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Tageblatt. y<t.' Amtsblatt dtS Kgjl. Bezirksgericht- zu Freiberg, sowie der Kgl. Gerichtsämter u. der Stadträthe zu Freiberg, Sayda u. Brand. Erscheint jeden Wochentag ftuh » N FO NH Inserate werden bi» Nachm. L Uhr DoNNtrstaa, dtN SS. JaNUttr > für die nächste Nr. angenommen. Pret« vierteljährl. 20 Ngr. Inserat, werden die gespaltene Zeil« oder deren Raum mit S Pf. berechnet. 1868 Tagesgeschichte. Berlin, 21. Januar. Ueber die erste Scheidung der Parteien im preuß.Abgeordnetenhause schreibt „der Bote vom Niederrhein": „Die Parteien haben sich gemessen; die Frage der Budgetberathung i,r entschieden und es hat sich gezeigt, daß weitaus die Mehrheit des Abgeordnetenhauses aus Gothaern besteht. Graf Schwerin will keine Ueberstürzung, Gneist wittert einen extremen Schritt in dem Antrag auf Vorberathung, und Waldeck — nun, weshalb sollen wir Waldeck nicht in dieser Gesellschaft nennen? Waldeck meint, es sei Alles in Ordnung, es stehe vortrefflich, und sei gar kein Grund, anders zu verfahren als früher. Atan muß dem Alten lassen, daß er konsequent ist. Er hat immer gewünscht, daß der Conflict „chronisch" (^dauernd) würde, und er hat stets die Ansicht vertreten, daß nur durch einen jahrelangen Kampf um die Ver fassung das Bewußtsein der Volksrechte tief genug in das Volk dringen könnte. Waldeck ist ein unverbesserlicher Doktrinär; er sicht und hört nichts von dem, was im Lande vorgeht — Beweis: seine Rede in der CoalitionSfragr und sein Verhalten in der schle- wigcholsteinischen Angelegenheit. Da hat er gut consequent bleiben. Mit all seiner Consequenz war er eben doch früher Demokrat und ist jetzt Gothaer, weil die Anwendung desselben politischen Lehrsatzes auf verschiedene Verhältnisse eine ganz verschiedene Bedeutung hat. — Löwe hat die Lage des Landes am richtigsten bezeichnet, aber man begreift nicht, wie ein Mann bei so klarer Einsicht immer noch hoffen kann, mit der bürgerlichen Aristokratie ans Ziel zu kommen. Löwe hat das große Wort gesprochen, daß die Abgeordneten jetzt „ihr Testament machen"; die Herren haben aber vergessen, für einen Executor zu sorgen." — „Lasset die Todten ihre Todten begraben I" — In Bezug auf das dem Abgeordnetenhause vorgelegte Bud get für 1866 schreibt die „Lib. Corr.": „Die Einnahmen sind nach der Vorlage um etwa 6'/, Millionen gegen das Vorjahr höher angesetzt, also um etwa 4 gestiegen, eine Steigerung, welche höchst erfreulich wäre, wenn sie sich gleichmäßig in allen Zweigen der Einnahmen bemerkbar machte. Aber um diese Steigerung zu be wirken, finden wir im Etat unter anderm einen Posten von etwa 1'/« Millionen, welcher aus dem Verkauf des Rechtes auf Einlö sung der Köln-Mindener Eisenbahn-Actien herrührt, eine Einnahme, welche, abgesehen von der rechtlichen Seite der Frage, wegen des Verkaufes dieses Rechte», doch unmöglich zu den laufenden regel mäßigen Einnahmen gezählt werden kann. Wollte man sie zu den regelmäßigen Einnahmen zählen — und die schnell mit den Ein nahmen gestiegenen Ausgaben lassen so etwas fast fürchten — so würde darin der Beweis liegen, daß man mit solchen Verkäufen fortfahren wolle, d. h. daß man Jahr für Jahr den Beweis an treten wolle, die regelmäßigen Staatseinnahmen seien nicht ausrei chend zur Deckung der durch die Militär-Reorganisation erhöhten AnSgaben. In gleicher Linie mir diesem Einnahmeposten steht offen- bar die Mchreinnahme von mehr als einer Million durch erhöhte Einnahme ans den Forsten. Eine solche Steigerung kann natürlich nicht allein in dem Steigen der Holzpreise ihre Begründung fin den, sondern kann in dieser Höhe nur herbeigeführt sein durch eine vermehrte Ausnutzung der Forsten, ein Mittel, welches ganz un zweifelhaft eine noch weitere Ausdehnung zuläßt, aber doch auf die Dauer sich nicht wird anwenden lassen, indem ja die Wälder auch schließlich zu Ende gehen. — Der Handelsminister hat kürzlich Anlaß genommen, die Instandsetzung der öffentlichen Wege