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»och oird otte und aen, »n-n 1S2L Dnchtosschrffl: U«nl»r«ch»r-Saimn»lnumm»r SV S»1 «ur für 4iachl,chn«ch»r SV Oll. Gegründet 1858 D-,>>g-.V-bühr Li« l Ipalfta» 32 mm breit« 3r», w. S,—, auberhalb Sachs»«, ». N,—. AamiU»»- Kkn»ot»ori-<1teaika anz«ia»n, Anzeigen unter Stellen« und Woynunasinardi. I'palli»» An« und ver- ">io"l8kII»^>reisk. ilSuse 2S«/« Aachlab. Dorzugsplittze laut Tarn. Auswärtige Aufträge gegen Darau»d»zal»lung. Sinjeinummer AI. 2,—, So«ntag»au»gad« W. Z,—. Schrift!eitun, und Haupt, «tch*ft»ft»ft»: M»i1i«Nr»tzr S»/«»0. Lruch u Derlag »»n vtapsch ch Arlchirdt In PriadW. P»ftsch«ch-K»nt, 10SS Dr»»d«». Nachdruck nur mit d«ulltch«r Vuell«nangad« <.Dr»»dn»r Dachr.-> ruläftig. — Unverlangt» Schriftstück« w»rd«n nicht «ilbewahrt. e». :rS Se ien »ur -ld »er »u US >ev -rv ve. cht »re )e» >b- > » Serabsehmg -er Reparationen? Ein englischer Vorschlag. Loudo». 19. Jnli. Reuter meldet ans Neuyork: H)«r ist ei« Bericht eiugetrofsen und von verschiedene« Plätter« veröffentlicht worden, wonach Großbritannien die Herabsetzung der Reparationen vorschlägt und gleichzeitig angeboten habe, auf die ihm geschuldete» G«mme» zu verzichten. Bisher ist dieser Bericht nicht bestätigt worden. Er hat aber die Aufmerksamkeit und Zustimmung einiger der führenden Blätter hervorgerufen. „Globe" schreibt dazu: Mit einer bewunderungswürdigen Tat hat Großbritannien das Gewebe von Haß und Selbstsucht zer rissen. das Deutschland niederhält. Der Vorschlag ist eigent lich nur ein Ergebnis des gesunden Menschenverstandes: aber in dieser Atmosphäre des aufgepeitschtcn Nationalis mus und blinder Rachepolitik, wie sie heute in Europa herrscht, wirkt dieser gesunde Menschenverstand wie eine höchste Eingebung. In einem Leitartikel der „World" heißt es: Wenn die Franzosen das britische Angebot annehmcn, das die Repara- ttoussümmen derart vermindert, wie es die Sachverständigen Großbritanniens, Amerikas und der neutralen Länder für möglich halten, so gebührt England großes Lob. -Hierdurch würde bewiesen, daß seine Regierung auf wirtschaftlichem Gebiete die intelligenteste ist. Die „Tribüne" sagt: Das Werk mag Frankreich einseitig erscheinen, indessen bedeutet es einen Schritt nach aus wärts aus dem Wege zum Ausgleich der französischen und -er britischen Interessen. Es erscheint geraten, daß Groß britannien Frankreich für die Revision des Versailler Ver trages entschädigt, wenn dies nicht nur Deutschland, sondern auch Großbritannien znm Nutzen gereicht. <W. T. B.s Wettgehen-e gugejliln-nisje -er Garantte- Kommission? Berlin, 1». Juli. Die Zugestäudnissc, die die Garantiekommission gegenüber ihre» ursprünglichen Forderuuge« bezüglich der Finanzkontrolle und der übrigen siuauzlelleu Fragen erhoben hat. werden uns von unter richteter Seite als sehr weitgehend bezeichnet. Inner halb der Regierung ist man der Auffassung, daß man aus der Gründlage, wie sic jetzt zwischen dem Garantiekomitee «ud der Reichsrcgiernng vereinbart wurde, znm Ziel kommen «erde. Man verhehlt sich allerdings nicht, daß in Daris zunächst wohl Einwendungen erhoben werden, hofft aber, daß schließlich auch dort die Einficht siegen wird, daß eine Verständigung aus einem anderen Wege als dem »»« der Garantiekommission vorgcschlagene« nicht zn er reiche« ist. Dagegen melden Pariser Zeitungen, es kei zwischen der Reichsregierung und dem Garantiekomitee folgendes vereinbart worden: 1. bas Garantiekomitee werde die gesamten Einnahme» Deutschlands kontrollieren und auch die Ausgaben, bevor diese vom Reichstag beschlossen