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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumerationv - Preis 22z Silbergr. (5 Thlr.) vierteljährlich, Z Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. agazLN für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Ve t u. Comp., Iägerstrafie Nr. 25), so wie von allen König!. Bosl - Acmtern, angenommen. Literatur des Auslandes. »4/ 104. Berlin, Donnerstag den 29. August 1844. Holland. Holländische Marinebilder. Don Heinrich Smidt. N. Die Schlacht vor Kronbvrg") (8. November ZK58.) Eine frische Kühlte wehte am Morgen dcö genannten TagcS, der Zeuge einer furchtbaren Seeschlacht werden sollte. Der Himmel war einförmig grau und daü Wasser im Sunde in bedeutender Aufregung. Auf den Wällen der Festungen Kconborg und Hclsingborg, welche sich an der schwedischen und dänischen Küste drohend gegenüber liegen, damals aber mir einem Herrn ge horchte», war eine lebhafte Bewegung; namentlich am erstgenannten Orte, wo die unmittelbare Anwesenheit des Königs Alle zur erhöhten Thätigkcit trieb. Die schwedische Flotte, achtunddrcißig Schiffe stark, unter den Befehlen des ritterlichen Admirals Gustav Wrangel, lag eine halbe Meile abwärts, und der ihr scharf entgegenstchende Wind verhinderte sie, auf die Holländer cinzu- segeln; sie mußten diese herankommen lassen. Die Holländer setzten unaufgchaltcn ihren Weg fort. Mit einfach ge refften Toppsegeln schossen die Schiffe, welche die Vorhut der Flotte bildeten, heran, und ungefähr um acht Uhr früh befanden sie sich den Festungen gegen über. Der Führer dieser Abthcilung, Vice-Admiral Pieter Floriffon, hatte die drohende Gefahr wohl erwogen und suchte sie so viel als möglich unschädlich zu machen, indem er den Befehl ertheilte, genau die Mitte deck Sundes zu halten, wobei er indessen nicht ganz verhindern konnte, daß Wind und Strö mung ihn mehr nach der dänischen Seite zu trieben. „Seht einmal, Vater Knudsen", sagte ein junger Soldat zu einem alten Artilleristen, der gegen seine Kanone lehnte und nicht sonderlich auf das achtete, was um ihn her vorging, „seht einmal die Menge Offiziere an, die hick den Wall hcrauskommcn. Das hat etwas zu bedeuten!" „Was gcht's mich an?" brummte der Alte. „Swenn! dummer Junge, laß mich zufrieden! Ich habe cS Dir heute Morgen schon einmal gesagt. Ich bin bei meiner Kanone alt und grau geworden, und kenne kein ander Geschäft, habe keine andere Freude, als sie zu laben und abzuprotzen. Nun, geladen ist sie, und losbrennen werde ich, wenn cs besohlen wird." „Aber wenn Ihr die Kanone abfcuert, fliegt doch die Kugel irgendwo hin, und wo sie hinflicgt, richtet sie Schaden an, und man denkt doch auch ein Bischen an den Schaden, den man verursacht. He?" „Halte das Maul mit Deinem Wischiwaschi!" entgegnete scheltend der Alte. „Ich habe keine Lust, Schaden anzurichtcn oder zu verhüten; ich brenne meine Kanone ab, wenn eS befohlen wird. Hast'n Schluck?" „Hier, Vater Knudsen, habt Ihr meine Ration! Ich habe keine Freude am Branntwein. Trinkt ihn aus, und laßt ihn Euch etwas milder stimmen. Ihr müßt nachdenken, was Ihr thut, so lehrt's der Regiments-Schulmeister, der zu mir gesagt hat, ich sey ein offener Kopf." „Laß mich zufrieden, Swen». Ist Dein Kopf offen, so laß ihn verbinden. Du verleidest mir den Branntwein. Ich habe nicht zu denken, ich habe nur loSzubrcnncn." „Und thut's Euch nicht leid, daß Ihr im Handumdrehen Menschen und Vieh, Schiffe und allen Teufel in Grund und Boden zusammenschießt? Man muß doch ein Einsehen haben, wenn man an seine Nebenmcnschcn denkt." „Ich habe keine Nebcnmcnschen zu bedauern", sagte Knudsen beharrlich, „ich habe mir eine Kanone zum losbrennen." „So seht doch nur das Schiff da mit der schönen rothen, weißen und blauen Flagge; es glänzt, trotz der trüben Luft, wie Gold und ist von oben dis unten mit schneeweiße» Segel» bedeckt. ES geht so still und ruhig durchs Wasser, als ob's niit der See und dem Sturm nichts zu thun hätte. Mir lachtS Herz in, Leibe, wenn ich es ansche, und ich danke Gott, daß ich nicht Kanonier bin, denn ich könnte es nicht über mich gewinnen, darauf zu schießen." Nach diese» Worten wandte der junge Soldat sich erschrocken um, denn er fühlte eine gewichtige Hand aus seine Schulter fallen. Er sah einen Mann vor sich stehen von hoher Gestalt, der ihn mit blitzenden Augen ansah: „Was ist das? Kannst keine Kanone adfeucrn? Bist Du ein schwedischer Soldat?" Der junge Mensch war in die Knice gesunken und sagte, heftig zitternd : „Ach Gott! Herr König! Ich kann Alles, ja! Ach, laßt mich nur nicht nicdcr- schießen! Ach Gott! Ach Gott!" -) I. S. in