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Bezugspreis: AuSgabe 4 mit 2 Beilag n vlertcljöbrlich S,I« >e. In Dresden durch Boten 2.10 ^ In ganz Deutschland frei Haus 2.K2 -«! in Oesterreich 1, t!t X. AuSaabe « nur mit Feierabend viertel,ährlich I.tsO In Dresden durch Boten 2, lO^t. In ganz Deutschland frei Haus 2,22 in Oesterreich 4,0- u. — Sinzci-Nr. 10 ü. Nedaktions-Sdrechstunoe, 10 bis 11 Uhr vormittags. Für Rück ade eingcsnudter Schriftstücke macht sich die Redaktion „Echt verbindlich! Rücksendung crsol't, wenn Rückporto bei- gcsiigt ist. Brieflichen Anfrage» ist Antwortsporto betzufügen. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Ui,t«rh«,ltui,s»beilage Die illustrierte Zeit und SonntagL-eilage Feierabend Anzeigen! Annahme von GeschästSanzeigen bis 10 Uhr. von Familien anzeigen bis 12 Uhr. Preis für die Petit Spallzcile 20 im Reklameteil 00 Für undeutlich geschriebene, sowie durch Fernsprecher auf- gegebene Anzeigen können wir die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit des Textes nicht übernehmen. Geschäftsstelle und Redaktion Dresden, Holbetnstratze 4S Nr. 221 Erscheint nachm. 4 Uhr Freitag, den 27. September 1912 Fernsprecher 1366 11. Jahrg. GGOOGO»OOO«GGGOGGGGO Aie Geschäftsräume der Saxonia- Buchdruckerei und Sächsischen Oolkszeitung befinden sich jetzt Holbeinstrafte H6. GOOO»OSOOOOVSGOG«»»O ^ Zum Geburtenrückgang in Sachsen. Mit Recht wird in Nr. 216 getadelt, daß in der sozial demokratischen „Dresdner Volkszeitung" der in Sachsen besonders stark Hervortretende Geburtenrückgang als ein Anzeichen kulturellen Aufstieges gepriesen wird. Wir Ka tholiken wenigstens verstehen unter kulturellem Ausstieg etwas anderes und sind davon überzeugt, daß die sehr be dauerliche Tatsache nicht nur vom moralischen Standpunkte aus zu verurteilen ist, sondern auch aller Erfahrung gemäß einen zunächst zwar langsamen, aber dafür todsicheren Niedergang der Nation bedeutet. Es ist nun ja nicht allzu sehr verwunderlich, daß die Sozialdemokratie derartigen ims unbegreiflichen Anschauungen huldigt. Sie betrachtet nun einmal die Frage, die auch volkswirtschaftlich von so großer Bedeutung ist, von einem rein materiellen Augen blicksstandpunkte aus. Was soll man aber dazu sagen, wenn sich die sozialdemokratisch Presse auf die Aus führungen eines hohen sächsischen Beamten stützen kann? In der „Zeitschrift des Königs. Sächsischen Statistisehn Landesamtes" werden zn der Frage Grundsätze entwickelt, die, milde gesagt, sehr eigenartig genannt werden müssen. In einem Artikel deS neuesten Heftes der genannten Zeitschrift wird zunächst voni Regierungsrat Dr. Würz- burger auSgeführt, daß in dem industriellen Sachsen der Geburtenrückgang größer ist als der Gesamtdurchschnitt des Reiches. Seit dem Jahre 1906 etwa ist in Sachsen die Ziffer der auf 1006 Einwohner kommenden Lebendgeburten von Jahr zu Jahr stetig gesunken. Sie bewegte sich vom Jahre 1827 an, wo die vergleichbaren Nachweisungen be ginnen, bis Ende deS 19. Jahrhunderts nm 40. Seitdem ist sie aber bis zum Jahre 1910 auf 27 herabgesunken. Der Rückgang ist also geradezu ein rapider. Nun ist bisher allerdings noch kein Bevölkerungsrückgang eingetreten, denn der Geburtenüberschuß betrug in den Jahren 1905 bis 1910 immer noch durchschnittlich 60 000 aufs Jahr. Herbeigeführt wurde dieser Erfolg bekanntlich durch eine wesentliche Verminderung der Sterblichkeit, besonders auch der Säuglingssterblichkeit als Folge der vortrefflichen hygienis che n Maßnah men. Im Anschluß an diese an und für sich ja zutreffenden Zahlen werden nun aber von Dr. Würzburger Grundsätze entwickelt, die doch sehr bedenklich sind. Es heißt da, ein jäbrlickser Geburtenüberschuß von 60—60000 in dein kleinen Gebiete Sachsens fei so groß, daß die Klagen darüber, daß er