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chönburaer Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn» und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster» scheinend- Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. —— und aldenburger Anzeiger. Amtsblatt für de« Aadlnth j« Watdmdirg. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Här-tig, Mandelgaffe; in Nochsburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. 8. Dietze, in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Calluberg rmd in dm Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. 154. 1LL7. Donnerstag, de» 7. Juli Witterungsaussichten für den 7. Juli: Windrichtung um Nordwest. Veränderliche Bewölkung ohne wesentliche Niederschläge. Temperatur wenig verändert. Barometerstand am 6. Juli, nachmittags 3 Uhr: 762 mm. Nutz- und Vrennholz-M auf Nie-erwaldenburger Revier. Es sollen Mittwoch, den irr. Juli 1887, von Vormittags i) Uhr an in der Biehler'schm Restauration in Altstadt-Waldenburg die im Forst, Naundorf und Callenberger Holz aufbereiteten Nutz- und Brennhölzer u. z. 1 eichener Stamm von 16 cm Mittenstärke, 2 eichene Stämme von 30 u. 34 279 fichtene, 4 kieferne Stämme von 10—15 om Mittenstärke, 77 - 2 - - - 16—22 - 14 - 1 - - - 23—35 - - 2 eichene Klötzer von 14 und 34 ein Oberstärke und 4 Meter Länge, 1 kieferner Klotz von 31 ein Oberstärke und 4 Meter Länge, 110 Stück Nadelholzstangen von 3—4 om 125 - - - 5—6 - 135 - - - 7—9 - 140 - - - 10-12 - 65 - - - 13—15 - 9 Rmtr. Laubholz-Brennscheite, 13 - Nadelholz- - 1 - Laubholz-Brennrollen, 31 - Nadelholz- - unter den üblichen Bedingungen versteigert Unterstärke, 30 Rmtr. weiche Stöcke, 2,oo Wellenhundert Laubholzreißig u. 47,7o - Nadelholzreißig werden. Fürstliche Forstverwaltung Niederwaldenburg. "Waldenburg, 6. Juli 1887. In ganz Europa werden die Enthüllungen des jetzt in Leipzig sich abspielenden Landesverrathsprozesses starres Erstaunen Hervorrufen. Wenn der Eifer der Kriegsverwaltung, auf dem Laufenden über die Rü stungen der Nationen zu bleiben, die Grenze des Zu lässigen auch schon früher nicht immer eingehalten ha ben mag, so ist die offene und unverschämte Verach tung alles gesetzlich und international Zulässigen doch noch niemals in einer Weise betrieben worden, wie dies nach den Behauptungen der Anklage und dem Ge- ständniß des Angeklagten Klein von einer Anzahl offi- cicller französischer Persönlichkeiten hier geschehen ist. Vom Standpunkt dieser Enthüllungen angesehen, ge winnt der Fall Schnebele rückwärts ein ganz neues Gesicht, und man kann nur die Mäßigung bewundern, mit welcher die deutsche Regierung die Grenzen for mellen internationalen Rechtes streng einhaltend, den in ihre Hand gerathenen Anstifter zum Landesverrath wieder zurückgeliefert hat. Es wird nunmehr klar, welche ernsten Zweifel sich bei der deutschen Regierung erheben mußten, ob diese Auslieferung auch opportun sei. Denn die Verletzung des internationalen Rechtes und des internationalen Anstandes Seitens der franzö sischen Behörden war durch die Verwandlung des Schnebele und seiner Spezialkollegen aus Grenzbeam ten in systematische Spione so weit gediehen, daß die Frage auftauchen mußte, ob hier anders als mit Re torsion geantwortet werden konnte. Nichtsdestoweniger wird die moralische Verurtheilung, welche den Obersten im französischen Kriegsministerium und die von ihm verwendeten französischen Beamten als offene Anstifter zu Verbrechen treffen wird und muß, genügen, um vor ganz Europa einen Sachestand aufzuklären, den man von Frankreich aus mit allen Mitteln der Täuschung zu verschleiern bemüht ist. Man darf es als die Spitze der Unverfrorenheit be zeichnen, wenn eine Regierung, welche zum Schaden einer benachbarten und „befreundeten" Macht die Ver leitung zum Verbrechen der Spionage und des Ver raths officiell betreiben läßt, durch ein sogenanntes Spiongesetz den Anschein zu erwecken sucht, als sei sie die von allen Seiten bedrohte und ausgekundschaftete, die sich im Stande der Nothwehr befinde. Die sich häufenden und in ihrer Tragweite verstär kenden Prozesse wegen Landesverraths, die immer auf's Neue auf die französische Regierung Hinweisen, haben eine sehr ernste Seite; sie beginnen bereits hart an das zu streifen, was eine Regierung von der anderen sich noch bieten lassen kann. Auch die erbittertsten Feinde Deutschlands werden zugestehen müssen, daß die Verantwortlichkeit für diese Lage Frankreich allein voll und ganz trifft. Wir müssen voraussetzen, daß die französische Presse wieder Alles aufbieten wird, um das französische Volk über die Natur der so ge schaffenen Lage und den Zusammenhang der Vorgänge zu täuschen. Wir können aber nur den dringendsten Wunsch hegen, daß es der französischen Regierung