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Sächsische Staatszeitung : 09.05.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-05-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192205098
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19220509
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19220509
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-05
- Tag 1922-05-09
-
Monat
1922-05
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 09.05.1922
- Autor
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LMBkilqe zm WM AMztilW Nr. 142. zu Nr. L07 des Hauptblattes. ' 1922. Beauftragt mit der Herausgabe: Regierungsrat Doenges in Dresden. LandtügsverhaMungen. (Fortsetzung der Sitzung vom 4. Mai.) Abg. Ltebmaaa (Unabh.): (Fortsetzung.) Bon besonderer Wichtigkeit ist die Stellung der Gemeindcverordneten, die in 8 2S so formuliert ist, daß eK heißt: Die Gewkindeverordveten beschließen über alle Gemei»dea«g«legenheiteu, die nicht gesetzlich ande ren Stellen übertragen sind. Der Satz „die nicht gesetzlich anderen Stellen über tragen sind" müßte Wegfällen, dann wäre die Sache fo, wie wir sie brauchen. Im 8 3« heißt eS: Die Gemeindeverordneten vertreten die Ge meinden gegenüber dem Gemeiuderat. DaS ist auch eine merkwürdige Konstruktion, warum einen solchen Widerstreit zwischen Gemrindever ordneten und Gemeiuderat überhaupt erst kon struieren? Ich sehe dazu keine Notwendigkeit. Es ist der Gedankengang, daß den Gemrindevercrd- »eten wohl das Wahlrecht, wohl die Entscheidung gegeben werden soll, demgegenüber aber der Ge- memderat doch immer in einen Busgal enlreis hineinkommt, der ihm gegenüber den Gemeindeoer- ordneien > och eine wesentlich übt nagende Stellung sichert. Mir scheint auch in dieser Beziehung der Gedanke der freren Lelbstverwa tuug in der prak tischen Anwendung ein wenig aus den Kops gestellt, wir werden versuchen müssen, sie wieder auf die Beine zu stellen. Besonders unmöglich scheint mir die Bestimmung in § S2, in der es heißt, daß die Stadtverordneten ihnen zugehende Beschwerden zur weiteren Behandlung an den Gen einderat zu über weisen Haden. DaS ist eine sehr erhebliche Ver schlechterung gegen jetzt, da ja die Gemeindever- orbneten nicht einmal die Möglichkeit hätten, mit selbständigen Initiativanträgen hervorzutreten. Be denken haben wir auch gegen die Bestimmungen, die in der Auslösung der Gemeindeverwallung bestehen, nämlich in der Bestimmung, daß Ortsunterau-- fchüsse, also besondere Vertretungen für einzelne OrtSteile, gewählt werden können. UnS scheint darin die ürnhertlichteit sehr stark beeinträchtigt zu sein. Wenn der Grundsatz im 8 6 ausgesprochen wird: Die Gemeinden sind frei und können sich selbst ver walten, dann müssen wir das auch in der Praxi» lebendig geb alten. Demgegenüber stehen nun, da» muß ich noch mit eimgen Bemerkungen anführen, jene Bestimmungen, dre sozusagen den allmächtigen Bürgermeister konstituieren. Zn der Tat ist der vüigermelster nach diesem Entwurf in vielen Dmgen eine eigene selbständige Persönlichkeit, die vom Gemeinderat nur wenig abhängig ist, aber von den Stadtverordneten oder den Gemeindeverordnelen jo gut wie jrei ist. D>e,e Teile der Bestimmungen müssen unbedingt eioerReoiston unterzogen werben Der Bürgermeister vertritt ... die Ge- meinde. So heißt es z B. i« 8 86. Immer ist eS der Biirge. meister, von dem gesprochen wird Er i der Mann, der die Verantwortung sür alles träg auch für die Beschlüsse der Stadtvei ordneten. Das ist der Grunvieqier der ganzen Geschichte Die Wahl des Bürgermeisters auf 6 Jahre reicht nach meiner Auffassung auS. Wenn 12 Jahre dazu ge nommen würden, jo wäre das eine Verschlechterung, aber keine allzugroße, obwohl es far die Ge meinden ein Unglück werden kann. Bloß