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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 28.09.1905
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1905-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19050928028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1905092802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1905092802
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-09
- Tag 1905-09-28
-
Monat
1905-09
-
Jahr
1905
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Liese» Blatt wird den Lesern von Dre»den 1^ /dHLM ^ ind llmgrdnng am Dnge «arf^r bereit» al» zugestellt. während e» die Post-Lbonnentea am Morgen in einer Gesamtantgabe erhalten. SerugrgedM: «vr^iietritck ft« dei «,Itck »»«tniaNo« Zntragnn, durch milk« >»»«»»< und «»»««»». an tz««. und Mnntaaen nur einmal» » vii »«V. durch au««ürlt,e1ko,n. mWnutr« , v» «r , M! »v «». einmal»,«r Zuliküutt, durch d>« «oll»««. »okneBeltellaeld». ,m»u». land mit «nlivrechendem Zutcklaoe, «,»druck aller »rill«!«. Onetnal- V»ileilun,en nur «>l deutlicher Qu«I>«uan,ab»».Dre»d Rachr ") tulLill, StachtrL,licke Lonorar- ,ni»r»che bleiben underückiichiiit: uuverlaugle Manuikivl« «erden «ich» auibewabrt. relearamm-Sdreil«: ««» ich«»» »re«»,» s KegvrrrrSel 18SK Nerlag von Kiepscli L Reirlravdt. /Inresgen.canf. Nnnabme von Ankündi,un,en bis „ackmiila,, s Ubr Sonn- und fteieria,, »ur Marienitraße ra von N vis '/,l Ubr Die »ivaliiäeiilruiid- «eile «ca. , Silben» so Dla» An. kund,,un,en auf der Privatieiie Zeile rs Pf, , die sivalliae Zeile autlert- «eile « Pt,,, al« Einieiandt Zeile so P>,, Sn «ummer» »ach Gann- und Keierta,«, i ivalii,e Grundteüe so Pi, , auf Dnvaiieile «0 P>,,. 2ival>i,e Zeile aus Lertieile und al, lk>»,elandlsoPi,, Auswärli,eLui- ttäae nur ,e,en Voraurbetablun,. Beleablütler werden mü lo Pf,, bereckuet. vernibreckanichlutz: «Mi I Rr. u und «e. rosa. «r.SkS. öritvl Neueste Drahtberichte, Hvsaachrichtc», 'Allgemeiner Turnverein, Verhandlungen deS Landesversichc- ru»gsamtes, Militärgericht, Russische Neichsduma „Hidnlla", Gedichte Rich, Wagners, NtWste Drahtmeldungen vom 27. Scplbr. Die Eliolera-Gefatir. Berlin. Auch bei der Ehefrau des kürzlich verstorbenen Schiffers Lehmann find Chol crabazillen sestgestcllt worden: es handelt sich bei ihr um eine» sogenannten Bazillen träger. Sie fühlt sich sonst wohl. Eine weitere Isolierung der Frau und der übrigen Familienmitglieder ist notwendig. Bromberg. In den lebten 24 Stunden ist aus dem Brvmbergcr Bezirk kein neuer El> vlerafatl gemeldet, M a r i e n w c rd e r. Im Regierungsbezirke Marienwcrdcr ist kein neuer choleraverdächtigcr Erkrankungssall borge- kommen. Konstantinopel. Die Desinfizierung und ärztliche >l e b.e r w o ck u ng der aus Hamburg rommcnden Reisen den ist ausgehoben worden. Zur Lage in Ungarn. Wien. Ter Kaiser empfing beute vormittag den Oberbofmarschall Grasen Cziraky in längerer Privataudien.z. Budapest. Die koalierten Parteien haben ein Manifest erlassen, in dem sie in Erwiderung aus das von dem König vorgelegte Programm erklären, das; einige Punkle desselben mit der Verfassung nicht übereinsiunnien, ^Nament lich wird von der Erklärung des Königs, das; bezüglich der Kom- mandosprache Konzessionen ausgeschlosten seien und blieben, ge sagt, das> diese Selbstbestimmung das Recht der Nation tai- sächlich aufheben oder doch ohne gesetzliche Grundlage verstüm meln würde. Die Blätter bezeichnen die gestrigen Erklärungen deS österreichischen Ministerpräsidenten als eine unoestigle Ein