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Dresdner Journal : 01.06.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189906010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-06
- Tag 1899-06-01
-
Monat
1899-06
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 01.06.1899
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«ez»»«»ret». Urschet»»»: Täglich mit Ausnahme der Sona» and Feiertage abend«. Arrnspr-Laschluß.Nr 1K»5 Dresdner ZMrnal. AnkündiiungSgebLhre»: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift X) Pf. Unter „Eingesandt" die geile kV Pf. Bei Tabellen- und Zissernsatz entsprechender Ausschlag Herausgeber: Avnigliche Expedition de« Dresdner Journals Dresden, Znnngersir. SV. Fernspr.-Anschluß: Nr. tL-k 124. Donnerstag, den 1. Juni abends. 18SS. Alelerügerr Ne-ie-er unseres Alattes,' die es von hier aus nach einem andern Aufenthaltsorte nachgesendet zu haben wünschen, bitten wir, mit der bezüglichen Bestellung gleich zeitig die an die Post zu entrichtende Ueber- weisuugsgebühr einsenden zu wollen. Die Gebühr beträgt im ersten Monate eines Viertel jahres 60 Pfg., im zweiten Monate 40 Pfg. und im dritten Monate 20 Pf. Wir bemerken hierzu, daß überwiesene Blätter beim Postamte des gewählten Aufenthaltsorts in Empfang zu nehmen find. Die etwa ge wünschte Zustellung ins Haus muß daselbst be sonders beantragt werden. Auf ausdrückliches Verlangen besorgen wir die Nachsendung unter Kreuzband. Die dadurch entstehenden Kosten richten sich nach dem Gewichte der einzelnen Sendungen. Geschäftsstelle der Dresdner Äonrnnls. Amtlicher Teil. Dre-de«, 1. Juni. Se. König!. Hoheit der Prinz Johann Georg, Herzog zu Sachsen, ist gestern abend 9 Uhr 37 Min. von Berlin nach Dresden zurückgekehrt. Se. Majestät der König haben den vortragenden Rath im Finanzministerium, Geheimen Rath vr. R i tt e r - städt zum Ministerialdirektor und Borstande der 111. Abtheilung des Finanzministeriums sowie zum Präsidenten des Technischen OberprüfungsamteS und den zeitherigen Rath bei der Generaldirektion der StaatSeisenbahnen, Finanzrach Elterich zum Ober finanzrache und Hülfe arbeiter jm Finanzministerium Allergnädigst zu ernennen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, den juristischen Hilfsarbeiter bei der AmtS- hauptmannschcift Pirna RegierungSrath vr. jur. Hermann Walter Junck zum AmtSbauptmann und Vorstand der Amtshruptmannschaft OelSnitz zu er nennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem als juristischen Hilfsarbeiter zur Krels- hauptmannschaft zu Zwickau versetzten bisherigen Polizeirath bei der Polizeidirektion zu Dresden Frei herrn von Wilcke den Titel und Rang al- Re gierungSrath zu verleihen. Se. Majestät der König haben den zeitherigen juristischen HülfSarbeiter beim Kreissteuerrathe zu Zwickau Finanzassessor Karl Theodor Schilling unter Verleihung des Titels und Ranges eines FinanzratheS zum zweiten Stempelfiskale Allergnädigst zu ernennen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem zur Versicherungsanstalt für dar Königreich Sachsen versetzten Polizeirath bei der Polizeidirektion zu Dresden vr. iur. Haberland Titel und Rang als RegierungSassessor zu verleihen. Werorönung. Nachdem der BundeSrat beschloßen hat, für Rech nung des Reich» diejenigen silbernen Zwanzigpfennig- Nücke einzuziehen, die in öffentlichen Kaffen und m den Kaffen der Reichsbank liegen oder aus dem Ver kehre in diese Kassen eingehen, werden die StaaHtkaffen angewiesen, ») silberne Zwanzigpfennigstücke in beliebigen Mengen auch über den in Artikel 9 des MünzgefetzeS vom 9. Juli 1873 bezeichneten Bettag von 20 Mark hinaus in Zahlung zu nehmen; b) diese Stücke in beliebigen Mengen gegen andere Reichssilbermünzev, Thaler