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Nr L04. Erscheint: raglich früh 7 Uhr. Inserate «erden angenommen: tir Abendö 8,Sonn tag» bis Mittag» IS Uhr: Marienstraße 1». Elfte» «»»«tag. »I. Vetob« L8M. Nnzcig. in dies. Blatte staden eine erfolgreich« Verbreitung. > Auflage: IS,000 Lkemplaee. Abonnement: Vierteljährlich r«««r. bei unentgeldllcher Lie ferung tu'« Hea». Dnrchdir Kknigl. P^t vierteljährlich SS Agr. Einrelnr Nummern 1 Ngr Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Singe- fandt" dir Zeile 2 Ngr. »mck »nd «tgaAtzmn der Herausgeber: Litpsch sc Neichardt. - Verantwortlicher Rrdactrur: IlÜtUS Nrtchardt. Dresden, den 31 October. — Wenn dle „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" bemerkt, daß^mit Sachsen eine Verständigung über die Vertretung durch die preußische Centralcommission bei der Pariser Ausstellung «och nicht erfolgt sei, so ist dagegen in dem Protokolle, wel che» am 12. Oktober d. I. im königlich preußischen Handels ministerium über eine, unter Theilnahme de» königlich sächsi schen Geh Raths vr. Weinlig gehaltene Conferenz zwischen den Commissaren der meisten betheiligten Staaten des Nord deutschen Bunde» abgefaßt worden ist, Nichts enthalten, wel che» einen Punkt weiterer Verständigung vorbehält. Vielmehr sind alle auf die vollständige Gemeinschaftlichkeit der Ausstell ung bezüglichen Fragen darin geordnet. (D. I.) — Dem Vernehmen nach hat sich der königl. würtem- bergische Geschäftsträger am königl. sächs. Hofe, Herr Baron von Soden, am 19. Oktober von hier nach Carlsbad zu S. M. dem König begeben.— — Wie wir hören ist ein Theil der königlichen Hosdiener- schast au» Carlsbad bereit» wieder in Dresden eingetroffen. — — Der bisherige Gesandte de» Königs von Hannover am königl. großbrittanischen Hofe, Freiherr von Blome, ist vor ei nige« Tagen in Familienangelegenheiten in Dresden anze- kommen. — — Der vor Kurzem zu S. M. dem König nach Carls bad gereiste Hofmarschall von Friesen wurde gestem hier zurück erwartet. — — In der Arnoldischen Buch- unn Kunsthandlung be merkt man in einem Schaufenster seit Kurzem eine Photogra phie, die E. K. H. den Kronprinz von Sachsen mit seinem Generalstabe darstellt. Dieselbe verfehlt nicht, ein zahlreiche» ' Publikum anzuzirhen, da» da» Schaufenster fast ununterbrochen förmlich belagert. — — Se. Excellenz der Herr Staatsminister vr. von Falckm- stein wurde gestem Abend von Carlsbad zurückerwartet. — Das ,Dre»dn. Journ." ist in der Lage, mittheilen zu können, daß der größte Theil der beim Abmarsch der königlich sächsischen Armee au» Sachsen requirirten oder ermietheten Spannfuhrwerke (143 Wagen und 290 Pferde) in den näch sten Tagen (spätestens bi» zum 23. Oktober) auf der Eisenbahn über Bodenbach in da» Land zurückkehren wird. — Es thut ordentlich wohl, nach so vielfachen irrigen Be richte« in auswärtigen Zeitungen über die Stimmung der hie sigen Bürgerschaft endlich einmal einer Correspondenz -u begeg nen, die einen ganz ander» Ton anschlägt. Der von un» neu lich al« besonders gut unterrichtet genannte Correspondent der Kreuzzeitung schreibt nämlich au» Dresden: „Es darf nicht un- eonstatirt bleiben, daß, je näher der Augenblick des äußeren Friedens rückt, der innere Frieden, die Versöhnung der Gemü- ther sichtbar zunimmt. Die Stimmung ist hier entschieden freundlicher gegen Preußen geworden. Seim Sie überzeugt, die Sachsen reichen, sobald nur erst äußerlich der Friede wieder hergestellt ist, dm Preußen ehrlich die Brunderhand. Man hat sich allmählig von der früher herrschenden Betäubung erholt, die Illusionen find zerronnen und es gilt jetzt, ein Verhältniß herzupelle», das um so inniger werden wird, als die Gegensätze sonst schroff warm und die erlittene Niederlage empfindlich". — Vorgestern Abend mußte während der Vorstellung im königl. Hofthmter ein hier aufhältlicher fremder Herr au» dem