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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.05.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-05-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189105187
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18910518
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910518
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-05
- Tag 1891-05-18
-
Monat
1891-05
-
Jahr
1891
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 18.05.1891
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Kcdarlion nnd Erprdition Johann,tgosse 8. Sprechstunden der diedaction Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittag» ü— S Uhr. »t« et»,,i-adirr M»nulcr<»t« »»ch« sich »>« Ik»»ctt«a eicht »erdtodUch, »«««-«« »er skr »t« ntchfts-lgen»« N«««er bestimmte« Inserate an Sachentagen bi» L Uhr Nachmittag», an Sann- und Festtagen früh bi» ' ,S Uhr. 2n den Filialen für Ins.-Ännahme: vtta Slemm's Sorttm. (Alfred Hahn), UniversitStSslrabe 1, Laut» Lösche, Katharinenstr. 14, Part, und König-Platz 7, nur bis V,S Uhr. Rbonriemeut-pret- vierteljährlich <>/, Mk. in M-Letpzig, inet. Bringerlohn 5 Mk.. durch d>, Post btzogen 6 Mk. Einzeln« Nru. 20 Pf. Belegerrmplar 10 Pf. Gebüdren für Extrab,ilagea (in Tageblatt-Fonnal gesalzt) ohne Postbcsörderung 60 Mk., Mit Pvstbcsördrrung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Pf. Größer« Schriften laut uns. Pretsverzetchnttz. Tabellarischer u.Zisfernsatz nach hüherm Tarif Lerlamen unter dem Redaction-strich diesarspalt. Zeile ÜOPf.,vorden Familien Nachrichten die «gespaltene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an die 8xpk»itian zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuuinernuäo oder durch Post« Nachnahme. 138. Montag den 18. Mai 1891. 85. Jahrgang.. Amtliche Bekanntmachungen. Lekanntmachung. Zum Neubau der St. Andreas-Kirche zu Leipzig sollen die zunächst erforderlichen vrd-, Maurer-, Steinmetz- und Zimmer-Arbeiten auf dem Wege der Submission vergeben werden. Die auf Betheiligung an diesen Submissionen rellectirenden Herren Unternehmer werden gebeten, ihre diesbezüglichen Meldungen bis spätestens den 23. Mat d. I. in unserer Kirchen-Expedition Nrndlslraße Nr. 30b, pari., schriftlich einzureichen, woraus wegen Ausfertigung der Blankets da- Weitere demnächst bekannt gegeben wird. Leipzig, den 16. Mai I89l. Ter Kirchenvorstand zu St. Andreas daselbst. Al. Schumann, Pf. Die -rutschen Colomen. * Mit den Ergebnissen der abgelaufenen Reichstagsperiode auf colonialpolitischem Gebiet kann man wobl zufrieden sein. Die Forderungen der Regierung sind insgesammt bewilligt worden, was unS mit um so größerer Genuglbuunz erfüllen muß, als die Centrumöparlci, deren Unterstützung hierbei nicht entbehrt werden kann, bekanntlich nur zögernd und zurückhaltend die colonialpolitische Bahn betreten hat, und auch die neuen Vertreter derRegicrung nicht immer mit voller Wärme und Energie ihre Sache zu führen schienen. Der Reichs kanzler v. Caprivi zeigte sich aufs Neue als einen sehr kühlen, fast skeptischen Colonialpolitiker und seine zurückhaltenden kritischen Ausführungen fanden mitunter auf der Linken mehr Beifall als bei den Colonialfrcunden. Er stellte sich aber doch entschieden auf den Standpunkt, daß das einmal Er rungene festgehalten und das begonnene Werk in ruhiger vorsichtiger Prüfung fortgesetzt werden müsse, schon der deutschen Ehre und dem deutschen Ansehen zu