worden find. Es werde sie auch i« Augenblick der Verwirklichung nachprüfen: L alle fiuanziellen «nd wirtschaftlichen Statistiken sollen de« Garantiekomitee zur Prüfung übergeben werden; 8. die deutsche Regierung sei verpslichtet, das Garantie- komitee sortlaufend über den jeweiligen Stand der schweben den Schuld Deutschlands zu unterrichten. Baldige Entscheidung über das Moratorium. Berlin, lv. Juli. In hiesigen diplomatischen Kreisen, die über die Verhandlungen der Garantiekommission und auch über ihre Forderungen unterrichtet sind, glaubt man, daß die Entscheidung der Reparations kommission über das deutsche Moratoriumersuchen in nächster Zeit, wahrscheinlich schon in der nächsten Woche, fallen werde. Die Garantiekommission habe den Eindruck gewonnen, daß die Frage des Moratoriums infolge der in den deutschen Wirtschaftskreiscn herrschenden Nervosität sobald als möglich entschieden werden müsse. Vertagung des Auswärtigen Ausschusses. iE lg n er Drahtbericht der „DreSdn. Nachricht-: tt"-> Berlin, lU. Juli. Ter Auswärtige Ausschuß des Reichstages hat sich nach kurzer Besprechung über die Forde rungen deS Garanttekomitccs vertagt und wird seine Verhandlungen am Freitag wieder anfnehmen, um alsdann, wenn die Unterlagen gedruckt vorliegen, erneut Stellung zu nehmen. Berlin, Ist. Juli. Der deutsche Botschafter in Paris, Dr. Mayer, ist, wie wir hören, in Berlin eingctrossen. Seine Anwesenheit in Berlin dürfte mit dem Moratvrinm- geiuch der Reichsrcgiernng zusammcnhängcn. Amerika glaubt an Deutschlands guten Witten. London, lg. Juli. Der „Daily Telegraph" meldet ans Neuyork, dort herrsche die A n sicht vor, daß Deutsch land aufrichtig wünsche, seinen Verpslich- t u n gen nachzuko m m c n und reichlich Beweise für das Bestehen dieses Wunsches gegeben habe. Die Turchschnitts- ansfassUM Amerikas sei die, daß die Lösung des deutschen PrphleiM-osienbar in zwei Richtungen sich bewegen könne, entweder eine internationale Anleihe vder die Gewührnng eines Moratorium s. In Amerika sei die Auffassung allgemein, daß Europa imstande sein werde, die Zinsen seiner Schulden an Amerika zu bezahlen und eines Tages änch das Kapital. Scharfmacherei des „Temps". Paris, lg. Juli. „Temps" schreibt in einem Leitartikel nach einer Kritik des deutschen Finnnzgcüarens: Wenn es zur Durchführung der ersten finanziellen Reformen und zur Sicherstellung der Pfänder unbedingt notwendig erscheint, eine oder höchstens zwei monatliche Zahlungen Deutsch lands ausznschieben, so wird cs zweifellos am Platze sein, ihm ein ganz kurzes Moratorium zu gewähren. Aber der Aufschub der Zahlungen müßte von der gleich zeitigen Durchführung der verlangten Reformen und von der Organisation einer mit allen notwendigen Voll machten ausgestatteten Kontrolle abhängig gemacht wer den. Ferner müßte die Reparationskommissivn im Lause dieses ganz kurzen Zeitraumes eine etwaige Verfehlung Deutschlands feststellen und diese Feststellung begründen. Wsnn dann nicht sämtliche Verpflichtungen eingehalten wür den, dann würden die alliierten Regierungen am besten kollektiv, wenn nötig aber auch einzeln, handeln. Die bürgerliche Arbeitsgemeinschaft. Berlin, 1». Juli. Die Besprechungen imReich s- tage zwischen den Führern des Zentrums, der Deutschen Bolkspartei und der Demokratischen Partei stellten erneut eine grundsätzliche Ucbercinstimmnng der Parteien über die Bildung einer bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft fest. Die Deutsche Volkspartet trat für die Einbeziehung der Bayri schen Bolkspartei ein, und es bestand auch Einigkeit dar über. daß der Bayrischen