oder Nickelmünzen umzutauschen, soweit die Bestände an solchen Münzsorten dies zulaffen; e) die vorhandenen und die eingehenden silbernen Zwanzigpfennigstücke nicht mehr zu verausgaben, vielmehr, soweit sie nicht bei Kassenstellen der Reichsbank umgewechselt werden können, an die Finanzhouptkasse auf Ueberschußgelder mit einzu- liesern oder bei dieser oder bei einer Ueberschüffe einliefernden Finanzkaffe umzutauschen. Dresden, den 30. Mai 1899. Sämmtliche Ministerien. Schurig. v. Metzsch. von der Plauttz. v. Seydewitz. v. Watzdorf. Wunderlich. DaS Ministerium des Innern hat auf Ansuchen Erlaubniß zum Vertriebe von Loosen der mit der diesjährigen allgemeinen deutschen SportauS- stellung in München verbundenen Geldlotterie im Bereiche des Königreichs Sachsen unter der Be dingung ertheilt, daß die Nummern der gezogenen Gewinne und der Betrag der letzteren an demjenigen Tage, an dem der öffentliche Verkauf der Ziehungs listen beginnt, im Dresdner Journal und in der Leipziger Zeitung veröffentlicht werden. Dresden, am 19. Mai 1899. Ministerium des Innern. Für den Minister: Merz. Gebhardt. Das Ministerium deS Innern hat dem Dresdner Rennvereine die erbetene Erlaubniß zu einer Ver- loosung von Zuchtstuten und Zuchtfohlen, sowie von Reise-, Fahr-, Reit- und Stall-Gegenständen rc. und zum Vertriebe der Loose im Bereiche des Königreich- Sachsen unter der Bedingung ertheilt, daß die Num mern der gezogenen Loose unter Angabe der auf sie entfallenen Gewinne drei Tage nach der Anfang« Dezember dieses Jahres beabsichtigten Ziehung im Dresdner Journal und in der Leipziger Zeitung zu veröffentlichen sind. Dresden, am 24. Mai 1899. Ministerium des Innern. Für den Minister: Merz. Gebhardt. Das Ministerium des Innern hat der Bau- gewerkSkr ankenkasse zu Dresden (eingeschriebener HülfSkaffe) bescheinigt, daß sie auch nach Einführung de» II. Nachtrages vom 22. März 1899 zu ihrem Statute vom 15. Dezember 1892, vorbehaltlich der Höhe des Krankengeldes, den Anforderungen des 8 7b des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883 in der Fassung vom 10. April 1892 genügt. Dresden, am 29. Mai 1899. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. vr. votzel. Klopfleisch. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentliche« Dienste. 3« GeschiftSdereiche de« Mintfteri««» der Atnanze«. Bei dr»»tzo«ft-verwsind ernannt worden: König, Schirckel, zeither prädtjirte Forstaffefiorr», al« etatmäßige Knust und Wissenschaft. König!. Schauspielhaus. — Am 31. d. Mt«.: „Wallenstein", ein dramatische» Gedicht von Schill;». „Wallenstein« Lager'" Vorspiel in einem Aufzug. — „Die Piccolomini", Schauspiel in fünf Aufzügen. Eine vollständige Aufführung der Schillerschen Wallen stein-Trilogie an zwei aufeinanderfolgenden Abenden hat immer ein gewisse» festliche« Gepräge, ragt über die Linie zweier gewöhnlichen Spielabende hinau«, erfordert auch so viel Aufwand an leitender und künstlerische, Kraft, daß sie jedesmal vor einem vollständig gefüllten Hause und unter erhöhter Teilnahme vor sich gehen sollte. E« ist ja ganz gut, daß die Schillerschen Dramen für die Jugend doppelte Anziehungskraft bewähren und daß diese An- ziehungtkraft die Ungunst der weit vorgerückten Spielzeit einigermaßen wett macht, aber Schiller» größte drama tische That behält doch vollen Anspruch darauf, nicht au«- schließlich vor Gymnasiasten und jungen PenfionSfräulein« gespielt zu werden Di« Vorführung von „Wallenstein« Laaer" auf unserer Hofbühne ist im Laufe der Jahre immer bunter und be lebter geworden, und gegen eine gewisse kräftige Realität in de, Wiedergabe diese« prächtig realistischen Stücke» Schillerscher Dichtung darf nicht« eingewendet werden. Nur hat man sich davor zu hüten, ganz