lieb. Ei» ab geschlossenes, für längere Zeit giltigcS colonialpolitischeö Pro gramm hat die Regierung nicht abgegeben, und man wird ihr das bei dem Wechsel und Fluß, m dem alle diese Ver hältnisse begriffen sind, kaum verdenken können. Immerhin traten folgende Umrisse eine- colonialpolitischen Programms hervor. WaS das wichtigste unserer Schutzgebiete, Ostafrika, betrifft, so ist der wesentlichste Inhalt der neuen Organi sation: Verwandlung des Landes in eine unter Rcichs- verwaltung stehende Kroncolonie, Einsetzung eines Gouverneurs, Beibehaltung der Schutztruppe als einer kaiserlichen, Um gestaltung der deutsch - ostafrikanischcn Gesellschaft zu einer privaten Erwerbögesellschaft. Eine Dreitheilung und ver schiedenartige Behandlung des Landes, so daß zwischen einer Kroncolonie an der Küste, einem dahinter liegenden Schutz gebiet der deutsch - ostafrikanischcn Gesellschaft und einer noch entfernteren Interessensphäre unterschieden würde, ist nicht beabsichtigt, sondern das ganze Gebiet soll als einheitliche Kroncolonie behandelt werden. Mil Sicherheit ist anzunehmen, daß die Zolleinkünste sehr bald die Verwaltungskosten decken werden. Das eigentliche Schmerzensland unter unseren Colomen ist Süd West- Afrika. Die bisher hierfür aufgewandte Summe von 268 800 ^ ist in dem neuen Etat um 23 500 ^ erhöht worden, zur Einrichtung einer landwirthschaftlichen Versuchs anstalt und einer Auskunftsstcllc für Ansiedler. Die Boden- dcschaffenheit und das Klima dieses Landes eröffnen auch für europäische Ansiedler günstige Aussichten aus erfolgreichen Betrieb von Ackerbau und Vieh-, namentlich Schafzucht. Außerdem ist noch immer eine gewinnbringende berg bauliche Ausnutzung dieses Gebiets eine nicht hinlänglich auf geklärte Frage. Bei der augenblicklich dort herrschenden Verworrenheit der Verhältnisse ist die fernere Entwicklung i» diesem Gebiet noch weniger als in andern vorherzusehen; die Regierung bat sich daher ein weiteres „Versuchöjahr" auö. Zn einem Nachtragsetat wurde dann zur Förderung von Cultur und Handel im Schutzgebiet von Kamerun ein Betrag von 1 425 000 „Xk gefordert, für Eröffnung von Wegen in das Innere, Errichtung einiger militairisch besetzter Stationen und Anlagen zur Erleichterung des Verkehrs an der Küste. Es war dabei eine allinälige Rückerstattung deS Reichszuschusscs durch das Schutzgebiet, die Zahlung von Jahresraten vorgesehen, so daß die Rückzahlung einen Zeit raum von 16 Jahren erfordern würde; die erste RückzahlS- rate ist bereits für das EtatSjahr 1891/92 angesctzt. Auch diese Forderung wurde durch Conservative, Nationalliberale und Centrum bewilligt. Daö deutsch-englische Abkommen ist bei diesen colonialpolitischen Erörterungen von conservativer und national liberaler Seite einer keineswegs in allen Stücken zuslimmenden Kritik unterzogen worden, und der Versuch des Reichskanzlers, diesen Vertrag zu rechtfertigen, konnte nicht als ganz gelungen betrachtet werden. Immerhin mußte zugegeben werden, daß auch jetzt noch 'Spielraum genug für eine erfolgreiche deutsche Colonialpolitik übrig bleibt, und das Ergcbniß der Verhand lungen war, daß auch von diesem so ungünstig zusammen gesetzten Reichstag die Fortführung dieser Unternehmungen gebilligt wurde. Nach Verzichtleistung auf manche wciter- gchcnde Hoffnungen werden wir jetzt m eine Periode ruhiger und nüchterner Colonialarbeit eintreten. Leipzig, 18. Mai. * Ucber die Reise deö Kaisers Wilhelm N. nach Holland meldet die „Nieuwe