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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.03.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120308018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912030801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912030801
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-03
- Tag 1912-03-08
-
Monat
1912-03
-
Jahr
1912
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Bezug»-Prr1» Ar » V„»n« »,rck »»)«« Iräaer ««» 6v»du»»,» r»«l >ü,Uch i>» v«u» «»drachi « P«. »»»all. Lw Vtt. vt»N»It«h«l. V« ,<,>»„ g»I«at»» «. Aa. n<Uv»»jt«Sen ada«d»U Nt VI. «»»alU. L»«l. »NMIlühtt. »«ich tzl» P»Ur kmirdal» D»»uchiand» »«» d«r d«»tt-»n KoloiUeii »t«a»Iiüd«l. »ev *tk„ monaU. IMVtk a»»lcht- V»ftd«ft»lla»U> Kinitr in Belau«. ponemaN »en ^onaulloaun. Itolun. Luiim«»,«. Biidirlanb», «»r» w»a«». »,>«jlre'»!» . U»a»«n SixlUand, Schwedin vchwiu a Svoniin. .in allen ÜLri««i> Siaoli» »«> VUekl duich di» Se>chait»ll«U« »«» Bla«»» erholmch. Da» i!«l»«a», Toaedlatt eilch,,«» r«al ta-Ilch. San». « ti«I»«aa» »a» mni«»»». Td,nn»m»n«».<I»nadn>» I,da»«i»,,IN H d»»an»»tt, tiaaer». liUlaI»«.Sv»d«eak»« «nd LaaadmeNelle» >«w>» Bailaintrl» a»d Bn«Il,o„r». » Morgen-Ausgabe. WpMcrTagMall "«sr i».cht««>chl»tz) t "«»r tR-gt-.i-r«»» «el.-Ävschl. «M3 VKNVervHkirUNA. Cel.-^nschl.jiss« (14 891 SSL Amtsblatt des Rates ««d -es Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. Luheige«-Preis fUr S«Ur«r» -»» i!«i»»ta m»d ll«,»d««« »i» ttpaltt,» P»t»t,»il» » Pt'dt« Reklame» »»U« > Btt von »«»wärt» all vt- Reklamen L» «L. In,,»«,» ,»» Behörde» im «ml. ltch»» r»>l dl« B««k,«tl» «> Bt «,IchLst»ani,t,e» mit Pla»v«rschrift«, >m Pr»i>» «rdSht. Rabatt »ach Taris B«l>a,«,»d«br0»la«t» ausiaa» b Mk. o Taulend eikl. Poftirdiihr. Tetldetlaa« hoher. FeftettrUt« Buttraa» können nicht i»rück- ger-gen w«rd«n. »ür da» Lrlchein«» a» bettimmi«» Taa»« »nd Pla,»n wird ket»» ttaranti« übernommen. Rn,eigen - >»»alM<: S»da»»i»,«g« S, de« lämillch«» Alilale» ». allen Annoncen» Etpedittone» d«» 2n» and «»»lande» Druck „d Verl«, »«» gliche» ck RllritA» Inhaber: V«»> Rltrfte». «edatti», ».«»»»»stell«! 2-donnt»aoII« 8. -»»»«-»Ulate Dee»»»«; veestrah« < l. (Telephoa UM IM- Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 1V Seiten, die vorliegende Morgennummer 22 Seiten, zusammen 32 Leiten. vss Wilittlgite. * Der Kaiser stattete am Donnerstag der Garnison Cuxhaven einen Besuch ad. (Siehe bes. Art. seile 2.) * Der Reichstag erledigte am Donnerstag in der Etatsbcratung über das Ministerium des Innern das Kapitel M i n i st e r g e h a l t. (siehe des. Art Seite 1 u. Bericht Seite 9.) * Im Reichstage finden heute di« Prä sidentenwahlen statt. * In der Sächsischen Ersten Kammer kam es bei der Beratung des Kapitels Mini- steriumdesJnnernzu einer lebhaften Debatte über die Behandlung der Baupläne im Ministerium des Innern, (S. Bericht Seite 10.) * Die Sächsisch« Zweite Kammer be schäftigte sich am Donnerstag mit Petitionen, (siehe Bericht Seite 10.) * Der Südpolarforscher Amundsenhat erklärt. Kapitän Scott habe den Südpol erreicht. "Thcateran zeigen siehe Seite 12. Neue Kesierungsklmlt. —-n. Was sich im Parlamentshause an der Prannerstraße in München, das sich der Beson- oerheit einer militärischen Wache erfreut, am 5. März vollzogen hat, läßt sich in seiner Bedeu tung noch nicht übersehen. Die ersten Berichte über die Rede des neuen Ministerpräsidenten Freiherr» v. Hertling waren nicht zuverlässig. Nach der einen Darstellung sollte er gesagt haben, daß ein Ministerium niemals gegen'eine Parla-- mentsmchrheit regieren tonne; glaubhafter war von vornherein die andere