Theater entfernt werden, dessen Benehmm auf Geistetkrankheit schließen ließ. — — Ein von ächten Frohsinn gewürztes Fest vereinigte am Abende de» Freitag« die rothe Dienstmannschaft in den Räu men der deutschen Halle. Es war zwar nur ein „Kränzchen", aber e« bot des Interessante« Mancherlei und wa» die Haupt sache ist, man schmückte sich nicht mit fremden Federn, sondern die Ausübenden warm alle Mitglieder der Dienstmannschaft. Wie «Ine gute Soldatentruppe Handwerker aller Artm in ihrer Mitte hat, um für alle Lagen de» Leben» die passende Mann schaft zu haben, so zählt auch da» „Expreß-Institut" Elemente, die zu Allem sich schicken. Da giebt's Schau- und Taschen- spieler, Improvisatoren, Deklamatoren, ein geübte« Sängerchor, kurz Personen aller Art, die Einem den Abend auf die ange« nehmste Weise verstreichen lassen. So spielte man dm Kotze- bue'schrn Schwank: „Wer weiß, wozu e« gut ist" mit frischer Laune und unter allgemeiner Heiterkeit, so sang man ein vom Direktor Heinze gedichtete» humoristische» Lied, welche» die Dienst, leistungen de- Institut» im verflossenen Jahre behandelte. Trotz dieser Kundgebungen der Heiterkeit vergaß man dm Ernst der Bestrebungen nicht und Herr Direktor Geucke wieß in kerniger Rede auf den Segen einer tüchtigen DiSeiplin hin. Da» Fest hinterließ bei allen Theilnehmern «inen guten Eindruck; e» war nach dm Anstrengungen des Umzug» der Dimstmannschast nicht zu verargen, daß sie einmal die Sorgen de» Leben« in froh« Zusammenkunft vergessen wollte. — Der Dekan der philosophischen Faeultät in Leipzig, Prof. Ilr. Wuttke, hat ein Regulativ veröffentlicht, wornach das Promoviren zu einem Doctor der Philosophie erheblich er schwert wird. Der Mangel einer mündlich m Prüfung hat zur Folge gehabt, daß Personen promovirt worden sind, denen ei- gentliche wissenschaftliche Bildung abgeht, wodurch daS philoso phische Doctorat diScreditirt wurde. — Auf dem dem königl. preußischen General v. Wurmb, Vater des dermaligen Civilcommifsars für das Königreich Sachsen, zugehörigen Rittergute Witzschersdorf bei Kötzschau brach am 18. d. Abends, wie man vermuthet, in Folge Verwahrlosung durch Kinder, Feuer aus, welches die umfänglichen Wirtschafts gebäude großentheils einäscherte. Herrenhaus und Pachterwoh nung bliebm verschont. — In der Nacht vom 18. zum 19. gegm 11 Uhr ver- unglückte auf dem Leipzig-Dresdner Bahnhofe in Leipzig ein Wagenschieber, Ferdinand Kade aus Lindmau, auf schreckliche Weise. Damit beschäftigt, die Wagen eines Zuges abzuhängm, kam er unglücklicherweise in dem Augenblicke auf das Gleis zu fallen, als die Lokomotive heranfuhr; zwei Räder des Tenders erfaßten ihn und zermalmten ihm dm rechten Oberschenkel. Der Unglückliche wurde noch lebend ins Jakobshospital gebracht. — DaS Budget für das hiesige Elementarschulwesen um faßt per 1866 die Summe von 121,338 Thlr., wovon nach dem Voranschlags 60,408 Thlr. aus der Stadtkaffe zuzuschießen sind. — Der VerwaltungSrath der deutschen«, Schillerstiftung tritt Ende dieses Monats in Wien zur regelmäßigm Konferenz zusammen. Unter den Fragen, die ihm vorliegen, befindet sich auch „das Verhältniß der Stiftung zur sächsischen Negierung." — Der „Berliner Reform" zufolge hat es sich bei der Haussuchung bei vr. Jost pH in Leipzig um den Soldatenbrief gehandelt, der die Worte des Kronprinzen betreffs d« in Aussicht flehenden französischen Hilfe nach Leipzig gemeldet; die Haussuchung habe auf Veranlassung der k. sächsischen Lan descommission stattgefunden und vr. Joseph «klärt, er werde nie die Niederträchtigkeit begehen, den Namen de» Briefschrei- ber» zu nmnm; die Untersuchungen gegm vr. Joseph dauern fort. — Eine sehr alte Firma feiert hmte ihren 90jährigen Geburtstag. Am 21. Oktober 1776 «öffnete Herr Johann Baptist« Longo aus Mailand unter dies« Firma in dem Parterre des früher Ritter'schen jetzt Kunsthändler