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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartman«. .V 278. Diese« Blatt erscheint mit Ausnahme de« Sonntag« täglich Abend« und ist durch alle Postanftalten zu beziehen. Freitag, dm 24 Oktober. Prel« sür da« Vierteljahr Thaler. Insertion«. Gebühren für den Raum etner gespaltenen Zeile 1 Neugroschen. 1851 Amtlicher Lhtil. Drr4ds», 20. Oktober. Seine Königliche Majestät ha ben die zeitherigen Aktuare Heinrich Lränkner beim Justiz« amte Eolditz und vr. Richard Wahle bei der zweiten Ab« thrilung des vormaligen JustizamtS Dresden zu Justitiaren — ersteren beim königlichen Gericht zu Jöhstadt, letzte- ren beim königlichen Gericht zu Limbach zu ernennen gnä- digst geruht. Tage-geschichte. 0 Dresden, 23. Oct. Se. Maj. der König werden, wie wir vernehmen, erst übermorgen wach Ihrer Residenz zurückkehen, da Allerhöchstdieselben eine Einladung deS Her zogs von Braunschweig zur Jagd nach Blankenburg am Harz anzunehmen Sich bewogen gefunden haben. — Der Herr Finanzminister Behr Hal in Beglei tung des Herrn Geheimen Finanzrathes Freiesleben am 21. und 22. Oktober in Freiberg die wichtig sten bergmännischen Anstalten und sämmtliche siScalische Behörden, auch in der Umgegend einige der bedeu tendsten Gruben, die beiden Hütten und den Rothschönber« ger Stölln besucht. Wir können verbürgen, daß die unzwei deutig herzliche Aufnahme, die er hierbei überall gefunden, ihn außerodentlich erfreut und in der Vaterstadt, der er eine treue Anhänglichkeit bewahrt, doppelt wohlgethan, übrigens aber auch das Crgebniß dieses Besuchs zu seiner vollkommensten Befriedigung gereicht hat. * Leipzig, 22. Oktober. Bei der heute hierselbst statt gefundenen Wahl für den II. Bezirk des Handels« und FadrikstandeS (Handelsstand der Stadt Leipzig) wurde Herr HanblungSdeputirter G. W. Wünning (Firma C. G. Ot tens) zum Abgeordneten und Herr Kaufmann Stadtrath O. Gruner (Firma Karl Gruner) zum Stellvertreter ge wählt. Beide erhielten im ersten Wahlgange die absolute Majorität. Von den 24 Wahlmännern des Bezirks waren 21 zur Wahl erschienen. * Hwickau, 22. Oktober. Gestern fand hier di« Wahl eines Abgeordneten und besten Stellvertreters für den V. Be zirk des Handels« und Fabrikstandes statt» Als Abgeordneter wurde Herr Staatsminister a. D. R. Georgi in Mylau, al« Stellvertreter Herr Fabrikant G. Wilde in Annaberg gewählt. Wien, 19. Oktober. Die „Oesterreichische Correspon- denz" bringt aus derselben Quelle, aus der sie am 14. Okto ber einen die dänischen Verhältnisse beleuchtenden Artikel brachte (Nr. 277), über denselben Gegenstand einen zwei ten Artikel, dem wir folgendes entnehmen. Nachdem eine kurze Darlegung der Schwierigkeiten, welche Oesterreich in der schleSwig-holsteinischen Frage anfangs der Unionspoli tik, dann den dänischen Anmaßungen gegenüber zu überwin» den gehabt, gegeben worden, spricht sich der Artikel über die österreichische Auffassung der Frage und über die neuer dings gethanen Schritte, um Dänemark zu Einhaltung deS ihm vertragsmäßig angewiesenen Standpunktes zu bestim men, folgendermaßen auS: Oesterreich erkennt kein von Dänemark getrenntes Schleswig-Holstein an, aber auch eben sowenig ein Eiderdänenthum, folglich keine gewaltsam oder auf administrativen Wegen herbeig,führte faktische Inkor poration Schleswigs in Dänemark; eS erkennt nur den dä nischen Gesammtstaat. ES fordert somit die Gemeinsam keit der Erbfolge und der durch die Einheit der Monarchie bedingten Staatseinrichtungen für alle LandeStheile, getrennte Provinziallandstände für Holstein und getrennte Provinzial stände für Schleswig, das weder mit Holstein noch mit Dänemark einseitig zusammengeschmoizen werden darf, der Aufrechthaltung der immer.bestandenen Verbindungen Schles wigs und Holsteins im einzelne« unbeschadet, und endlich bestehl Oesterreich a»f der vollen A«frechthaltung der Stel lung Holsteins zu» Deutschen Bunde! Unter diesen Be dingungen, die in keines der