Notterdam'sckc Courant" Folgendes: Der Kaiser Wilhelm wird im Juni unser Land besuchen. Er kommt mit seiner Pacht in Pmnidcn an, wo er durch ein niederländisches Geschwader empfangen werden wird, welches auS den drei Schraubendampfern .Königin Emma", .Van Galen" und .Joban Willem Friso", der Panzcrdeckcorvette .Sumatra", drei Rammschiffen und einigen RanimmonitorS bestehen soll. Der holländische Viceadmiral F. B. A. de Josselin de Jong wird das Geschwader com- mandiren. Ter Besuch des Kaisers in Amsterdam erfolgt auf ausdrückliche Einladung der Königin-Rogentin, die dem Kaiser ein liebenswürdiges Schreiben sandte, in welchem sie ihn bat, im Lause des Sommer- die niederländische Hafen stadt mit seinem Besuche zu beehren. * Ueber die großen Manöver in der Nähe München-, welchen der Kaiser als Gast des Prinz-Regenten bei wohnt, verlauten nach den .Münchener Neuesten Nachrichten" folgende Einzelheiten: Der Kaiser trifft am 8. September- von Wien kommend, in München ein und steigt in der Residenz ab. Am 9. September findet eine große Parade der sämmtlichen Truppen auf der Fröttmaningcr Heide in der Nähe des neuen MilitairschießplatzeS statt. Am lO. September ist Manöver der beiven bayerischen Armee-CorpS gegen einander, am 11. September Manöver beider vereinigten CorpS gegen einen markirlen Feind. Der Kaiser und der Prinz-Regent mit ihren Suiten begeben sich mittelst Extra züge» täglich auf daS Manöverfcld und kehren Abend- in die Residenz zurück. * Durch die Zeitungen — u. a. die „Mecklenburger Nachrichten" und daö „Kleine Journal" — lief dieser Tage die Notiz, daß bei dem Reichskanzler v. Caprivi sich „jüngst infolge der aufreibenden AmtSthätigkcit" daö „alte Leiden, die Zuckerkrankheit verschärft" habe; die Aerzte hätten daher dem Reichskanzler „eine längere Karlsbader Cur" empfohlen.' Die „Kreuz-Zeitung" ist aus Grund bester Information in der erfreulichen Lage, zu versichern, daß die Gesundheit deS Reichskanzlers, der niemals an Zuckerkrankheit gelitten hat, vortrefflich ist, und daß die Gerüchte von einer Reise deö Herrn v. Caprivi nach Karlsbad ebenfalls völlig aus der Luft gegriffen sind. * Herr Emil RitterShauS in Barmen veröffentlicht folgende Erklärung: „In Nr. 110 der „Freisinnigen Zeitung" wird nach einer Mittheilung der „Kölnischen Volkszeitung" gesagt, daß dem Kaiser während seiner Anwesenheit in Düsseldorf im Aufträge der Großindustriellen des RheinlandeS ein von Emil Rittershaus vcekpßtes Gedieh t überreicht worden sei, worin der Wunsch ausgesprochen war, der Kaiser möge sich mit Bismarck versöhnen und denselben wieder an die Spitze der Negierung stellen." An dieser ganzen Sache ist kein wahre« Wort und die von der „Freisinnigen Zeitung" daran geknüpfte Bemerkung „Emil RitterShauS hat allerdings verschiedene Sinekuren im AufsichtSrath industrieller Gesellschaften inne, und hat denn auch infolgedessen schon wiederholt seine Muse in den Dienst seiner Brotherren stellen müssen" ist eine schamlose Gemein heit. Barmen, den 15. Mai 1891. Emil RitterShauS." * Der StaatSsecrctair des Reichsamtes des Innern, Staatsminister von Bötticher, hat sich heute nach Bura- chemnitz in der Provinz Sachsen begeben, um dort die Psingst- feiertage zu verleben. * Die Gewerbeordnung-Novelle wird bekanntlich in der Hauptsache am 1. April 1892 in Kraft treten. Nur für die Bestimmungen über die Fortbildungsschulen ist dießcr Termin schon auf den 1. October de- laufenden Jahres fest gesetzt und die