Bolkspartei der Eintritt in die Arbeitsgemeinschaft offen stehe. Diese Partei ver handelt auf dem demnächst abznhaltendcn Parteitage dar über. Die Arbeitsgemeinschaft wird erst zu ihrer praktischen Auswirkung gelangen, wenn der Reichstag wieder versam melt sein wird. Eine offizielle Erklärung der drei bürger lichen Parteien steht bevor. sW. T. B.t Ausschluß und Austritt au» der Deutschnationalen Volkspartei. Perliu. IS. Juli. Der R c i ch s t a g s a b g c o r d n e t e Henning hatte bei der Parteileitung der Deutsch- nationalen Bolkspartei die Einsetzung eines Untersuchungs ausschusses beantragt, um gewisse gegen ihn schon seit langem erhobene Vorwürfe prüfen zn lassen. Der Untersuchungs ausschuß ist zu dem Ergebnis gelangt, daß gegen den Ab geordneten Henning nichts vorltcge, was ihn strafrechtlich belaste oder ehrenrührig erscheint, daß aber die Art seiner politischen Betätigung den Interessen der Partei nicht ent spricht. Die Retchstagsfraktion und der Partetvorstand haben darauf die Erklärung abgegeben, daß ein weiteres Verbleiben -Hennings in der Deutschnationalcn Fraktions- gemeinschast unerwünscht erscheine. kW. T. B.i Berlin, lv. Juli. Der frühere Rcichsgerichtsrat und badische Justizminister Prof. Düringer hat in einem Schreiben an den Rcichstagspräsidcnten Löbe seinen Austritt aus der Deütschnationalen Fraktion mitgctcilt. tN. T. B.t ».Internationaler Schuh -er -rutschen Republik? Amsterdam, ist. Juli. Heute fand unter Leitung des Vorsitzenden des Internationalen Gewcrkschaftsbundcs die internationale Konferenz statt, die vom Inter nationalen Gewerkschastsbnndc und den Leitungen der Ge- werkschaftsinternattonalc von London und der Zweiten Ge werkschaftsinternattonale etnberufen worden war. Der Sekretär des Internationalen Gewerkschaftsbunbcs Fim mel, setzte den Zweck der Konferenz tn kurzen Worten auS- ettzauder, indem er erklärte: Die Lage in Deutschland habe dt» Leitung des Internationalen Gewcikschastsbnndes zn dek Ueberzcngung gebracht, im Interesse des deutschen Pro letariats und der Arbeiter aller Länder eine internatio nale Einheitsfront zur Unterstützung der deutschen Arbeiter zu bilden. Es sei notwendig, daß sofort Maß nahmen znm Schutze der deutschen Republik und zur Ver hinderung aller monarchistischen und reaktionären Anschläge getroffen würden. Es sei auch notwendig, zu einer inter nationalen Ncbcreiiiknnst über eine Abänderung der jenigen Teile der Friedens vertrüge zn gelangen, die daran schuld seien, daß die Reaktion in Deutschland stets neue Anhänger für ihre Agitation finde, und daß die Ar beiter in fast beinahe allen Ländern vom wirtschaftlichen Elend betroffen würden. Tie Leitungen der Zweiten Internationale und der Wiener Internationale erklärten sich bereit, Mittel und Wege ausfindig zn machen, um ge meinschaftlich die Vorschläge zu verwirklichen. sW. T. B.) Alickkrlll -es ilalienischen Kabinetts. Rom, 1». Juli. Das Kabinett ist zurück» getreten. lW.T. B.s Ministerpräsident Facta hielt in der K a m m e r eine Rede, in der er alle Parteien aufsordertc, die Regierung in ihrem Bestreben zn unterstützen, das Leben und die Freiheit der Bürger mit allen verfügbaren Mitteln rücksichtslos zu verteidigen. Er fügte hinzu, die Regierung werde ihr Pazifizicrungswerk fortsetzcn, aber es sei auch nötig, zn einer strengeren Anwendung der Gesetze zn schreiten. Die Kammer nahm dann mit 288 gegen 108 Stimmen eine Tagesordnung gegen die Regierung an. sntk.s Neue Danbeakömpse im Burgenlan-e. Wie«, IS. Juli. sAmtlich.i Der Grcnzort .Hagersdorf im südlichen Bnrgcnlande wurde in der