Nr. Ivr des Magazins. „Fort!" herrschte der König, und Knudsen, der sich ein wenig umgedrcht hatte, riß den jungen Mann vom Boden auf, schob ihn beiseite und sagte dann: „Halten zu Gnaden, Herr König! Ich bi» hier für das Losbrcnnen hergestellt." „Warte noch!" befahl Karl Gustav, „die Kugel kommt sonst zu früh! — Hier, Ihr Herren!" wandte er sich an die Offiziere seines Gefolges, „hier müßt Ihr Euch aufstellcn. Von diesem Punkte aus könnt Ihr das ganze Schauspiel übersehen. Dort sind die Holländer, ci^s, zwei, drei, zehn Stück nach einander; die übrigen lassen sich Zeit, können nicht schnell genug hinter den; Lap hervortommen. Aber nun wird cs Zeit, den Herre» da unte» einen Gruß zu bieten und meine» Bruder Frederik i» Kopenhagen aus dem Schlaf zu wecken. An die Geschütze!" „Soll ich t" sagte Knudsen und hob die Lunte in die Höhe. „Freilich! — Her mit der Lunte! Frisch, meine Herren, ich gehe Euch mit einen; guten Beispiel voran ; thut mir Bescheid!" Uns der König nah»; dem alten Kanonier die Lunte aus der Hand und feuerte selbst das erste Geschütz ab. „Da!" ries der König laut, als er die Wirkung des von ihn; abgefeuerten Schusses sah, der einige Risse ii; dem Takelwcrk dcS holländischen Admiral- SchiffeS machte, „ich sehe, Dein Geschütz war gut gerichtet, Alter! Laß Dir von meinen; Adjutantcn einen Bankothalcr zur Ertra-Ration reichen. Graf Magnus de la Gardie, beliebt's Euch, näher zu tretcn?" Der aufgcrufene Offizier trat näher und empfing die Befehle des Königs, während die übrigen Herren des Gefolges sich ehrerbietig zurllckzvgcn. Unter dessen donnerten die Kanonen der Eitadcllc unaufhaltsam, die Geschütze von Hclsingborg antworteten, und mitten durch diesen Kugelregen segelte die Flotte der Holländer, den schwedischen Schiffen entgegen, die sich in einen Halbmond ausgestellt hatten und sich zum Empfange rüsteten. Der König entließ jetzt den Grafen Magnus, und dieser eilte weiter, um die Befehle seines Gebieters zu erfüllen. Karl Gustav ging bis zu den; höchsten Punkt des Walles, und trat erstaunt einen Schritt zurück, als ihn; von der an deren Seite eine Dame entgegen kam. „Sehe ich recht?" rief der König angenehm überrascht. „Ew. Majestät wagen sich bei so früher Tageszeit in diese feuchte Winterluft? Haben Euch die Kanonen geweckt^ Ich bin untröstlich, Euch auf eine so rauhe Art aus Euren Morgcnträumen aufgescheucht zu haben." „Ich komme, mein Gemahl", entgegnete die Königin, „um Zeugin des großen Schauspiels zu scpn, bas Ew. Königliche Majestät hier im Angesicht zweier Völker ausführt, und habe zugleich die Bitte auözusprechcn, daß es Ihnen gefallen möge, dem Ritter, der mich so treu hierher geleitet hat, cincn kleinen Theil der Ausführung zu übertragen." Der Prinz von Holstein-Gottorp, der bescheiden zur Seite getreten war, näherte sich jetzt und sagte mit einer Verbeugung: „Gebieten Sie, Sire! wohin ich mich begeben soll." „Ich dachte", antwortete der König mit leichtem Stirnrunzeln, „weil ich Euch nicht in meinem Gefolge fand, Ew. Liebden hätten cs vorgezogen, nur die Ehre des Tages allein zu überlassen. Die Posten sind alle besetzt." Der Prinz entfärbte sich; die Königin aber fiel rasch ein: „Urtheilen Ew. Majestät von der Anhänglichkeit des Prinzen an unser Haus; er wußte das Loos, das ihn treffen würde, und wankte doch nicht in der Rittcrpflicht, die er mir gewidmet." „Wenn eS so steht, kann ich de» Prinzen nur bitten", sagte der König, „sich, sobald er seine Pflicht gegen Ihre Majestät erfüllt hat, zu mir zurückzu begeben, und ai; meiner Seite die Geschicke dieses TagcS zu erwarten. Wir werden wohl bei einander auöhaltcn, denke ich!" „Im Leben und im Tode!" entgegnete rasch der Prinz. Der Donner der Geschütze verstärkte sich von Augenblick zu Augenblick, aber der Schade, den sie anrichtctcn, war nur gering. Die Kanonen, welche auf der schwedischen Seite abgcfeucrt wurden, blieben ganz wirkungslos, die Kugeln reichten nicht herüber, und die Geschütze von Kronbvrg vermochten ebenfalls nicht, den niederländische» Schiffen bedeutend zu schaden, geschweige ihre Fahrt zu hemmen. Mit zusammcngckniffcnen Lippe» sah der König dic- fcm Zuge nach, zu Zeiten ein flüchtiges Wort an die Königin, oder an de» Prinzen von Holstein richtend, ward aber immer einsilbiger, da ihn; sein Plan ganz zu mißlingen schien; war auch ein Sicg zu hoffen, so mußte er die Ehre des Tages seinem Admiral überlassen. Als er den; Prinzen einen Wink gab, die Königin in das Innere der Festung zurückzuführen, war auch die letzte Hoff nung verschwunden. Schon war die erste Abthcilung der Flotte, unter Pieter Florisson'S Ve-