Souverönetätsrechte übergrei- fen, sie vielmehr zu kräftigen alle möglichst geeignet sind, ist der österreichische Hof erbötig, stch an der von Däne mark gewünschten europäischen Garantie zu b,»heiligen. Man schloß sich daher mit allem Ernste den Bemühungen an, die zum Zwecke haben, den rinestheils allerdings zu Recht bestehenden, andern- und zwar überwiegendentheiis aber großen Controversen unterliegenden Ansprüchen, und in dritter Reihe den ganz unhaltbaren Erdforderungen der herzoglich Augustenburgischen Agnat«« auf dem Wege der Unterhandlung durch eine entsprechende Entschädigung ein Ende zu machen. Dieser Ausweg ist aber für die Augu stenburgischen Ansprüche, die auch weder gänzlich abgeleug- net, noch einfach abgewiesen werden sollen, umsomehr eine perem- torisch, Nothwendigkeit geworden, als durch die Entschei dung aller europäischen Großmächte di« Zerstückelung des dänischen Staates als nicht zuzulaffende Eventualität unter allen Umständen außer Frag« gestellt worden ist. So sehr aber die dänische Regierung den Vortheil er kannte, der ihr aus dieser Procedur für dir Erhaltung der Herzogthümer erwachsen ist, fand sie sich deshalb doch nicht durch die österreichischen Mahnungen bewogen, diesen ohne länger» Aufschub gerecht zu werden. Alle Einrichtungen, die in Schleswig getroffen wurden, stellten vielmehr die Absicht, die Einverleibung auf administrativem Wege bis zur vollendeten Thalsache zu treiben, immer deutlicher her vor. Da nun Oesterreich immer mehr überzeugt wurde, daß eS seiner Aufgabe der bewaffneten Intervention auf diese Weise nicht nachkommen könne und selbst nicht gemeint war, daS Londoner Protokoll zu schließen, um eine Tren nung der Gewalten und die Einführung einer neuen Sprach- und Nationalitätenkarte in Dänemark zu bewirken, sondern um den ganzen dänischen Staat in seiner Integrität und jeden seiner Brstandtheile in seinem ursprünglichen Rechte zu erhalten, so erließ daS diesseitige Cabinet, der unaufhör lichen Einwendungen und Ausflüchte Dänemarks müde, in folge »es zu Ischl mit »em preußischen Eabinete gepfloge nen Uebereinkommens, eine energische Depesche an seinen Gesandten Baron VrinlS in Kopenhagen cke ckto. 9. Sep tember, welche eine motivirte Beschwerde über die bisheri gen dänischen Pcoceduren enthielt. Eine im Wesentlichen gleichlautende, in ihrer Fassung aber weniger streng gehal tene Depesche ist auch zugleich preußischerseits an die dä nische Regierung abgegangen. Man fühlte sich zu diesem Schritte umsomehr berechtigt, als von Rußland und, wie Lord Palmerston dem österreichischen Gesandten Grafen Buol mittheilte, selbst von London dringende Mahnungen nach Kopenhagen gegangen waren, Dänemark möge trachten, mit den Herzogthümern zum befriedigenden Abschlüsse zu gelan gen. Diese Depesche vom 9. September scheint in Kopen hagen zu mancher Mißdeutung und zu nicht geringer Em pfindlichkeit Anlaß gegeben zu haben und doch enthielt sie nichts, als die Wiederholung deS schon unzählige Male Ge sagten, mit präciserer Formulirung der immer aufgestellten Bedingungen. Man zog sich dänischerseits sogar hinter den Organisationsplan zurück, den Graf Sponneck einige Zeit vorher entworfen und mit Berufung der Notabeln, diesen zur Berathung vorzulegen, den'Antrag gestellt hatte und von dem Graf Sponneck und das dänische Ministerium die Meinung theilten, Oesterreich habe diesen Plan genehmigt. Die österreichische Regierung hat sich aber in irgend eine Diskussion dieses Planes auch nicht von ferne eingelassen, sondern sich einzig dahin geäußert, daß, wenn alle Bundes rechte darin gewahrt blieben, sie als Vorlage für die No tabeln gegen denselben nichts einzuwrnden Haden könne, sich aber die volle Freiheit Vorbehalte, nach dem Gange der Verhandlungen mit den Notabeln eine definitive Ansicht dar über auSzusprechkn. Dennoch ward dieses bedingte, mit allen Verwahrungen begleitete Zugeständnis für eine volle und direkte Zustimmung Oesterreichs zu diesem Anträge angese