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Wochenblatt Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 244. für Rcichcnbmnd, Siegmu, Neustadt, Raienstein und Rottluff. Zs 44. Sonnabend, den 5. November LS1O. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition Weichenbrand, Nevoigtstraße 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand, Kaufmann Emil Winter in Rabenstein und Friseur Thiem in Rottluff entgegen genommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Big- berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Anzeigeu-Armahme in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags s Uhr, bei den Annahmestellen bis nachmittags 2 Uhr. Vereinsiuserate müssen bis Freitags nachmittags 2 Uhr eingegangen sein und können nicht durch Telephon aufgegeben werden. Bekanntmachung. Mit Ende dieses Jahres scheidet aus dem Gemeinderate ein Dritteil der Ausschutzpersonen aus und macht sich demzufolge die Wahl von 2 Ausschutzpersonen aus der Klasse der höchstbesteuerten Ansässigen, (Klasse I) 3 Ersatzmänner für diese Klasse, 2 Ausschutzpersonen aus der Klasse der mindestbesteuerten Ansässigen, (Klasse II) 2 Ersatzmänner für diese Klasse, 1 Ersatzmann aus der Klasse der höchstbesteuerten Ilnansässigen, (Klasse III) 1 Ausschutzperson aus der Klasse der mindestbesteuerten Anansässigen, (Klasse IV) 2 Ersatzmänner für diese Klasse, nötig. Die Wahl findet Montag, den 28. November 1910 für Klasse III von 10 Ahr vorm. bis 1 Ahr nachm., für Klasse IV von ^5 Ahr bis Vs9 Ahr nachm., und Dienstag, den 29. November 1910 für Klasse I von 10 Ahr vorm. bis 1 Ahr nachm., für Klasse II von 5 Ahr bis 8 Ahr nachm. lm Klobe'schen Gasthofe hier statt und werden alle stimmberechtigten Gemeindemitglieder geladen, sich zur Vornahme dieser Wahl ein zufinden, mit der Verwarnung, daß die bis zum Ablauf der festgesetzten Stunden noch nicht Erschienenen nicht weiter zur Teilnahme an der Wahl werden zugelassen werden. Die zu Wählenden sind auf dem im Termin abzugebenden Stimmzettel so genau anzugeben, datz über deren Personen kein Zweifel übrig bleibt. Nach den Bestimmungen der rev. Landgemeinde-Ordnung vom 24. April 1873 und dem Abänderungs gesetz vom 24. April 1886 sind im Allgemeinen stkmmberechtkgt alle Gemeindemitglieder, welche die iächsische Staatsangehörigkeit besitzen, das 25. Lebensjahr erfüllt haben und im Gemeindebezirk ansässig stnd oder daselbst seit wenigstens 2 Jahren ihren wesentlichen Wohnsitz haben. Anansässigen Frauens personen, sowie juristischen Personen steht ein Stimmrecht nicht zu. Wählbar ist jedes stimmberechtigte männliche Gemeindemitglied, welches im Gemeindebezirk seinen wesentlichen Wohnsitz hat. Die Fälle der dauernden oder vorübergehenden Ausschließung vom Stimmrecht sind in 8 35, die Gründe der Ablehnung der Wahl in 8 38 der rev. Landgemeinde-Ordnung bezeichnet. Einsprüche gegen die aufgestellte Wahlliste, welche von heute an 14 Tage lang bei Anter- leichnetem zur Einsicht ausliegt, stnd innerhalb der in 8 42 der rev. Landgemeinde-Ordnung festgesetzten siebentägigen Frist und zwar bis den 11. November 1910 abends 5 Uhr hier zu erheben, Ein wendungen gegen das Wahlverfahren aber nach 8 81 der rev. Landgemeinde-Ordnung binnen I4 Tagen nach der Stimmenauszählung und zwar bis den 13. Dezember 1910 abends 5 Uhr bei der Kgl. Amtshauptmannschaft anzubringen. Reichenbrand, am 3. November 1910. Der Gemeindevorstand. Bogel. Versteigerung. Sonnabend, den 12. November dss. Zs. nachm. 