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Grossenhainer Unterhaltungs- und Anzeigeblatt. — Mit Hoher Concession gedruckt, verlegt uud redigirt von Herrmann Starke. 33. Sonnabend, dm 24. April 1847. L> ertliches. Der Aufsatz im hiesigen Anzcigeblatt Nr. 32 unter X. ist ganz zeitgemäß und stellt die durch die jetzige Brodlheuerung hcrbeigeführtcn drückenden Verhältnisse so vieler stillduldcnd Nothleidender in ergreifender Wahrheit dar. Allein jeder Menschen freund wird aber auch dabei fühlen und cinschen, daß hier mit allem Nachdruck Hand ans Werk zu legen und die Brodconsumtion, welche gerade bei der armen Einwohnerclasse am stärksten, möglichst zu vermindern ist. Die bisher gemachte Erfahrung bestätigt, daß ein großer Theil des jetzt gebacken werdenden Bro des mitunter so nahrungslos ist, daß mancher arme Mensch seinen Hunger damit zu befriedigen nicht im Stande ist, welches in der Verwendung so mancher Surrogate begründet zu sein scheint, dieser Umstand aber durch Brodtaxen zum Vortheil der Verkäufer nie betroffen werden kann, wcßhalb auch die zeither angewandten Polizei-Maßregeln nur Palliativmittcl sind, die den Wunsch erregen müssen, daß auch hier gegen 7000 Menschen wohl mehr als einige und 20 Bäcker Berücksichtigung verdienen. Es thut daher dringend Noth, daß bei der hier ohnedieß unzureichenden Armenpflege (die manchen ehrbaren, sehr bejahrten Armen zwingt, wöchentlich und monatlich sich ein paar Pfennige von humanen Familien zur nöthigen Subsistenz zu erbitten, und die für die Kinder der Armen noch in keiner Weise bedacht gewesen ist, obschon selbst kleine Städte, wie z. B. Strehla und Radeburg, mit guten Bei spielen durch Errichtung von Beschäftigungs-An stalten mit Spinnen und Stricken, in welchen auch Brodverthellung mit stattsinden soll, vorangegangen sind) wirksame Mittel ergriffen werden, um den armen Familien nahrhafte und gesunde Sättigung bis zum nächsten Herbste zu verschaffen. Dieß würde jedenfalls am vorthcilhaftestcn und zweckmäßigsten durch den Ankauf und das Selbst schlachten einiger kräftiger Rinder und durch Verab- reichen theils unentgeldlicher, theils auf halben Werth gestellter Fleischportionen nebst Gemüse und Brod an arme und sonstige unbemittelte Familien, oder durch Verabreichung derartiger kräftiger Speisen an solche unverschämte Arme, welche den Erlös für das erholte Leseholz, sowie andere Unterstützungen dem Branntweingcnuß opfern, erreicht werden kön nen. Die Mittel zu dem Ankäufe von fetten Ochsen oder dcrgl. Kühen und der Gemüsesorten könnten leicht dadurch gedeckt werden, wenn nur etwas aus der Stadtcasse und aus dem Armenfond dazu ge leistet würde, indem, wie zu hoffen steht, der bei weitem größere Theil von hiesigen wohlhabenden und in der Mehrzahl sehr mildthätigen Familien durch monatliche freiwillige Beiträge gewiß sich decken läßt. Damit aber auch die wohlgemeinte Idee streng durchgeführt und dabei aller nur denkbarer Eigennutz entfernt würde, müßte allerdings ein Comito zusammentreten, die Anstalt sorgfältig leiten und überwachen, auch die Lage der bedacht wer denden Hülfsbedürstigen genau prüfen. Schließlich noch ein hiermit in Verbindung stehen der Vorschlag. Den Erfahrungen zu Folge möchte es hierorts auch rathsamer sein, die Armencassen- Beiträge durch Zuschlag zu der Gewerbe- und Personalsteuer, nämlich den dritten oder vierten Theil oivea nach Beschaffenheit des Bedarfs zu normiren, damit es vermieden werde, daß Wohlhabende mit unter mit ganz unverhältnißmäßig niedrigen Bei trägen durchschlüpfen, damit ferner Mittel vorhan den sind, dem Bedürftigen und verschämten Armen künftig eine kräftigere Unterstützung zu gewähren, und dabei zugleich auch der die Mittel zersplitternde Einsammlungs-Aufwand, ingleichen das zu nach- sichtsvoll gestattete Restbleibcn der Beitrage ver mieden werden kann. Allbekannt ist es zwar, daß nicht alle Samen körner fruchtbringend sind; gebe jedoch die Vor sehung, daß wenigstens einige Worte von diesem Aufsatze in einem fruchttragenden Boden Wurzel fassen mögen. n. In dem im vorigen Wochenblatte erschienenen, mit „Oertliches" bezeichnetem zweiten Aufsatze sind einige Punctc berührt, die wohl einer Frage wcrth sind. Wenn nach einem höchsten Orts im Jahre 1807 neu revidirten Regulativ der Preis des Brodgewichts von Groschen zu Groschen auS- geworfen ist, wie kommt es, daß in Dresden, Meißen, Oschatz, Lommatzsch, Chemnitz und selbst in Altenberg, in welchem letztem Orte das Korn vielfach aus Radeburg erst bezogen wird, wie kommt es, daß in genannten Srädten Las Gewicht eines Fünfneugroschen - Brodes bis über ein Pfund