Arnold'schm Hause eine Handlung mit italienischen Maaren und Weinen auf der Schloßstraße. Von da zog « in das jetzt Optikus Löbel'sche HauS, hinauf in das damals dn Madame Biehayn gehörige Hotel de Pologne und endlich in da» HauS an der Schloßpraßm- und klemm Brüdergaffenecke. Nach dem Tode des Gründer« übernahm d« Sohn Herr Joseph Anton Longo das Geschäft unt« Beibehaltung d« Firma und «kaufte das letztgedachte Haus, worin sich die Handlung befand im Jahre 1834. Er starb 1855 und sein Sohn Benno Longo wurde Inhaber d« Firma, was er noch jetzt ist. Wünschen wir d« achtbaren Firma noch ein lange« glückliches Bestehen I — Die Concerte d« Wohlbrück'schen Singspielhalle auf dem königlichen Belvedere beginnen bei der nun eingetretenen kälteren Witterung wied« die Anziehungskraft auSzuübm, die sie schon im vorigm Winter hatten. Das Personal, aus wel chem bereit» einige dem feineren Geschmacks de« hier verkehren den Publikum» weniger zusagende Elemente ausgeschieden sind, hat sich bereit» in d« Gunst des Publikums festgesetzt und wird durch mehrere neue Aquisitionen einen willkommenen Zuwachs erhalten. der vorzugsweise dem komischen Genre zu Gute kommm soll, das jetzt nur von Herrn Wohlbrück und Fräulein Felix auSgefüllt wird. Mit vielem Beifgll werden vsm Publikum die gemischten Quartetten und die von Fräulein Fels und Hnm Chodowiekh gesungmm und vorgetragenen größeren Opernscmen ausgenommen. — Mit dieser Woche beginnen auch die von d« Laade- schm Kapelle unt« Leitung des Herrn Musikdirektor G. Franke im untern Saale des Belvedere so beliebten Coneerte ohne Ta- backraueh, die regelmäßig Montags und Freitags stattfinden. — In den kürzlich erschienenen „LebenSermnerungen und Denkwürdigkeiten von Carl Gustav CaruS" befindet sich auch eine interessante Schilderung der Abholung d« Leiche de» in Tirol verunglückten Königs Friedrich August. Von Bedeutung ist dabei die Mittheilung, daß bei der Untersuchung d« Leiche zum Behufs d« Einbalsamirung nach Dantschers (eine» au« Innsbruck herbkigerufenen Professors) Mittheilung Momente ge- funden worden waren, welche es nicht ganz unwahrscheinlich machten, daß die vieljährigen schweren melancholischen Zustände de» Königs zum Thell mit auf kleinen pathologischen Verände rungen geruht hatten, welche viüleicht späterhin »och schwer«« Leiden bedingt haben würden, ein Unglück, bei weitem härt«, al» ein früher unerwarteter Tcd! (L. Z.) — Am 17. Nacht« g-^gen 12 Uhr sind zwei mit 3100 Thlr. versicherte, in der Nähe von Radeburg gestandene »nd de« R ttergutkpachter C. Wöhler in Niederrövern gehörige Ge- tretdefeime» niedergebrannt. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 20. Oktober. Li» junges Mädchen von 20 Jahren, von angenehmen Aeußera, iß d« Verübung mehrfach« Diebstähle und Betrügereien «ge klagt. Marie Therese Strinitz aus Oberlungwitz war am 15. Januar diese» Jahre» bei der verwittweten Harting in Dienst getreten und blieb dort bis 8. August. Während dies« Zelt suchte sie bei ihr« Dienstherrin sich al» die Tochter eine» rei chen Fabrikbesitzers hinzustellen und gab an, ein Onkel hätte ihr ein Erbtheil von 20,000 Thal« ausgesetzt. Derselbe wolle, daß sie Musik treiben und die französische Sprache erlernen sollte. Es ist auch von d« Wittwe Härting ein Lehr« der Musik engagirt worden, d« d« Strinitz einige Stunden gege ben hat, aber von der Härting bezahlt worden ist. Kurz nach Ostern bemerkte die Härting, daß ihr ein Zehnlhalerschein an» dem Secretär abhanden gekommen war, sie sagte darüber nicht», als aber später noch ein solch« fehlte, sprach sie ihre Verwun derung darüb« aus, und am nächsten Morgen fand sich der eine auf dem Sopha. Aus einem Koffer, welch« in einer ver» schlossen«: Bodenkamm« gestanden hatte, fehlten verschiede»» Gegenstände, als: zwei Paletot», eine Tuchjacke, zwei lieber» zieh«, ein grauseidnes Kleid, im Gesammtwerthe