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Memuer Anzeiger Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnementspreis einschließlich der illnsirirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illustr. Witzblattes „Seifenblasen" 1,50 Mk. Zeitung sie WM, Seisersdnes, Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Tabellarische Inserate werben doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Groß- und Kleinölsa, Obenmmldorf, Hainsberg, Somsdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re. Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Nummer 71. Alls Nah und Feru. — Zur Beachtung! Mit Rücksicht auf die Sommerzeit seien die Hunde-Besitzer darauf aufmerksam ge macht, den Hunden, welche den ganzen Tag an der Kette liegen müssen, ordentliche Pflege angedeihen zu lassen, sie mehrere Male am Tage mit frischem Wasser zn versehen und die Hundehütten zu reinigen. Namentlich die Land bewohner seien zur Befolgung dieser Maßregel ermahnt. Es ist nachgewiesen, daß in den meisten Füllen die Tvll- wuth durch Vernachlässigung der Hunde entsteht. — Der Festtag, der dem M.-T.-V. „V orwärt s", Rabenau bevor steht, rückt immer näher und nur noch wenige Tage trennen uns von ihm. Eine bedeutende Arbeits last ist schon bisher in den verschiedenen Commissonen be wältigt worden. Die Belheiligung der auswärtigen Turner wird, wie voranszusehen war, eine starke. Möchte sich nun, das ist aller Wunsch, auch schönes beständiges Fcstwetter einstellen, von dem in der größten Hauptsache ein gutes Gelingen des ganzen Festes abhängt. — Gesperrt wird vom 18. bis mit 27. dieses Monats der von Wendisch carsdorf nach Groß- ölsa führende Kommunikationsweg wegen grnndhafter Herstellung desselben innerhalb des Königlichen Forstreviers. Der Verkehr wird unterdessen auf die Rabenauer Straße bezw. auf die „Neue Nöhnstraße" gewiesen. — Der in Leipzig stattfiudende Congreß deutscher B e - rufsseu erwehren, auf welchem die Wehren sämmtlicher großen deutschen Städte vertreten sind, beschloß die Gründung eines Verbandes deutscher Berufsfeuerwehren. — Unter dem dringenden Verdacht des Gattenmvrdes wurde der „Dtsch. Warte" zufolge in Frankfurt a. O. eine Gastwirthsfrau Pach verhaftet, deren Mann plötzlich nach starkem Erbrechen gestorben war. — Das Militärbezirksgericht in W ü r z bnrg hat Dienstag, den 19. Juni 1900. dm Sergeanten Schlosser des 2. Trainbataillons, der aus dem Bureau der 2. Feld-Artillerie-Brigade 104 Mk. und die geheimen Mobilisirungspläne stahl, in eonotriwiErriw zu 2 Jahren Zuchthaus, 5 Jahren Ehrverlust und Entfernung aus dem Heere verurtheilt. — Wir nahmen vor Kurzem Gelegenheit, auf die Fabrikate der Deutschen F a hr r a d i n d u st r i e, Richard Driehen, Hannover, Brüderstraße 4, aufmerksam zu machen, welche neben erstklassigen Fahrrädern auch alle Zubehörtheile als Laternen, Glocken sowie einzelne Fahrradtheile als Lustschläuche, Pneumatiks direkt an Private liefert unb ihren reichhaltigen 62 Seiten umfassenden Katalog einem Jeden ans Verlangen umsonst und portofrei zusendet. Wie uns obige Firma nun mittheilt, haben sich deren Fabrikate so vor züglich eingesührt nud beliebt gemacht, daß nur unter Zuhilfenahme der Nacht alle Aufträge prompt erledigt werden konnten. Wir freuen uns über diesen Ersvlg, welcher wieder einmal ein Beweis dafür ist, daß sich das