vorübergehende Einzelheiten in der Darstellung zu breit au«zudehnrn, wie e« zum Beispiel — freilich zum besonderen Gaudium der jugendlichen Zuschaurrschast — mit dem kurze» Auftritt de« Soldatenschulmeister« geschieht Jm ganzen wurde frisch und flott gespielt: unnötige« und zum Teil recht sinnlose« Versprechen gab ein paar Mal wieder den Br- wei«, daß der Reim kein Brett ist, an da» man sich klammen, kann In den „Piccolomini" sah ich zum ersten Male Hr». Wind» al« Wallenstein. Gegenüber der Betonung de» Dämonischen, Unheimlichen, rücksichtslos Selbstischen, durch die Hr. Holthau« den Schillerschen Wallenstein dem ge schichtlichen annäherte, scheint Hr. Winds den Nachdruck auf die Unschlüssigkeit de« Feldherr«, auf die Stellen zu legen, in denen Wallenstein sich al« der zur Empörung, zum Hochverrat Getriebene darstrllt. Die Ma«ke be quemer Würde, behaglicher Vertraulichkeit gegenüber den KriegSgcnoffm, di« der gewaltig« Emporkömmling ge« legentlich trägt, faßt Hr. Wind» al« Bestandteil seine« Wesen« auf. Soviel sich nach dem zweiten Akt der „Piccolomini" urteilen läßt, zeichnet sich die Verkörperung de» Feldherrn, die de, Künstler girbt, durch wohlthuend« Einfachheit und Einheitlichkeit au«. Sowohl Hr. Wind« al« die übrigen Hauptdarsteller Frl. Ulrich (Gräfin Terzky), Frl Politz (Thekla), Frau Hildebrandt (Her- ,ogin von Friedland), d,e Herren Wien« (Octavio Picco lomini), Franz (Max Piccolomini), Blankenstein (Terzky), Müller (Butler), Bauer (Jllo), Eggerth (Questenberg) erfreuten sich starken Beifall«. Ad. Stern. Die nationale Kunstausstellung in Madrid. In der großen Rotunde de« Kunst- und Industrie- palaste» ist im Anfang Mai durch die Regentin die nationale Kunstausstellung eröffnet worden. In ein«m Berichte der ,^köln Ztg." heißt e«: Die «rst« Frage ist die: brfindet sich unter den etwa 1000 Nummern ein«, die um Haupteslänge alle übrigen überragt? Muß diese Frage auH verneint «erden, so kann man doch die Au», stellung al« über dem gewöhnlichen Durchschnitt stehend und al« recht sehen«wert bezeichnen Vor allen Dingen ist »« interessant zu beobachten, welchen Einfluß die großen vorjährigen Ereignisse auf da« Schaff«» d«, spanisch«» Künstler a»? libt haben Vergeblich smbt man da nach jene» leidenschaftlich«» A«ußrrungr» dt» Haff«» grge» die Forfiassefforea bei der Forsteinrichtungtanstalt. — Bersetzt: Roch, zeither Forffaffeffor bei der Forsteinrichtung-anstalt, al« Forstassessor auf Borstendorfer Revier. Bei der Berg- und Hütten-Berwaltung sind er nannt worden: Brause, zeither Hüitenrendant bei der Muldner Gchwefelsäuresabrit und Zinkhütte, al« Hüttenrendaat bei der Muldner Schmelzhalle; Tzschöckel, zeither Hülf«- wardein bei der Muldner Hülle, al« Bizehüttenmeister bei der Muldner Schwefelsäurefabrik und Zinkhütte. 3« Geschäftsbereiche de« Ministerium» de« 3nner«. An gestellt: Der Accesstst bet der AmtShauptmannschaft Chemnitz, Assessor l)r. Wach, al« Bezirk-assessor bei der Lml«hauptmannschast Di ekden-Altstadt. — Bersetzt: Regier- llng-rat vr. Raschke bei der Berstcherung-anstalt für da» Königreich Sachsen zur Amtshauptmannschaft Pirna. Bei der Polizeidirektion zu Dretden: übertragen dem Kriminal-Polizeikommifsar Polizeirath Becker die vierte Rathtstelle und dem Polizeiasscssor vr jur. Heyn die Stelle eine« Kriminal-Polizeikommifsar«; — angestellt: der beiderAmtS- hauptmannsch^ft Dresden-Neustadt acceßweise beschäftigte Assessor vr. jur. Drechsel al« Polizeiassessor. 