gegen leden-längliche Anstellung würden wir uns grund sätzlich wenden. Der Bürgermeister ist dir Ber- trrlung drr Gemeinde. Er fuhrt alle Angelegen- heiten der Gemeinde usw., alles, auch das, was die Ltadtverordneten beschließen. Er repräsentiert die ganze Gemeinde. Damit ist von vornherein von hintenherum die Zweite Kammer wieder cin- geführt, die schon an zweiter Stelle unter den Be stimmungen des GemeinderateS, wieder lebendig geworden ist, jobwohl wir sowohl bei der Be gründung des Ministers selbst hörten, als auch in der Begründung der Vorlage lasen, daß das Zwei kammersystem abgejchasst sein soll. Dann rft eine Unstimmigkeit, die auch nicht von unteigeordneter Bedeutung ist und die ich drShalo in diesem Zu sammenhänge erwähne, daß die amtlichen Mtt- glirder in dre Gemeindevelwaltung auf 6 Jahre gewählt werden sollen, während die Stadlverord- neten nur für S Jahre zu wählen sind, ein Zu stand, der leicht scharfe Differenzen in der Zu sammensetzung des Kollegiums hcrvorbringen kann »nd gegen den wir uns deshalb wenden müssen. Grundlegend ist § 78 insofern, als er Weiler aus drücklich sestlegt: Der Gemrinderat hat die Ber- hand.ungrn der Gemeindeverordneten vorzubereiten, j 78 legt eigentlich das Schwergewicht jeder Tätsi leit, jedes Ledens in den Gemeinderat — das r das schlimmste dabei —, während durch die ge wählten Gemeindevertretcr, wie ich schon voihrn nachgewiesen habe, eigentlich auf den Gemeinderat eingewirkt werden sollte. Man kann jagen, daß in dieser Beziehung i» der Vorlage alles beim alten bleibt. Wir werden also dafür sorge« müssen, da das anders wird. Beso. drrS wichtig für die Selbstverwaltung sind nach unserer Austastung die Bestimmungen deS § »2, der von der Polizei handelt. ES gibt im ganzen Staute nichiS, woS nicht von irgendeiner Polizei erjaßt würde. Alle Lebcnsäußerungen von der Wiege bis zum Grabe sind polizeilich geregelt. Wer die Polizei in der Hand hat, hat duö ganze Grmeindrleben in der H--nd. Wer die Polizei der Gem inde tn der Hand ha», hat die politische Macht in der Hand, weil die Polizei das Organ ist, mit dem Ordnung geschaffen wird, mit d.m alles durch- gesührt wird, was in drr Gemeinde notwendig ist, mit dem das ganze Leben geregelt wird. Also es i ganz klar: Noch viel mehr wie die Bnreaukratie der zum mindesten im gleichen Maße wie die Zureaukrarie ist die Polizei «in Instrument der poli tischen Macht Wenn mau diel« Polizei, dieses polische Machtmittel, auf den Bürgermeister über- ckägt, drr Bürgermeister aber nicht der Bertrauens waun der Grmemdcverorbneteu ist oder, wenu er von den Gemeindcverordneten gewählt ist, doch eine andere Stellung riunimmt als die gewählten Gemeindevertreter, dann gibt man in der. Tat die politische Macht einer Einrichtung, die sich in nicht», aber auch gar nichts von der heutigen Einrichtung unterscheidet. Man ändert an den Dingen nichts. Wir wollen aber bei der Reform, die wir hier machen wollen, eine gründliche Änderung dieser Dinge, und deshalb halten wir sür außerordentlich wichtig, daß gerade diese Bestimmung geändert wird. Die Entscheidung soll in allen Fällen bei den gewählten Gemeiudevertretern liegen. Die sollen alle Machtmittel der Gemeiude auch in der Hand haben, weil das auch io ihrer Rückwirkuna auf den Staat von ganz wesentlicher Bedeutung ist. Nun noch ein paar Bemerkungen über di« Ber- äadcruugen deS Beamteurechte« l Was da tn den Paragraphen hrrvorgehobea ist, ist so umfassend und so gesichert für die Beamten, daß ich die Kritik, die daran geübt worden ist, eigentlich nur insofern verstehe, als sich die Berussbeawten offenbar sagen: Jemehr wir klagen und schreien, um so mehr haben wir Aussicht, daß wenigstens daS, was die Vorlage lagt, zu unseren Gunsten angenommen, vielleicht sogar noch