Darstellung, daß er das Gegenteil gesagt, jedoch in dem folgenden Latze cs fürnicht praktisch erklärt hat, wenn die Regierung und die Mehrheit des Parlaments uneins seien, weil dann die besten Kräfte nutzlos in Kämpfen verloren gingen. Auch war es nicht leicht zu glauben, daß Freiherr v. Hertling ge sagt haben sollte, das neue Ministerium sei kon- servativ-partikularistisch. Dazu hat sich kein bayrischer Minister seit der Gründung des Reichs bekannt; und dem Freiherrn v. Hertling, der viele Jahre lang der Vertreter eines vreußi- schen Wahlkreises im Reichstage gewesen ist, sollte man eigentlich — abgesehen von allem anderen — die Geschmacklosigkeit, sich als partikularistisch zu bezeichnen, nicht zutrauen. Die Tatsache, baß es trotz Telegraph und Fernsprecher schwer war, über die Programmrede des bayrischen Ministerpräsidenten sofort die Wahrheit zu erfahren, hat sinnbildliche Be- deutung. Es ist für den Fernerstehenden nicht leicht, in den Geist der bayrischen Geschehnisse ein- zrrdringen. Das braucht man gar nicht mit einer geheimnisvollen basuvarischen Eigenart zu be gründen, sondern es genügt, an die letzten drei, vier Jahre zu denken.' Wer nicht ständig das Ge schick eines Gemeinwesens mitlebt, „kennt sich" oarin, um einen süddeutschen Ausdruck zu ge brauchen, nicht „aus". Das gilt genau so von der politischen Lage in Schwarzburg-Rudolstadt, wo soeben die Kammer aufgelöst ist, wie von der Verfassungsfrage in Mecklenburg odeb von den früheren Domanialstreitigkeiten in Sachsen-Ko- burg-Gotha. Das Gehirn eines Deutschen rst eben nicht weit genug, um gleichzeitig die Entwicklung mehrerer Dutzend Staaten in sich zu bergen, wie auch ein Durchschnittsschweizcr nicht die Entwick lung aller Eidgenossen, ein Amerikaner nicht die Entwicklung eines jeden der Bereinigten Staaten im Kopfe haben kann. Am undurchdringlichsten sind wohl für den Altdeutschen die elsaß-lothringischen Verhältnisse. Aus dem radikalen Verhalten des Abgeordneienausschusses in Straßburg haben diejenigen altdeutschen Politiker, die sich der reichsländischen Bcrfassungsrcform widersetzt l)pben, eine Bestätigung und Bekräftigung ihrer Meinung entnehmen zu können geglaubt. Das ist vorschnell geurteilt. Wenn ein edles junges Pferd nicht gleich in der Bahn geht, braucht man noch nicht alle Hoffnung auszugeben. Erst Erfahrun- gen einer längeren Epoche können dartun, ob das Werk, für das sich die reichsländische Regie rung und der deutsche Reichskanzler so energisch eingesetzt haben, fehlerhaft war oder nicht. Richtig ist, daß der Budgetausschuß der elsaß- lothringischen Kammer, der sich, wie in Bayern, zum Parlament im Parlament entwickeln zu wollen scheint, sich selbst keine Zügel angelegt hat. Er hat bekanntlich den Gnadenfonds des Kaisers in Höhe von 100 000 Mark gestrichen und in einer Resolution gefordert, daß die Kaiserjagd bei Ober-Haslach im Unterelsaß verpachtet' werde. Also Konfliktlust und Aussicht auf Kämpfe, in denen nach Hertlings Ausspruch die be,sten Kräfte nutzlos verloren gehen. Zu einem Konflikte aber gehören zwei. Der Streitpunkt mit der Jagd ist inzwischen dadurch aus der Welt geschafft, daß der Kaiser auf den weiteren Vorbehalt des Jagd reviers, in dem er übrigens nie gejagt hat, ver zichtete. Eine einfachere und zugleich geschicktere Lösung wird woht niemand erdenken können. Auch die Form, in der die Entschließung des Kaisers mitgeteilt wurde, war in ihrer Kürze meisterhaft. Die oppositionelle Mehrheit sieht sich nun in der Lage eines Mannes, der gegen einen anderen, von dem er nur Freundliches er fahren hat, sich wenig höflich gezeigt hat. Das ist keine Situation, in der man sich gern