be lieben möge, auf das rascheste und gründlichste mit einem System zu brechen, das geeignet ist, die Welt von einem Tag zum andern vor die ernstesten Con- sequenzen zu stellen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm, der am Montag Abend unter lebhaften Ovationen von Berlin abgereist war, ist : Dienstag Mittag in Ems wohlbehalten angekommen. Da jeder offizielle Empfang verbeten war, wurde der Kaiser nur vom Kammerherrn und Badecommissar von Legel begrüßt und fuhr dann mit seinem Gefolge s sofort in die Stadt, die festlich geschmückt war. Das - Aussehen des Kaisers ist ein gutes. Die Wohnung ! des hohen Kurgastes befindet sich wie immer im Kur- s Haus. Nachmittags erschien der Kaiser wiederholt am ' Fenster und wurde lebhaft begrüßt. Um '/r4 Uhr trafen aus Koblenz die Kaiserin und Prinz und Prin zessin Wilhelm zum Besuch in Ems ein. Wie aus Gastein gemeldet wird, sieht man dort nach neueren Festsetzungen der Ankunft des Kaisers Wilhelm schon am 19. Juli entgegen. Der Kaiser verbleibt acht bis zehn Tage in Ems, ohne eine regel mäßige Kur zu gebrauchen und reist dann über Koblenz, Mainau, durch Bayern nach Gastein. Für den Sep tember ist auch in Danzig der Besuch des Kaisers angesagt. Der BundeSrath wird in dieser Woche noch zwei Sitzungen abhalten und dann die Ferien be ginnen. Es scheint noch eine ganz neue Orientfrage auf tauchen zu wollen, nämlich eine Theilnahme Italiens an der Occupation von Egypten, im Falle die englisch türkische Convention scheitern sollte. Schon zu Ende der vorigen Woche hieß es, es sei hierüber eine be stimmte Vereinbarung zwischen Rom und London ge troffen, und jetzt behaupten französische Blätter dies mit aller Bestimmtheit und zugleich großer Entrüstung. Das Journal „Paris" schreibt, ein solches Vorgehen Italiens dürfte jedoch Verwicklungen und vielleicht so gar Gefahren nach sich ziehen. Italien biete keine Garantie für seine Unparteilichkeit. Nur Spanien könne eine Theilnahme an der Besetzung Egyptens zu gestanden werden, da dasselbe in Wahrheit neutral sei. Es heißt übrigens, zwischen England und der Türkei sei ein geheimer Vertrag abgeschlossen. Der Sultan erhalte die verlangten Garantieen und genehmige da für die Convention über Egypten. Bei der am Dienstag im Hochverrathsprozeß vor dem Reichsgericht in Leipzig erfolgten Fortsetzung der Beweisaufnahme beschuldigte Zeuge Lauffenburger, der frühere Compagnon Greberts, den Letzteren, dem Angeklagten Klein wenigstens bei der Zeichnung von einem Panzerthurm in Straßburg geholfen zu haben. Frühere weitergehende Beschuldigungen gegen Grebert nahm Lauffenburg zurück, gab aber zu, von Klein eine ZeiHmng an den französischen Grenzcommissar Fleuriel überblatt und von diesem Geld für Klein erhalten zu haben. Der Zeuge Ließseld hat von Lauffenburger erfahren, daß Klein und Grebert Deutschland gegen über Verrätherdienste leisteten. Lauffenburger erklärte, er habe keine Anzeige erstattet, weil ihn die Familien der Angekagten gedauert hätten. Der Geschäftsführer Grebert's sagte aus, Grebert habe eine verdächtige eiserne Kassette beseitigt. Grebert behauptete den Be lastungszeugen gegenüber, diese sagten nur aus Rach sucht so aus. Im Laufe der Verhandlung traf die sensationelle Meldung ein, daß sich der Zeuge Haas, welcher verdächtig ist, einen Helfershelfer Greberts zur Flucht und zu einer falschen Aussage verleitet zu ha ben, in dem von ihm bewohnten Leipziger Hotel er hängte. Die Vernehmung der militärischen Sachver ständigen folgte sodann in geheimer Sitzung. Mittwoch wird die Verhandlung fortgesetzt. Das vom Reichstage beschlossene Arbeiterschutz gesetz scheint die Zustimmung des BundeSrathes nicht finden zu sollen. Es wird in dieser Sache geschrieben: Die Beschlüsse des Reichstages zur Arbeiterschutzfrage waren ohne Zweifel von einer arbeiterfreundlichen Ge sinnung dictirt; man hatte sich redliche Mühe gegeben, unter Ausscheidung extremer Forderungen ein leidliches, brauchbares, positives Resultat zu erzielen. Es ist aber aus den Kreisen der praktisch in der Industrie Stehenden unschwer der Beweis erbracht worden, daß jene Beschlüsse in vielen Punkten theils wirkungslos, theils von so erheblichen pekuniären Nachtheilen für die Arbeiter selbst begleitet sein würden, daß sie die Ar beiter weder befriedigen, noch zu deren Wohle gereichen würden. In Hamburg ist, wie der „Voss. Ztg." mitgetheilt wird, eine größere Sendung socialdemokratischer Druckschriften von der Polizei mit Beschlag belegt worden, gerade als sie nach Berlin befördert werden sollte. Die Kiste wog 15 Centner und enthielt u. A. 100 Exemplare des bekannten Bebelschen Buches „Das Weib in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft"; 800 socialdemokratische Liederbücher und einen Posten