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Verantwortlicher Redacteur: Eflkl Ikhne in Dippoldiswalde „Wer-eritz.I'ituna" Erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis Vierteljährlich 1 M. L5 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 1V Pfg. — All« Postan stalten, Postboten, sowie vie Agenten nehmen Be stellungen an. anitshauptmannschaftlichen Bezirk Dippoldiswalde be zieht. Aus dem I. Theile des Berichts, Gutachten, Ansichten und Wünsche enthaltend, dürfte die Bemü hung der Handels- und Gewerbekammer, die Zahl ihrer 21, bez. 20 Mitglieder auf 26, bez. 25 erhöht zu sehen, hervorzuheben sein. Die Negierung ist dar auf nicht eingegangen, empfiehlt aber im gegebenen Falle die Herbeiziehung sachverständiger Personen, von welcher Befugniß die Kammern in ihren überhaupt 36 Sitzungen, bez. 18 Kommissionssitzungen 4 Mal Ge brauch gemacht haben. — In Bezug auf die Neubildung und Neubelebung gewerblicher Korporationen (In nungen) hat die Dresdner Gewerbekammcr als Vorort der deutschen Gewerbekammern mancherlei zweckmäßige Anträge gestellt, auch im Mai 1883 eine Innungs statistik aufgestellt, aus welcher hervorgeht, daß im deutschen Reiche überhaupt 449 Statuten eingereicht, 216 davon genehmigt, 1268 vorbereitet wurden. In Sachsen wurden 149 Statuten eingereicht, 55 geneh migt, 96 vorbereitet. — Die Petition um Wiederein führung von Gewerbslegitimationen fand im Dresdner Kammerbezirke über 4500 Unterschriften. Die Kammer hat sich für den Weiterbau unserer Bahn in der Rich tung nach Altenberg, bez. bis zum Anschluß an die Linie Bienenmühle-Moldau verwendet und sich mancher anfänglich (über Lieferfristen, Höhe der Nebengebühren, Beschädigung der Güter beim Umladen rc.) laut ge wordenen Beschwerden angenommen; der Bericht kon- statirt aber, daß jetzt nur sehr vereinzelte Klagen zu ihrer Kenntniß gelangt seien, die Bahnoerwaltung also einerseits Abhilfe gewährt, andrerseits die Interessenten sich in die in mancher Beziehung abweichenden Ein richtungen der neuen Sekundärschmalspurbahn eingelebt haben. — Im 2. Theile des Berichts, welcher That- sachen enthält, werden zunächst die Aktienunterneh mungen aufgesührt. Die Sächsische Holzindustriegesell schaft Rabenau mit 975,000 M. Kapital ist noch ohne Dividende, die Thode'sche Papierfabrik Hainsberg mit 3 Mill. M. Kapital hat 1882 9°/o, 1883 12«/» Di vidende gezahlt. Der Hänichener Steinkohlenbauvercin in Dresden, der 1872 35«/», die nächsten beiden Jahre die Hälfte, dann 3 Jahre keine, 1878 1°/o, 1879 2°/», 1880 keine, 1881 2«/», 1882 3«/o Dividende gab, ist 1883 abermals mit 0«/° verzeichnet. — In den Lohnlisten gewerblicher Hilfsarbeiter stehen Stellmacher und Schlosser in der Fabrikation landwirthschastlicher Maschinen in Dippoldiswalde mit 10,»» bis 17,»» M. Wochenverdienst angegeben, Feilenhauer (Glashütte) mit 12 M., Lohgerbergesellen (Dippoldiswalde) mit 20 M., in derselben Branche beschäftigte Handarbeiter mit 10 M., Schneidemüller und Tagearbeiter (Nieder pöbel) mit 18, 15 bez. 9 M., Werkführer in Holzstoff sabrikation (Glashütte) mit 20 M., Tagearbeiter in derselben Branche (Schmiedeberg) mit 10 bis 15 M., Kistenmacher (Kipsdorf) mit 12 M., Drechsler (Glas hütte) mit 11 M., Strohhutarbeiter (Kreischa) von 6 bis 25 M. Wochenlohn angesetzt. Uhrmacherlöhne (Glashütte) fehlen ganz. Der Butterhandel aus dem Bezirke nach Dresden war regelmäßig und lohnend. Die Anthracitgrube Schönfeld bei Altenberg ergab 2800 Hektoliter im Werthe von 4508 M. Durch die Eisenbahn wurde böhmische Braunkohle und sächsische Steinkohle eingeführt in Dippoldiswalde 343, Kips dorf 3 (erst seit 1. Nov. 1883 eröffnet), Malter 7, Naundorf 4, Obercarsdorf 17, Rabenau 81, Schmiede berg 68, Seifersdorf 6, Ulberndorf 14 Wagenladungen ä 5000 Kilogramm. — Den Bergbau im Altenberger Reviere anlangend, gehören dazu 6 Gruben auf Zinn, Wolfram und Wismuth mit 22 Mann, 6 Gruben auf Silber mit 340 Mann, 2 Gruben auf Eisenstein mit 169 Mann Belegschaft. Das Ausbringen