mischung in die inneren ungarischen Angelegenheiten, welche er, wenn auch mit allerlei Verklauselungen, zugesianden habe. Pest. lPrivVTel.f Die koalierten Parieicn haben ein Manifest erlassen, in dem sie >n Erwiderung am das vom Könige voraelegte Programm erkläre», das; einige Punkle des selben mit der Verfassung nicht übereinsltmmten. Namentlich wird von der Erklärung ves Königs, daß bezüglich der Kom mandosprache Konzessionen ausgeschlossen »eien und bleiben, ge tagt. daß diese Selbstbestimmung das Recht der Nation tat sächlich aufhebe, oder doch ohne gesetzliche Grundlagen ver stümmeln würde. Die in der Presse zum Ausdruck gelangende Stimmung wird immer erregter. Die Blätter greise» Gautsch in heftiger Weise an und bezeichnen dessen gestrige Erklärung al» eine unbefugt« Einmischung in innere ungarische Auge- iegenbeiten. «Leine Beteuerungen verdienten absolut keinen Glaub,«. Die aus der liberalen Partei ausgetretenen 20 Abgeordnete» meldeten gestern ihren Eintritt in die Koa lition an. Für die Plenarversammlung aller Parteien am 3. Oktober werden umfassende Borkehrungen getroste». Im Lause des gestrigen Abends fanden abermals Slraßen- Exzesse statt, wobei wieder vielfache Zusammenstöße zwischen Arbeitern und Studenten erfolgten. Der englisch'japanische Vertrag. London. Die Morgenblättcr sprechen sich sehr beiriedigi über den e n g l i s ch»j a p a n is ch e n V c r t r a g aus und be tonen, daß er keineswegs aggressiven, sondern friedlichen Ebarak- ters sei. Die „Morningpost" führt aus. England und Japan müßten den Vertrag unter Rücksichtnahme auf die Rechte Dritter zum Wahle der Menschheit interpretieren. — Das englisch- lapanische Abkommen ist am 12. August unterzeichnet worden. Der Minister des Aeußeren, Earl os Lausdowne, hat den eng lischen Botschafter in Petersburg angewiesen, den Text des Ab kommens der russischen Regierung bekannt zu geben. LanSdowuc hofft, daß die russische Regierung das neue Abkommen als eine internationale Urkunde anerkennen werde, gegen die Ein wendungen nicht zu machen sind. Das Abkommen habe das Bestreben gehabt, den Frieden in Ostajieii, die völlige Unabhängigkeit Chinas und das Prinzip der Gleichberechtigung des Handels für alle Völker aufrecht zu erhalten. Lausdowne weist besonders darauf hin, daß nur im Falle eines nichtprovoziertcn Angriffes aus eine der vertragschließenden Mächte durch eine andere Macht oder andere Mächte, und wenn diese Partei territoriale Rechte und besondere Interessen gegen ein aggressives Vorgehen ver teidigt, die andere Partei verpstichtet ist, ihr zu Hiise zu kommen. Die britiiche Negierung hossi. das; der Abschluß dieses Bünd nisses von Einfluß aus tue Ermöglichung des FriedcnSabkommens zwischen Rußland und Javan sei und erwartet von ihm die Sicherung des Friedens in Ostasien aus Jahre hinaus. Artikel 6 des Vertrages bezieht sich aus den soeben beendeten russisch- ia panischen Krieg und stipulicrt für dessen Dauer Eng lands Neulralität, sowie die Verpflichtung zur Unterstützung Japans für den Fall, daß es von einer zweiten Macht angegriffen werden sollte. Diese Fassung ist augenscheinlich durch die Tat sache veranlaßt, das; der englisch-japanische Vertrag vor dem Porlsmoulher Friedeusschluß unterzeichnet wurde. London. iPrw.