der Öffent lichkeit darbietet. Möge die Angelegenheit mit dem Gnadenfonds von der Regierung gleich ge schickt behandelt werden. Wenn die Sozialdemo kratie und das Zentrum sich durch ihr Verhalten im Ausschüsse demaskiert haben, so liegt das in der Richtung des Rates, den Bismarck im Jahre 1895 in den Hamburger Nachrichten ge geben hat und der während der letzten Wochen in unehrlicher und unwahrhafter Weise für ganz andre Zwecke verwendet worden ist. Bismarck wollte, daß die Sozialdemokratie genötigt werde, „das Bild der sozialdemokratischen Zutunft des Volkes in klareren Umrissen als bisher der öffent lichen' Kritik preiszugeben". Das ist sehr gut erreicht worden. Jeder Elsaß-Lothringer ist nun vor die Frage gestellt, ob er seinerseits ein solches Vorgehen billigt. Voraussetzung ist natürlich, daß auf der Re gierungsseite alles zum Rechten steht. Cs kommt nicht nur darauf an, daß dort unverbrüchliche Ge rechtigkeit, Gesetzmäßigkeit und Wohlwollen vor handen ist. Was die Zeit noch erfordert, ist mei sterliche Negierungskunst. Mit zorni gem Zuruf allem ist es nicht getan. Manchmal- verbürgt ein Schritt zurück besseren Erfolg, als das Festhallen an einer nicht ganz, einwandfreien Position. Vor allem aber sollten die beabsich tigten und vorbereiteten Regierungshandlungen von überlegenem Können, von Fähigkeit zur Men- schenbehandlung, Umsicht und Ausdrucksvermögen zeugen. Die Reichsleitung kann mit dem Er folge ihrer Kundgebung aus der letzten Zeit recht zufrieden sein. Der Thronrede zur Eröff nung des Reichstags war Frische, Schwung und das Streben nach vorwärts nicht abzusprechen. In dem Chorus der Parteien bei der allgemeinen Aussprache zuin Etat konnten sich die Reden der Regierungsvertreter hören lassen. Rein rednerisch und sachlich verdient doch wohl die große Rede des Reichskanzlers den Preis, so wenig die ver bissenen, einseitigen Partcipolitiker es zugeben mögen. Auch den Darlegungen des Reichsschatz- sekrctärs Wermuth zur Elatsgcstaltung und ebenso denjenigen des Smalssekreturs des Neichsamts des Innern zu dessen eigenem Amte wird man bedeutsamen Inhalt und eine oft glückliche For- mengebung nicht abstreiten können. Möge es so bleiben. Je mehr die Vertreter der Staatsnot- wendigkeiten und des vaterländischen Bedürf nisses sich in Sache und Form als überlegen er weisen, desto schwerer wird es den einseitigen Politikern gemacht, für ihre Parteiinteressen und Parteieitelkeiten außerhalb des engsten Klüngels noch Teilnahme zu erwecken. Gebildete und Un gebildete werden sich von den Parteischolastikern abwenden. Die kleinlichen Eifersüchteleien bei der Präsidentenwahl sind geeignet, diese erfreu liche Wirkung zu beschleunigen und diejenigen Elemente in den Parteien zu verstärken, die die Partei nur als ein Mittel, dem Ganzen zu die nen, ansehen, nicht aber als Selbstzweck und auch nicht als Mittel, der eigenen Herrschsucht und Rechthaberei zu frönen. Das Gehalt Les Staalslekretars bewilligt. (Stimmungsbild aus dem Reichstage.) Hj Berlin, 7. März. Acht Tage im Wortsinne, nicht im Sinne einer Woche, hat die Debatte über das Gehalt des Staatssekretärs des Reichsamts des Innern gedauert. Durch das Auftauchen immer neuer Männer kam man schnell über die Zeit hinweg. Auch wurden bis zum Schluß die sachlichen Pro bleme in fesselnder Weise behandelt. Nachdem gestern Abg. Giebel (Soz.) die Sache der So zialdemokratie vertreten hatte, kam heute für diese Partei der des Revisionismus hinreichend verdächtige Psus zu Wort. Er suchte die so- zialpolitischcn Kragen im Geiste einer indivi dualistischen Kulturvolitik zu behandeln und legte auch ein Bekenntnis gegen den Alkoholismus ab. Der Kulturpolitiker des Zentrums Pfeif fer verlangte Fürsorge für die in Bayern seß haften Relchsmuseen und weiter ein Reichs- theatergesetz, das letztere aber, wie er ver sicherte, nicht brillantenstrotzenden Schauspiele rinnen zuliebe. Graf Kanitz (Kons.) forderte Nr. 123. MUSS, ar« s. msrr ISI2. 