von SO Thbk 15 Ngr. Die Härting sprach darüb« mit der Angeklagte«, und diese meinte, das müsse die Aufwartung gestohl« habe«. Ebenso schob sie den Diebstahl von circa 20 Stück Wäsche, al»: Hemden, Beinkleid«, Strümpfe, im Gesammtwertbe »» 18 Thlr. auf die Aufwartung. Die Härting wurde stutzig ruck beschloß zu den Eltern der Strinitz nach Großröhrsdorf zu reis«, um sich über den wahren Sachverhalt zu erkundigen. Die Reife mußte einige Zeit wegen der Unfahrbarkeit d« Bahn «ufge» schob« werden. Am 8. August wurde die Absicht in Rück führung gebracht. Die Härting erfuhr, daß alle Angaben nicht wahr, und daß die Strinitz wegen Ungehorsam und schlechter Aufführung vom Hause fortgeschickt sei. Die Stiefmutter der Strinitz fuhr mit nach Dresden, hi« Abend» 11 Uhr «ge kommen, fand« sie im Wohnzimmer dm Seeretär eff«, ruck in d« Schlafstube den Schlüssel an d« Kommode »ad «» Kleiderschravke stecken, ab« die Strinitz nicht. I« Seeretär fehltm nun verschiedene Silbersachen, als: Kaffeelöffel, Speise löffel u. s. w., welche auf 31 Thlr. gewütdert find, au« der Kommode mehrere Sachen, ein wollne» Kleid, Unterröcke, eine Reisetasche, geschätzt auf 10 Thlr. Die Strinitz war zu ihre« Onkel nach Oberlungwitz gereist. Sie wurde dort verhaftet^ und e» fand sich, daß die Sachen für 30 Thlr. verpfändet wordm warm, ebenso hatte sie die Diebstähle i» der Boden kammer und im Wäsqsschrank ausgeführt, und die Sach« für 11 Thlr. auf dem Lechhause versetzt. Diese 11 Thlr. hatte sie d« Madame Härting zum Aufheben mit dem Vorgiebm übergeben, sie habe diese Summe vom Großval« geschickt er halten als WohnungSmiethe für einen Seminaristen, den deff» Vater zur Härting in Kost und Logis gebm wollte. Dm SeM- tär hatte die Strinitz durch einm Schlosser öffnen lassen. De» Zehnthalerschein will sie nicht gestohlen haben. Durch ihr« Großsprechereien wurde sie seit Ostern nicht mehr als im Dienste stehend betrachtet, wie sie auch der Härting ein Kost- «nd Lo» giSgeld von 30 Thlr. vierteljährlich versprach. Um nun diel auszuführen und von der Härting al« eine Person angesehm zu werden, welche Vermögen zu erwarten habe, beging sie auch mehrfache Betrügereien. Bei einem in demselben Hause woh nenden Herrn, Namm» Alex, borgte sie zu vier »«schied«»» Malm angeblich im Namm d« Frau Härting Geld, 10 Thb^ 15 Thlr. und zweimal je 5 Thlr. Bon diesem Geld« will sie 25 Thlr. der Härting übergeben haben als Bestreitung der Pensionkquote. Als nun die Sache offenbar wurde, versprach die Strinitz da» Geld aufzubringen; sie nahm ab« zu neu« Betrügereim ihre Zuflucht, denn sie schrieb an dm Schwager der Härting einen gefälschten Brief, bekam aber von demselben kein Geld, da dieser einen Betrug vermuthete, die Antwort unterschlug sie. Da dieser Versuch fehl schlug, schrieb sw an die Schwester d« Härting nach Chemnitz ebenfalls ohne Auf trag und erhielt 50 Thlr. Sie machte der Härting weiß, diel Geld sei von ihrem Großvater, und gab e« d« Härting, um die Schuld bei Hnm Alex zu decken, und da» übrige für sie aufzuheben. Die Anklage sieht in diesen Handlungen einfache» und auSgezeichnetm Diebstahl, im Betrug gegm Alex einm Kn- fachen, gegm die Schwester einen auSgezeichnetm und gegm den Schwager dm Versuch eine« auSgezeichnetm Betrug». In diesem Sinne spricht sich auch Staatsanwalt Roßteuscher au» und beantragt die gesetzliche Strafe mit Ausnahme für dm Gelddiebstahl, da hi« d« Beweis nicht erbracht sei, in dem er dem Gerichtshof anheimstellt, inwieweit « durch die Zahlung der Strinitz an die Härting einm Ersatz al» Milderungsgrund «nnrhmm «olle. Die Vertheidigung, vertreten durch l>r. Schaff- rarh, machte geltend, daß hinsichtlich der einfachen Diebstähle und de» einfachen Betrug» der subjeäive Thatbestand nicht be wiesen sei, und heb die verschiedenen Momente hervor, welch« al» mildernd für die Angeklagte bei Abmessung der Stvafe -v >