2 Ahr sollen im hiesigen Gemeindeamte mehrere Möbelstücke gegen sofortige Barzahlung versteigert werden. Reichenbrand, am 3. November 1910. Der Vollstreckungsbeamte. Bekanntmachung. Denjenigen Steuerpflichtigen, welche mit dem 2. Termine der diesjährigen Einkommen- und Erganzungssteuer noch im Rückstände sind, wird nochmals bekannt gegeben, datz am 10. November ds. Js. das Zwangsvollstreckungsverfahren beginnt und von diesem Tage ab, diese Steuer nebst den entstehenden Kosten nach dem Kostengesetze von 30./4. 1906 nur an den Bollstreckungsbeamten zu entrichten sind. Der Vollstreckungsbeamte expediert jeden Wochentag von 8 bis 10 Ahr vorm. und 2 bis 3 Ahr nachm. im Rathause. Der Gemeindevorstand zu Rabenstein, am 4. November 1910. Meldungen im Fundamt Rabenstein. Gefunden: 2 Bund Schlüssel. Verloren: 1 goldene Ahr mit Kette. Der Gemeindcvorstand zu Rabenstein, am 4. November 1910. Schornsteinremigung. Die nächste Reinigung der Schornsteine in hiesiger Gemeinde wird in der Zeit vom 10. bis mit 16. November vr. erfolgen. Rottluff, am 3. November 1910. Der Gemeindcvorstand. Kirchenvorstandswahl. Hierdurch wird bekannt gemacht, datz die Wählerliste für die diesjährige Ergänzungswahl bis zum Ablauf des Wahlversahrens geschlossen ist und vom 9. bis 22. November d. Js. öffentlich auf dem Pfarramte ausliegt. Einwendungen sind schriftlich bei dem Kirchenvorstand anzubringen. Rabenstein, den 5. November 1910. Der Kirchenvorstand. Weidauer, Pfarrer. Reichenbrand. Nach den Statistiken des hiesigen Einwohner meldeamts betrug die überschriebene Einwohnerzahl am 1. Oktober I91O: 4155. Im Oktober wurden 62 Zuzüge mit einer Personenzahl wn 117 und 58 Fortzüge mit einer Personenzahl von 83 gemeldet, »daß die derzeitige Einwohnerzahl unter Zurechnung von 12 Geburts- »Nd Abrechnung von 7 Sterbefällen 4182 beträgt. Amzüge wurden ff gemeldet. Reichenbrand. Bei der hiesigen Gemeindesparkasse erfolgten im Oktober d. I. 213 Einzahlungen im Betrage von 43997 Mark 59 Pf., 'b Rückzahlungen im Betrage von 16115 Mk. — Pfg. Die Gesamtein- L?hme betrug 66329 Mk. 99 Pfg., die Gesamtausgabe 62863 Mk. A Pf., und der bare Kassenbestand am Schlüsse des Monats 3466 Mk. ff Pfg. Der gesamte Geldumsatz im Monat Oktober 1910 beziffert "ch auf 129194 Mk. 71 Pfg. Rabenstein. Mittwoch, am 26. Oktober fand im oberen Gasthofe ier der erste zwanglose Leseabend, veranstaltet vom Volksbücherei- Ausschüsse statt. Zur festgesetzten Zeit sammelte sich das zahlreiche Publikum über Erwarten, datz sich das Vereinszimmer als zu klein ^wies und die Veranda in Anspruch genommen werden mutzte, die -uld auch voll besetzt war. Die Konsirmanden und Konfirmandinnen satten sich fast vollzählig eingefunden. Ebenso waren einige Männer, ÜNe Anzahl Frauen, Jungfrauen und Jünglinge erschienen. Wenn die Mfangsstunde etwas später gelegt und die Sache sich erst besser ein- Aebt haben wird, kann eine stärkere Teilnahme der Erwachsenen ^wartet werden. Der Abend ist ja völlig zwanglos, es werden ^ine Ansprüche gemacht in bezug auf Anzug und Toilette; wie du 'ummst, so bist du angenehm; die Damen können sich Handarbeiten Ebringen, die Hörer sollen sich möglichst heimisch fühlen, wie in einem setzen Familienkreise. Eintrittsgeld wird nicht erhoben, auch Hinter er Keine Geldsammlung