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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrännmsralionS- PreiS 22^ Sgr. Tblr.) vierteliäftrlich, 3 Thlr. für das ganze Aahr, ohne Er- HSHunq, m allen Tkeilen her Preußiscken Monarchie. Man vrZhumerir! aus dieser Lileramr-Blatt in Berlin in der Ervedition der AUg. Pr. Siaals-^cilunz (Friedricksstr. Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei Len WobUöbl. Post - Stennern. Literatur des Auslandes. 91 Bertin, Freitag den 30. Inti 1841. Frankreich. Eine Brautwerbung des Kaisers von Marokko am Hofe Ludwig's XIV. In der Geschichte Ludwig's XIV. giebt es ein lange Zeit uner klärt gebliebenes Näthfel, dessen Auflösung man jedoch jetzt gesunden: nämlich die fast unglaubliche Bewerbung Mulep JSmael's, Kaisers von Marokko, um die Hand der verwitweten Prinzessin von Conti (Mademoiselle von Blois), lieber die Authentizität der Sache herrscht nicht oer geringste Zweifel. Der berühmte Mulep Ismael, der für einen Nachkömmling des Propheten galt, erscheint in den diplomatischen Akten der damaligen Zeit unter folgender Benennung: „Fürst des hohen Stammes von Haschen:, Sohn des Scherifs von dem Geschlechte Hassam el Mira- molin, Beherrscher der wahren Gläubigen, welcher kämpft aus dem Wege des Herrn dieser und der anderen Welt." In demselben Tone trat Ludwig XIV. unter dem Namen veS „Allcrchristlichsten Kaisers von Frankreich und Navarra, des ältesten Sohnes der Kirche, des VertheidigerS des Glaubens, vcs Beschützers der Könige, des Schieds richters und großen Eroberers von Europa" auf. Bon beiden Seiten war man sichtbar brniüht, besonders die geistlichen Attribute so viel als möglich hervorzuhebcn, aber man bemerkt bald, welcher große Unterschied zwischen der angeblichen geistlichen Gewalt Ludwig's XlV. und der wirklichen in der Person des Kaisers von Marokko bestand. Mulep JSmacl, der eben sowohl der Hohepriester seines Volkes als weltlicher Beherrscher desselben war, entlehnte seine Sprache, so wie sein ganzes Benehmen, einer und derselben Quelle, nämlich dem Koran. Er schrieb an den König von Frankreich „im Namcnt des gnädigen und barmherzigen GotteS", und sein Petschaft führte die Devise: „Gott will vor allen Dingen, o Fürst vom Blute des Pro pheten! dich von allem deinem Schmutze reinigen und dich sauber halten." Auch behauptete der Kaiser von Marokko, König von Fez und Sus, die muhammedauischc Religion über eilf Königreiche ver breitet zu haben, die er überwältigt, und sein launenhafter Despo tismus überschritt demnächst alles Maaß. Dessenungeachtet beugte sich fein Stolz vor der Macht Ludwig's XIV., und im Dezember des Zahres HillI nannte er den König von Frankreich in einem Schreiben: „den größten der christlichen Könige und Fürsten Europa's." Im Jahre I<ill8, unmittelbar nach dem Friedensschlüsse zu RpSwick, hatte Abdala Ben Aissa als Gesandter Mulep JSmael's sich nach Frankreich begeben, um wegen des Austausches der Gefan genen zu unterhandeln und einen definitiven Frieden abzuschließen. Allem unter verschiedenen Vorwänden hielt man ihn anfangs eine lange Zeit zu Brest zurück. Hierauf machte man ihm die Eröffnung, daß der Kaiser von Marokko seine Unterlhanen unter keiner anderen Bedingung aus der Französischen Gefangenschaft befreien könnte, als wenn er das Lösegeld für sie baar bezahlte, wozu in gleicher Weise auch der König von Frankreich sich verstehen würde, um seine Fran zosen aus der Sklaverei zu befreien. Man hatte sich nämlich bereits mehrercmal davon überzeugt, daß die geizigen Mauren es nicht über sich vermöchten, Geld aus ihrer Tasche zu geben, und so war jene Bedingung der Politik Ludwig's XIV. ganz angemessen, da dieser ohnehin zu allen Zeiten danach strebte, die Ruderbänke der Galeeren, die damals für die Flotte von großer Wichtigkeit waren, mit Ma rokkanischen Sklaven wohl besetzt zu halten. Als endlich Ben Aissa von Brest nach Paris beordert worden war, ließ man ihn, trotz seines Wunsches, die Marokkanische Flagge vor sich vertragen zu lassen, nur als einsachen Privatmann in die Französische Hauptstadt einzichen, und am I<i. Februar lOllll ward ihm die erste Audienz am Hofe zu Bersaillcs ertheilt. „Mulep Ismael", sagte hier der Gesandte von Marokko, „setzt seine höchste Ehre darein, die Freundschaft des mächtigsten Königs von Europa sich zu erwerben ...." In demselben Tone in der offiziellen Unterredung fortfahrcnd, bemühte er sich, mit dem Stolze eines echten Muselmanns, den König von Frankreich mit dem Fürsten zu vergleichen, der, wie er sagte, eilf Königreiche erobert und seine unumschränkte Gewalt über alle Völker Afrika'S ausgedehnt. ,/AlS Ew. Majestät", fuhr er fort, „die Feinde zu Lande und zu Wasser züchtigte, führte mein Gebieter den Krieg gegen die Türken (Vie Besatzung von