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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 30.01.1900
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19000130017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900013001
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900013001
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-01
- Tag 1900-01-30
-
Monat
1900-01
-
Jahr
1900
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Auf der einen Seit« kann sie da» Schlagwort nicht mehr aufrecht erhalten, daß die Flottennovelle da- Budgetrecht des Reichstages irgendwie verkürze; auf der anderen Seite sind die politischen Voraus setzungen der geforderten Verstärkung, über die sich die Be gründung natürlich nur sehr vorsichtig äußern kann, durch die Thatsachen des letzten Jahres allen verständigen Leuten so un mittelbar und einleuchtend zu Gemüthe geführt worden, daß die alten Schlagworte, von der „uferlosen Flottenpolitik" angefangen bis zur „romantischen Weltmachtpolitik", außer Eurs gesetzt werden müssen. Nicht minder deutlich und überzeugend ist die Sprache des wirthschaftlichen Aufschwungs, des Nachweises ins besondere, welch' großer Theil der handarbeitenden Elasten auf die Greihaltung des Seeverkehrs angewiesen ist. Denn mehr als 70 Proc. der Gesammteinfuhr an Rohprodukten und Halb fabrikaten, die eine wesentliche Grundlage der deutschen Industrie ausmachen, gehen zur See ein. Unter solchen Umständen wird zu dem alten Mittel gegriffen, mit der Gesammtsummirung der Ausgaben in den kommenden zwei Jahrzehnten für die deutsche Flotte einen Appell an die Kritiklosigkeit zu versuchen und den besorgten Staatsbürger durch fettgedruckte Milliardenziffern zu schrecken. Diese Methode, die namentlich in der „Freisinnigen Zeitung" mustergiltig ausgebildet ist, wird aber niit leichter Mühe in ihrer Nichtigkeit dargethan, wenn man objektiv gegenllberstellt: einestheils die gesammten Schiffsbauten, mit denen in einer, wie ausdrücklich bemerkt sei, für den Reichstag unverbindlichen Form der neue Flottenplan rechnet, auf der anderen Seite die Gesammtaufwendungen für Marinezwecke, die auf die einzelnen Jahre des 16jährigen Flottenbauplanes entfallen würden. Zu diesem Zweck lassen wir nachstehend eine Uebersicht folgen, welche den gesammten Bauplan wiedergiebt, wobei mit V die sogenannten Vermehrungsbauten bezeichnet find, also diejenigen Bauten, um die nach Maßgabe des neuen Flottengesetzes die Flotte an Zahl verstärkt werden soll, während mit L die Ersatzbauten bezeichnet sind, die nach Maßgabe des geltenden Flottengesetzes ohnehin in dieser Zeit gebaut werden müssen: I. Periode. Zur Erläuterung sei bemerkt, daß in der zweiten Bauperiode die ersten vier Ersatzbauten an Linienschiffen an Stelle der vier ausscheidenden Schiffe der Sacysenelasse treten sollen und daß die ersten neun Ersatzbauten an Linienschiffen der dritten Periode für die acht Küstenpanzer der Siegfriedclasse und der „Olden burg" eingestellt werden. Damit ergiebt sich augenfällig, daß die geplante Verdoppelung der aktiven Schlachtflotte nach Maß gabe der Flottennovelle finanziell lediglich die Wirkung hat, daß in 16 Jahren, von 1901 ab, die Ausgaben für die Marine in langsamer Steigerung im Durchschnitt um nicht ganz 16 Mil lionen Mark von Jahr zu Jahr wachsen, bis sie 1916 um etwa 105 Millionen Mark höher sind als 1901. Die natürliche Schwäche der Vorlage besteht darin, daß Nie mand im Stande ist, mit gleicher Sicherheit, wie sich für diese 16 Jahre die Mehraufwendungen für die Flotte feststellen lassen, zahlenmäßig darzuthun, in welchem