hen! — Die österreichische Regierung erklärt sich vor wie nach gegen alle Schritte, die den ursprünglichen Verhält nissen Dänemarks entgrgenlaufen. Diese zu erhalten, nicht neue herbeizuführen, war das ununterbrochene Streben der selben, um so uMigennütziger, da sie wahrlich kein« Ge bietserweiterungen am Kieler Hafen beabsichtigt und in Aussicht halten kann! Um so befremdender müssen daher die Empfindlichkeiten der dänischen Minister hier erscheinen, die darin einen Eingriff in die souveränen Rechte deS Kö nigs erblicken zu sollen meinen. Gewiß wird es daS öster reichische Eabinet tief beklagen, wenn seine gute Absicht einer solchen Mißkennung unterzogen werden könnte, aber im Gange seiner Politik wird dadurch, wie wir glauben, wohl kaum eine Aenderung hervorgrrufen werden. Ja wir hoffen bei dem Hellen Blicke und der Billigkeit, die den König von Dänemark auszeichnet, er werde die übertriebe nen Empfindlichkeiten seiner Minister nicht am Platze fin den und die oft und unter schwierigen Umständen bewiesene gute Absicht deS österreichischen CabinelS nicht verkennen. Aber auch in Deutschland wird, wenn erst da» unberech tigte, durch die Leidenschaften der Parteien immer laut er haltene Geschrei der Wirklichkeit und der mit Gründen her vorgerufenen Ueberzeugung Gehör geben wird, auch in Deutschland wird man erkennen müssen, daß die vom Deut schen Bunde der bewaffneten österreichischen Intervention übertragene Wahrung deutscher Interessen nirgends einen Augenblick unbeachtet geblieben ist. Auch die neuen Schwie rigkeiten, auf welche unsere Verhandlungen mit Dänemark gestoßen sind, machen die kaiserliche Regierung nicht in der zuversichtlichen Hoffnung wanken, ein schließlicher erwünsch ter Erfolg, den ihr Antheil an diesen mühsamen Bestre bungen zur Erhaltung und Kräftigung d,S europäischen Friedens herbeizuführen so uneigennützig bemüht ist, werde nicht mehr lange onf sich nmrtnr lassen. Wenn nicht, so hätte Dänemark am meisten zu beklagen, unübersteigllche Schwierigkeiten in den Weg geschafft zu haben, welche zu überwältigen ihm selbst am schwersten fallen dürfte. — (06) AuS guter Quelle vernehmen wir, daß in un ser» Arm ec st an de neuerdings namhafte Reduktionen und zahlreiche Beurlaubungen eintreten werden. Dem Budget wird dadurch jedenfalls eine bedeutende Erleichterung zu Theil werden. — (60) Die verstorbene Herzogin von Angou- li-me war eine Enkelin Maria Theresia'- und die Toch ter der unglücklichen Königin Maria Antoinette von Frank reich. Sie brachte als Kind einige Jahre in dem Revolu- tionsgefängnisse des Temple zu. Zufolge päpstlicher Dis pensation vermählte sie sich mit dem Herzoge von Angou- löme, dem Sohne Karl'S X., welcher infolge der Juli revolution seinen Thronansprüchen entsagte, nachdem sein Vater durch einen besonder»» Resignationsact die Regierung niedergclegt hatte. Lemberg, 18. Oktober. (Ll.) Gestern früh um 8 Uhr begaben sich Se. Maj. der Kaiser in die Kathedrale, um einem feierlichen Hochamte, das der lat. Erzbischof las, bei- zuwohnen. Dem kaiserlichen Hoswagen folgten nahe an 300 der glänzendsten Equipagen. Um 9 Uhr folgte sodann die Aufwartung der Aemter, der Lehranstalten. Se. Ma jestät fuhren sodann in daS Militärspital, in die Rothen- thurmcaserne, Ferdinandscaserne und auf das Kastell, wo Ein Blick auf die slavische VolkSpoesie. Die gesammie slavische Volkspoefie trägt einen großen gemeinsamen Familienzug: e» ist die allgemeine leidende, Theil- nähme und Sympathie erweckende Stimmung deS Duldens, der Resignation, der Melancholie, aus welcher sich ihre Lyrik wie auf einem trüben grauen Hintergründe fortbeweg». Wer je in einem böhmischen oder mährischen Walvdorfe jenen ländlichen, halb fröhlichen Tanz mit angesehen hat, der in den spärlich erleuchteten Herbergen zu den monotonen langgedrhnten Nationalmelodien der Geige und der Klarinette auSgeführt wird, während draußen der feuchte Nebel fällt und in die geöffnete» Fenster dringt und da» Mädchen