Gnte Bahn bricht, nnd empfehlen bei der jetzigen durch das Wetter so begünstigten Radelzeit einem Jeden, welcher noch nicht im Besitze des Kataloges ist, sich diesen schicken zu lassen, selbst wenn jetzt noch kein Bedarf vorliegen sollte, zumal Unkosten hiermit nicht verbunden sind. — Von Saarbrücken nach Nom zu Pferd. Freitag Abend um 7 Uhr traf der Rittmeister Spielberg vom westphälischen Dragoner-Regiment Nr. 7 zu Pferde in Rom ein. Derselbe hat den Weg von seiner Garnison Saarbrücken bis Rom in 13 Tagen zurückgelegt. Bei seinem Eintreffen wurde er vom Generaladjutanten des Königs Orsi-Bertolini und dem deutschen Botschafter General der Cavallerie Grafen v. Wedel begrüßt. Trotz der viel fachen Schwierigkeiten des Rittes befinden sich Reiter und Pferd in einem ausgezeichneten Zustand. — Der deutsche Schnlaufsatz im Bereiche des deutsch-französischen Sprachgebietes bietet manche unfreiwillig humoristische Beigabe im Unterrichte. Allgemeines Interesse dürften wohl nachfolgende Proben haben. „Das Ferdt", schreibt zum Beispiel ein Dreikäsehoch, „ist ein Roß mit einem Kopfe und den Ohren, dahinter eine Männe. Unten hat es vier Füsse und einen Leib am Schweif." — Nicht 13. Jahrgang. viel schöner ist eine Darstellung des Ochsen. „Der ockse is immer ein Rindvieh. Weil er keine Millich gibt ist er oft ein Stier. Die Stierin ist die Küh sie giebt nur dem melker Millich. Sie ist ein Haustier und hängt am Wirt seine Haus." — „Das Schwaiu ist," so belehrt uns ein dritter, „ein Grunztier was man nicht anspannt. Das Schwain gibt statt Millich Schinken. Es wird gemästet und im Winter gemetzget." Zum Schluß dieser anschau lichen Schilderungen unserer Hausthiere sei dem Leser noch mitgetheilt, daß ein Schüler unter die Hausthiere garnicht so unrichtig auch die schnellhüpfenden Sechsbeinlinge, die blutsaugenden Zuthaten gewisser Betten rechnete. — Das Hagelschieße n gewinnt in den öster reichischen Alpenländern immer mehr Anhänger. In um fassendem Maße wird es in Niederösterreich und Steiermark geübt; nun wird es auch in Tirol eingeführt. Wie aus Bozen gemeldet wird, haben die südtirolischen Gemeinden Civezzano, Vigalzano und Madrano sich zu einer Versicherungs gesellschaft gegen Hagel durch Kanonenschüsse zusammen- gethan. Noch im Laufe dieses Monats werden die achtzehn Schießstationen der Gemeindevertretungen ihre Thätigkeit beginnen. Die bisherigen Versuche, durch Böllerschüsse die Wolken zu zerstreuen und den Hagel abzuwenden, waren vom besten Erfolge begleitet. — Die Entdeckung von Kohlenlagern in Abessinien wird durch das in Ostafrika erscheinende Journal „Dschibuti" gemeldet. Die Minen liegen bei dem Orte Debrelibanus und wurden von dem Ingenieur Comboul gelegentlich einer Forschungsreise durch dieses Gebiet entdeckt. Das Lager besteht aus Braunkohle und soll in großer Ausdehnung in Verwerthung genommen werden. Es erstreckt sich in einem Bande von 20 Höhe und 300 ni Breite, die Länge ist nicht angegeben. Die Braunkohle soll von ausgezeichneter Beschaffenheit und leicht brennbar sein. Wer Telegraph. Humoreske von Otto Reinhold. iNuchVcwl oeivwex.) Mit glühenden Wangen und in fieberhafter Aufregung machte er in seinem planlosen Umherirren plötzlich Hall und bemeikte, daß er bereits bUm Thiergarten Skating- Rmg augelangt war. Hier trat er einige Schritte in die Bäume zurück. Der uuruhig-brütende