Umfange in derselben Zeit einestheils der Wohlstand der Bevölkerung wirklich wachsen wird, und vor Allem die eigenen Einnahmen des Reiches. Des halb beschränkt sich die Begründung darauf, die Deckungsfrage damit zu beantworten: die bisherige Entwickelung der ReichSfinanzen lasse erwarten, daß sich die jährliche Steige rung der Ausgaben für Marinezwecke ohne neue Steuern decken lasse. Zieht man die 16 Jahre zum Vergleich heran, die vor der Zeit liegen, in der ernsthaft an eine bessere Rüstung de» Reiche» zur See gedacht werden mußte, dann ist die Annahme, daß die ordentlichen Mehreinnahmen auSreichen werden, nicht von der Hand zu weisen, wie folgend« Stichproben au» den Haupt einnahmen nach Maßgabe de- Etat» beweisen: 1885 353 Mill. Mk. 22 . - 27 . . Zölle und Verbrauchssteuer, Stempelabaabeu Post (UeberfchuA Reichsdrvckerri » Eiseubahaea - Unter diesen Umstanden und da der Geburtenüberschuß jährlich mehr al- 800000 Köpfe beträgt, ist anzunehmen, daß in den 16 Jahren de- Flottengesetze- reichlich eine Steigerung der Einnahmen eintreten wird, die die gedachten Mehrkosten ohne neue Steuern decken laßt. ES kommt hinzu, daß der größte Theil der Einnahmen in den ersten dreißig Jahren de» Reiche» durch die fortdauernden Au»gab«n für dieArmee beansprucht wurde, die in den gedachten 16 Jahren nach dem Etat von 338,8 Mil lionen auf 814 Millionen gewachsen find. Nach Maßgabe der Verhältnisse, die für di« Verstärkung de- LandheereS in Betracht kommen, ist nicht anzunrhmen, daß di« 16 Jahre, mit denen di« Flottennovelle rechnet, auch rmr entfernt ein« ähnlich« Steige. 1901 öin.-Schiffe Gr. Kreuzer Kl. Kreuzer Torp.-Div. Gesammt- aufwendungen 817 Mill. Mk. 8 V 1 L 1 V^-22 1 L 1902 2 V 1 k 3 L I V 226 - « 1903 2 V 1 L 2 L 1 V 235 . - 1904 2 V 1 V 3 V IV 243 - - 1905 8 V 1 V 8 V H. Periode. IV 251 - - Lin.-Schiffe Gr. Kreuzer Kl. Kreuzer Torp.-Div. Grsammt- oufwendungen 1906 2 8 1 V 2 V 1 L 260 Mill. Mk. 1907 1 L 2 V 3 V I L 269 . - 1908 1 L 2 V 3 V 1 L 277 . . 1909 IV I V 1 V-j-2L Hl. Periode. 1 L 285 - . Lin.-Schiff« Gr. Kreuzer Kl. Kreuzer Torp.-Div. Gelammt« aufwendungen l910 1 L 8 L 3 L 1 L 292 Mill. Mk. 1911 8 v 1 L 3 L I L 296 - - 1912 2 L 1 L 3 L I L 303 - - 1913 2 L 1 L 2 L 1 L 309 - - 1914 8 L 1 L 3 L 1 L 312 . - 1915 2 L I L 3 L 1 L 318 - - 1916 2 L 3 L 1 L 323 - - rung der Heeresausgaben nothwendig machen werden. In Folge dessen konnte sich die Begründung der Deckungsfrage aus die weitere Bemerkung beschränken: Wenn die Entwickelung der Reichsfinanzen die Deckung der ordentlichen Ausgaben der Marineverwaltung in dem erforderlichen Umfange nicht er möglichen lasse, dann sei, wenn neue Einnahmequellen nicht er schlossen würden, in solchen Jahren der Anleihebetrag zu er höhen. Nichts steht im Wege, in diesem Punkte die Einschrän kung hinzuzufügen, daß bei einer solchen Erschließung nicht eine Erhöhung oder Vermehrung der indirekten, den Massenverbrauch belastenden Reichssteuern in Betracht kommen solle. Statistisches aus -em Schulwesen im deutschen Reiche am Ende -es 19. Jahrhunderts. An öffentlichen Volksschulen giebt es im deutschen Reiche rund 59 300; in ihnen werden 8 660 000 Kinder von 137 500 Lehrern und Lehrerinnen unterrichtet. Die Muttersprache der Schul kinder ist überwiegend die deutsche; nur in einigen östlichen Pro vinzen Preußens ist sie theilweise die polnische, im nördlichen Theile Schleswigs die dänische und in einem Theile des Reichs landes die französische; mit geringfügigen Bruchtheilen findet sich in Preußen und Sachsen noch das Wendische und das Tschechische, an Preußens Westgrenze das Wallonische, in