-Tel.s Der japanische Gesandte erklärte einem Vertreter des „Rcutcrschen Bureaus", der neue eng lisch-japanische Vertrag bilde einen wirksamen Schutz gegen einen neuen Krieg in -Ostancn, Und das ist sein Zweck. Wir werden nicht sagen können, daß ein dauernder Friede ge sichert ist, aber wir werden sagen können, daß für lange Jahre Ruhe sicher ist. Uebernll soll man irwhlverstehcn, daß der Ver trag in keiner Weise eine Drohung bilden soll. Das englisch- sapanische Abkommen ist am 12. August unterzeichnet worden. Der Minister des Aenßeru lx>t in einem längeren Schreiben, das gleichzeitig mit dem Vertrage veröstciitiicht worden ist. den englischen Botschafter i» Petersburg angewiesen, den Text des Abkommens zur Kenntnis der russstchen Regierung zu bringen. Lausdowne erklärte, die britische Regierung glaube, daß sie in dem Bestreben, den Friede» in Ostaiicn, die völlige llnab- bängigkeir Chinas und das Prinzip gleicher Berechtigung des Handels für alle Völker aufrecht zu erhalte», auf das Wohl wollen und -die Unterstützung aller Mächte rechnen könne. Zur Laue in stiustland. Moskau, In der Weiterberatung des politischen Pro gramms trat der S c m st w o -Kongreß für die volle Trennung der Justiz von der Administration, für die Uuabsetzbarkeit der Richter und die Wiederherstellung des Wahlrichterinstituls. seiner für die aiisiiahmsloie Aiiweudiiug des Geschworenengerichts. die Ab- ichast'uiig der Todcsstrase. die Aufhebung der administrativen Be strafung, des verstärkten Schutzes und des Kriegszustandes, sowie für die Erteilung einer Aimiestie für Verurteilte ein, 'Der An trag. einen Anirus an die Bevölkerung zu richten, sowie den Frauen das Wahlrecht zu erteilen, wurde abgelehnt, Baku, iPri»,°Tel.j Gestern abend erjolgte die Abreise des kaiserlichen Spczialgouuerneurs. D>e Polizei verhas tete 17 Personen wegen Teilnahme an unerlaubten Versamm I-ungcn, Weitere Verhaftungen stehen bevor. G roß- R o m inten, Ter Kaiser, Minister Witte und Fürst Enlenl'nrg trafen um 9 Uhr 1°, Minuten mittels Automobils hier ei» und begaben sich in den Bahnlwsspavillon, wo sic in an geregter Unterhaltung bis zum Abgänge des Sonder',»gcs ver weilten Nachdem Witte sich vom Kaiser und dein Fürsten E»len- bnrg verabschiedet hatte, erfolgte seine Abfahrt über Eüdtkubnen nach Michailen, von wo er seine Reise nach Petersburg mit seiner Gemahlin sortsetzt, G r o s; - R o m i n t c». Der K aiser kehrte nach der Ab- sähri des Ministers Wille im offenen Automobil mit dem Fürsten Eulenl'urg nach dem Jagdschlösse Rominteii zurück, Hamburg, sPrio.-Tel.s Das „Fremdcublati" und die „Hamburger Nachr" erfahren, daß Witte den Auilrag habe, wegen eines Zusammengehens Rußlands und Deutschlands für den fernen und nahen Osten zu ver- handeln. Auch mst der deutschen Fmanzwelt wird Witte, nach einer Mitteilung des Herrn Fisch!, des Minuhaoers der Firma Mcndelsiöhn u. Comp,, von neuem in Vcrkekr treten, Bcrli n, Cin Tclegra m m aus W indbuk meldet: Am 21. September beim Üeberfall der Station Sjambockberg gefallen: Sauitälsgesreiler Adolf Kehler, geboren am 8. I. 81 zu Ober-Langeiibiclau, srüher im Train-Dglaillou Nr. 6. Berlin, Der Anisichlsrol der Großen Beiliner Siraßeu- bghngesellschasr genehmigte einstimmig das Projekt aus Her- Tonnerstng, 28. September 1905. stellung neuer Untergrundbahnen von der Potsdamer- Brücke nach der Roßsiraßc und vom Brandenburger Tor nach dem Opernplatze mit einem KvIIenauswande von 60 Mill, Mk- Berlin, Heute früh brach aus noch nicht ousgeklärter Ursache in Oberschönweide im Baumwoll-, Jute- und Seiden- lager des Kabelwerkes des Allgemeinen Elektrizitätswerkes Feuer aus. das jedoch mit Hilfe der Feuerwehren der Nachbar orte und eines Zuges der Berliner Feuerwehr bald aus seinen Herd beschränkt wurde. K ö l n. sPriv.