verbessert wird, d. h., daß sie ein größe res Lamento anstunwen, als eS selbst nach ihrer Auslassung berechtigt ist. Mit dem, was darin steht mit der Versicherung, daß die Herre» Oberbürger meister von beute sogar ihren Oberbürgermetster- titel bis in alle Zukunft, bis an ihr seliges Ledeus- eude behalten, können sie wahrhaftig zufrieden sein und ebenso mit der Pension. Diese Bestimmung, daß die Hälfte der Pension bis ans LebenSeode gezahlt wird, scheint mir doch eine sehr starke Rück versicherung zu sein. Ich möchte wirklich wünschen, daß es möglich wäre, da Änderungen zu schassen Noch ein paar Bemerkungen zu der SmaiSauf sicht! In 8 tes heißt es, daß sich die Aussicht aus das Wohl des Reiches, des Staates oder anderer Selbstverwaltungslörper erstrecken soll, daraus, daß dieses Wohl nicht verletzt wird. DaS ist in der Tal eine kautschukartige Bestimmung, die in der dtsheri gen Stäoleordnuug 'nicht vorhanden gewesen ist, und das ist eine Ausdehnung d«S AussichtsrechteS, der mau nach meiner Auffassung nicht zusiimmen kann. Insofern halte ich es mit der Kritik, di« hier geübt worden ist, daß man umschreiben muß — das wird Aufgabe der Aus schuß beratungcn sein —, woraus sich die Staatsaujsicht zu beschränkt» hat. Eine solche Kautschukbenimmung, daß das Wohl des Reiche» oder des Staates oder gar einer Seldstver waltungslörperfchast nicht verletzt wird, geht so weit, daß schließlich jeder machen kann, wozu er Lust Hal, und lricht von vornherein jeder Selbstverwaltung der Gemeinden das Rückgrat. Auch in bezug au daS Recht der Auflösung — 8 176 — wird eS Ausgabe der Ausfchußberatuugen jein, das Aussichts recht zu beschneiden, damit die Selbstverwaltung nicht geschädigt wird, wenigstens nicht mehr als unbedingt im Interesse des Slaatsganzen not wendig ist. Nun eine Bemerkung über die Bezirksorganisation, über die AmiShauptmaanschasten und die Gesamt gemeinde. Wir haben die Auffassung, daß in dieser Beziehung der Entwurf in der Tat auch mehr ein Versuch ist, ein Versuch, von dem ich glaube namentlich in bezug auf die GejEtgemeinde, da wir kaum lebenskräftige Gebilde ei zeugen werden Ob sich nach diesen Begimmungen viele Gemeinden zu Gesamigemeinden zusammenschUeßen werden, scheint mir sehr zweifelhaft zu sein. Aber unser Wunsch und unsere Absicht geht dabei dahin, daß wir die Amlshaupimann chasten nicht be stehen lassen während sie der Entwurs wenigstens vorübergehend noch bestehen läßt, daß wir dafür die Selb Verwaltung der Bezirke ausbauen und mit allem Rechte, das «nie SeldstverwaltungS- kö> perschaft dann hat. Mu dieser Selbstverwaltungs- körperfcha t in den Bezirken haben wir dann auch die Möglichkeit geschaffen, den Bcrwaltungsapparat zu vereinfachen Wir lönnlen dann, wenn d e Be zirke Selbstverwaltungslörper sind, die gleichzeitig über ihre Mitglieder wachen, über die Gemeinden die Bezirken angeschlossen sind, .nach me ner Au sassnng daran gehen, die KreiShauptmannschäfte zu beseitigen, weil auf diese Weise dann der gary große Teil von Ausgaben drr Aufsicht und der Kontrolle von den Bez'rksorganifationen, von drr Selbstverwaltungskörperfchaft selber übernommen und durchgeführt würde. Das wäre immerhin ei Fortschritt, der sich sowohl in bezug auf die frei Selbstverwaltung als in bezug auf Vereinfachung deS Jnstanzenzuges durchaus sehen lassen könnte. Bedenken haben wir gegen die Bejchlußbehörden, nicht geaen die Tatsache, daß Bejchlußbehörden eingeführt werden, sondern gegeu ihre Konstruktion und gegeu die Tatsache, daß man ihnen uach dem Entwürfe so starke Befugnisse überträgt. Wir könnten den Beschlußbehörden erst dann mit größerem Vertrauen grgenübertreteu, wenn das Versprechen wahrgemacht würde, daß sie ans direkten Wahlen hervorgehen, und daß sie dann wirklich auch Selbstverwaltung-körper