106. Jahrgang. eine planmäßige nationale Politik, auch in Geld- und Bankfragen. Bemerkenswert war, daß dieser scharfe Kritiker im ganzen mit dem Vorgehen der Reichsbank und auch mit den für Privatpublikum und nationalen Wohlstand erreichten Folgen zu frieden zu sein schien. Der im Verborgenen blühenden Sparkassentätigkeit gedachte der natio nalliberale Götting. Den Schluß machte Weinhausen (Vpt.), der ehemalige General sekretär der Freisinnigen Vereinigung, der durch ein Zusammentreffen von persönlichen Umstän den ziemlich unerwartet zu einem Mandat in Danzig gekommen ist. Mit besonderer Klarheit des Ausdrucks, wie sie durch das häufige Auf treten in Arbeiterversammlungen gewonnen sein mag, setzte er die Ansichten seiner Partei zum Koalitionsrecht auseinander. Angriffe auf die Freiheit der Koalition der Arbeiter und techni schen Angestellten wurden mit Entschiedenheit zurückaewrescn. Organisation erschien dem Red ner als das große Heilmittel. Mit besonderer Schärfe wandte er sich gegen das im Reichstage von konservativer Seite beantragte gesetzgebe rische Vorgehen zugunsten der Arbeitswilligen, von denen er sagte, daß sie sich der Mißachtung der verschiedenen Arbeiterorganisationen erfreu ten, und es schien, daß er sich dieser Mißachtung anschließen wollte. Lebhaft empfahl er dagegen Tarifverträge und Einigungsämter mit Ver- handlungszrvang. Das Haus stellte die 6 Dutzend Resolutionen zum Reichsamt des Innern einstweilen zurück und stieg nach Bewilligung des Gehalts des Staatssekretärs noch in die Einzelberatung des Amtes hinein. Dann vertagte es sich entsprechend einem Antrag der Abgg. Müller- Meiningen (Vpt.) und Haase (Söz.), ohne daß eine greifbare Einigung über die Präsiden tenwahl zustandegekommen war, der man sich morgen um 1 Uhr widmen will. Luerrreidereien. (Don unserem römischen Mitarbeiter.) Die französischen Quertreibereien bei der Friedensvermittlungsaktion sind in Rom rechtzeitig erkannt worden. Man weiß hier, was man von den Pariser Friedens aposteln zu halten hat. Als man von Petersburg die Botschaft hörte, daß Rußland im Verein mit den Westmächten für die Herstellung des Friedens zu wirken gedächte, waren die politischen Kreise Roms nicht wenig erstaunt, daß, wie Pariser Organe eifrigst versicherten Deutschland und Oesterreich sich im Hin tergründe halten wollten. Es war in diesem Augen blick höchst lehrreich, zu beobachten, in welch schönem Bunde mit den Pariser Organen wieder einmal die „Agenzia Stefani", die offizielle Telegraphenagentur der italienischen Regierung,"stand. Die Stefani wurde nicht müde, vom frühen Morgen bis zum späten Abend sich von Paris alles das zutragen zu lasten, was die Absichten der Pariser Regierung den Italienern in besonders schönem Lichte erscheinen lasten konnte. Dagegen ließ es sich dieselbe Stefani im gleichen Augenblick angelegen sein, via Paris nach Rom zu berichten, was nur irgendein ent legenes Provinzblättchen in Deutschland an Un freundlichkeiten über Italien zu sagen hatte. Es machte nicht viel aus, wenn diese unfreundlichen Stimmen schon viele Tage und Wochen vorher im Pariser Reservoir aufgesammelt worden waren. Der doppelte Zweck, Frankreich als Unschuldsengel und Deutschland als kompletten Bösewicht hinzu stellen, wäre erreicht worden, wenn die Berliner Re gierung nicht rechtzeitig hätte verkünden lasten, d