Einführung der SonntagSruhcvorschriften ist einer besonderen kaiserlichen Verordnung Vorbehalten. Für die Neuerungen bezüglich der Kinder- und eines ThcileS der Frauenarbeit ist sogar eine UcbergangSzeit bis zum 1. April 1894 vorgesehen. * Die von einigen Blättern gebrachte Mittheilung, daß ein EntlassuiigSgcsnch deö Ministers von Maybach vom Kaiser bereits genehmigt sei, bestätigt sich nach den „Berliner Politischen Nachrichten" nicht. Richtig scheint zu sei», daß Herr von Maybach die Absicht zu erkennen gegeben hat, in Bälde von seinem Amte entbunden zu werden; doch kann imincrbin noch einige Zeit bis zur königlichen Genehmigung dieses Wunsches verstreichen. Entsprechend dieser Sachlage verhält es sich natürlich mit der Neubesetzung deö Postens eines EisenbahnministcrS, für welchen der Präsident der Eiscn- babndircction in Hannover, Herr Thielen, auserschen sein dürfte; wenigstens war derselbe in den letzten Tagen in Berlin und hatte mehrfach Besprechungen mit maßgebenden Persönlichkeiten. Parallel mit diesen Nachrichten geht auch daö Gerücht, daß cö in der Absickt liege, die Verwaltung deö Bauwesens, insbesondere die Wasserbau-Abtheilung von dem Eisenbabnininistermm abzuzweigen. * Es taucht jetzt in ziemlich beglaubigter Form die Meldung auf, daß im RcichSamt des Innern ein neuer Gesetzentwurf über den Berkehr mit Wein anögearbeitet sei und im Herbste dem Reichstage zugehen werde. Bekannt lich hatten die verbündeten Regierungen schon einmal in der Session 1887/88 einen darauf bezüglichen Entwurf vorgelegt. Derselbe gelangte aber, trotzdem er in einer Commission vor- berathen war, im Plenum nicht einmal zur zweiten Lesung. Zum letzten Male wurde die Wcinsrage im Reichstage bei der Berathnng des Etats für das ReichSgesundheitsaml aus 1891/92 im Januar deS laufenden JahreS erörtert. Nach den damals von Seiten einiger Abgeordneten gemachte» Aeußcrungcn würde ein neuer Versuch der verbündeten Regierungen auf diesem Gebiete nunmehr auf Zustimmung im Reichstage zu rechnen haben. * Nach Erklärungen, welche regierungsseitig in der Com mission des preußischen Abgeordnetenhauses zur Vor- bcratbung deS Antrages Korsch auf Verbot des PrivatbantclS mit Staatölottericloosen abgegeben sind, ist gegenwärtig im Finanzministerium die Frage, ob eine fernere Verringerung der Competenzen der Lotlerieeinnehmer zu Gunsten der Staatskasse anzezeigt sei, Gegenstand der Erwägung und wird fortgesetzt im Auge behalten werken. Für die im Januar 1892 beginnende 186. Lotterie wird die Zahl der Loose vermehrt werden. * AuS Cassel wird vom 15. Mai in Bezug auf die dort demnächst stattsindende ReichstagSwabl geschrieben: In der gestern Abend slattgchabten General-Versammlung des nationalliberalen Wahlvereins wurde von dem Vorsitzenden Herr Rechlvanwalt Ilr. Harnt er über die Candidatenfrage und die zur Herbeiführung einer Einigung zwischen den drei Parteien, National- liberale, Freisinnige und Eonjervative, getbanen Schritte eingehend Bericht erstattet, durch welche unsere neulich« Mittheilung bestätigt wurde. Tie Verhandlungen wurden von nationalltberaler Seite in dem Gedanken eingeleitet, es gelte hauptsächlich, sich auf einen solchen Candidaten zu vereinigen, für den die breitesten Massen der Wähler zu gewinnen sein würden. Al- ein solcher Mann, der ver möge seiner unabhängigen Stellung allen billigen Anforderungen als Vertreter de-BürgerthumS gerecht werden könne, der sich in seiner Eigenschaft als Vicevorsitzendrr deS