veranstaltet, der Abend ist also auch völlig 'ostenlos. Gegen 8 Ahr eröffnete Herr Hartmann, der diesen Abend über nommen hatte, den Leseabend mit Begrüßung der Erschienenen, sodann führte er seine Zuhörer mit kurzen Worten in den Werde- Mg des Dichters ein, dem dieser Abend gewidmet war: Ernst von Mildenbruch und kritisierte ihn als Dramatiker, Erzähler und Lyriker. Ms Proben aus seinen Werken wurden hierauf vorgelesen: erstens )ne Humoreske: „Mein Onkel aus Pommern", zweitens, der an wesenden Konfirmanden und der vorgerückten Stunde wegen ohne Aßere Pause, die erste Erzählung aus den „Kindertränen" betitelt: 'Der Letzte," die manchen Anwesenden tief zu Herzen ging. Es empfiehlt sich vielleicht das nächste Mal das Vorlesen nur suf 1 Stück zu beschränken, sodaß der ganze Abend die Dauer von Stunde nicht überschreitet. Für die nächsten Abende, es soll jeden Monat ein solcher Leseabend stattfinden, ist in Aussicht genommen !; eine Vorlesung aus Wilhelm Busch, 2. eine aus Dialektdichtungen, we hiesige Lehrer freundlichst zugesagt haben. Ferner hat sich ein Öderer Einwohner unseres Ortes bereit erklärt, einen neueren Dichter Nrzutragen. Es wäre überhaupt sehr erwünscht, wenn sich aus allen Weisen Leute fänden, die ihre Kräfte einmal an einem solchen Lese- ?oende in den Dienst der Volksbildung und des Gemeinwohls stellten ihren liebsten Schriftsteller durch Vorlesung seiner Werke auch Äderen lieb und wert machten. And so wird im gegenseitigen Geben M Nehmen jeder, der diese Leseabende besucht, für seinen Geist und sonders für sein Herz und Gemüt einen bleibenden Gewinn mit Hause tragen. Rabenstein. Nach den Statistiken des hiesigen Einwohnermelde- Mes betrug die überschriebene Einwohnerzahl am 1. Oktober 1910 M3- Im Oktober wurden 72 Zuzüge mit einer Personenzahl von H und 90 Fortzüge mit einer Personenzahl von 123 gemeldet, sodaß die derzeitige Einwohnerzahl unter Zurechnung von 15 Geburts- und Abrechnung von 7Sterbefällen 4988 beträgt. Umzüge wurd en 39 gemeldet. Rabenstein. Bei der hiesigen Gemeinde-Sparkasse wurden im Monat Oktober d. Js. 178 Einzahlungen im Betrage von 14960 Mk. 29 Pf. geleistet; dagegen erfolgten 65 Rückzahlungen im Bettage von 23224 Mk. 59 Pfg. Eröffnet wurden 12 neue Konten, geschlossen — Konten. Zinsbar angelegt wurden 7000 Mk. Die Gesamtein nahme betrug 36728 Mk. 05 Pfg., die Gesamtausgabe 30645 Mk. 52 Pfg., und der bare Kassenbestand am Schluffe des Monats 6082 Mk. 53 Pfg. Der gesamte Geldumsatz im Monat Oktober beziffert sich auf 67373 Mk. 57 Pf. Die Sparkasse ist an jedem Wochentage von 8—12 Uhr vorm. 2—6 Uhr nachm. geöffnet und expediert auch schriftlich. Alle Einlagen werden mit 3VeO/o verzinst und streng geheim behandelt. Nachdruck verboten. Roman von Ludwig Blümcke. (Fortsetzung) „Mir steckt der Schreck noch in allen Gliedern," erwiderte der Händler mit der Schmutzigen, knöchernen Hand, den Angstschweiß von der Stirn wischend. „Wenn der Oberförster etwa draußen auf der Lauer steht? Vielleicht hatte er gar etwas von unserer Unterhaltung auf dem Wege hierher gehört. Ihr spracht so laut, Otto." „Ah was, Feigling! — Ein Fuchs, wie ich einer bin, findet in jeder Falle ein Loch. Wißt ja, was ich dem Grafen schon alles aufgebunden." Auch Heyse und dem Wirt war trotz Ottos Großprahlerei die frohe Laune vergangen. Man saß bis gegen morgen zusammen und machte eine gehörige Zeche. — Edgar war