Algier) und die Neger, und er gewährte denselben ebenfalls den Frieden, als Ew. Majestät ihn Europa gewährte." Ben Aissa besah sich alle Merkwürdigkeiten von Paris und hörte nicht auf, die Allmacht Ludwig's XIV. zu bewundern. Eines Tages, als er die Schatzkammer im alten Louvre besuchte, ward er bei der Betrachtung der Reichthümer der Krone so von äußerstem Erstaunen ergriffen, baß er, mit den Augen gegen die Seine gewandt, ausrief: „Wenn dies Gewässer Dinte wäre, eS genügte wahrlich nicht, um die Wunderwerke zu beschreiben, Vie ich hier täglich sehe unv Vic von der Größe und Herrlichkeit Sr. Majestät zeugen." Dies wiederholte er später auch in einem Schresben an Herrn von Pontchartrain, nachdem er bereits Frankreich verlassen hatte, wo er wegen seiner für unzureichend befundenen Vollmacht nichts auSrichten konnte. Anfangs schrieb Abdala Ben Aissa, 'unmittelbar nach seiner Rückkehr, an den Ritter von St. Olon, daß die Erfolglosigkeit seiner Mission, hinsichtlich der Auslösung der Sklaven, den Zorn seines Souverains gegen die Französischen Kaufleute beinahe entfesselt hätte, daß eS ihm aber gelungen sep, denselben zu beschwichtigen, und daß er stets darüber wachen wolle, vaß das gute Cinvcrständniß nicht unterbrochen werde. Damals war es, wo der zurückgckchrte Gesandte den schriftlichen Bericht über Alles, was er in Frankreich beobachtet, dem Kaiser Mulep Ismael überreichte und mit ihm von der verwitweten Fürstin von Conti sprach, die er mehrercmal gesehen und besonders auf einem im Palais-Ropal von dem Prinzen Ludwig von Orleans ver anstalteten Balle zu bewundern Gelegenheit hatte. Die Schilderung ihrer Schönheit, ihrer graziösen Bewegungen, ihrer Talente für Tanzkunst und Musik, das Lod, das ihr Ben Aissa vor dem Kaiser von Marokko spendete, so wie das verführerische Bild, das er ihm vor die Augen stellte, nahmen den Muselmännischen Fürsten dermaßen ein, daß er sich entschloß, lhr den samösen Heiraths-Antrag zu machen, in Folge vessen dle liebenswürdige Fürstin von Conti, die Zierde VeS Hofes von Versailles, nach der barbarischen Küste Afrika'S versetzt werden sollte. Dieser Heiraths-Antrag, der lange Zeit für fabelhaft gegolten, und der noch dafür gehalten werden würde, wenn er nicht durch die offiziellen Aktenstücke, die wir in dem Tagebuchc St. Olon's aufge- funvcn, auf die authentischste Weise dargelhan wäre, war kurz nach der Rückkehr des Marokkanischen Gesandten „im Namen des vom Propheten abstammcnven ScherifS, durch Abdala Ben Aissa, den Diener und Minister des wohlcrhaltcnen KönigthumS und zugleich See-Capitain", an Herrn von Pontchartrain ergangen. „Ich habe ihm", sagt der Marokkanische Gesandte in jenem Schreiben, indem er von Mulep Ismael spricht, „das Bild dieser Prinzessin entworfen unv ihm von ver wunderbaren Bescheidenheit, die sie gegen ihren Bruder, den Dauphin, beobachtet, von ihrem Witz, von ihrem Königlichen Aussehen und von ihrer Kunstfertigkeit un Ballet unv in ver Musik, Vie wir eines AbenvS im Palais-Ropal bei dem Prinzen, ihrem Oheim, dem Monsieur, wohin Herr von St. Olon mich geführt, zu bewundern Gelegenheit hatten, erzähst. Ich habe von den großen Ehrenbezeugungen gesprochen, die mir dieser Prinz zu Theil werden ließ, so ww von den artigen und feinen Manieren, die bei der ganzen Gesellschaft in innerer Gegenwart sich kunvgab. Wir schilderten vieS Alles dem König, innerem Herrn, und belobten eS, so daß eS einen tiefen Eindruck auf sein Herz gemacht und er, leidenschaftlich ergriffen, zu mir sagte: „„Du mußt an den Wesir Pontchartrain, deinen Freund, schreiben, daß er für mich bei dem König, seinem Gebieter, um Vie Hanv ver Prinzessin, seiner Toch ter, der Schwester ves Dauphins, werbe."" Unser König wirv sie, nach kem Gesetze GotteS und seines Propheten, Muhammed Mu stapha, zur Frau nehmen, während sie, wie er versichert, bei ihrer Religion, bei ihrer gewohnten Lebensweise und ihre» LieblingSnei- gungcn bleiben soll. Sie wird hier an unserem Hofe Alles finden, was sie begehren wird und ihr Vergnügen machen kann, so eS Gott gefällt." Was bei dreiem Anträge des Gesandten Mulep JSmacl'S beson ders auffällt, lst der Umstand, daß dieser Fürst selber, der zu glei cher Zeit an den König von Frankreich schrieb, in seinem Briefe nur um einige Baumeister und Panzerhemden bittet unv keine Sylbe von dem erwähnt, was sein Gesandter in Betreff der Prinzessin in Anregung bringt. „Uedrigcns diente", wie St. Olon hinzufügt, „dieses Ercigniß einige Tage zur Belustigung deS Hosts unv gab Stoff zu einigen ziemlich hübschen Versen und Liedern. °) Inzwischen hielt man ven "> Der Her;og von Nevers »erfaßte bei dieser Gelegenheit ein Gedickt, das in das „Xuavau Siede Ue 1,1,ui-! XIV." ausgenommen wurde. Stuck I, V. Nousteau lieferte Verse über denselben Gegenstand.