Bürgcrau-schussk- großen Ver trauens und als Arzt und Mensch allseitig«! Beliebtheit erfreut, alS ein solcher geeigneter Mann wurde nun den Borständen der conser- vativen wie freisinnigen Partei Herr vr. meck. Ende mann empfohlen, und zwar um so mehr, als aus Wählerkreisen von rechts und link« so viel« Kundgebungen persönlicher Sympathie erfolgten. Die Eonscrvativen beanspruchten indessen unbedingt Wahrung des Besitzstandes, was jedoch von den Nationalliberalen mit gutem Grund abgelchnt wurde, denn für einen streng conscrvativen Landldaten der äußersten Rechten sind breite Wällennasjen, welche eineu bestimmt ausgeprägten Parteistandpunct nicht etnnehmen, keinenfallS zu gewinnen. Ebenso wenig konnte dann aus ein« Unterstützung der Freisinnigen gerechnet werden. Darauf ver« langten die Conservalivcn, «S möge ein Conservativer als Com- promißcandidat aufgestellt werden, der als „Wilder" in den Reichstag gehe und schlugen als suchen den königl. Kammerherrn von Riepenhausen-Eräugen auf Schloß Eräugen vor, der im Aufträge der deutsch«conservativen Fraction auch von Berlin hierher kam und sich vorslellte. AuS den oben angeführten Gründen konnte jedoch dieser Eandidat, der obendrein hier gänzlich unbekannt ist, wohl kaum ernstlich tu Frage kommen, denn breite Wählermassen sind für einen solchen Herrn nicht zu erwärmen. Die Verhandlungen mit dem deutsch-freisinnigen Parteivorstand hatten daS Ergedniß, daß man ein Zusammengehen mit den Conservativen zwar ablehnte, dagegen eine Unterstützung der Candidatur Endemann in irgend einer Form zusicherke. Man hatte zwar den Wunsch an vr. Endemann gerichtet, er möge sich als farbloser liberaler Eandidat ausstellcn lassen und im Reichs tage keiner Fraction beitreten, indessen dies hat derselbe jedoch abgclehnt. — Herr vr. Harnier theilte ferner mit, daß für die Candidatur Endemann viel Meinung in allen Bürgerkreisen herrsche und daß derselbe von links wie rechts unterstützt werde, man habe daher nicht länger zögern wollen »ud bringe Aus stellung der Candidatur in Vorschlag, um so mehr, als allgemein die Ueberzeugung herrsche, Vr. Endemann und nicht der Antisemit vr. Förster sei geeignet und berufen, den sociattstischcn Candidaten zu schlagen. — Herr vr. Endemann ergriff hieraus zu einer kurzen Ansprache das Wort, indem er u. A. erklärte, er habe nicht nach einer Candidatur gestrebt, jedoch geglaubt, im Interesse der Sache nicht nblehncn zu sollen. Seine Candidatur sei in der Hauptsache als die eines Cassclcr Bürgers zu betrachten, sein Programm gipfele in der Belhätigung des liberalen Gedankens und Kräftigung deS Neichsgcdankens nach Innen und Außen. (Lebhafter Beifall.) Vor allen Dingen gelte es de» Kampf gegen die Umsturz- Partei energisch aufzunehmen. — Tie zahlreich besuch!« Versammlung beschloß darauf einstimmig die Candidatur Endemann und ging mit einem Hoch auf den Candidaten auseinander. * In dem französischen Ministcrrathe Unterzeichnete der Präsident Car not die Decrete, durch welche eine Anzahl der anläßlich der Vorfälle vom 1. Mai vcrurtheilten Personen begnadigt wird. * Die italienische Deputirtenkammer setzte heute die Debatte über das Budget des Auswärtigen fort und berieth über die Frage der italienischen Schulen in den Colomen. Eine vorigem Deputieren Brin beantragte Tages ordnung schlägt vor, für die italienischen Schulen in den Colonien und rm Auslande für daS Budgetjahr 189192 den gleichen Credit zu bewilligen, wie unter dem Cabinct