3« Geschäft»»eretche tze» Mtntftertam» de» K» ltu« a»d öffentliche« Unterricht». Zu besetzen: die b. ständige Lehrersiclle in Wolkenstein. Kollator: die oberste Schul behörde. Einkommen 1300 M Gehalt, 20,45 M von der Kirche und 200 M. WohnungSgeld an einen verheirateten, 1V0 M. an einen unverheirateten Lehrer. Bom 1. Januar l »00 tritt eine Gehalt«flafsel in Kraft, derzusolge der Gehalt von 3 zu »Jahren bi» 2K00M. steigt. Gesuche mit allen erforder lichen Beilagen sind bi« zum 8. Juni bei dem Königl. BezirkS- fchulinspektor vr. Bräutigam io Marienberg eiuzureichev. Nichtamtlicher Teil. Zeitbetr«cht»»ge« eines Unbefangenen. Neue Folge V. Di« Wirkungen de» Daheimbleiben» d«r Reich«- boten. Bei dem Reich«tage ist e» nach den Erfahrungen der letzten Jahr« k«ine Seltenheit mehr, daß von den 397 Abgeordnete» mehr al» 300 ohne Entschuldigung au»- geblieben sind. Nur ein kleine» Häuflein der Erschienenen hat sich au« Pflichtgefühl in der Absicht emgefunden, die Pflichten ihre« Amtes treu und gewissenhaft zu erfüllen. Ihnen gegenüber steht eine andere Gruppe von Ab geordneten, die zwar auch an den Sitzungen regelmäßig teilnehmen, aber nicht, um die Beratung der auf der Lage«ordnung stehende« Vorlagen, so viel in ihren Kräften steht, tödlich z« fördern, fondern um ihre persön lichen Geschäfte zu treiben oder ihre Parteizweck« zu ver- fvlgm Di« Würd« und di« Aufgaben de« Reichstage« sind solchen Leuten, denen meisten« eine höhere Bildung abgeht, gleichgiltig; wenn sie nur ihre Zwecke erreiche«. Die feinere», der hohen Bestimmung de« Reichstag« ent sprechende» Perkehrtformen sind ihnen ungewohnt und »»bequem. Die Mißachtung de« Reichstage», die von der unentschuldigt »»«gebliebenen Mehrzahl der anderen Ab geordneten an den Tag gelegt wird, wirkt ansteckend. Für Freiheit und Gleichheit zu fechten, gehört jetzt zum guten Ton; gewiffe Leute meinen, sie müßten, um sich al« Anhänger der Freiheit und de« Fortschritt« zu zeigen, sich möglichst ungebunden und rückficht-lo« benehmen. Und da Leute diese« Schlage« in den jetzt schlecht besuchten Sitzungen de« Reichstag« leider die Mehrheit bilden, stimmen sie durch ihr Betragen den Ton der ReichStatz«- verhandlungen zur Alltäglichkeit, ja bisweilen zur Gemein heit herab. Unter Gebildeten gehört e« zur guten Sitte, einen Redner nicht zu unterbrechen. Auf d«r linken Seit» de« Reichstag» find Zwischenrufe ein alltäglich angewendete» Mittel, um die Wirkung eine« Vortrag« zu vereiteln, den Redner in Verwirrung zu bringen oder di« fehlend«« WiderlegungSstründe zu ersrtzen. Nicht srlte« erfolgen die Zwischenrufe m einer Form, die sonst nur auf der Bier bank gebräuchlich sein mag. Vollend« anstößig finden wir die unaufhörlich« Heiterkeit und da» Gelächter, mit denen selbst be, Beratung der ernsthaftesten Angelegen heiten der Verhandlung alle Würde geraubt wird. Diese Unschicklichkeiten find schon bi« zur Unbotmäßigkeit au«- geartet, wie sich erst jüngst in der Sitzung vom 28. April d. I. qezeigt hat, wo der Präsident einen Abgeordneten wegen de« gegen einen anderen Abgeordneten gerichteten Vorwurf« der Lüge zur Ordnung rief und darauf die Antwort hören mußte ,,E« bleibt doch dabei." Die Verantwortung dafür, daß die Mißachtung de» guten Tone« im Reichstage soweit gediehen ist, tragen die vielen unentschuldigt »»«bleibenden Sie geben zuerst durch ihr Ausbleiben da« bedenkliche Beispiel der Gering schätzung de« Reichstag«. Sie lassen sich zugleich durch ihr Fernbleiben die Füglichkeit entgehen, nicht allein der oben gerügten Unsitte, sondern auch noch anderen, weit gefährlicheren Mißbräuchen, die im Reichstage eingeriffen sind, abzuhelfen Zur Ehre der AuSbleibendrn muß an genommen werden, daß sie sich der schweren Schuld, die sie auf sich laden, gar nicht bewußt sind. In den meisten Sitzungen ist der Reichstag, wie schon in der vorigen Betrachtung erwähnt wurde, nicht beschlußfähig. Er kann also seine Ausgaben in diesen Sitzungen nicht lösen. So erklärt e« sich, daß oft in einer