-Tci.I Der holländische Anarchist Nieu- wenhuis wurde in der heutigen Sitzung des Schösscngerichts wegen Verstoßes gegen 8 W1/2 zu 5 Tagen Hast verurteilt, die aber als durch die Untersuchungshaft für verbüßt erachtet wurden, Tie Polizei nahm sich des Holländers wieder an, augenscheinlich, um ihn über die Grenze zu bringen. tuttgart Gestern wurden hier 7»M> Mi li tü rb ries- tauben aus allen Teilen des Reiches zu einem Wettflug aus gelassen Die Abteilungen waren mit Huldianngs-Tepeschen an den Kaiser, den Prinz-Regenten und den Großherzog von Baden versehen. Stuttgart, Die von Württemberg, Bayern und der chweiz unternommene Legung eines Telegraphenkabels durch den Bodensee von Friedrichshofen nach Romanshorn, die gestern begonnen wurde, mußte nach äOst Metern abgebrochen werden, da das Kabel aus der Rolle sprang und eine Knickung erlitt. Pari s. Der zweite Teil der französischen Mission zur Festsetzung der Grenze zwischen Kamerun und Französisch- Kongo ist heute morgen nach Antwerpen abgereist, um sich von dort nach dem Kongo cinzujchissen, Neapel. lPriv -Tel ! Die neue Tätigkeit de8 Vesuvs. die seit gestern abend eine sehr starke ist, hat unter der Bevölke rung große Unruhe hervorgerufen. Man befürchtet Kata strophen. Madrid. Die „Epoca" sagt: Sie könne trotz der in der Angelegenheit gebotenen Reserve versichern, dah die spanische Regierung den Gesandten in Marokko angewiesen Hobe, bei dem Maghzen cnergttche Vorstellungen zu erheben wegen der von den Marokkanern verübten Angriffe auf mehrere spani- >che Schisse und wegen anderer Gewalttätigkeiten, Die spanische Regierung rechne aus völlige Genugtuung von seiten Marokkos. Madrid Der Finanzminister hat erklärt, daß unter den ersten Geietzentwürsen. die er den Cortes vorlegcn werde, sich ein solcher befinden werde, der sich mit der Frage des Wechselkurses beschäftigt. Der Entwurf werde, ohne die Löiung der Frage zu überstürzen, einen Plan angeben, der. wenn klug bewlgt, m wenigen Jahren Ersola bringen werde. Er. der Minister, sei gegen ein zu schnelles Vorgehen, das die Nationeitz die die Goldwährung zu rasch annaymen. genötigt habe, aus Papiergeld zurückzukommen, Göteborg In Lundvy auf der Insel Hising fand gestern mittag ein starkes Erdbeben statt. Um l'/r Uhr vernahm man ei» unterirdisches Getöse, Gleichzeitig begannen die Häuser so stark zu zittern, daß die Wände und Mauern Riffe erkiesten, Tic Erdcrschütteruiig dauerte wohl eine Minute an. An mehreren Stellen entstanden tiefe Risse, die mehrfach einen Fußbreit waren. In dem Westen der Insel ist der Erdboden bedeutend eingesunken Nenn Häuser wurden durch das Erdbeben beschädigt, Ä o n sla n t i n o v c l. Die russische Besatzung aus Kreta wird demnächst um 400 Mann verstärkt werden. Auch die i! aliei> ische Besatzung soll Verstärkungen erhalten. Man beabsichtigt, durch wettere Beiehung von Häfen und Zoll ämtern mit interuatiomtten Truppen den Revolutionsherd im Westen zu zcrnicrc». Die Insurgenten dagegen bereiten in Therisso neue Unterkünfte vor und sammeln Proviant für den Winter. New »ork. sPriv.