CriSyi. Diese Tagesordnung, welche die Negierung nicht acceptirt batte, wurde in namentlicher Abstimmung mit 159 gegen 04 Stimmen verworfen. Dir Kammer genehmigte sodann den Titel nach Reduction von 133 VOO Francs entsprechend dem Anträge des Ministeriums. (Wiederholt.) * Die portugiesische Regierung hat sich offenbar mit dem neuen Abkommen in Bezug auf Südafrika ein verstanden erklärt. Dasselbe heißt SaliSbury'S Ultimatum, weil cs die äußerste Grenze der Zugeständnisse seiten« Eng lands darstellcn soll; und thatsächlich ist es ein großes Zu- gcständniß, denn nördlich von Zambesi, wo Portugal in dem ersten gescheiterten Abkommen auf ein verhältnißmaßig kleines Dreieck zwischen dem Schirö, dem Zambesi und einer vom Ein fluß deS Ruo in den Schirö bis nach Tcbc gezogene Linie beschränkt war, erhält es jetzt ein Gebiet von 50 WO Quadratmcilen, be grenzt im Süden vom Zambesi, im Osten vom Schirö, im Norden von einer vom Einflüsse des N»o nach dem Mittel läufe des Loangwe gezogenen Linie und im Westen vom Loangwe bis zu dessen Vereinigung mit dem Zambesi bei Zumbo. Was das Opfer vom englischen Standpunct aus doppelt schmerzlich macht, ist die Unterbindung der Straße von Süd-Zambesia nach Nyassaland; wenn sich hierin die Portugiesen nicht nachträglich gefügig zeigen, werden die Engländer sich wie bisher auf dem Zambesi und dem SchirS nach Nyassaland bemühen müssen. Portugal er hielt ferner auf seiner Ostgrenze eine Ausbuchtung bei Massi-Kcsse, eS hat damit freilich die günstigere Grenze des ersten Abkommen« noch nickt wieder erlangt. Ter Limpopo, nach welchem die Engländer sich sehr sehnten, verbleibt bei Portugal, dafür gesteht es den Engländern das Durchzugsrccht vom Hochlande nach der Ostküste zu. Unter den obwaltenden Umständen ist das Abkommen für Portugal durchaus annehmbar. Jeder Verzug würde die finanzielle Erholung deS Landes nur beeinträchtigen; denn am Ende ist dock Portugal geschäftlich fast vollständig von Eng land abhängig: der größte Theil seiner Wertpapiere befindet sich auf dem hiesigen Markte und seine Handelsverbindungen weisen ans England hin. DaS Wohlwollen Englands ist ihm daher unerläßlich. DaS Verdienst, den neuen Ausgleich un gebahnt zu haben, gebührt wieder dem jugendlichen Marquis de Soveral, der hier in der königlichen Familie und in der Gesellschaft person» grkttwsimL ist und von Lord Salisbury augenblicklich begünstigt wird. * Der ehemalige rumänische Ministerpräsident Ivan Bratianu ist, wie bereits telcgrapbisch gemeldet, gestorben. Damit ist einer der bedeutendsten Staatsmänner, die dieses Jahrhundert bei den unterdrückten Völkern der Balkanhalb- insel bervorgcbracht bat, man darf Wohl sagen, der Cavour der Moldau und Walachai, der aus den beiden cbemalö tributären Donaufürstenthümern ein von Rußland wie von der Türkei unabhängiges Königreich geschaffen hat, dahinaegangen. Angesicht- des jetzigen nach Rußland neigen den CabinetS von Bukarest kann man den Rumänen nur wünschen, daß ihnen die Zukunst bald Ersatz für den gestorbenen Bratianu gewähren möge. Bratianu war 1822 geboren, er hielt seine Ausbildung, wie damals alle vornehmen Rumänen, in Paris, nahm 1848 an der Revolution in der Walachei Theil und kehrte nach ihrem Mißlingen erst 1856 nach Ab schluß de- Pariser Friedens aus Paris, wohin er geflüchtet, nach Bukarest zurück. Er half >859 die Vereinigung der Walachei mit der Moldau bcrbeiführcn. Fürst Cusa verhielt sich jedoch immer mißgünstig zu Bratianu. Erst 