langen Reihe von Sitzungen nicht« zu stände kommt. De» Verdruß hiervon hat die Reichsregierung, deren Geschäfte endlo« verschleppt werden, und den Schade» trägt da« Reich Je weniger in den Sitzungen gearbeitet nmd, desto mehr wird gesprochen. Die« macht sich die Sozialdemokratie zu nutze Der Reichstag ist der einzige Platz, wo ihre großen Redner für ihre Hetzereien nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Wa« einer in den Versammlungen der „Genoffen" sonst nicht «»«zusprechen wagt, das wird im Reichstage lorgelaflen. Gleichviel, welcher Gegenstand auf der Tagesordnung steht, di« Sozialdemokrat«« und oft auch die ihnen nahe verwandten Freisinnigen wissen immer eine ihrer großen Parteireden anzubrinaen; und wenn sie auch manchmal recht weit von der Sache, die zur Verhandlung steht, abschweifen, so hindert sie da« nicht, stundenlange Reden zu halten über etwa«, wovon jetzt nicht die Rede ist. Sie sprechen ja nicht für den Reichstag, sondern zum Fenster hinaus für die Partei. Und daß alle«, wa« sie sagen, im ganzen Reiche au»- posaunt wird, dafür sorgt die Parteipreffe, die durch Art. 22 der Re;chsverfassung jeder Verantwortung für den Inhalt ihrer Sitzungsberichte enthoben ist Für ge wisse Parteiführer ist der R«ich»tag eine Freistatt, von der au« aufreizende Behauptungen und ehrenrührige An schuldigungen pflichttreuer Beamter ungestraft in die Welt hmauSncichlcudert werden können In einer Ber liner Gerichtsverhandlung wurde ein Lebelscher Gewährs mann, der über „Soldatenmchhaudlunqen" berichtet hatte, zu vier Monaten Gefängni« verurteilt, «eil sein ganzer Bericht sich al« erlogen herau«stellte So etwa« macht aber dem Redner im Reich«tage nicht«; er geht frei au« Der erste Zeitungtbericht über seine Rede Hal seine Wirkung gethan; die hinterdrein kommende Be richtigung wird von der Parteipreffe unterdrückt, wenn nicht gar entstellt oder verhöhnt und macht in keinem Falle solchen Eindruck wie der erste Angriff. Daß die wenigen Zuhörer im Sitzung«saale einer Rede keine Be achtung schenken oder daß wohlgesinnte Abgeordnete den Saal verlaffen, wenn gewiffe Partersührer zum Worte kommen, macht dem Redner auch nicht«; für jene spricht er ja nicht, er spricht ja nur für die Galerie und für seinen Anhang draußen auf den Gaffen Wie aber ist e« möglich ge worden, daß die Verhandlungen de« Reichstags unnütz in die Länge gezogen werden, daß die kostbare Sitzung»- zeit mit stundenlangen Reden, die nicht zur Sache ge hören und sogar zu einer Gefahr für die öffentliche Ordnung werden, vergeudet werden darf? Einzig und allein durch die Pflichtvergeffmheit von Abgeordnete», die e« nicht für der Mühe wert halte«, ihren Sitz im Reichstage einzunehmen und de« von den Wählern ihnen anvertrauten Ehrenamtes zu warten. Der Redeunfug im Reichstage konnte so überhand nehme», weil oftmals nicht so viel Gutgesinnte aufzutreiben waren, al« zu einem Anträge auf Schluß der Beratung, der dem Geschwätz ein Ende machen konnte, nötig gewesen wäre». Weiter kommt auf Rechnung jene. Säumigen der Mißbrauch, der mit den Vorschriften der Verfassung und der Geschäftsordnung im Reichstage wiederholt getrieben worden ist Hiervon nur einige Beispiele Die Sitzung vom 5. Februar 1895 gehörte aus nahmsweise einmal zu den besser besuchten Auf der Tagesordnung stand did 'mecklenburgisch^ BerfassungSfrage. Eine Rede des Abg Pachnicke sollte von den Konser- Sieger, den nach dem deutsch-französischen Krrege die Maler der Revanche, die NeuSville, Detaille, Moreau rc. im Nachbarlande nicht unterdrücken konnten Eie gaben mit diesen Schlachtenbilder», die die Ereignisse schilderten nicht wie sie sich zugetragen hatten, sondern wie sie sich zur Befriedigung der französischen Eigenliebe