nickst noch größer sei, kaum verständlich feien. Es habe gar nichts zu bedeuten, daß die Bevölkerungszunahme im Verhältnis zur jeweiligen Bevölkerungszahl immer ge- ringer werde. Die GeburtSfähigkeit sei ja nicht znrück- gegangen. Nur die Verringerung der Fälle besonders großer Kinderzahl und die Vergrößerung des zeitlichen Zwischenraumes zwisck>en einer Entbindung mrd der nächsten habe den Rückgang herbeigeführt. Dieser werde aber durch die Erhöhung der Lebensfähigkeit zu vier Fünfteln wieder aufgehoben. Auch für die Zukunft werde eine weitere Abnahme der Geburtenziffer nur wohltätig wirken, denn für den dadurch herbeigeführten lveiteren Rückgang der Sterblichkeit gebe es keine „absehbaren Grenzen". Ueber derartige Anschauungen Lars man doch höchlichst verwundert sein. Zunächst enthalten sie ja eine volle Ver schiebung des Standpunktes. Alle, die in dem Geburten rückgang eine große Gefahr für Las gesamte Volksleben erblicken, führen ja nicht Klage über den glücklicherweise noch bestehenden Geburtenüberschuß, sondern über die Tatsache des rapiden Geburtenrückganges in verhältnis mäßig kurzer Zeit. Er läßt auf ein Sinken des sittlichen Bewußtseins im Volke schließen und muß auch mit der Zeit ohne Zweifel einen Stillstand in der Bevölkerung-szunahme herbeiführen. Jeder wahre Volksfreund wird aber beide Erscheinungen tief beklagen. Als ein großer Irrtum muß es bezeichnet werden, wenn behauptet wird, die Abnahme der Sterblichkeit habe keine absehbaren Grenzen. Zweifel los muß in dieser Hinsicht einmal eine Grenze eintreten, während erfahrungsgemäß der Rückgang der Geburten, wenn das Nebel einmal im Volke eingerissen ist, immer mehr zuzunehmen pflogt. Die Ausführungen des Regierungsrates Dr. Würz burger sind daher recht bedauerlich. Sie können nur Ver wirrung herbeiführen. Man sieht ja bereits, wie sie von der sozialdemokratischen Presse ausgenutzt werden. Mit einem gewissen Rechte sogar kann sie aus dem Artikel hcrauslesen, auch die Statistik gebe ihren Anschauungen recht und betrachte den Geburtenrückgang, als ein Anzeichen kulturellen Aufschwunges. Ganz abgesehen von den sitt> lichen Verirrungen, die durch derartige Meinungsäuße rungen herbeigeführt »verden können, sollte man es doch vermeiden, der Sozialdemokratie bequeme Handhaben für ihre veNoerflichen Anschauungen zu bieten. Die Frage ist ja für das gesamte Volksleben und für die Zukunft des deutschen Volkes von solcher Wichtigkeit, daß derartige Entgleisungen nicht Vorkommen sollten. Wir sind über zeugt, daß sich in nickst zu ferner Zeit so bedauerliche Folgen zeigen werden, daß auch Dr. Würzburger seine An schauungen als unhaltbar betrachten wird. Deutsches Reich. Dresden, den 26. September 1912. — Ueber den Gesundheitszustand des Priuzregenten von Bayern waren allerhand beunruhigende Gerüchte im Umlaufe, was die offiziöse „Korrespondenz Hoffmann" zu folgender Erklärung vom Hoflager in Berchtesgaden ver anlaßt: „Die Beschwerden deS Alters machen sich bei dem Prinzregenten in den letzten Monaten in höherem Matze bemerkbar. DaS Befinden ist infolgedessen Schwankungen unterworfen, die den Regenten nötigen, sich mehr Schonung aufzuerlegen. Zu einer ernsten Besorgnis besteht jedoch kein Anlatz. Der Regent erledigt vormittags Regierungs geschäfte, macht täglich vor- vnd nachmittags größere Aus fahrten bis zur Dauer von zwei Stunde», mutz es sich aber versagen, größere Einladungen zur Tafel ergehen zu lassen." — Als Nachfolger de» Botschafter» v. Marschall werden eine Reihe von Persönlichkeiten bezeichnet, darunter auch Graf Bernstorff (Washington) und Freiherr v. Wangen heim (Konstantinopel). Gerade diese beiden Persönlichkeiten kommen nicht in Betracht. ES ist naturgemäß noch gar keine nähere Bestimmung getroffen worden. — Ei« «eueS