der Silber gruben betrug 1883 3936,«. Mark, der Zinngruben 203,767,i» M., der Eisensteingruben 149,538,»» M.; der Gesammterlös beziffert sich demnach auf 357,242,»» Mark. Die Zinnpreise waren von 105 M. im Jahre 1882 auf 95,»« pro Centner gesunken. — In den Dippoldiswaldaer Sandsteinbrüchen ist man vollauf mit über 100 Mann beschäftigt gewesen. Es wurde im Akkord bis zu 5 M. pro Tag verdient. Die Ge- fammtproduktion betrug etwa 4000 Kubikmeter, wovon Baumaterial mit 16 bis 36 M., Schleifsteine mit 70 bis 100 M. der Kubikmeter berechnet wurde. — Der Schmiedeberger Hochofen ist bereits 1875 kalt gestellt und seitdem nicht wieder angeblasen worden. — In Müllereimaschinen (Dippoldiswalde) wurden gute Re sultate erzielt. — Die Glashütter Uhrenindustrie ist fortgeschritten, so daß eine Aufbesserung des Arbeiter verdienstes stattfinden konnte (die Höhe ist, wie fchon erwähnt, nicht angegeben). — Von Gasanstalten finden wir an der Bahnstrecke nur die in der Kamm spinnerei von Dietel L Schmidt (Coßmannsdorf) an gegeben. Interessant ist es, daß das Leuchtgas hier aus Suinter (trockene Rückstände der Wollwaschwaffer) gewonnen wird. — Außer einer Dresdner Fabrik ist die obengenannte die einzige Kammgarnspinnerei in unserem Bezirke. — Geklagt wird über den ent schiedenen Nachtheil, in welchem die Lohgerberei zum Großbetriebe steht, sowie über die fortwährende Preishöhe der Rohmaterialien, nicht minder auch über die Handhabung des Eingangszolltarifs, sowie über die auch aus deutschen Gerbereien hervorgehende, mittelst Gerbextrakten hergestellte, geringwerthige, wenn schon ausgezeichnet appretirte Waare. — Die Fabri kation gebogener Möbel (Rabenau) und die Herstellung von Küchengeräthschaften (Glashütte, Altenberg) ist ungestört fortgegangen. In der Stroh- und Bast flechterei hat ein Fortschritt nicht flattgefunden. Immer noch findet eine bedeutende Einfuhr von Kantongeflecht und von feinen Bändern aus der Schweiz statt. — Außer unserer Gewerbeausstellung haben 1883 noch die Drechsler-Fachausstellung und die des Gebirgs vereins Neustadt bei Stolpen stattgefunden. Es wird anerkannt, daß alle von den Fortschritten unserer Ge werbe unverkennbares Zeugniß ablegten. — Von In teresse ist der Post- und Telegraphenverkehr. Er zeigt eine beständige Steigerung auf und würde, um unfern Lesern ein Bild von dieser Art der Verkehrsbewegung zu geben, eine förmliche Tabelle nöthig werden. Dip poldiswalde hatte Briefsendungen ohne Werthangabe 249,600, Packete desgl. 23,246, Nachnahmesendungen 2988, Postanweisungen 17,751 im Werthe von 959,700 Mark; Telegramme wurden expedirt: 2161. Die etatmäßigen Einnahmen betrugen 21,610 Mark, darunter 797 Mark Telegrammgebühren. Leider Ivar die Statistik des Eisenbahnverkehrs bei Abschluß des Berichts (Ende Juni) noch nicht erschienen. — Außer dem Dippoldiswaldaer mit 96 Mitgliedern sind im Bezirke noch die Gewerbevereine von Altenberg mit 28 Mitgliedern, Frauenstein mit 28, Glashütte mit — (?) Mitgliedern aufgeführt, ferner die Strohgeslecht- schulen in Altenberg, Dippoldiswalde und Geising mit zusammen 139 Schülern. — Der Handels- und Ge werbekammer gehören aus dem Bezirke an die Herren Bucher-Dippoldiswalde, Eichler-Altenberg, Großmann- Glashütte. — Bei dem am 25. d. Mts. von der königlichen Amtshauptmannschaft im hiesigen Rathhause abgehal tenen Amts tage ist von den Vertretern der Land gemeinden und selbstständigen Gutsbezirke des Amts gerichtsbezirks Dippoldiswalde beschlossen worden, eine „gemeinsame Gemeinde-Krankenversicherung" zu er richten. Von Heranziehung der in 8 2 des Reichs- Krankenversicherungsgesetzes gedachten Personen wurde nach längerer Debatte vorläufig abgesehen; dagegen sprach sich die Versammlung für Errichtung einer „ge meinsamen Dienstboten-Krankenkasse" aus. Demzu folge erhielt auch die mit Ausarbeitung eines Statuts für die Gemeinde-Krankenversicherung erwählte Kom mission zugleich mit Auftrag, ein weiteres Statut für die zu begründende gemeinsame Dienstboten-Kranken