-Tel.) „Evening Sun" meldet aus Havanna: Ein Taifun Hai die Stadt heimgesucht. Die Eingeborenen.Viertel wurde» zerstört, 8000 Menschen sind obdachlos: 5 FilipviiwS sind gelötet und 200 verwundet worden. Port Said. Der Snezkanal ist bis aus weiteres wegen der Sprengung des Wracks des Tampscrs „Ehatam" gesperrt. Knust un- Wissenschaft. s* Mitteilung aus dem Bureau der Königlichen Hos- theater. Die 4. Wiederholun^der neuen Over D ic neu gierigen Frauen" findet «onntaq, den l, Oktober, statt. Der Vorverkauf beginnt Sonnabend, den 30, September, vor mittags 10 Uhr, an der Kasse des OpernhauieS, - Die zur Feier des 70, Geburtstages von Felix D » aesckc gcviaittc Aufführung der Oper „H e r r a t" in neuer Eiiisuidierung findet Montag, den 9, Oktober, statt, Frank Wcdekinds »nt Spainmng erwartetes neues Schauspiel H r d a l l a " hat gestern abend im Kleinen Theater zu Berlin leine Erftaufführ u u g erlebt. Die Ausnahme, die die Absonderlichkeit beim Publikum fand, war ziemlich un freundlich, soweit man dem Werke überhaupt Teilnahme zulommen ließ und sich Mütze gab, in seine Jrrgängc einziidringc». Die Kntik lehnt das Stück mehr oder minder entschieden ab. Die „Boss. Ztg," gibt von dem Schauspiel und der Aufführung svl gende Charakteristik: Seinem letzten Stück „So ist das Leben" war Wedekind in eigener Person als Prologus varauggegaiigcii. gestern trat er auch als Schauspieler auf i» der Hauptrolle oder vielmehr in der einzigen Rolle, aus der die neue Schöpfung be steht, und der Dilettant war der einzige Mensch uitter meistens recht schlecht hergerichteten Marionetten des Theaters. Wedekind spielte sich selbst in karrikierten Proportionen, er setzte sich einen Buckel aus. er schleppte einen Hinkesuß, er grub die Falten tiefer in seine Jockeyphysioaiiomic. er schminkte sich die roten Lippen eine» Zirkiisclowns, die immer etwas Lechzendes, melancholisch Blödes geben, kurz er gab sein Inneres unter dein Bilde eines Caliban heraus, und dieser Zwergriese, wie er einmal genannt wird, redet, wimmert, heult durch ein miserables Stück hindurch, er sucht die Schönheit, einen neuen Adel der Menschen zu erobern, Schönheit für andere, die durch seine Häßlichkeit nicht befleckt werden darf, die er den anderen nur durch das Mittel der Ent behrung. der Ausschließung von Genuß. Freude und Hochstimmung vorahnen darf. Am Ende hängt er sich auf: das letzte, was man ihm nach Gefängnis und Irrenhaus bot, war eine Anstellung als „Dummer August" in einem Zirkus Ich glaube nicht, daß die Zuschauer diesen Monolog verstanden haben; der Dichter, der sich selbst spielte, war für sie eine Seiffalio», die den Abend äußerlich gegen einen skandalösen Durchsall schützte: das innere Pathos eines Menschen, der sein Leid im CynisiiiuS verschlingen wollte und es nun ohne Furcht vor Mitleid heranSspett zugleich mit Ekel, Hohn, Verzweiflung, dieses Pathos ging ihnen verloren, sie hätte» sonst de» Mann, der sich so preiSgab, nicht bc- klaischt. Um diese» Monolog ist im» eine Komödie gebaut, die gegen Wcdekinds knlillose Bewunderer wiederum beweis!, daß sein Genius ohne Arme geboren ist, Ihr Inhalt ist gleichgültig neben dem Gehalt der Hanplsignr, Es tobt ein Pandämoninm, das sich von den wiwen Geirilschaslcn frühe rer Stücke kaum nnlerichcidet mit ihren Gauner». Dummköpien, Schwärmern, exotischen Fürstinnen, radebrechenden Engländer:»- »en »nd mtt der einen Frau, die sieb dem Genius opscrt, die «bin mehr alanbl als er selbst und die tlngeilalt eines Torw wie einen Dionhsus verehrt. Diesmal wird ein Verein zur Züchtung von Nasscmenichen gegründet, i» dem jeder Mann icder Frau und umgekehrt den Anipruch aus Liebe zu eriüilen hat. und wie es gewöhnlich bei Wedekind gebt, alle die>e äuße ren Vorgänge, die höchstens einmal einen Witz hervorbringen, erringen keine symbolische Geltung: eS sind willkürliche, zu- iainnienbangslose Schalleniviele, die zu dem Licht, das da in einsamer, tiefer Zeelennach! flackern mag. in keiner