bayerische» Reservalrecht. Unter der Spitzmarke: „Ein Jesuitenreservatrecht für Bayern" sagen die „Münch. N. N.": „Von unterrichteter Seite verlautet, datz in Bundesratskreisen ernsthaft erwogen werde, den bayerischen Antrag an den Bundesrat auf authentische Interpretation des Jesuitengesetzes dadurch gegenstandslos zu machen, datz Bayern ein Reservatrecht für die Zulassung der Jesuiten etngeräumt wird". Wir wissen nicht, sagt dazu die „Augsb. Postztg.", wie wenig ernst die „M. N. N." ihre Meldung nehmen, glauben aber, datz nicht viel davon zu halten ist. Gemeint ist an sich wahrscheinlich ein Sonderrecht, das Bayern eingeräumt werden soll; aber auch in dieser Form ist mit dieser Nachricht nichts anzu fangen. Vielleicht ist der Version der Gedanke zugrunde gelegt, der kürzlich in der „AugSb. Postztg." zum Ausdruck kam: Wenn man schon auf seinem Scheine des akatholtschen Gesetzes bestehen wollte, dann müsse man zugeben, datz das, was in Mecklenburg und Braunschweig vom Stand punkte des Faustrechts verständlich ist, im überwiegend katholischen Bayern eine Stil- und Sinnwidrigkeit wäre. Sollte das im Bundesrate begriffen worden sein, so würde uns das sehr freuen. Aber so einfach, wie die „M. N. N." meinen, wäre die Einsicht nicht praktisch zu verwirklichen. Im übrigen sind wir noch immer der Ansicht, datz daS ganze Jesuitengesetz fallen mutz. — A«r Flrischteueruug schreibt die „Rordd. ALg.Ztg.": Auf Veranlassung und unter Leitung des Reichskanzlers find in den letzten Wochen die Mittel zur Milderung der gegenwärtigen Fleischteuerung und der durch sie herbei geführten schweren Belastung weiter Volkskreise nach allen Richtungen hin geprüft worden. In seiner gestrigen Sitzung hat sich das Preußische Staatsministerium über die Haupt punkte der sofort einzuleitenden Regierungsaktien geeinigt. Einzelheiten werden durch eine von den beteiligten Ressorts zusammengesetzte Kommission geklärt. Darauf wird Preußen sofort mit den anderen Regierungen ln Verbindung treten. Eine Veröffentlichung der geplanten Schritte ist in den nächsten Tagen zu erwarten. — DaS der von der Stadt Frankfurt zum Studium inländischer und ausländischer Fleischmärkt- entsandten Kommission gemachte Angebot einer amerikanischen Gesellschaft auf Lieferung größerer Quanti täten frischen Fleisches wurde von dem Gewerbe- und Ver kehrsamt in Frankfurt a. M. angenommen. Es geht dahin, datz der Versandt des Fleisches von Rotterdam aus erfolgt, von wo das Pfund Fleisch einschlietzlich Transportspesen, die von den Empfängern getragen werden, sich auf 62 Pfg. stellen wird. Im Kleinverkauf, der durch die Metzger- innung in Frankfurt erfolgen soll, wird sich daS Fletsch aus 82 Pfg. stellen, während jetzt frisches Ochsenfleisch mit 1,10 Mark pro Pfund verkauft wird. — Urber Maßnahmen gegen die Fleischtenerung finden zurzeit im Reichsamt des Innern Konferenzen statt. Wie die „Tägliche Rundschau" erfährt, haben dieselben schon bei der Rückkehr des Reichskanzlers ihren Anfang genommen Die Industrie im Dresdner Bezirk. Der soeben erschienene Jahresbericht der Königlich Sächsischen Geiverbeaufsichtsbeainten für 1911 enthält auch interessante Mitteilungen über die Industrie im Bezirke der Kreishanptmannschaft Dresden und über die damit zusammenhängenden Arbeiterverhältnisse. Nach dem Be richte wurden am 1. Mai 1911 im Regierungsbezirke Dresden 6832 Betriebe mit mindestens 10 Arbeitern und diesen gleichgestellte Anlagen gezählt, in denen 172 906 Personen, nnd zivar 122 642 männliche und 60 264 leib liche beschäftigt ivaren. Die Zunahme gegen das Vorjahr betrug 290 Betriebe und 7012 Arbeiter. Die meisten Be- triebe entfallen auf die Industrie der Nahruugs- und Ge- nußmittel mit 1760, auf die Bekleidungsindustrie mit 1182, auf die Industrie der Maschinen, Instrumente und Appa