wären. Das würde un» auch mit mancher Bestimmung de- Staai»- aufsichtsrechteS aussohneu, die wir gegenwärtig noch nicht billigen. Ich komme zum Schluffe, indem ich mich dahin zufammenfasie: Entgegen den bürgerlichen Herren, die den Eulwurf in Gruud und Boden verurleilt Haden, weil er keine brauchbare Grundlage wär«, haben wir da» Vertrauen, daß es bei der Mehrheit des Landtages möglich srin wird, noch Bestimmungen in da» Ersitz hineinzubringen die uns di« Vorlage o «««hörbar machen, daß wir sage» können: es t eiu Fonichrilt, mit dem wir uns sehen lasten innen, ein Fortschritt, der zum Wohle der Ge meiudeu erzielt wird, wenn auch dabei die alten Herre» oder meinetwegen auch die jüngeren Herren, ie von dem alten Geike beseelt sind, die von dem Krussbeamtentum usw nicht lasten wollen, dabei nicht ganz auf ihre Rechnung kommen. Je weniger ie auf ihre Rechnung kommen, um so bester für uu», um so größer wird der Fortschritt sein, den wir mit dieser Vorlage dann erzielt habrn. (Leb hafter Beifall links.) Abg. vr. Teyne (Dem.): Die Ausführungen der Herren Redner von der Deutschnationalen und der Deutschen Volksvartei waren auf den Ton gestimmt: Werft das Scheu st in die Wolfsschlucht. Wir können diesen Standpunkt nicht vertreten. Wir sehen in der Vorlage doch eine brauchbare Grundlage, auf der man eine neue Gemeindeordnung aufbauen kann. Wir sind freilich auch nicht mit allen Einzelheiten einverstanden. Wir wünschen in einer Reil»e von sinzelbestimmungen und auch in gewissen Grund fragen Änderungen. Nur mit diesen Grund- ragen werde ich mich beschäftigen. Die Gemeindeverfasfung so, wie sie die Vor lage ausbaut, kann unserer Meinung nach für eine Reihe, ja vielleicht sogar für eine große Reihe Gemeinden brauchbar sein: Die Gemeinde- verordneten als die alleinigen Träger des Willens der Gemeinde, der Gemeinderat, der Bürger meister, das Vollzugsorgan dieses Gemeinde willens, vertreten durch die Gemeindeverordneten! Wir meinen aber, daß mit diesem Grundsatz dann der 8 66 der Vorlage in Wioerspruch steht, der sagt, daß der Bürgermeister nur auf Zeit, nur aus 6 Jahre gewählt werden darf Wenn der Bürgermeister kein Stimmrecht hat, also an der Willensbildung der Gemeinde nicht beteiligt ist, dann ist er nichhü^ anderes als der erste Gemeindebeamte, und da muß er unserer Meinung nach wie andere Gemeinde- beamten gestellt werden. Es liegt kein innerer Grund vor, die lebenslängliche Anstellung zu versagen. Das gilt auch für die übrigen beruss« mäßigen Äemeindcratsmitg ieder. Wenn man wirklich die besoldeten Männer, die in der Ge meinde Mitarbeiten, von jeglichem Stimmrechte au-schließt, dann muß man dieser Beränderung der Stellung dadurch Rechnung tragen, daß man sie wie die übrigen Beamten behandelt. Sonst wird es ganz unmöglich sein, wirklich tüchtige Kräfte sür die Gemeindeverwaltung zu gewinnen. Männer, die nach ihrem Charakter, Wissen, Können, Erfahrung, die Bürgschaft für eine gute Amts führung geben, werden nicht zu gewinnen sein, wenn sie weder die Vorrechte der Beamten auf der einen Seite, noch das Recht des Gemein de- ratsmitgliedes auf der anderen Seite haben Die Leute, die dann noch zu den besoldeten Gemeinde- ämtern gehen, werden dann wirklich der Abhub sein (Sehr richtig! bei den Dem.), der ander- wärts nicht mehr unterkommt. Wir glauben dann weiter, daß die Gemeinde- Verfassung, wie sie die Vorlage 113 ausoaut, diese Einheitsgemeindeordnung nicht für alle Gemeinden passend ist. Wir wollen insbesondere nicht, daß sie zwangsmäßig ist, daß sie als Zwangsjacke für sämtliche Gemeinden des Landes zurecht geschneidert wird. Wir wollen, daß allen Gemeinden in gewissem Umfange die Möglich, keit bleibt, nach ihrem individuellen Bedürfnis ihre Verfassung sich selber zu bestimmen. (Sehr