden Zustand verewigen. Mit welchem Erfolg? Man denke sich nur einnml dieses Schlagwort von der Beleihung der Buchforderungen in die Praxis umgesetzt, dann steht fest, daß dadurch unser ganzer Mittelstand an die Bankenwelt ausgeliesert wird; zunächst hat er Zinsen und Spesen aller Art an die Bank zu zahlen. Dann aber muß er, ehe ihm die Bank Geld gibt, alle seine Verhältnisse aufdecken und zwar bis ins Herz hinein und er muß die Bank stets kontrollieren lassen. Seine ganze Be wegungsfreiheit wird eingeengt, er kommt unter eine Art, Kuratel der Banken und kann sich nicht mehr rühren. Sein Redaktion» - Sprcchllunde: Kredit kann erschüttert werden und das Publikum zahlt erst recht langsam, denn der Kaufmann hat nun Geld. Dieses Rezept des Hansabundes wird in der Praxis zu einer Dr.» Eisenbart-Kur und bringt den ganzen Mittelstand in Dienst- knechtscl>aft vom Bankenkapital. So sorgt der Hansabund für den Mittelstand. An diesem ersten positiven Vorschlag sehen die Kausleute und Handwerker, wohin es geht, wenn man dein Hansabunde folgt. Dieser kann eben die großkapitalistisckM Eiersck^len nicht ablegen. Wir sagen daher dem Mittelstände: helft euch selber durch Ausbau eurer Organisation und bleibt den bisherigen Vereinen treu, dem Hansabunde aber fern. Politische Rundschau. Dresden, den 18. August 19IN. — Ter Kaiser unternahm gestern früh in Gesellschaft seiner Schwestern, der Kronprinzessin von Griechenland und der Prinzessin Friedrich Karl von Hessen, sowie des General adjutanten v. Plessen einen Spaziergang im Park zu Fricdrichshof, besuchte das Offizierserholungsheim in Falkenstein und den Bankier Karl v. Grunelius in seiner hiesigen Villa. Zur Frühstückstafel waren geladen die Pro fessoren Tr. Spieß und Nehn aus Frankfurt, Baron Reischach Bürgermeister Pietsch und die Offiziere der Wacl-e. Der Kaiser verließ kurz vor 3 Uhr Schloß Friedrichshof und traf mit der Kronprinzessin von Griechenland und der Prin zessin Friedrich Karl nebst Gefolge auf der Saalburg ein und besichtigte unter Führung des Landesbauinspektors Ge heimen Baurats Jakobi die neuen Funde vom Kastell 'Saal burg. Um 4 Uhr traf der Kaiser auf dem Bahnhöfe Hom burg ein, wo er unter Führung des Oberbürgermeisters Lübke die Modelle zum Kaiserin-Auguste-,Viktoria-Brunneir und zur Luftschifsersäulc, die beide für .Homburg bestimmt sind, in Augenschein nahm. Dann besichtigte der Kaiser noch die Supraporta über der Eingaugstür des Fürsten pavillons und reiste um 4 Uhr 10 Minuten im Sonderzuge nach Wilhelmshöhe ab, wo er um 7 Uhr 80 Minuten wieder eingetroffen ist. Reichskanzler v. Bethmann Hollweg unds Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter sind ebenfalls hier an gekommen. — Zum 80. Geburtstage de» Kaiser» Franz Joseph schreibt der Reichsanzeiger in seinem nichtamtlichen Teile: „Seine Majestät der Kaiser und König Franz Jos.PH vollendet morgen sein achtzigstes Lebensjahr. Wie ihm an diesem Ehrentage seine Völker in dankbarer Liebe entgegen jubeln, so wenden sich auch in Deutschland die Herzen dem erlauchten Monarchen zu. in dem wir den väterlichen Freund unseres Kaisers, den treuen Bundesgenossen des Deutschen Reiches, einen starken Schirmherrn des europäischen Friedens und ein leuchtendes Vorbild fürstlicher Pflicht erfüllung verehren. Mit den ungezählten Millionen, die morgen Sr. Majestät dem Kaiser und König Franz Joseph ihre Huldigungen darbringen, vereinigen wir uns in dem Wunsche, daß seine Weisheit noch lange über den Geschicken der befreundeten und verbündeten habsburgischen Monarchie walten möge!" — Zum Tode des Präsidenten von Chile, Pedro Moutt, schreibt die N. A.Z.: Der verstorbene Staatsmann war dem Deutschen Reiche freundlich gesinnt und stand bet uns in hohem Ansehen. Wir haben die Kunde von seinem jähen Hinscheiden mit aufrichtiger Trauer vernommen und drücken der Republik Chile zu diesem Verluste ihres Staats oberhauptes unsere freundschaftliche Teilnahme aus. — Zur Einweihung de» Poseure Resideuzschloffe« haben, wie die „Schles. VolkSzeitung" auf Grund einer an „Gott Zesus" --- Zesus als Rlond oder Sonne!! m. Wir haben gestern von Mondsucht gesprochen. Der Mondsüchtige stiert geistesabwesend auf die leuchtende Mondscheibe, und die ganze Welt rundum sieht er nicht. Ganz so stiert Niemojewski