rate mit 639 Betrieben. An der Zunahme hatten die Metallverarbeitung mit 21 Betrieben nnd 1446 Arbeitern, die Industrie der Maschinen, Instrumente und Apparate mit 49 Betrieben und 3386 Arbeitern und die Nahrnngs- und Genußmittelindustrie mit 131 Betrieben und 700 Ar- lxntern den hervorragendsten Anteil. Weiter wurden noch 4418 Betriebe ermittelt, in denen 12 892 Arbeiter beschäftigt ivaren. Darunter befanden sich 1776 Bäckereien und Konditoreien mit 3526 Arbeitern und 1978 Gast- und Schankwirtschaften mit 7362 Arbeitern. Die Zahl der erwachsenen, in Anlagen mit niehr als zehn Personen und diesen gleichgestellten Betrieben beschäftigten Arbeiter ist von 109268 auf 114 226 gestiegen und hat um 4968 zugenommen. Die Prozentzisfer der erlvachsenen Arbeiter betrug 66,1. Eine bemerkensloerte Zunahme weist die Maschinellindustrie auf, an der namentlich die Fabriken zur Herstellung photographischer Apparate beteiligt sind. Das Drängen dcr Arbeiter auf Verkürzung der täg lichen Arbeitszeit ist auch im Berichtsjahre nicht ohne Er folg geblieben. Neben dem Verlangen nach einem früheren Schlüsse der Arbeit an den Abenden der Wochentage gehen die Bestrebungen vor allem dahin, an den Sonnabende» und den Tagen vor Festtagen die Arbeit bereits am frühen Nachmittage zu beenden. Das hat dahin geführt, daß in den meisten Betrieben, in denen Arbeiterinnen beschäftigt werden, auch die männlichen Arbeiter an den Soniiabciidcn vnd Vorabenden der Festtage nur 8 Stunden arbeiten und die Arbeit vielfach zwischen 4 nnd 6 Uhr, in einzelnen Fällen auch schon früher endet. Wenn im allgemeinen bc- obachtet werden konnte, daß die Arbeitgeber den bezüglichen Wünschen der Arbeitnehmer entgegenkommen, so sind doch auch Fälle zu verzeichnen gewesen, in denen die erbetene Verkürzung der Arbeitszeit erst durch einen Ausstand er zwungen wurde. Im Berichtsjahre waren 107 Ansstände und 14 Aus sperrungen zu verzeichnen. Von den Ausständen hatten 63 teilwcisen, 30 vollen und 14 keinen, von den Aussperrungen 11 teilweisen und 3 keinen Erfolg. Unter den Ausständen hatte die größte Ausdehnung der der Holzarbeiter in den Orten Rabenau und Kleinölsa. Um Belästigungen vorzu beugen, mußten die Arbeitswilligen von den Bahnhöfen abgeholt werden. Der Ausstand dauerte 5 Monate und hatte keinen Erfolg. Ter Verlust an Arbeitslohn betrug ungefähr 309 000 Mark. Die umfangreichste Aussperrung war die auf Beschluß der sächsischen Bezirksverbäude des Verbandes dcr Deutschen Metallindustriellen in 30 Be trieben über 6392 Arbeiter ans die Dauer von 21/2 Wock)en verhängte. Den Anlaß gab ein Ansstand in Leipzig, der wegen Lohnstreitigkeiten entstanden war. Mit der Aus sperrung sollte bei den in Leipzig ausständig Gewordenen die Wiederaufnahme der Arbeit erzwungen werden. Die Arbeiter nahmen nach Beendigung der Aussperrung die Arbeit unter den früheren Verhältnissen wieder ans. Der nachweisliaie Verlust an Arbeitslohn belief sich auf rund 460 000 Mark. Bei dem in Dresden bestehenden pari- tätischen Zeiitralarbeitsnachwcise sprachen im Berichtsjahre 47 391 arbeitsuchende Personen vor, denen 38 248 Arbeits stellen Zligclvicsen werden konnten. Die Zahl der erwachsenen Arbeiterinnen hat um 1628, im Vorjahre nm 3060 Köpfe zngenommen. Ihre Prozent ziffer ist von 27,66 auf 27,48 zurückgegangen. Die.Zahl der Betriebe niit jugendlichen Arbeitern ist gegen das Vorjahr um 95 auf 28,18, die Zahl der jungen Leute zwischen 14 und 16 Jahren auf 10 819, die Zahl der Kinder von 13 bis 14 Jahren nm 43 auf 338 gestiegen. Die Verhältmszahl der jungen Leute von 14 bis 16 Jahren ist von 6,30 Prozent auf 6,28 Prozent zurückgegangen, die der Kinder die gleiche geblieben. An der Mchreinstellung jugendlicher Personen ist hauptsächlich die Maschinen industrie mit 348 Personen beteiligt.