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arioser Ausweitung. Die schlichte Generalbaßbegleitung obliegt in der stilvoll dem Original folgenden Einrichtung Bernhard Baumgartners einem Streich orchester mit Cembalo. Wolfgang Amadeus Mozarts Motette „Exultate, j u b i - late" KV 165 für Sopran und Orchester entstand im Januar 1773. Der damals 17jährige Komponist schrieb das Werk in Mailand für den römischen Kastraten Venanzio Rauzzini, einen ausgezeichneten So pranisten, der auch als Klavierspieler und Komponist hervortrat und bereits kurz vor der Komposition von Mozarts Motette bei der Uraufführung von dessen Oper „Lucio Silla" (26. Dezember 1772) als „primo uomo" eine Haupt rolle gesungen hatte. „Exultate, jubilate" erklang, von Rauzzini interpretiert, erstmals am 16. Januar 1773 in der Mailänder Theatiner-Kirche. Mozart berich tete dazu in einem seiner spaßhaften Briefe an die Schwester Nannerl nach Salzburg: „Ich vor habe den primo niun homo motetten machen welche müssen morgen bey Theatinern producirt wird". Die sehr bekannt gewordene, dank bare Komposition — eigentlich eine dramatische Solokantate - ist trotz ihres geistlichen Textes ein reines Konzertstück, das Sopranistinnen in reichem Maße Gelegenheit gibt, ihr sängerisches Können unter Beweis zu stellen. Das Werk zeichnet sich vor allem durch jugendliche Frische sowie durch eine schöne Ausgewogenheit zwischen vokalem und instrumentalem Part aus. In der Form eines dreisätzigen Instrumentalkonzertes mit der Satzfolge schnell - langsam - schnell (Allegro - Andante — Vivace) angelegt, verbindet es in wirkungsvoller Weise technische Brillanz und Bravour mit lyrischer Kantabiiität. Besonders hingewiesen sei im Orchesterpart auf das Wechselspiel zwischen Oboen und Streichern im ersten Satz, auf die weiche Bratschenkantilene im innigen A-Dur- Mittelsatz, der durch ein kleines Rezitativ eingeleitet wird, und auf den klang vollen Übergang zum abschließenden, heiter-volkstümlichen Vivace in F-Dur. Nikolai Rimski-Korsakow war das vielseitigste Mitglied des so genannten „Mächtigen Häufleins", jener russischen Musikergruppe in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die sich für die Entwicklung einer national russischen Musiksprache auf der Grundlage der russischen Volksmusiktradition einsetzte. Sein beliebtestes und wirkungsvollstes, weil überaus glänzend in strumentiertes Orchesterwerk ist die 1885 komponierte sinfonische Suite „Scheherazade", „ein Kaleidoskop von Märchenbildern orientalischer Prägung", wie der Komponist seine Partitur nannte, die von der berühmten arabischen Märchensammlung „Tausendundeine Nacht" inspiriert wurde. „Zwei Themen (die in der Einleitung nacheinander erklingen) ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Sätze. Zwar ändert sich der Charakter der Themen, doch bleiben sie untereinander verwoben, jedesmal, wenn sie in immer wieder abgewandelter Form auftauchen, werden sie mit anderen Bildern, Gescheh nissen und Erlebnissen in Zusammenhang gebracht." Das erste Thema charak terisiert den über die Untreue einer Geliebten erbitterten Sultan Schahriar, der sich geschworen hatte, jede seiner Frauen nach der Brautnacht umzubringen. Dieser Tyrann wird vom Komponisten mit einem düsteren, despotischen Baß thema in unisono vorgestellt. Eine in Trioien dahinfließende, von Harfenak korden begleitete Melodie der Solovioline symbolisiert sodann die kluge und liebreizende Scheherazade, der es gelingt, ihr Leben zu retten, indem sie dem Sultan tausendundeine Nacht lang Märchen erzählt und es