Ostpreußen auch das Litthauische vertreten. In Preußen sprechen von den Schülern aller niederen Volksschulen in ihrer Familie 87 v. H. nur deutsch, 10 v. H. nur polnisch, 0Z1 v. H. nur litthauisch, 0,17 v. H. nur wendisch, 0,41 iv. H. nur dänisch und nur 0,31 v. H. eine andere nicht deutsche Sprache. — Die Volksschulen im Reiche verursachen einen Jahresaufwand von etwa 341 700 000 Mark, von welchem aus Staatsmitteln rund 98 390 000 auf gebracht werden und der größere Theil des Restes den Gemeinden zur Last fällt. Auf je 915 Einwohner trifft man eine öffentliche Volksschule an; auf je 100 Einwohner kommen rund 16 Volks schüler, auf je 1000 Einwohner 2,5 Volksschul-Lehrkräfte. Jede Lehrkraft hat durchschnittlich 63 Schüler zu versorgen und jeder Dolksschüler verursacht rund 39,50 v/i Kosten. Die Lehrerbildungsanstalten sind ganz über wiegend Staatsanstalten; nur die Lehrerinnen werden theilweise in Seminarclaffen verschiedener höherer Mädchen schulen vorgebildet. Im ganzen Reich« bestehen 188 Lehrer- und 31 Lehrerinnen-Seminare mit 2000 Lehr kräften und 18 900 männlichen, 2100 werblichen Zög lingen. Für die Lehrerbildung werden jährlich etwa 11 bis 12 Millionen Mark anfgewendet. Im Durchschnitte des Reiches kostet jeder Seminarzögling in den staatlichen Anstalten jährlich etwa 540 --L. Die Vorbildung zu den Lehrerseminaren erfolgt der Regel nach in Präparandenanstalten. In Preußen giebt es deren 36 staatliche mit 2500 Schülern und werden rund 862 000 Mark für dieselben aufgewendet; in Bayern sind 50 Präparanden- anstalten vorhanden, welche 2200 Schüler zählen. An höheren Lehranstalten für allgemeine Bildung (Gym nasien, Progymnasien, Realgymnasien, Prorealgymnasien, Ober realschulen, Realschulen, auch Mittelschulen u. s. w. benannt) zählt das deutsche Reich 1108 mit 16 830 Lehrern und 288 000 Schülern. Die Anstalten haben meistens nicht konfessionellen Charakter. Die höheren Lehranstalten verursachen einen jähr lichen Kostenaufwand von ungefähr 70 Millionen Mark, der zum kleineren Theil aus Staatsmitteln, zum größeren aus den eigenen Einnahmen der Anstalten (Schulgeld, Stiftungsein- künften) und aus Gemeindemitteln gedeckt wird. Die höheren Lehranstalten erheben durchweg Schulgeld von ihren Schülern, von denen etwa 8 v. H. Freistellen Haven mögen. Das Schul geld ist in Norddeutschland höher als in Süddeutschland. — Preußen hat 578 höhere Lehranstalten mit 169 200 Schülern (einschließlich Dorschülern) und 9210 Lehrern (einschließlich Vorschullehrern) und die Unterhaltungskosten der Anstalten be tragen 43 400 000 Das übrige Reich zählt 530 derartige Anstalten mit 118 800 Schülern und 7620 Lehrern und wendet für sie jährlich etwa 26 600000 auf. Auf eine Anstalt kommen durchschnittlich im Reiche 260 Schüler; auf eine Lehr kraft durchschnittlich 17,1 Schüler. Oeffentliche höhere Mädchen schulen giebt es im deutschen Reiche 306 mit 75100 Schülerinnen, welche von 2100 Lehrern und 1925 Lehrerinnen unterrichtet werden. Die Unterhaltungskosten dieser Anstalten sind auf 11 bis 12 Millionen Mark anzunehmen. Die wenigen bereits bestehenden Mädchengymnasien haben bisher schon gute Erfolge zu verzeichnen. In München hat im Herbste 1899 zum ersten Male eine Dame die ordentliche Prüfung für das höhere Lehr amt in der klassischen Philologie bestanden. Zu gleicher Zeit waren in Berlin schon rund 400 Frauen bei der Universität als Hörerinnen zugelaflen. Die 22Universitatenim deutschen Reiche (einschließlich zweier nicht vollständiger) zählen rund 2500 Professoren und Do- centen und werden von 32 000 Studirenden besucht; sie verursachen