richtig! beiden Demokraten.) Dabei soll natürlich nicht der Willkür Tür und Tor geöffnet sein. Es muß eine Normalverfafiung und Grenzen und Richtlinien geben. AbA nur glauben, daß in folgenden Richtungen eine Bewegungsfreiheit für die Gemeinden notwendig ist: Einmal muß den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet werden, ihre Vorsteher, ihre Bürgermeister, ihre berufs mäßigen Gemeinderaismitglieder aus der Be- amtenstellung herausheben und sie zu stimm berechtigten Mitgliedern des Gemein deralcs machen zu dürfen, wobei allerdings auch nach unserer Ansicht die lebenslängliche Anstellung für diese Herren dann nicht mehr in Frage kommen kann. Wir meinen zweitens, daß die Gemeinden die Möglichkeiten haben sollten, der Körperschaft der Gemeind, veror neten ein beson- deres Ratskollegium als beschließende Körperschaft beizugeben, also den Dualismus, wie wir ihn bisher gehabt haben, Rat und Stadtverordnete, auch in Zukunft weiter zu führen. Wir glauben, daß namentlich sür dre entwickelteren Gemeinden eine solche Regelung durchaus erwünscht ist. Wir glauben auch nicht, daß in einer solchen Forderung etwa eine Sünde gegen den demo- kratischen Geist enthalten ist. Das hat mit De mokratie tatsächlich nichts zu tun. Das ist wirk lich eine Frage der zweckmäßigen Gestaltung, und wir verhehlen uns auch nicht, daß, wenn dann zwischen diesen beiden Körperschaften sich Differenzen ergeben sollten, dann allerdings das Schwergewicht der Entscheidung bei dem Kolle gium der Gemeindeverordneten liegen müßte. Dann noch ein kurzes Wort zur Gesamt- gemeinde und den damit zusammenhängenven Bezirk-Verbänden. Die Gesamigemeinden sind ganz zweifellos eine interessante theoretische Konstruktion, aber auch wir fürchten, daß sie praktische» Leben nicht bekommen werden; denn e» ist kein Zweifel, wenn schon die Widerstände überwunden werden können, daß die Gemeinden sich zu einer Gcsamtgemeinde zusammenschlicßen, dann können auch die Widerstände überwunden werden, die überhaupt emer Bereinigung der Gemeinde entgegenstehen. Au» diesen Gründen wird tatsächlich die Gesamtgemeinde mehr oder weniger im Gesetze bleiben und nicht in die Wirklichkeit heraustreten. Nun kann man ja sagen, daß daS schließlich lein großes Unglück wäre; dann würde man, wenn man in einigen Jahren sehe, das hat nicht funkno- niert, etwas andere» machen müssen. Damit würde man sich abfinden können, wenn nicht ein ganz erheblicher Nachteil damit verbunden wäre. Der Nachteil ist der, daß in die Bezirke wieder auf Jahre hinaus die Unsicherheit der Verhält nisse getragen wird. (Abg. vr. Reinhold: Sehr richtii!) Jetzt ist es schon so, daß tatsächlich die Verwaltungstätigkeit in den Bezirken gelahmt wird durch die Aussicht, die nun schon seit Jahren »esteht, daß wahrscheinlich eine grundlegende Änderung in der Bezirksverfassung, in den Be- zirkskompetcnzen vorgenommen wird. Es ist höchste Zeit, daß diese Unsicherheit genommen wird. Auch die Bezirke wollen nunmehr endlich Klarheit haben, Ruhe und Stetigkeit, damit sie ich ihren Aufgaben widmen können DaS wird iber nicht erreicht, wenn wir die Vorlage in dieser Beziehung annehmen, wenn wir zunächst wieder ein Jahr Hinsehen lassen, wo sich die Gemeinden darüber entscheiden können und wenn dann weitere 4 Jahre ins Land laufen, wo diese Bildung vor sich geht. Diese 5 Jahre sind tat- Schlich für die Arbeit der Bezirke verloren. Wir ind also kurz gesagt Gegner der Aushöhlung»« aktik der Bezirke, wie sie die Vorlage bringt. Wir wünschen hier eine endgültige Regelung, nicht eine Regelung bis auf weiteres, wie eS hier heißt. Welche Lösung denn? Ich jage es !urz: wir glauben, daß die Kommunalisierung >er Amtshauptmannschaften letzten Endes der einzige Weg sein wird, um aus den mannigfachen