versteht, dessen Neugierde zu erwecken, so daß die Hinrichtung immer wieder aufgeschoben wird. Durch ihre menschlich ergreifenden Schilderungen vermag es Schehera zade sogar, in dem Tyrannen echte Liebe zu erwecken. Nun soll sie seine Gattin werden. Einzigartig hat Rimski-Korsakow den orientalischen Märchenzauber in farben prächtigen, sinnbetörenden Klängen und faszinierenden Rhythmen eingefan gen und dem Sieg des Humanismus über antihumane Kräfte bildhaft-musi kalischen Ausdruck verliehen. Die einzelnen Sätze der sinfonischen Dichtung, die der Exposition, der Einleitung, folgen, schildern vier Märchen aus „Tausend ¬ undeine Nacht". Jedem Märchen, das durch eigene Motive und Themen gekennzeichnet wird, ist ein Satz gewidmet. Die Zustimmung oder Ablehnung des Sultans ist an seinem Thema zu erkennen, das entweder „geschmeidig oder schroff" die Erzählungen unterbricht. Im ersten Satz erzählt Scheherazade von den abenteuerlichen Reisen des küh nen Seefahrers Sindbad und vom romantischen Meeresrauschen. Mehrfach wird sie von dem ungeduldigen Sultan unterbrochen. Doch gelingt es ihr immer wieder, ihn zu beschwichtigen. Zweiter Satz. Die Erzählung vom Prinzen Kalender. Reizend plaudert Schehe razade von diesem Tausendsassa und Spaßvogel, von seinen lustigen Eulen spiegeleien, so daß der Sultan herzlich lachen muß und nicht weiß, was ihm mehr gefällt, der Prinz Kalender (der vom Solofagott und anderen Instrumenten rhythmisch-kapriziös symbolisiert wird) oder die anmutige Erzählerin. Dritter Satz. Scheherazade fesselt den Sultan mit der Liebesgeschichte vom jungen Prinzen und von der jungen Prinzessin (charakterisiert von zwei lied haften Themen, die zuerst in den Streichern erklingen, dann mannigfaltig abgewandelt und instrumentiert erscheinen). Zunächst ist der Herrscher von der poetischen Geschichte wie verzaubert, doch plötzlich braust er wieder Eine neue Erzählung (Kadenz der Solovioline) besänftigt ihn dann endgSB tig. Vierter Satz. Die dramatische Erzählung vom rauschenden Fest in Bagdad, vom sturmgepeitschten Meer und dem Schiff, das gegen den Magnetberg treibt und zerschellt. In realistischen Klangbildern erlebt der Hörer das Geschehen: das festliche Volkstreiben in den sonnendurchfluteten Straßen Bagdads, das Unwet ter, den Schiffbruch, das allmähliche Nachlassen des Sturmes. Scheherazade hatte den grausamen Sultan bisher interessiert, zum Lachen veranlaßt und milde, träumerisch gestimmt. Nun aber gewinnt sie sein Herz, hat sie ihm doch gleichnishaft sein eigenes bisheriges Leben vor Augen geführt, das einsam dem Untergang zustrebt. Er ist bezwungen. Mit Scheherazade vereint, will er ein neues Leben beginnen, das nicht mehr von der Grausamkeit, Tyrannei, sondern von der Liebe beherrscht wird. Diese Wandlung schildert der Epilog, in dem die beiden Themen des Sultans Schahriar und Scheherazades (Solovio line) versöhnt miteinander verschmelzen. VORANKÜNDIGUNG: 30. Dezember 1967, 19.30 Uhr, und 31. Dezember 1967, 19.00 Uhr, Kongreßsaal 10. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Heinz Bongartz Solistin: Assia Slatkowa, Bulgarien, Klavier Werke von Blacher, Mozart und Brahms Das 11. AUSSERORDENTLICHE KONZERT muß wegen Erkrankung des Solisten Julian von Kdrolyi ausfallen Ausverkauft Programmblätter der Dresdner Philharmonie — Spielzeit 1967'68 — Chefdirigent: Kurt Masur Redaktion: Dr. Dieter Hartwig Druck: Grafischer Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden, Zentrale Ausbildungsstätte 41819 1119 5 1,4 1267 I tG 009,109,67 •Hilhanrr^iooi 9. AUSSERORDENTLICHES KONZERT 1967/68