einen jährlichen Kostenaufwand von rund 22500000 c4t. Die 9 technischen Hochschulen (eine 10. ist noch in Begründung be griffen, eine 11. geplant) haben einen Studenten- bezw. Hörer bestand von 11000 und sind mit 850 Professoren und Docenten besetzt; sie verursachen ungefähr 6 Millionen Mark Kosten. Die übrigen 18 fachlichen Hochschulen, wie Berg-, Forst- und Land- wirthschaftakademien, zahlen 3500 Studirende und 350 Lehr kräfte und kosten ungefähr 4 Millionen Mark. Danach em pfangen im deutschen Reiche (ohne die Akademien für Armee und Marine) etwa 46 000 bi» 47 000 junge Männer Hochschul unterricht. Die Gesammtkosten der Hochschulen übersteigen jährlich 32 Millionen Mark. — Die neueste Art von fachlichen Hochschulen sind die im Werden begriffenen Handelshochschulen, welche in jüngster Zeit in Leipzig, Aachen und Freiburg im Anschlüsse an die dortigen Hochschulen in» Leben gerufen sind, und ebenso wie die auch anderwärts, z. B. in Frankfurt a. M., eingerichteten akademischen Curse für Kaufleute die akademische Durchbildung von Kaufleuten für leitende Stellungen im Handel und in der Industrie bezwecken. Uebrr da» niedere und da» mittlere Fach schulwesen lassen sich wegen seiner Vielgestaltig keit zusammrnfassende statistische Thatsachen kaum bei bringen. ES liegt in der Natur der Sach«, daß diese Anstalten in zahlreichen Fällen eine schematische Ordnung gar nicht vertragen, da sie zum Theil ganz den örtlichen Bedürf nissen angepaßt werden müssen. Für das gewerbliche Aus- brldungswesen, besonders die Fachschulen, hatte der preußische Staat 4 991735 das Königreich Sachsen 1672 824 Baden 522 374 in den Etat für 1899 eingestellt. Für ge werbliche Fortbildungsschulen gab 1898 Bayern 625000 c//, Württemberg 210000 aus. Baden hat in seinem letzten Budget auch für Frauenarbeits- und Haushaltungsschulen 17200 angeführt. Dazu kommen noch erhebliche statistisch schwer erfaßbare Ausgaben der Städte, der Staatseisenbahn verwaltungen und von Unternehmer- und sonstigen Ver einigungen u. s. w. für Fachausbildung hinzu. Freilich ist diese immer noch ein erhöhter Aufmerksamkeit und Pflege bedürftiges Feld. Schließlich sei noch einer dem Ende des 19. Jahrhunderts eigenthümlichen Erscheinung auf dem Gebiete des Bildungs wesens gedacht, nämlich der Volkshochschulcurse welche in verschiedenen Städten Eingang gefunden haben und dazu bestimmt sind, die Ergebnisse der Wissenschaft den weitesten Kreisen zugänglich zu machen. Solche Volks-Hochschulcurse be stehen in größerem Stile in Leipzig, Berlin, Dresden, München, Hamburg, Frankfurt a. O. u. a. O. In Hamburg wurden im Winterhalbjahre 1898/99 85 Vorlesungen dieser Art von 64 Docenten gehalten; die Zahl der Besucher der Vor lesungen betrug 7882, wovon 4178 Männer und 3704 Frauen waren. Die angeführten Angaben, welche sich im Allgemeinen auf das Jahr 1898 beziehen, berechtigen gewiß dazu, das ab laufende 19. Jahrhundert als da» Jahrhundert der Schule zu bezeichnen. Der Krieg in Sü-afrika. l». Unserem gestrigen auSführlicheu Commentar über Buller'» Niederlage am Tngela haben wir, zumal weitere Meldungen nicht vorliegen, nichts binzuzufügen. Nur ein» sei noch bemerkt: Wenn Buller am Schluffe seine» langen Telegramme» sagt, der unbehelligte Rückzug der Truppen über den Tugela beweise, daß die Boeren gelernt haben, die Kampffähigkeit der britischen Soldaten zu achten und Respekt vor ihnen bekommen haben, so ist da» ein sehr schwacher Trost. Die Boeren haben, da ihre Taktik die Aggressiv« nicht kennt, stet» auf die Verfolgung de» Feinde-, den sie auf eine für sie gefahrlosere Weise mürbe zu