Blick war ans seinen Zügen gewichen; eine fenrige Begeisterung strahlte aus seinem Auge. Wer hätte cs wohl dem einsamen Wanderer ansehen können, daß er soeben einen großen Entschlnß gefaßt hatte! — Es war geschehen. — Rudolph Lassen halte über seine Zukunft entschieden und war bereits mit sich darüber im Reinen, — Susanne Kirchberg zu heirathen. Rudolph wendete sich dem großen Stern zu, um von dort die Pferdebahn bis zum Kupfergraben zu benutzen. Eine noch nie gefühlte Glückseligkeit war über ihn gekommen, seit er den großen Entschluß gefaßt halte, und er fühlte sich in jener Stimmung, in der man bereit ist, die ganze Welt zu umarmen. So kehrte er in sein Hotel zurück und setzte sich sofort hin, um an Woldemar Kirch berg einige Zeilen zu richten. V. P e r T e l e g r a p h. Als Woldemar Kirchberg heimkehrte, fand er einen Dienstmann vor, der heftig an der mit ,vr. Kirchberg' be zeichneten Klingel läutete. Woldemar nahm dem Boten den Brief ab und schloß auf. Der Dienstmann, der auf baldige Antwort warten sollte, blieb auf dem Flure stehen. Woldemar riß das Couvert des Briefes schon im Hereintrcten auf. Der Brief war sehr kurz: „Lieber Freund! Bestimme Zeit und Ort. Ich muß Dich sprechen. Deine Schwester Susanne darf aber davon nichts wissen. Rudolph Lassen." Woldemar traute seinen Augen nicht. Aber es stand j" so klar und deutlich auf dem Papiere, daß Rudolph Susanne konnte. „Also hat er doch gewußt, daß es Susanne war?" sagte er zu sich. „Und mit diesem Bewußtsein hatte er es gewagt, sich ihr auf diese unverschämte Art zu nähern? Ha, jetzt erst sehe ich Alles klar! Susanne, du bist beschimpft! Aber der Abenteurer soll nicht ungestraft bleiben!" Es klingelte. Der Dienstmann war's, der auf Antwort» wartete. Woldemar setzte sich denn auch sofort zum Schreib tische und warf in zorniger Hast einige Zeilen auf's Papier, in denen er Herrn Rudolph Lassen mittheilte, daß er jeden Verkehr mit ihm für abgebrochen erachte und daß er heute Abend seinen Secundanten, Herrn Max Waller, Obertele graphist zu erwarten habe. Darauf packte er Rudolph's Brief mit in das Couvert hinein und fertigte den Dienst mann mit der Antwort ab. — Die heftige Antwort Woldcmar's belustigte Rudolph im höchsten Grade. „Was wird der gute Woldemar für Augen machen, wenn er erfahren wird, wie die Sachen stehen!" sagte Rudolph zu sich, des Doktors Schreiben in den Händen haltend. „Also er will keinen Brief mehr annehmen ? Das ist ja köst lich! Aber, Freundchen, ich will Dich doch überlisten! — Oder ob ich lieber das Briefschreiben unterlasse und direkt persönlich vorspreche? — Nein, ich könnte Susanne dort treffen, und das wäre mir in diesem Momente furchtbar beschämend!" — Ja, wenn ich sie allein sprechen könnte!" Er entschied sich, zu schreiben, und ging auch sogleich an's Werk! — Der heraufcitirte Dienstmann mußte auf Rudolph's Verlangen die Adresse schreiben und den Brief sofort au den Mann bringen. In kaum dreiviertel Stunde kehrie der Dienstmann zurück und berichtete, daß der Adressat den Brief erbrochen, nach der Unterschrift gesehen und sofort wieder geschloffen habe. Der Dienstmann detaillirte ferner, daß er hatte ein- treten und zuschen müssen, wie der Doktor den Brief un gelesen in ein größeres Couvert schloß. — Durch das Verhalten Woldcmar's wurde Rudolph's heitere Laune nur noch erhöht, und in