ß sie an der russischen Friedensaktion sofort und ohne jedes Zögern sich beteiligt habe. Ein großes Ver dienst an der Aufhellung der Situation gebührt aber auch der Turiner „Stampa" und dem Mailander „Corriere", die beide durch sachliche und schnelle Berichterstattung über die Stimmung in Berlin den Quertreibereien der „Stefani" ein Ende bereiteten. Der Fall beweist aufs neue, wie sehr es der PariserRegierung darum zu tun ist. immer und immer wieder Unfrieden zwischen Berlin und Rom zu säen. Für diesen Zweck eignet sich allerdings die brave „Stefani" wie kaum ein anderer Faktor. Sie ist weiter nichts als eine Filiale der Pariser „Agence Havas"! Die Aktionäre der „Stefani" sind Franzosen. Und es ist in Rom durchaus kein Geheimnis, daß die Pariser Regierung die „Stefani" alljährlich stark subventioniert. Man hat es hier noch in guter Er innerung, wie einst Crispi gegen diese Agentur zu kämpfen hatte, und man weiß heute, daß Bestre bungen im Gange sind, ihren Einfluß durch Gegen maßnahmen zu paralysieren. Der Ministerpräsident Eiolitti hat nunmehr durch seinen publizistischen Geleitsmann, den Depu tierten Girmeni, die Pariser Herrschaften in zwei hintereinanderfolgenden Artikeln in der „Stampa" derb abkanzeln lasten. Es wird da haarscharf nach, gerechnet, daß und warum man Rußland, Deutschland und Oesterreich in Italien in Sachen der Friedens- ak.ion als wahre Freunde erblicken und daß „dagegen England und Frankreich eine wesentlich andere Hal tung annehmen, die ein neues Symptom bilden kür die seltsame Art, in der die beiden Länder ihre Ver träge mit Italien gerade über Tripolitanien zu in. terpretieren lieben". Poincare in Paris, so heißt es in dem zweiten Artikel, täusche sich gewaltig, wenn er glaube, auf Napoleons III Wegen zu wandeln und Italien wie einen Minderjährigen behandeln zu dürfen, dem man Krieg und Frieden vorschreibe. Die Zeiten seit Napoleon III. hätten sich geändert, und Italien würde in die Fehler von 1859 und 1866 nicht wieder verfallen. PoincarL wird am Schluß der Artikels ein energisches danckst okt' zugerufen! Die „fünfte Wstte«. (Von unserem Pariser Mitarbeiter.) Paris, 6. März. Der Organisationsplan des mili tärischen Flugwesens ist gestern von Kriegs mini st er Millerand als Gcsetzent wurf der Deputiertcnlammer unterbreitet worden. In der Begründung liest man: „Das Heer, wie das ganze Land verfolgte mit leidenschaftlichem Intereste die schnelle Entwicklung der Luftschisfahrt während der letzten Jahre. Es bemühte sich, alle neuen Fort schritte der Landesverteidigung nutzbar zu machen. Der Hauptgedanke der neuen Organisation ist die Autonomie der Aeronautik, für die di« Schaffung der permanenten Inspektion als erster Schritt angesehen werden konnte. Das Flugwesen soll in keinen Panzer gezwängt werden, in dem es sich nicht frei entwickeln könnte; was heute für sein« Entfaltung als zweckdienlich angesehen wird, kann sich in der Zukunst verändern. Der permanente In spektor hat heut« Autorität über Einrichtungen, die noch von Pionierkorps (Genie) abhängig sind. üb«r Luftschiffahrtskonrpanien (Sapeurs ai-rostiers), di« noch in mehrfacher Hinsicht einem Pionier-Regiment zugchören, und schließlich, besonders was die Ver waltung anbelangt, über ein Personal, das gegen wärtig vor allen aus Offizieren sämtlicher Waffen gattungen zusammengesetzt ist. Der Gesetzentwurf behält diese Organisation bei, trennt aber Liese Einrichtungen und Truppenabteilungen von ihrer bisherigen Dienstangchörigkeit und schließt sie zur autonomen Waffe der Aeronautik zusammen. Autonomie, aber kein geschlossenes Korps: Personal aus dem ganzen Heer rekrutiert. Offiziere und