Nacht ans heute von ungarischen, mit Gewehren, Maschinengewehren und Handgranaten bewaffneten Kräften überfallen. Die Bnndes- truppen wiesen nach zweistündigem Fe »erkämpf die ungarischen Banden zurück. Die österreichische Regie rung hat die notwendigen diplomatischen Schritte cln- geleitct, um einen Versuch einer neuerlichen Beunruhigung dcö Burgenlandes abznwebren. iW. T. B.t Demonstration gegen die Teuerung in Wien. Wien, Ist. Juli. Heute vormittag versammelten sich vor dem Parlament gegen tausend Arbeiter und Arbeiterin nen der Simmeringcr Waggonfabrik »nd der Pcnzinger Kerzensabrtk, um gegen die Teuerung, insbesondere gegen die Brotpreiserhöhung, zn demonstrieren. Die Arbeiter zogen ans begütigendes Zureden der Vertrauensmänner der Sozialdemokratischen Partei trotz der Gegcnagitation der kommunistischen Redner ab, nachdem eine Deputation von Betriebsräten zur Regierung entsandt worden war. Vor dem Parlament blieben nvch eine Anzahl neugieriger Ar beitsloser zurück. Ruhestörungen find nicht vorgekommen. Unler »emSchuhgeseh siir die Nepublik. Das Schutzgesctz für die Republik ist durch die Annahme im Reichstag tn die Welt der vollendeten Tatsachen ein getreten. Damit beginnt eine Phase unserer inneren Entwicklung, der jeder Anhänger einer wirklichen demv tratischen Freiheit nur mit tiefster Sorge entgegen sehen kann. Nicht, als ob einsichtige Patrioten dar über im Zweifel sei» könnten, daß »ach dem Morde an Nathena», der im Zttsammeilhaug mit dem au Erzberger verübten gleichartigen Verbrechen einen Abgrund politischer Verirrung anfklafsen ließ, irgend etwas Durchgreifendes zur Ntedcrzivingnng der im Finstern schleichenden Gewalten ge schelien mußte. Tie Frage blieb aber vssen, ob die zu er greifenden Maßregeln sich ans dem Boden des allgemeinen Strafrechts durch Verschärfung bereits bestehender Be stimmungen und Einfügung neuer bewegen, vder ob sic die immer gefährliche Form eines Ausnahmegesetzes annehmen sollten. Die bayrische Regierung stellte sich von vornherein ans den Standpunkt, daß nur eine Abänderung des Reichs strasgesetzbnches in Betracht kommen dürfe und daß bet der Durchführung der neuen strafrechtlichen Vorschriften die einzelstaatliche Landeshoheit sorgfältig geschont werden müßte. Der bayrischen Anschauung ist aber von seiten der Reichsregiernng keine Rechnung getragen worden. Man hat den Weg eines Ausnahmegesetzes beschritte» und zur Ab urtettnng der strafbaren Handlnngen, die sich als Ver fehlungen gegen die Sicherheit der Republik darstellen, einen besonderen Staatsgerichtshvs eingesetzt, der sich ebenfalls als ein Ausnahmegerichtshos charakterisiert. Von leitender bau rischer Stelle mar der Vorschlag gemacht worden, den Ge richtshof einem Senat des Reichsgerichts anzugliedern, um ihm auf solche Weise die Ausnahmeeigenschait zn nehmen und ihn in die ordentlichen Gerichte einznreihcn. Auch diese Anregung blieb aber nnbenchlet und io erscheint nun Bauern aus der ganzen Linie als der geschlagene Teil, der seinen Groll über diese Wendung der Dinge unverhohlen znm Ans druck bringt. Die bayrischen Vertreter haben sowohl im Reichsrat wie im Reichstag eine sehr scharfe Sprache geführt und daraus hingcwiesen, daß von dem bayrischen staatlichen Eigenleben überhaupt nichts mehr übrig bliebe, wenn man nach der gänzlich beseitigten Militär-, Finanz- und Eisen bahnhohcit nun auch noch die Justiz- und Potizeihoheit be schneide. Die Verstimmung und Verärgerung der Bayern ist nvch vermehrt worden durch gewisse Vorschriften des Rcichskriminalpolizcigejetzcs. die der Rcichspvlizei gestatten, unter