Beziehung stehen. Man bat «eine Manier der Willkürlichkeilen und lieber- raschunaen als eine Genialität ausgebeii wollen, die nach Not wendigkeiten eigener, vor ihm mientdeckter Geietze mit schlaf- wanolcrischer Sicherheit zwischen 'Abgründen tanzt und rast. Aber icb vermisse an diesem Genius, der die Kraft hat, uns mit einem Ruck in eine von jeelifchen Leuchten ersi.llte Tiefe zu Wersen, gerade die dauernd herrschende bacchttche Gewalt. Er entfesselt einen Herciil'abbatb. aber nicht dc» Sturm, der uns mit hinein bläst, er tanzt, ohne uns zu Tänzern zu machen, er rast und läßt uns kalt, er lacht und wir langweilen uns. Wenn er glücklich griff, geriete» seine Figuren bis zur mechanischen Beweglichkeit von Marionetten: hier stud sic, wenn man die ungemischten, icliwankbajt episodischen Erscheinungen ausimnml, nur steif und hölzern, sic sprechen Leder und Papier, sie erleben nichts trotz groteskesteii Abenteuer» und lasse» uns nichts er leben. Wenn alles bis aus die Bekenntnisse der Hauptfigur ge strichen würde, so hätte man einen irgend wo tief unten zu sammenhängenden Monolog eine Art seelischen Tagebuchs, das zwischen vielen Banalitäten ausrührende, aufpeitschende Genialitäten verzeichnet, Abxr der Dialog bleibt jämmerlich Die Leute spreche» nie miteinander, sondern nacheinander, und wenn der eine onsängt z» reden, hört der andere nicht nur mit Reden, sondern auch mit Fühlen und Denken, überhaupt mit dem Leben auf, So hat der Puppenspieler nur eine Stimme und ob er sich auch vervielfältigt, indem er sie zu Bah oder Discant umbiegt, das Leben gibt er seinen Puppen nicht. Zwei „vergessene" Gedichte Richard Wagners. An der Spitze der Einleitung zu den eben erschienenen Ge- dichten Richard Wagners iagi ihr Herausgeber E- Fr, Glasenapp, daß diese Gedichte „den Inbegriff besten bildeten, was sich an rein Lnri'chem in oei» Nachlaß des Meisters erhallen" habe. Da maa es einigermaßen überraschen, schreibt das „Berliner Tage blatt", daß uns jetzt zwei Gedichte Richard WagnerS mitgeteitt werden, die sich mcrkwürdigcrwciic in dein Glaienappichcn Sammelbande nicht finden, obwohl sic schon srüher einmal ge- -druck» und erst vor wenigen Jahren Frau Eosima Wagner vorgeiegi worden sind. Die Gedichte stainmcn aus den Jahren !8s8 »nd >8l9 und sind gekennzeichnet durch den Ausdruck einer lehr rcvoliiiionären politischen Gesinnung. Wir lassen cs vorerst dahingestellt, ob dies etwa der Grund gewesen ist, sie von dem neuen Bande anszuichließen. oder ob der Herausgeber die Aus nahme dieser beiden Gedichte wirklich nur vergessen lial. In, jedem Falle aber erscheinen uns die Gedichte — zumal in diesen Tage» des gesteigerten Interesses a» dem Menschen Richard Wagner — wert, der Vergessenheit entrissen zu werden, und wir geben sie daher hier in ihrem Wortlaut wieder. Das eine Gedicht, das Wagner 1848 nach Wien sandte, lautet: Ihr habt der Freiheit Art erkannt! Nicht halb wird sie gewonnen! ^st uns ihr kleinstes Glied entwandt. Schnell ist sie ganz zerronnen. Dies kleinste Glied ist uns re Ehre. Ehrlos ist. wer cs läßt, Mtt Helle» Waffen, guter Wehre, Drum Hieltet ihr es sest. Das zweite Gedicht entstand im Jahre 1849 lDreSdcn und lautet: Tie Revolution. 1349 Scheue» Blickes durch die Gassen Schleicht das Volk, und ohne Gruß -Geht der Nachbar an dem Nachbar, Geht der Freund am Freund vorbei. Einen Bttck vcrslohl'ncn Grimmes Raich hinausgeschickt zum Turm. Wo die Männer eingekerkert, Die ein glühend Wort gesprochen,
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