kasse zu entwerfen. Den fraglichen Amtstag beehrte Herr Geheimerath v. Einsiedel aus Dresden mit seiner Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes ein« sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. ZUM aUgtMtinkll dcutschkn Handwcrkkrlage in Frankfurt a. Al. In den ersten Tagen der verflossenen Woche ist in imposanter Weise in Frankfurt a. M. ein von zahl reichen Deputationen aus allen Thetlen Deutschlands besuchter Handwerkertag abgehalten worden. Die Lage des Handwerks ist in dieser Versammlung in langen Reden besprochen und berathen worden, und wurden auch mehrere, für die Hebung des Handwerkerstandes beherzigenswerthe Resolutionen gefaßt. — Wir gehören nun nicht zu Denjenigen, welche über die Kundgebungen dieses Handwerkertages achselzuckend oder gar spöttelnd zur Tagesordnung übergehen möchten: dies verbietet uns schon die bedrängte Lage, in welcher sich die Mehrheit der deutschen Handwerker und Gewerbe treibenden befinden. Im Uebrigen haben wir aber auch Achtung vor jeder Bewegung, die ein Stand aus sich heraus zur Hebung seiner Lage und zur Förderung des allgemeinen Fortschritts unternimmt, und deshalb wünschen wir der Anregung, die dem deutschen Hand werker durch den Handwerkertag in Frankfurt a. M. zu Theil wurde, eine Umwandlung in eine gesunde Agitation in den Kreisen aller Gewerbetreibenden, um das Richtige für den wirthschastlichen Fortschritt zu erkennen. — Den auf dem Handnzerkertage gefaßten Resolutionen ist in den Kreisen- aller Handwerker bis auf einige Einschränkungen und Klarlegungen zuzu stimmen. Die Hebung des Fachschulwesens und die dadurch gesteigerte Ausbildung der Gewerbetreibenden ist gewiß einer der sichersten Förderer des Handwerker standes überhaupt und es ist deshalb auch nothwendig, daß sich die Gesetzgebung an der Entwickelung der Fachschulen betheiligt. Die auf die Beschränkung des Bagabundenwesens, der Paßfreiheit, der Freizügigkeit und Gewerbefreiheit gerichteten Resolutionen sind in dessen wohl nur bedingungsweise als an der bedrängten Lage des Handwerkerstandes schuldig anzuerkennen. So ist z. B. das Vagabunden-Unwesen eine soziale Krankheit überhaupt und nicht ein Kapitel der Arbeiter frage, und was die Einschränkung der Paßfrciheit, Freizügigkeit und Gewerbefreiheit anbetrifft, so könnten sich die betreffenden Einschränkungen doch nur auf die Mißbräuche und Zügellosigkeiten hinsichtlich jener Frei heiten beziehen und dürsten nicht die Grundrechte der wirthschastlichen und persönlichen Freiheiten beschneiden. Die Gewerbefreiheit und die Kapitalwirthschaft sind nun zwar auf dem Frankfurter Handwerkertage zum Theil recht heftig angegriffen worden, doch hat man dabei wohl das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, denn Gewerbefreiheit und Kapital sind keine wirthschasts- feindlichen Faktoren, sondern das Gegentheil; leider verstehen aber viele Unternehmer nicht genug mit diesen Faktoren zu rechnen und sie sich dienstbar zu machen. Gerade hier liegt aber ein sehr fruchtbares Feld für die freien Vereinigungen von Gewerbetreibenden, denn nur durch Verbindungen lassen sich für die meisten kleineren Gewerbetreibenden die Vortheile wahrnehmen, welche Gewerbefreiheit, Kapital und Maschinenbetrieb darbieten. Eine Verbindung von Gewerbetreibenden kann die Freiheit des Erwerbs erst richtig ausnutzen, indem sie sich mit entsprechendem Kapital fürMaschinen- und Großvertrieb versehen kann, was der Einzelne nicht vermag; und auf diesem Gebiete scheint uns auch die Thätigkeit der regenerirten freien Innungen zu liegen. Fokales and Sächsisches. Dippoldiswalde, 24. Juli. Der soeben ausge- gebene Bericht der Handels- und Gewerbekammer zu Dresden auf das Jahr 1883 bietet trotzdem, daß der Verfasser namentlich von hier und Umgegend recht dürftig mit Material unterstützt worden ist, manches Interessante. Wir folgen bei unseren Mittheilungen der im Berichte festgehaltenen Ordnung, indem wir für jetzt zunächst Das herausheben, was sich auf den