Umständen in den Einzelstaaten selbständig amtliche .Handlnngen mit eigenem Personal vorznnehmcn und den einzelstantlichen Behörden unmittelbare Anweisungen zu erteilen. Die Kriie, die aus diesem Anlaß neuerdings in den Beziehungen zwischen Berlin und München eingetretcn ist, hat in Bayern die öffentliche Meinung bis in die Tiefe aufgewühlt und eine mit Zündstoff derartig geladene Atmosphäre geschaffen, daß die beunruhigendsten Gerüchte nmherschivirren. Sv wußte der „Vorwärts" zn melden, daß man sich in München bereits ernstlich aus den Abfall vom Reiche vorbereite und daß die bayrischen Industriellen ver sammelt gewesen seien, um sich über die zn treffenden will schastlichen Maßnahmen für den Fa» der Lostrennnng vom Reiche zn verständige». Derartigen tendenziös gefärbten Atarmnachrichten steht die bestimmte Erklärung Dr. Heims entgegen, daß eine zeitweilige Trennung Bayerns vom Reiche nur unter einer einzigen Vvranssetznng denkbar sei. wenn nämlich in Berlin alles drunter und drüber gehen und bolschewistische Bestrebungen die Oberhand im Norden ge winncn sollten. Gefestigt wird aber das Verhältnis Bayerns znm Reiche durch das Schntzgcsetz sicher nicht. Die un vermeidliche Folge der neuesten Erfahrungen, die Bayern mit den Eingriffen des Reiches in seine staatlichen Hvyeits rechte hat machen müssen, ist das Aufkeimcn einer Stimmung die der bayrische Bevollmächtigte in Berlin selbst als Reichs Verdrossenheit gekennzeichnet hat. Dadurch wird die Gefahr einer Lockerung der nationalen Geschlossenheit des Reiches hcranfbcschivorcu und daS ist ein Preis, mit dem das Schutz gesctz denn doch allzu sehr überbczahlt sein dürfte. Auch im übrigen Deutschland können sich die bürger lichen Kreise deS beklemmenden Gefühls nicht erwehren, dast das Slhntzgesctz tatsächlich ein Ausnahmegesetz ist. Ter Reichsjnstizministcr hat zwar den Reichskanzler desavouiert durch die Erklärung, daß das Gesetz nicht einseitig gegen rcchis gerichtet sei, aber die Wirkung der temperamentvollen Worte des Reichskanzlers läßt sich nicht so ohne weiteres vermischen. Auch ist zu bedenken, daß solche ministeriellen Versicherungen unverbindlich sind, wenn auch die gute Ab sicht des Ministers nicht in Zweifel gezogen werden soll. Das gilt vor allem, falls in der Zwischenzeit bis zum Ablaus der Gültigkeit des Gesetzes ein Wechsel in der Person des Reichsjustizministcrs eintrcten sollte: der Nachfolger könnte dann für sich die Auffassung seines Vorgängers ablchncn. Auch wird man mit der Tatsache rechnen müssen, daß die radikale Linke sich in einer seelischen Verfassung befindet, auf Grund deren sic der Mcinnna ist. daß ihren Redner» und Prcßorganen so ziemlich alles, sedensalls aber weit mehr gestattet sei, als die Rechte sich erlauben darf. Das kan» man ans mancherlei Auslassungen, die von einem gewaltig überhitzten Denkprozetz zeugen, deutlich ersehen. Ein gergdezu klassisches Beispiel dieser Art mag hier registriert werden. In einem Aussatz der von dem bekannten sozialisti schen Theoretiker Parvus heransgegebenen „Glocke", Ver lag für Sozialwissenichast in Berlin, findet sich ein glühen der Appell an dtc „Führer im Kamps", der über seinen Sinn und Zweck keinen Irrtum aufkvmmen läßt. Es kommt darin n. a. folgende markante Stelle vor: „Seid hart! Fürchtet nicht, daß irgendwo ein „Recht" verletzt wird. Es kann ge sühnt werden, wenn wir hindurch sind. Recht ist ein Ideal, aber Freiheit ist ein größeres. Ihr seid tolerant gewesen. Zu tolerant. Nachgiebig bis zur Sclbstcntnnßcruiig warf ihr! Ihr seht: damit wird die Freiheit nicht gesichert, nicht