verstohlen mit dem Burschen in den bleichen Mond schein hinauSschleicht, um seitwärts einsam hinter dem Hause an einen abgehauenen Fichienstamm gelehnt noch einmal Abschied zu nehmen von ihrem Liebsten, der nun bald den „weißen Rock" anziehen und nach Gratz marschiren wird ; ja wer es verfolgt, wie dies Paar bald darauf wieder zur Stube hinrintritt, um stch nach dem geheimen LiebeSbündniß der Nacht, nach Weinen und Schluchzen, nach Versprechungen und LiebeSschwüren auf- Neue an dem Vergnügen deS Feste» zu brihriligen, zuerst aber einen Augenblick auf der leeren Ecke der Ofenbank niederfitzt, auf welcher bei allem Lärmen ein rußiger müder Slovakenbub schläft, von der grünen Steppe seiner Heimath.träumend; — wer diese im Grunde immer gleichen Scenen an seiner Seele vorübrrgehrn sah, der wird hierin mit wehmüthigem Gefühle rin charakteristische» Bild für jene allgemeine Stimmung der slavischen Lyrik gefunden haben. Feuilleton. ES könnte auS diesem Vergleich scheinen, als würde jene Stimmung großenihrilS von der Natur bedingt. Dies ist jedoch nur ausnahmsweise und nicht mehr als bei andern Völkern und in andern Ländern der Fall. Vielmehr hat im Gemüihe der slavischen Poesie sowohl eine blutige al» eine nergelnde, drückende, beängstigende Tyrannei; rin Mißvrrhältniß der Stände deS gesellschaftlichen Lebens, und ein Zwang der Devotion, verstärkt von einem durch Mangel an Bildung gesteigerten Trieb zur Willkür und Ungebundenheit jenen melancholischen trüben Zug hervorgrrufen; jenes sinnlich heitere, naive Lachen durch Thränen, welche», Brust an Brust, unter einer blühenden Linde daS alte rostige, aber immer noch scharfe Schwert deS DamokleS über sich auS den Zweigen hervorragen steht und mit trunkener Unsicherheit den erlaubten Augenblick der irdischen Seligkeit genießt: „Droben vom »veißen Herrenhaus, „Dem stolzen, geht alle« Unheil au« „Schwebt wohl zu uns hernieder. „Darum heut' den Kuß mir gieb „GoldneS Lieb, „Kannst Du'« morgen wieder?" „„Brauner Bursch', da« weiß ich nicht,"" „Auch ich nicht, süße Dirne" — Sie lächelt' und weinte und küßte und strich Ihm da« schwarze Haar aus der Stirne. Die Nachtigall saß auf des Baumes Höh' Und sang: Ade, willkommen, ade! . . . Der Grund zu dieser eigenthümlichen Melancholie slavischer Nationaldichtungrn dürfte aber noch ganz besonders in etwas Andern» zu suchen sein, auf daS noch niemals hingewicsm wurde: Wenn man die psychologische Geschichte vieler Völker be trachtet, so stellt sich heraus, daß nordische Nationen, weiter nach Süden hingedrängt, in ihrer geistigen und physischen Lebens- fröhlichkeit gesteigert werden: bei südlichen Völkern hingegen, die in nordische Länder einzogen, wird jener LebenSfrohsinn durch die klimatischen Verhältnisse bedrückt, verdüstert, eingeengt; harmlose Sinnlichkeit in grausame Wollust verwandelt oder, wenn daS Joch der Sklaverei hinzutrilt, daS gesammte poetische GemüthS- leben in eine wehmüthig elegische, passive Duldung und Re signation verwandelt, die instinktmäßig mit den Naturlauten von Lust und Schmerz, mit dem inner» Aufschrei deS gepreßten Herzen» gemischt ist. Altersgraue historische Erinnerungen klingen als zerrissene, stolze oder klagende Accorde wie die Be gleitung einer unsichtbaren gigantischen AeolSharfe dazwischen. Jahrtausende erst verwischen diese Folgen, wie wir die» in unser»» Vaterlande an dem indo-germanischen Stamme sehen. Bei den Slaven aber sind sie im vollen Gange und werden eS um so länger bleiben, da die poetische Entwickelung dieser Völker wie dir Gährung de- jungen feurigen Moste» unzeitig unterbrochen und ihnen ihre freie geschichtliche Entwickelung vom Schicksale zerschnitten ward. Und wer möchte bezweiseln, daß stch alle slavischen Ge schlechter zur Zeit der Völkerwanderung und noch später allmälig auS dem Süden Asiens vorgeschoben haben! Ihr äußerer HabituS, ihr Charakter, ihre Privatneigungen, ja einzelne Sitten und Gebräuche beweisen die», abgesehen von aller Historie, bis zur