anzuordnen. Auf Grund jener allgemeinen Anordnung hat nun die Regierung zu Potsdam eS den Landräthen zur besonderen Pflicht gemacht, dahin zu wirken, daß dem immer bestimmter und entschiedener hervortretenden Bedürf nisse zur Beschaffung ausreichender und tüchtiger CommunicationS- mittel nach Möglichkeit Genüge geschehe. Die Wegebauten müssen nicht nach gelegentlicher Anregung oder örtlichem Interesse, sondern im Ganzen aufgefaßt und nach einer bestimmten, regelmäßig ge handhabten Ordnung betrieben werden. Bei dem noch immer vor handenen Mangel einer allgemein giltigen gesetzlichen Wegeordnung sind solche Einzelmittel immer anzuerkennen. — Das Obertribunal hat neuerlich den für die Gastwirthe und das reisende Publikum gleich wichtigen Rechtsgrundsatz festge stellt: „Der Gaftwirth, welcher durch einen Kutscher (gleichviel ob er ein Lohnkutscher oder ein in festem Dienstverhältnisse stehender ist, der mit dem eigenen Gespann des Gastwirths fährt) Reisende und deren Gepäck nach seinem Gasthause fahren und sich dafür Fahrgeld von demselben zahlen läßt, hastet nicht allein als Fuhr- herr, sondern auch als Gaftwirth, und zwar von dem Augenblick der Uebergabe der Sachen an den Kutscher, nicht erst von dem Au genblicke an, in welchem die Sachen in das Gasthaus gebracht find." Halle. Nach amtlicher Feststellung beträgt die Zahl der Studirenben auf hiesiger Universität im gegenwärtigen Winter semester: in der theologischen Facultät 362; in der juristischen 53; in der medicinischen 114; in der philosophischen 301. Bei der' ' letzteren dürften etwa 112 der Landwirihschaft Beflissene zu notiren sein. Da außerdem Pharmaceuten und Hospitanten die Universität besuchen, nehmen im Ganzen an den Vorlesungen 855 Hörer Theil. Aus Hohenelbe wird der „Reichend. Ztg." geschrieben, der Mangel an Flach« infolge der geringen Flachsernte zwinge die größern Spinnereien der hiesigen Gegend, ihre Thätigkeit zu be schränken und die Arbeitskräfte zu vermindern. Die Oberhohen« elber Etablissements stehen auf dem Punkte, von ihre» nahezu 3000 Arbeitern mindestens ein Drittheil zu entlassen. Auch sei eine Arbeitseinstellung der im hiesigen Gebirge so zahlreichen Leineweber unvermeidlich, weil die hohen Garnpreise gegenüber den durch die auswärtige Concurrenz äußerst gedrückten Preisen für die fertige Waare den ohnehin sehr geringen Verdienst nahezu gänzlich aufheben. München. Se. Majestät der König hat an die Wiitwe de» Staatsminister« v. Koch das nachfolgende allerhöchste Handschreiben zu richten geruht: „Frau Ministerin v. Koch! Mit herzlicher Theilnahme habe Ich von dem Hinschtiden Ihres Gemahl-, des Staatsministers v. Koch, ge hört. Den Verlust, welchen nicht bloS seine Familie, sondern auch die Krone und das Vaterland durch dessen srühen Tod erlitten haben, weiß Ich in seiner ganzen Bedeutung zu würdigen. Ich erkannte sehr wohl die guten und treuen Dienste, welche Ihr Gemahl Meinen Vorfahren auf dem Throne gleich wie Mir selbst geleistet hat, und hegte große Hoffnungen von ihm noch für eine serne Zukunft. Mögen Sie und Ihre Kinder in dem Bewußtsein, daß der Verewigte allseitig geehrt war und das Vertrauen aller Vaterlandsfreunde genoß, einen wirksamen Trost finden. Mit den Gesinnungen besonderer Wertschätzung ver bleibe Ich Ihr gnädiger König Ludwig.", Altona, 22. Jan. In einem Schreiben an da» Perleberger KreiSgericht sührte der Redacteur Herr Mah an, daß er zu Ende des Monats October Bürger in Altona geworden sei und auch unter Zurücksendung seines HeimathscheineS auf Grund de» ver fassungsmäßigen Rechtes jedes Preußen zur Auswanderung seinen Austritt aus dem preußischen Staatenverband angezeigt habe; dem gemäß betrachte er das Perleberger KreiSgericht nicht mehr al» seine kompetentes Gerichtsbehörde, und sei auch nicht in der Lage, zur Vernehmung persönlich in Perleberg zu erscheinen. — Der auf den 23. Jan. anberaumt gewesene Verhandlungstermin des Berliner Kammergerichts ist nun auf den 29. Januar verschoben worden.