nach seiner Mondidee, und die ganze ungeheuere Welt von Tatsachen, die eben da sind und die sein ganzes System zunichte machen, sieht er nicht. So kommt denn auch keine Wissenschaft zum Vorschein, sondern Halluzination. Nehmen wir Abschied von dem Mann in seinen eigenen Worten: „Nachdem wir uns in diesem Wirrwarr einigermaßen umgesehen haben (S. 206). inüssen wir von ihm sagen: er hat recht, wenn er schreibt als Selbsterkenntnis: „Wir haben Augen und sehen nicht mehr, wir haben Ohren und können nicht mehr den eigentlichen Ton des Evangeliums heraus- hören" (S. 38). Deshalb „muß mau von Zeit zu Zeit eine Reise unternehmen und aus dem Studierzimmer schreiten, um die Einbildungskraft z» erfrischen" (S. 190), dann „lassen sich auf Metamorphosen wunderbare Märchen webe» (S. 243) dem gemeinsamen Zauberboden der alt orientalischen Beschwörungen entsprossen" (S. 86), aus denen man freilich merkt, daß „wir mit rudimentären Be griffen durch und durch behaftet sind" (S. 474) und daß „auf den Flügeln der poetischen Rhythmik oft wie ein bunter Schmetterling das Infekt eines sehr häßlichen Aberglaubens flattert" (S. 112). Wir mußten uns mit dem Mann etwas länger befassen, weil der Verlag A. u. R. Huber-München eine geradezu widerwärtig aufdringliche Reklame treibt und einen Pro- spekt allüberall heruiMverfen läßt. Wenn auf diesem Re klamezettel das Machwerk als eine „Katastrophe" bezeichnet wird, so ist das richtig, aber in einem ganz anderen Sinne als die Reklame meint, nicht eine Katastrophe für das Christentum ist dieses Ding, sondern eine Katastrophe für den Verfasser: der sich damit ein Denkmal glänzendster Unfähigkeit zur Beur- tcilung wissenschaftlick>er Fragen ausgestellt hat, eine Katastrophe für die panbabylo- »istische Spinnstube mit Winckler. Jeremias. Jensen, die durch dieses Schreckenskind am besten widerlegt sind. Niemojewski ist für sie als Todesgestirn aufgegangen. Wer sehen will, wie nach der Methode dieser Herren geschieht- lick>e Ereignisse als Mythologie umgedichtet — nach ihrer Meinung „bewiesen" werden können — lese in Kuglers Schrift „Im Bannkreis Babels" S. 127 ff: „Ludwig IX. als Sonnenheros und französischer Gilgamesch"; er wird verblüfft sein von den Parallelen, und gerne an die Nicht geschichtlichkeit Ludwigs IX. glauben. Er kann dann unter die Panbabylonisten nicht ausgenommen werden! eine Katastrophe für Herrn DrewS, den Monistenopostel: denn er hat den Polen als Bundes genossen begrüßt in seiner Ehristusmythe und von ihm ge- rühmt, er habe seine Sache „nachgewiesen". eine Katastrophe für die „Frankfurter Zeitung", die ihren Annoncenteil dem Unsinn zur Ver fügung gestellt. Oder geschah das bloß, weil das Geld nicht riecht? Das Geschrei möchten wir hören, das i» der „Frank furter Zeitung" erhoben würde, wenn ein katholisckies Blatt cin Buch in solcher Weise anpreisen würde, das nur halb wegs so unwissenschaftlich wäre wie das von Niemojewski, eine Katastrophe für jene Leser des Mach werkes, welche mit solchem Rüstzeug gegen das Christentum zu Felde ziehen wollen und die damit verraten, was noch im 20. Jahrhundert den Halbgebildeten (oder auch Gebildeten?) als Wissenschaft angeboten werden darf. Lin katholischer König in Ostafrika. Bei den letzten großen Tauffeierlichkeiten im Missions gebiete der Weißen Väter im ostafrikanischen Seengebiete empfing das heilige Sakrament der Taufe auch Kiratu, der König von Ufipa. Anläßlich seiner Taufe schickte die Bc- zirksnebenstelle von Bismarcksbnrg den Missionaren ein Glückwunschschreiben, das diese Bekehrung als „einen glänzenden Erfolg der katholischen Mis sion s tä t i g ke i t bezeichnet, da Kiratn anerkann termaßen der einflußreichste Häuptling des ganzen Bezirkes sei". Wer späterhin die Geschichte der Tanganikamission schreibt, wird wohl den Tanftag Kiratus als Wendepunkt anzusetzen haben, lieber diesen denkwürdigen Tag teilt K. Maserus, Missionar aus Tanganika, noch folgende Einzel heiten mit: Tie Täuflinge (zugleich mit den, Könige wur den seine Frau, seine beiden Schwestern und deren Ge mähte getauft) zogen sich auf acht Tage in die Missions- station Kate zurück und bereiteten sich unter Gebet und geist- lickxm Hebungen- auf die heilige Handlung vor. Sie sollte sich zu einer Feierlichkeit gestalten, wie sie die Hochebene