Unter, offiziere kehren zur Ursprungswaffe zurück, ent- sprechend den Erfordernissen, dem Alter oder eigenen Wünschen. So wird zwischen der fünften Waffe (Millerand rechnet das Pionierwesen als „vierte" Waffe) und dem übrigen Heer eine dauernde Strömung hergestellt, die jede Exklusivität ausschließt. Die Piloten werden ihre ursprünglich« Uniform, nur mit einem besonderem Llbzeichen, bei behalten. Di« Effektivstärke des Flugpersonals wird durch Dekrete bestimmt, da es nach den Umständen bemessen wird. Die gegenwärtigen Truppen sind sechs Kompanien von „Sapeure aörostiers" ver schieden«» Ursprungs. Die Schaffung eines aero nautischen Regiments ist unumgänglich nötig geworden. Da das Regiment sehr dehnbar s«in muß, sieht der Gesetzentwurf nicht nur eine bestimmte Anzahl von Kompanien vor, die eine bestimmte Zu sammensetzung haben müssen, sondern auch Sektionen, die jede eine administrative Einheit bilden soll und deren Zahl durch Dekret festgesetzt wird. Man glaubte voraussehcn zu müssen, daß man gegebenen Falles auf diesem Weg« noch weiter gehen und eine gewisse Anzahl aeronäutischer Einheiten zu einer Korps bildenden Gruppe vereinigen dürfte. Gewisse Regionen werden reichlich mit Einheiten dieser Art versehen werden müssen; es kann wegen ihrer Ent fernung vom Verwaltungszentrum des aeronau tischen Regiments nötig werden, ihnen eine eigene Verwaltung und Korpssormation zu geben; der Ge setzentwurf gibt der Regierung das Recht, dies mittels Dekrets zu bewirken. In Kriegszciten wer- den die Einheiten oder Bruchteile von Einheiten einzelnen Heeren zugcteilt, und diese Zuteilung wird schon im Frieden vorbereitet werden. Als Vorteile für die Gefahren und di« Ermüdung werden dem Personal auch in Friedenszciten gewisse Vorteil« zu erkannt, di« sonst nur in Kriegszeiten gelten. Bn tödlichen Unfällen erhalten Witwen und Waisen Kriegspensionen. Wegen der größeren Ausgaben bestimnn der Minister die besonderen Ent schädignngen. Für das Fliegerkorps stehen 20 Kreuze der Ehrenlegion und 10 Militärmedaillen zur Ver fügung. Das Programm vom 25. Februar 1910 sah den Bau von 20 Lenkballons verschiedener Systeme vor. Der plötzliche Fortschritt des Aero plans hat die Ausführung des Programms 1911 ver- langsomt; dann aber verursachten di« neuen Re sultate der Luftkreuzer wieder eine Meinungsände rung. Das Programm ist also wieder ausgenommen worden, aber verändert; denn die Leirkballons müssen sehr mächtig sein und bei jedem Wind aus fahren können. Nur stärkste Luftkreuzer werden be stellt werden. Andererseits müssen mehr Mittel für Hallen, Reparaturen usw. vorgesehen werden. Das Programm von 1910 stellte 20 Mill. Franken für vier Jahre in Rechnung; dieser Kredit muß vermehrt werden, bis Ende 1913 nm 12 Millionen, davon für 1912 3 Millionen. Ab 1911 wird das Programm darin bestehen, die veralteten oder zu schwachen Ein heiten zu ersetzen. Das Programm der Aviation wurd« am 8. September 1910 angenommen; es konnte damals nur «in vorläufiges, der Lage entsprechendes Pro gramm sein. Zahlreich« Versuche und Studien haben seitdem festzustellen erlaubt, welche Dienste das Kom mando von den neuen Fahrzeugen «rwarten darf und welche Flugtyp«n am geeignetsten scheinen. Das wahre militärische „Avion" (Fachausdruck für die Einheit) muß zwei oder mehr mehr Plätze aufw«is«n, um außer dem Führer wenigstens noch einen Beobachter mitnehm«n zu können. Trotzdem werden die einsitzigen Avions ftir kurz« Erkundungsflüge od«r Befehlsver mittlung weiterocnützt werden. Die Formation einer > Beachten Sie -i« kleinen Inserat« im „Lokal»Anzeiger" der Abend-Ausgab«.
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