machen verstehen, verzichtet. Uebrigens trauen mir Buller die hoble, lächerliche Großsprecherei gar nicht zu; nach unserer Auf fassung blieb es dem englischen Kriegsamt Vorbehalten, den Rückzug einer geschlagenen Armee al- eine dem Sieger Respekt einflößende Großlhat zu besingen. Aber da» Kriegs amt muß ja sein Publicum kennen. Demenlirt wird jetzt, wie schon in einem Theile der Auflage de- gestrigen Abendblattes mitgetheilt worden, die in Pariser Blättern verbreitete Nachricht, daß Truppen der Südafrika nischen Republik die Grenze der portugiesischen Colonie Mozambique überschritten hätten. Nach Lissa boner amtlichen Erklärungen ist die Nachricht vollständig erfunden, England also der Anlaß genommen, von Por tugal Maßregeln gegen Transvaal zu verlangen, und, falls dieselben verweigert werden sollten, zur Selbsthilfe — durch die Besetzung der Delagoa-Bai — zu greifen. Siu Tagesbefehl Buller'». Ein Zeichen, mit welcher Erbitterung jetzt gekämpft wird, ist unter Anverm der Tagesbefehl, den Buller ausgab, bevor die Truppen den Vormarsch auf Ladysmith antraten. Seit Inhalt wird jetzt in einem Telegramm aus Pieter maritzburg mitgetheilt. Darin heißt eS: „Eine weiße Flagge bedeutet nichts, so lange der Feind nicht seine Waffen niedeilegt und dann die Arme rmporstreckt. Es wird auch der Versuch gemacht werden, euch durch falsche Befehle und die falschen Hornsignale „Feuer einstellen" und „langsam zurück" irre zu führen; aber eure Generäle geben euch nur einen Befehl, der, wenn er streng befolgt wird, waS ich voraussetze, unser» Waffen einen vollen Erfolg sichern muß, und dieser Besehl heißt: „avanciren!". Solltet ihr je in geschlossener Abtheiluag Lurch eine Salve über rascht werden, so denkt daran, daß der einzige Weg zur Rettung und zum Siege darin liegt, daß ihr euch auf den Feind stürzt, Leun wenn etwas ist, dem der Feind nicht widerstehen kann, so ist es der Kampf Mann gegen Mann. Dieser Krieg ist na» au» den niedrigste» und verwerflichsten Gründen aufgezwungen worden durch eine» Gegner, dem all« Mittel, die zum Ziele führen, recht sind: Lerrath, Hinterlist und Verschwörung. Laßt uns also kämpfen, wie unser« gute Sache e» verdient." Eine Botschaft he» Präsidenten Krüger. * Lands«, 28. Januar. In einem Brief, den ein Krieg»- correspondent auS Pretoria an englische Blätter richtet, wird einer bisher noch nickt bekannt gewordenen Botsckast Erwähnung gethan, die Präsident Krüger Anfang Deeember an den Präsidenten Stejn sandte. Der Text dieser Botsckast, die allen Soldaten de» Oranje-Freistaate» mitgetheilt werden sollte, ist folgender: „Geehrter Herr und Bruder! Der Fall ist zu wichtig für mich, al» daß ich schweigen könnt,. Ew. Ehren müssen alle» Ihren Officteren und vurghern die Thatsach« vor Augen halten, daß wir, wenn wir unsere Unabhängigkeit wirderzu- erlaugen wünsch,» und unser Land nicht dem Feind« ansliefern wolle», de» Entschluß soffen müssen, selbst auf Kosten unsere» Leben» einen energischen Widerstand zu leisten und »icht wanken dürfen, sondern Staad halten müssen, bi» wir unseren Sieg gesichert haben. Der Herr hat gezeigt, daß er mit uu» ist, da der Feind den Verlust von Hunderten z» beklage», hat, während wir nur den Verlust Weniger bejammern. Wenn wir nn« zurückziehen, so wäre da» »in Zeicke» von Feig- heit. Ich hab« bemerkt, daß wir Positionen nur d,»halb räume» mußten, weil wir »icht gemeinschaftlich vorgegangen sind. Mein Alter erlaubt mir »icht, mich mrinen Söhnen an- zoschlleßen, sonst würde ich gegenwärtig bereit» an der Grenze gewesen sein. Ew. Ehre» muffen ihnen beständig mit Rath und That zur Seite