hätten zu tragen müssen oder wie man hoffte, daß sie sich in einem baldiqen Rachekrieg zutragen würden, offenbar dem innersten Empfinden ihres Volkes Ausdruck und verdienten schon insofern Beachtung. Hand in Hand damit ging eine andere mächtige Strömung: große Künstler schlugen ihre Werkstatt in Fabriken und Dachkammern auf und malten die Leiden und Schmerzen, aber auch die Bestrebungen und Ideale der unteren Volksschichten. Zu diesen Ge- fühlskundgrbunge» der französischen Gesellschaft und Kunst nach dem unglücklichen Kriege trat dann bald noch eine dritte Richtung: die mystische, ebenfalls infolge eines seelisch«« Vorgänge«, der durch di« hart«« Schicksal«schISg« ausreichend erklärt wird. Von all dem finden wir nicht» auf der ersten spanische« Kunstausstellung, die nach den Kriegsjahren stattfindet. Jm Gegenteil, sie zeichnet sich, von einzelnen Mißklänge» natür lich abgesehen, durch eine besondere, fast möchte man sagen sanfte Ruhe au». Da find keine Anzeichen von Schmerz, Zorn, Rach« oder Entmutigung zu spüren, di« d«r national« Grift nach all dm verhängnisvollen bluti gen Scmm empfind«» soll, wmn man dm politischen TageSblLtter» träum wollte Wmn diese Impulse da« Herz der spanischen Künstler bewegt habm, so habm sie inzwischen jedenfalls» ihr seelische« Gleichgewicht wieder- gesunde«, und zwar derart, daß sozusagen kein« Spur von all dem kriegerischm Lärm zurückgebUeoen ist Auch die großen Stoffe au« der spanischen Geschichte mit ihrem romantisch-dramatischm Inhalt« und di« religiösm Bildrr, die frommen Eifer mit Glaubenstiefe verbanden, find v«r- schwunden, um einem gewaltige« Zuge Platz zu «achm, dem Zuge der Kunst zur Natur, um b«i ihr Trost und Vergessen für alle« au«gestandene Leid, für alle erlittenen Verluste zu suchen und — zu finden Der lächelnde blaue Himmel, die fruchtbaren Gefilde, die schimmernden Küste«, die herrlich geschwungenen Linien der Eierren, die Gestalten au« dem Volke und vor allem jene alles durchdringende«, alle« mit Farbe überhauchmden Strahlen der südlichen Sonne, ihnen hat sich die«mal die ganze und ausschließ liche Begeisterung der spanischen Künstler zugewandt. E« ist bemerkenswert, daß gerade in dem Jahre, wo man sich anschickt, da« Geburt«fest de« große» Realisten Velazquez zu feiern, die spanische Kunst wieder zu der Natürlichkeit zurückkehrt, die „I-as dilaoäorns" und dm „kriwo" schuf, zu demselben Natt»rali«mu«, der die lebm«vollm Figuren de« Spagnoletto auf die Leinwand zauberte und später die der Wirklichkeit abgelauschten Scene» eine« Goua Heute wie damal« hält sich die spamsche Kunst an die Realitäten dieser Welt; sie liebt die Farbe der Farbe, die Gestalte» ihrer malerische» Wirkung wegen So kommt e«, daß auf dieser Aulstellung unter dm hervor ragenden Werken die Landschafter, und Seestücke, da« Genrebild und da« Portait eine überwiegende Stell« ein- nehmen Diese Not« wird noch durch die in einem besondere« Saale vereinigte« Werte de» kürzlich verstorbene« Laud- schaft«maler« Carlo« Hae» verstärkt. Um vier prächtig au»geführt« Gemälde vo« tiefem Stimmung«gehalt oruvviercn sich zahlreich«, j«tzt Staat«eigmtum gewordme Oelstudien und Bleistiftskizzen, dir «inen überau» feffelnden Einblick in da« «unstschasim diese« bedeutenden Mt'Re-s, der mit Recht für dm Schwer der modernen spanischen Landschast»malerei gilt, gewahren In Bezug auf Lich« und Farbmwirkungm huldigte er vor allem der Wahr heit und steht also schon in dieser Hinsicht mit der jetzt zum Durchbruch kommmden Richtung in engstem Zu« sammmhang Er war gewmermaßen »hr Apostel; er ver kündete hier in Spanien wieder da« Dogma, die Botschaft von de« ewigm Bund zwischen Natur und Kunst Auf
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