um Mitternacht in seine kalte, öde Wohnung heimgekehrt. Es wunderte ihn, daß von der Heimat keine Grüße eingetroffen waren und das erfüllte ihn mit Besorgnis. V. In wunderbarster Winterpracht strahlte der Morgen des ersten Weihnachtstages über den Zinnen von Schloß Waldengrund. Ilse war bereits unten im blauen Salon, wo die beiden Weihnachtsbäume standen und ergötzte sich mit kindlichem Frohsinn noch einmal an all den kostbaren Geschenken, mit denen der heilige Christ sie gerade in diesem Jahr so überreich bedacht. Sie befand sich in einer so feierlichen Stimmung, daß sie heute keinem Menschen hätte zürnen können. — Sie gelobte sich sogar allen Ernstes, von heute an dem Baron, von dessen gutem Herzen sie jetzt überzeugt war, etwas rücksichts voller und weniger kühl als bisher zu begegnen. Da hatte er ihr gestern in aller Bescheidenheit, weil er sich doch für die ihm erwiesene Gastfreundschaft erkenntlich zeigen wollte, ein Korallen-Halsband mit einem Edelstein geschenkt, dessen vollen Wert sie erst jetzt beim Tagesschein erkannte. Wie derselbe funkelte, wie sein reines Kristall die Strahlen der Morgensonne so wunderbar brach! Plötzlich läßt sie den Schmuck aus der Hand gleiten, — denn sie hört Edgars Stimme im Empfangssalon, der von dem blauen nur durch eine Portiere getrennt ist. Was könnte diesen Mann, an den sie in der letzten schlaflosen Nacht wieder soviel hatte denken müssen, veranlassen, zu so früher Stunde, zu so ganz unpassender Zeit aufs Schloß zu kommen? Soebenffprach Süßmann, der sie vorhin in seiner kriechen den Weise zu all den Geschenken beglückwünscht, aber offenbar nicht wußte, wo sie augenblicklich war: „Bedaure schmerzlichst, gnädigster Herr Oberförster, aber der Herr Graf sind vor 11 Uhr heute nicht zu sprechen. Es schläft außer mir und dem Küchenpersonal noch alles im Schlosse." „Auch die gnädige Comtesse?" „Aber gewiß doch, — mein Herr. . ." Da bewegte sich plötzlich die Portiere, und Ilse stand in ihrem schlichten, aber sie nicht minder vorteilhaft als die schönste Gesellschaftsrobe kleidenden Morgenkleide vor den überraschten Männern. „Süßmann, Sie haben keine Veranlassung, meinetwegen die Unwahrheit zu sagen," sprach sie ernst, ihm zugleich ein Zeichen gebend, sich zu entfernen. Dann begrüßte sie Edgar in gewohnter, herzlicher Weise und nötigte ihn, Platz zu nehmen. „Gnädigste Comtesse wollen gütigst meine gewiß unerhört scheinende Aufdringlichkeit verzeihen," sprach jener jetzt mit bewegter Stimme. „Doch es veranlaßt mich dazu eine An gelegenheit, die kein Säumen duldet: Soeben erhielt ich — als Weihnachtsbrief die Botschaft aus meiner Heimat, daß der Vater totkrank darniederliege. Von all den Sorgen der letzten Jahre war er ein hinfälliger Mann geworden. Nun der neue Kummer — um mich, auf den er seine letzte Hoffnung gesetzt. Doch genug, die Aerzte haben ihn aufgegeben, sein Leben zählt nur noch nach Tagen. Er hat den Wunsch geäußert, mich noch einmal zu sehen, und es wäre ja auch so sehr viel zu ordnen daheim. Darum komme ich, um den Herrn Grafen um kurzen Urlaub zu bitten. Ich wollte gerne noch vormittags mit Extrapost zur Bahnstation fahren, um den ersten Nordzug zu erreichen." „Aber da ist es ja selbstverständlich, daß Sie kamen, Herr von Erlenhus. Es tut mir herzlich leid, daß die Veranlassung so trauriger Art ist. Vielleicht tritt mit Gottes Hilfe doch noch eine Aenderung ein.