dieser Laune beschloß er, bei seiner Werbung den erzürnten Bruder zu umgehen und ihn dann mit der Thatsache — mit der Verlobung — zu überraschen. Er wurde deshalb sehr bald mit sich einig, eine auUührliche Erklärung zu verfassen, die er dann bei Susannen's Heimkehr vom Bahnhofe der Adressatin in die Hände zu spielen hoffte. Es dunkelte schon so bedeutend, daß Rudolph das Licht in Brand setzen mußte, um den Brief an Susanne zu vollenden. Nach Beendigung desselben begab er sich auf den Bahnhof. Zunächst wollte er versuchen, Susanne persönlich zu sprechen; jedoch, als nach langem Warten die Damen des Telegraphen endlich Feierabend machten und aus dem Bureau herausströmten, sah er, daß sich Susanne zwischen zwei Colleginnen verbarricadirt hatte. Das hinderte ihn jedoch nicht, an die Damen grüßend heranzutreten. „Verzeihung, meine Damen! Dürfte ich wohl Fräulein Kirchberg bitten, mir einige Minuten Gehör zu schenken?" Susanne hatte diesen Moment schon seit Stunden ge fürchtet. Sie überwand aber ihre Unruhe, richtete ihm ihre verweinten Augen entgegen und sagte in ruhigem Tone: „Wenden Sie sich an meinen Bruder, mein Herr!" Und sie folgte ihren Colleginnen und ließ ihn stehen. Rudolph war ärgerlich über diesen mißglückten Angriff; er beschloß daher sofort, Susanne einen Dienstmann mit dem Briefe uachzuschicken, den er für diese Eventualität zu sich gesteckt hatte. Er selbst begab sich in sein Hotel, um den Abend still in seinem Zimmer zu verbringen. Es war dies ein so seltenes Vorkommniß, daß selbst der Kellner, der Rudolph seit Jahren kannte, darüber verwundert war. Rudolph saß gerade beim Abendbrode, welches er sich heute hatte auf sein Zimmer bringen lassen, als ihm ein Dienstmann den Brief wiederbrachte, welchen er Susanne geschrieben hatte. In dem Begleitschreiben theilte Woldemar Rudolph mit, daß ihm Susanne den Brief uneröffnet über geben und daß er, der Doktor, nur die Unterschrift gelesen habe; er versichere das auf Ehrenwort. „Also ist mein Brief gar nicht gelesen worden!" rief Rudolph im Selbstgespräche. „Und es kann auch nicht anders sein! Hätte ihn der Doktor gelesen, dann würde er anders antworten!" Der Kellner meldete Besuch an und übergab eine Visiten karte. „Max Waller, Obertelegraphist." Der Mann war Rudolph vollständig fremd; Rudolph hieß ihn eintreten und erfuhr sehr bald, daß er des Doktors Cartelllräger vor sich hatte. Nachdem Herr Max Waller seinem Auftrage Worte verliehen hatte, nahm Rudolph das Wort und sagte dem Zwischenträger Dinge, die — nun — ja, er sagte ihm Dinge, die ganz merkwürdige Folgen hatten. Hätte Woldemar zum Fenster hineinlauschen können, so hätte er sich sicherlich auf den Kopf gestellt vor Verwunderung, wenn ec gesehen hätte, wie „sein Mann" in Rudolph's Rechte einschlug und gemüthlich am Tische Platz nahm und wie bald darauf der Kellner einen großen Mörser herein geschleppt brachte, in dem eine silberbekuppte Flasche steckte. Der überraschte Lauscher hätte den Champagnerwein nebst Inhalt sofort erkannt, und sein Gesicht hätte sich möglicher weise vor Staunen bis zur Höhe des Fensters in die Länge gezogen. Nach Verlauf von ungefähr zwanzig Minuten waren Rudolph Lassen und der Cartellträger in ein Gespräch vertieft, welches von der ungeheuersten Heiterkeit belebt zu sein schien. Was mochten die Beiden wohl aushecken?! — — Fortsetzung folgt. —