stehen. Denn der Entscheidungskampf kommt immer näher, der zeigen soll, ob unser Land sich ergeben wird oder nicht. Keineswegs dürfen wir da» Land aufgeben, sollte e» selbst die Hälfte unierer Leute kosten. Ew. Ehren müssen den Ossicieren und Soldaten vor Augen halten, daß sie bis zum Tode Widerstand leisten müssen. Ich habe da» volle Vertrauen, daß wir mit diesem Entschluß im Namen des Herrn nach einem wohlbedachten Angriff auf einen sichren Sieg hoffen können. Denn Ehristus hat gesagt: „Der da sein Leben behalten will, der soll eS verlieren; wer e» aber verliere» wollt, nm der Wahrheit willen, der soll es behalten." Noch eine Unterredung mit vr. Leyd». Im Palast-Hotel zn Berlin am Potsdamer Bahnhof, von dessen Front die TranSvaalfahne (grün, roth, weiß, blau) neben der deutschen wehte, hatte ich heute, schreibt ein Vertreter der „Deutschen Tagesztg.", die Ehre, von vr. Leyds, dem Ge sandten der Transvaal-Republik, in anüerthalbstündiger Audienz empfangen zu werden, vr. Leyds ist ei» hochgewachsener, schlanker, brünetter Mann in den besten Jahren. Nachdem eine kurz« Be grüßung stattgefunden und ich ihm meine Glückwünsche zu den jüngsten Waffenerfolgen ausgesprochen, entspann sich eine zwanglos« Unterhaltung. Wie hoch taxiren Excellenz die Gesammtverluste der Boeren (Freistaat- und Transvaalboeren) zusammen? Leyds erwiderte, daß nach seinen letzten brieflichen Nachrichten (telegraphisch mit Transvaal v.rkehren könne er nicht) von Mitt» December sich der Gesammtverlust der Boeren auf 212 Todte. 678 Verwundete (etwa 80 inzwischen Genesene und zur Front Zurückgekehrte), sowie 200 Gefangene belaufe. Auf meine Frage, wie weit die Meldungen über englische Grausamkeiten von ihm bestätigt werden könnten, erwiderte Excellenz, daß thatsächlich kriegsgefangene Boerenoificiere in Eap- stadt ins Gefängniß gesetzt worden sind. Die Boeren dagegen behandeln die englischen Gefangenen gut, nur zu gut. Dieselben hätten z. B. Fleisch bekommen, Hinterbliebene gefallener Boeren dagegen nicht. Den General Kock hätten d>e Engländer elend zu Grunde gehen lassen, trotzdem er seine Verpflegung bezahlen wollt«. Auf meine Frage, ob es Thatsache sei, daß englische Soldaten Boerenfrauen mißhandelt hätten, betonte vr. Leyds wiederholt, daß thatsächlich Kaffem unter Befehl englischer Officiere Boerenfrauen fortgeschleppt haben. DieseThatsache wieder holte der Gesandte. Im Verlauf de- weiteren Gespräch- kam auch die Rede aus die Bewaffnung der Boeren. Bei dieser Gelegenheit stellt» vr. LeydS fest, daß die Wunde der Boerengewehrkugeln selbst nach den Aussagen englischer Aerzte eine gute Heilung er möglichen. Aus meinen Einwurf, daß man noch vielfach im Un- klaren über da- Gewehrmodell der Boeren sei, erwiderte vr. Leyds, da» Boerengewehr sei ein Mausergewehr neuesten Modells und zwar ein Repetirgewehr mit je fünf Patrone». Deshalb sei es dem englischen Lee-Metford-Gewehr weit überlegen. Außer den Mausergewehren Hütten die Boeren Massen von Henry Martini- Gewehren. Munition sei für Jahre reichlich vorhanden. Jeder Boere habe zwei Gewehre, ein Mauser- und ein Henry Mar- tini-Gewehr. Seit dem November werden Artilleriegeschosse, neuer dings auch Mauserpatronen im Lande selbst angesertigt. Im Allgemeinen schien vr. Leyds heiter und voll Vertrauen aus den endgiltigen Erfolg der Boerenjache. Selbst als ich drr Delagoasrage aufs Tapet brachte, irritirte ihn dies nickt. Er schien offenbar fest anzunehmen, daß auch hier England, selbst wenn es zngreise, hier keine Lorbeeren pflücken werde. Aus feinen Schilderungen der Grenze zwischen Transvaal und der