1866 mit der Thronbesteigung Karls von Hohenzollcrn begann die Wirksamkeit BratianuS im Großen. Er mußte wegen Ueber- bandnabme de« französischen Einflüsse« 1868 sein Amt nieder- legen, kam aber 1876 wieder an die Negierung, die er bis 1881 führte. In diese Zeit fällt der russisch-türkische Krieg und die Heldenthat der Rumänen vor Plewna. Bra tianu hatte die Genugthuung, Rumäniens Unabhängig keit, aber den Schmerz, die Abtretung der Kitiamün- dnng und Bessarabiens an das undankbare Rußland zu unterzeichnen. Dafür erhielt Rumänien die Dobrudscha. Endlich vollendete sich die Erhebung Rumäniens 188t eben falls unter Bratianu'S Ministeryräsidentschaft durch die Anerkennung des Staates als Königreich. Mit weisem Tact und kluger Zurückhaltung verstand e» Bratianu in den folgenden Jahren, die schwierige Stellung deS jungen König reichs zwischen Rußland, Oesterreich und den bulgarisch serbischen Händel» erfolgreich zu bewahren. Der Sturz Bratianu'S, der auch auf dem Berliner Congrcß und später zu wiederholten Malen mit Bismarck unterhandelte, in Berlin wie in FriedrichSruh, überlieferte Rumänien vor mehreren Jahren der conservativen Partei, die noch jetzt in Bukarest herrscht. * Wie die Pariser Vertreter der chilenischen Con greßpartei erfahren haben, sei von Balmaceda ein Austausch der Gefangenen beantragt worden; die Congreß- parlei habe darauf erwidert, sie sei bereit den Antrag änzu- nchmcn, wenn seitens Balmaceda'S auch alle auf bloßen Ver dacht verhaftete Bürger sreigelassen würden und Balmaceda sich ferner verpflichte, keinen Bürger mehr zu behelligen. Den Vertretern der Congreßpartci ist weiter eine Meldung zu gegangen, wonach der Handel vollständig darnicdcrliegc und Balmaceda sich in Geldverlegenheit befinde. — Der Rcgieru»gSkreu;er „Imperial" und die Torpedoboote „Admiral Lynch" und „Condor" haben Valparaiso verlassen. (Wiedh.) * AuS Petersburg wird gemeldet: Die vornehme russische Gesellschaft hält an der Ansicht fest, daß der Ver- übcr deS Attentats auf den Zarewitsch ein aus Sachalin entsprungener verkleideter Nihilist gewesen ist. Die Judenverfolgungen in Lorfu. * Die blutigen Judenverfolgungen in Corfn haben die Athener Regierung nunmehr zu energischen Neprcssiv- Maßnahmcn veranlaßt. Am 13. Mai ist ein griechisches Kriegsschiff mit einer Batterie nach der Insel abgcgangcn und zu den dahin beorderten Truppenverstärkungen werden in einer Athener Meldung der „Pol. Corr." neuerliche Sendungen von griechischen Truppen nach dem Schauplatze der Excesse angekündigt. Endlich hat, derselben Mitthcilung auS griechischer Quelle zufolge, die Athener Negierung eine strenge Bestrafung der an den Unruhen bethciligtcn Personen angeordnet. WaS daS Verhalten der Lsser- reichischen Regierung anbelangt, so steht dieselbe auf dem Standpuncte, sich allen Schritten, welche die anderen europäischen Mächte in dieser Angelegenheit unternehmen werden, anzuschließen. Es scheint, daß die österreichische Regierung ähnliche Versicherungen seitens des griecbi- scheu CabinetS erhalten hat, wie sie in der obigen offi- ciosen Athener Mitthcilung enthalten sind, und daß die öster reichische Regierung, eh: sie selbst einen diplomatischen Schritt unternimmt, der griechischen Zeit lasten will, ihre Ver sprechungen bezüglich der Wiederherstellung der Ordnung und Ruhe auf Corfn und Zante auszuführen. Die vorgeblich aus Alben bezogene Meldung der „Kreuzzcitung" über angcblicke Aeußerungen, welche der griechische Ministerpräsident