Schwierigkeiten herauszulommen. Wir haben einen bestimmten Begriff dabei. Wir meinen, die Amtshauptmannjchaften müssen Organe der Selbstverwaltung werden, und sie müssen ebenso wie die größeren Gemeinden untere Verwaltungsbehörden werde». Damit werden unserer Meinung nach eine Fülle von Schwierigkeiten verhindert, die jetzt der Regelung cntgegcnstehen. Wir glauben auch, daß d ese Kommunalisierung der Amtshauptmannjchastcn auch vom demokratischen Standpunkt aus durch aus folgerichtig von uns zu vertreten ist. Wir sehen darin eine geradlinige Fortbildung des Eteinschen Reformwerke» vom Jahre 1808. Sollte dieser Gedanke leider keinen Ank ang bei der Mehrheit finden, dann freilich müssen wir sagen, daß un» die Bestimmungen in Hz 111 und 112 der Vorlage nicht als begründet, ja geradezu als unlogisch erscheinen. Es erscheint uns mit der Stellung des Staatsbeamten — das würde ja der Amtshauptmann bleiben, wenn die Kommunalisierung nicht kommt — unvereinbar zu sein, daß er, wie hier vcrgejchlagcn wird, abhängig sein soll vom Wohlwollen seiner Be- zirkseingesessenen. Nein, für den Staatsbeamten hat die Regierung, das Ministerium«^Knd letzten Endes der Landtag zu bestimmen, ob er in seinem Amt bleiben soll oder nicht. Es liegt aber noch etwas anderes darin. Tie Sache darf nicht einseitig politisch betrachtet werden. Wir sind uns ganz klar darüber, daß eine solche Be stimmung in ihrer Wirkung gegen rechts und links schlagen könnte, und ich bitte nicht zu verkennen: es ist doch nröglich, daß in der Zukunft auch einmal ein sozialdemokra tischer Amtshauptmann sich deswegen bei der Mehrheit seiner Bezrls^ingejesjenen unbeliebt macht, weil er mit Energie und Charak ter die Wünsche der übergeordneten Regierung durchsrückt, weil er die Ansicht der Regierung zu vertreten sich sür verpflichtet hält. Solange der Mann, den der Staat auf seinen Posten stellt, seine Pflichten gegenüber der Regierung erfüllt, darf es nicht angängig sein, daß ein be stimmter Kreis von Staatsbürgern maßgebend dafür ist, ob er geht oder bleibt. In dieser Be ziehung scheint uns geradezu die Vorlage im Gegensatz zu stehen zu der Haltung, die die Re- gierung bisher in dicsein PuMe eingenommen hat. Wir erinnern uns, daß noch vor gar nicht langer Zeit uns vom Regierungstijchc aus ge- sagt worden ist, daß das Recht, die Beamten zu ernennen ein politisches Recht sei, das die Re- gierung mit niemandem zu teilen vermag. (Sehr gut!) Wir erinnern uns daran, daß ein hoher Beamter deswegen, weil er die Ansicht vertrat, daß bei Besetzung gewijjer Beamtenstellen die Beamtenvertretung gehört werden sollte, seines Amtes entsetzt worden ist. Das, was hier die Borlage bringt, geht eigentlich viel weiter. (Minister deS Innern Lipinski: Tas stimmt aber nicht!) Das stimmt ganz genau! (Minister des Innern Lipinski: Weil er mit seinem Rücktritt gedroht hat!) Es ist so, wie ich jage, ich kann es nachweisen. Der Zwischenruf nützt Ihnen nichts. Der Beamte, von dem ich spreche, ist seines Amtes entsetzt worden, weil er dem Mini- ster gegenüber zum Ausdruck gebracht hat, daß bei der Besetzung gewisser Stellen die Beamtenvertreiung gehört werden f lle. Das ist der innere wahre Grund seiner Entsetzung, daS andere ist Beiwerk! (Hört, hört!) Wir glau- ben, oaß die Vorlage mit diesem Grundsätze in klaffendem Widerspruche steht. Das sind die Hauptsachew Aus Einzelheiten werde ich nicht eingehen. Wir werden uns an den Beratungen im Ausschüsse beteiligen. Da ich glaube, daß noch kein Antrag gestellt ist, möchte ich den Antrag stellen, die Vorlage dem RechtSausschuß zu überweisen. (Bravo! bei den Dem.) Vrisitzeat: Ich gebe bekannt, daß auch ein Antrag der Sozialdemokratischen Fraktion vorliegt, die Bor-
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