portugiesischen Besitzung Lorenzo Marques ergab sich, daß dort ebenso wie io Natal ein zum Tbeil sehr gebirgiges Terrain vorherrscht, das ohne Mühe von einer kleinen Boerentruppe wirksam vertheidigt werden kann. Die Bahn zwischen Pretoria und der Delagoabai sei über dies nach strategischen Gesichtspunkten von den Boere» angelegt. Aus den weiteren Schilderungen schien mir noch interessant, was vr. Leyds über daS Kriegswesen der Boere» erzählte. Jeder Boere ist beritten, und zwar kann er uickt »ar sein eigene» Pferd reiten, sondern jedes beliebige Pferd, aus das er im Stande ist, sich mit dem Gewehr in der rechten Hand frei hiaaufzuschwingen. Den Säbel führe der Boere nicht, ebenso wenig daS Bajonett. Letzteres sei absichtlich nicht ein- grsührt, weil es der Fechtart der Boeren nicht entspreche. Im Nahgefecht brauchen sie eventuell den Kolben. WaS die Artillerie anbelangt, so seien sowohl die Feldgeschütze von Krupp als die siestungsgeschütze von Creuzot den englischen Geschützen überlegen. Aus meine Frage, ob er den ehemaligen preußischen Garde- Artilleriefeldwebel Albrecht kenne, bejahte vr. Leyd» mit dem Hinweis, daß Albrecht bei der Oranjefreistaatartillerie steh« und noch lebe. Ueberhaupt stehen viele Deutsche in der Boerenarmee. Auf meinen Hinweis, daß man versucht habe, in eiazelnen deutschen Blättern die Meinung zu verbreiten, als seien die Boeren nicht mehr deutschfreundlich, sondern mehr franzoseufreundlich, ver- neiute vr. Leyds und meinte, diese Ansicht sei entschieden falsch und entbehre jeder Begründung. Al» englische Märchen bezeichnete vr. Leyds auch alle die Mel dungen von angeblicher Uneinigkeit zwischen Freistaatboeren uvd TranSvaalboeren. Daran sei kein Wort wahr. Thatsache sei doch, Laß Oranjeboereu freiwillig unter dem Eommando von Tran-vaai- generale» fechten. Ich erwähnte deS Präsidenten Krüger und gedachte der ungünstigen Gerüchte über seinen Charakter, welche vo» englischer Seite aus- gespreugt worden sind. Die» gab vr. Leyd» Beraalaffung, zu ver- sichern, daß Präsident Krüger, den er au» ISjiihrigem, sehr genauem Verkehr gut kenne, persönlich ein ganz unantastbarer Charakter sei. Allerdings sei Krüger «ich: da» komme daher, daß er früher Farmer gewesen sei und sein Besitztum, auf dem Gold gefunden wurde, günstig verkauft habe. All« Verdächtigungen Krüger s sind englisch« Lügen. Ein Theil der Bewaffnung der Boeren sei allerdings auS geheimen Fond» beschafft worden, aber nicht von Krüger persönlich. Joubert sei nicht »ur eia guter Stratege, sondern rin eben so guter Redner. Auf das wirihschaftliche Gebiet übergehend, bemerkte vr. Leyd», daß Transvaal zwar auch theilweise für Ackerbau geeignet, als Exportland für Getreide u. s. w. jedoch wobl »icht, selbst in Zukunft nicht in Frage kommen werde, da Wasser fehle. Ein« Ausfuhr vo» Pferde» »nd Rindern besonder» »ach Indien kSane eveatnell spät«« einmal in Frage kommen. » Da die Zeit zum Ausbruch« mahnte u»d bereit» neue Ankömm linge ihre Visitenkarte» hereiareichea ließe», erhob ich »ich. „Und nua noch eine Frag«, Excelleuz: W1« lang« L«uk«a Sie, daß der Krieg noch dauer» wird?" vr. LedhS lächelte. „Auf diese Frag« war ich schon lange ge faßt. Nun, meine Ansicht ist, daß der Krieg sehr laug« dauern wird. Transvaal wird sicher nicht zuerst um Frieden nachsuchen." „Wird «» aber de» Friede» annehmen, wean er ihm geboten wird?" fragte ich. „Gewiß, wen» «» «in Frieden in Ehre» ist. Auf «inen Frieden tl taut pri» ka»n und wird sich Transvaal nicht «inlassen. wir heben den Frieden stet» gewellt, wir sind
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