DclyanniS gegenüber einem Diplomaten, betreffend die Verdächtigung „rituellen MordcS" gegen corfiotischc Juden gemacht haben soll, wird an maßgebender Stelle als vollständig erfunden bezeichnet. Wien, 16. Mai. Nach einer Zuschrift der „Politischen Correspondenz" aus Athen besteht die diplomatische Action in Betreff der Judenexcesse in Corfn darin, daß die Vertreter der Mächte, bei aller Anerkennung des guten Willens der griechischen Behörden in Bezug auf die Uiitcr- drücknng der Unruhen, Angesichts der überaus ernsten Con- sularberichte sich zur Einbringung freundschaftlicher Vor stellungen bei dem Athener Cabincte veranlaßt sahen. Um der königlichen Regierung keine Schwierigkeiten zu bereite», wurde von dem ursprünglich beabsichtigten Collcctivvorgcben der fremden Vertreter Abstand genommen. Der österreichisch- ungarische, der deutsche und der englische Gesandte haben ihre Vorstellungen bereits vorgebracht, auch der türkische Gesandte und der französische Geschäftsträger sind von ihren Regierungen zu gleichem Vorgehen angewiesen worden. Der Vertreter Englands hat überdies wegen dcS auf Corfn vor- gefallencn Versuches, das Haus eines englischen Unterthancn in Brand zu stecken, Protest eingelegt. Neues Theater. * Leipzig, 17. Mai. In der gestrigen Aufführung von Schiller'« „Maria Stuart" gastirte Frl. Mancke vom Magdeburger Stadttbeater in der Titelrolle und zwar mit sehr lebhaftem Beifall. Nach jedem Act, in welchem sie mitwirklc, wurde sie wiederholt hervorgerufen und nach dem dritten mit einem Lorbecrkranz ausgezeichnet. Tie Kritik kann fick diesen Beifallsäußerungen nur anschließen; wir glauben, daß unser Theater an Frl. Mancke eine geeignete Vertreterin für das hochtragische Fach gesunden hat, wenngleich die „Maria Stuart" eigentlich nicht in daS Fach gehört und wohl mehr der ersten tragischen Licbbaberin zukommt. Frl. Mancke hat ein sckr wohllautendes und dabei kräftige- Organ und in ihrem Spiel einen leidenschaftlichen Zug, der besonders in dem dritten Acte zur Geltung kam. Sic sprach den Monolog mit schwunghafter Bewegtheit; in der großen Scene mit Elisabeth wurde sie den mannigfachen Schattirungen der Empfindung und des AffecteS durchaus gerecht, und als die Flehende endlich ihrem tiefen Groll freien Lauf läßt, da entwickelte Fräul. Mancke eine Energie, die dem Feuerstrom der Schiller'schen Dichtung nichts von seiner hinreißenden Gluth raubte. Es ist in der Tbat bier die Stelle, wo sich die Maria Stuart mit den hoch- tragischen Aufgaben berührt, und gerade bier blieb Fräulein Mancke dem Dichter nichts schuldig. Auch die rührenden Sccnen des letzten ActeS spielte sie mit warmem GefühlSauövrucke, obschon ihr Organ für das Jnnigzarte sich weniger bereit willig heraiebt. Dagegen zeigte uns der erste Aet noch einige Mängel der Darstellerin, welche sie gewiß ab zuschleifen leicht im Stande ist. Daß sie auch hier die Maria temperamentvoller nimmt, als eS in der Regel geschieht, ist durchaus nicht zu tadeln, wohl aber, daß ihr Vortrag oft zu hastig war, bisweilen das dicktcrischc Wort ver wischte und auch nicht immer die grammatikalischen und logischen Einschnitte genügend beachtete. Da sick diese Mängel im späteren Verlaus der Darstellung nicht wiederholten oder wenigstens nur diese Anklänge daran sich bemerken ließen, so kann auck eine gleickmäßigere Gestaltung dcS Vor trags im ersten Acte nur eine Frage der Zeit sein. Herr
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