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Auerthal -Zeitung. Lokalblatt sür Aue, ÄuerhamMer, Zelle« Klösterlein, Wieder- u. Oberpfannenstiel, Lauter, Bockau und die umliegenden Ortschaften. 'Mttwvchs- Ps-nneendnt-pret» inkl. der 3 werthvollen Beilagen »ierleljdhrlich mit Bringerlohn 1 DU» SV Pf. durch di« Post 1 Dl. Ai Pf. Mt 3 iTustrirten AeiStättenr: Deutsches Aamilienölatt, Hute Krister, Jeitfpieget. Verantwortlicher Redakteur: G«il Hl-emetster in Au « (Erzgebirge). Redaktion u. Expedition: All«, Marktstraß«. Inserats di« einspaltig« Corpu-zeil« 10 Pf., Petitsatz wird nack Petitzeilen, Nonpareille satz nach dieser berechnet. Bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstalten und LandbriestrLger nehmen Bestellungen an. Ro. 145.Freitag, den 8. December 1893, , 6. Jahrgang. Politische Nachrichten. Dentschlnns. Berlin, den 6 December. Die letzten Lage sind sür den Verlauf der ganzen Reich-tagssesfion von großer Bedeutung gewesen; ohne daßr-mit besonderem Nachdruck au-gesprochen worden ist, ist doch sestgestellt worden, daß die Parteien im Reich», tage, nett Au-nahuje der beiden konservativen Fraktionen und der Nationalliberalen, fest entschlossen sind, den Steurrresormpian de» Finanzminister» Dr. M'quel, wel cher bekannUich zu Uederweisnngen an die deutschen Ein- zelstaaten 40 Millionen Mark jährlich in Anspruch nimmt in dieser Session nicht zu erledigen, sondern sich mit der Eröffnung von neuen Einnahmequellen lroiglich ast die Gelder zu beschränke«, welche di« neu« Heere-organ.satio erfordert. Damit bekommen die neuen Steu'rvorlageu, Welche bekanntlich 100 Millionen Mark rund einbringen sollten, «0 Millionen sür die «osten der Militärvorlage und den Rest eben für die Ueberweisungei-, ein ganz an dere» Aussehen und können «eiteren Abänderungen un terworfen «erden. Maßgebend sür diesen ruhig, aber be stimmt vorgebrachten Entschluß der Mehrheit-Parteien im Reichstage ist die Stimmung in der Bevölkerung gewesen. Der Reichsregierung wird e» sicher wenig erfreulich fein, die Finanzreform so,ort beseitigt zu sehen, doch hwwhHa nicht» ändern. Pa- Reformwerk wird mindestens b» zum nächsten Jahre vertagt bleiben. Daß hierau« «in« ReichS- tagSauflösung entstehe» wird, ist nicht anzunehmen. Wenn die Verhältnisse in finanzieller Beziehung geklärt find, so läßt sich da-selde noch nicht von der Wirtschafts politik sagen. Bon den sogenannten drei ^kleinen" Han delsverträgen richtete sich der Hauptangriff im Reichstage bekanntlich gegen den Vertrag mit Rumänien, in welchem diesem getreidereichen Lande der ermäßigte Koruzoll zuge- standeni. wurde. Nächstdem war der spanische Vertrag der Gegenstand rin« Herden Kritik, während der serbische Ver- trag keine großen Beanstandungen herauSsorderte. Die Annahme dieser drei Verträge «>rv al» zweifellos betrach tet, da e» sicher sein soll, daß auch die Mehrheit der Zrn- trum-pgrtei uud die polnischen Abgeordneten sür die Ver träge stimmen »erden. Der spanische Vertrag ist in der HandelsvertragSkommisflon bereits mit so großer Mehr heit angenommen worden, daß an der Genehmigung durch da» Plenum de» Reichstage» kein Zweifel obwalten kann und diese Mehrheit scheint sich allerdings auch sür den rumänischen Vertrag in der Hauptsache erhalten zu wol len. Ander- und völlig unaufgeklärt stehen nun aber nach wie vor die Dinge bezüglich de» russischen Vertra ge». Alle Augenblicke wird mitge.eilt, der deutsch-russische Vertrag sei seinem Abschluß nahe und dann zeigt sich wieder, daß diese Ankündigung eine voreilige «ar. Es ist bisher noch keinerlei Bewei- dafür erbracht worden, daß Rußland geneigt ist, von seiner bisherigen starren Halt». zum wirklichen Entgegenkommen überzugehen, und noch viel weniger ist ein Bewei- dafür da, daß die Annahme der „kleinen" Handelsverträge mtt Spanien, Serbien und Rumänien durch den Reichstag auch die Genehmigung de» „großen" Vertrage- mit Rußland sichern würde. Denn gerade diejenigen Teile im Reichstage, welche hier den Ausschlag geben würden, bewahren «in unbedingtes Stillschweigen. — Kaiser Wilhelm feiert am 27. Januar sein LSjäh- rige» Goldatenjubiläum, da die Hohenzollernprinzen be reit- mit 10 Jahren Offizier werden. — In sämtlichen Kirchen Berlin- fanden am Sonn tag Dankgebete statt für die Verhütung der Explosion der an dekalier gesandten Höllenmaschine. — Dß fehlt an Offizieren, und nun, da die Heere»! Vermehrung in Kraft «ritt, fehlt e» erst recht. Trotzdem «erden zahlreiche Offiziere verabschiedet, die nicht al» In validen gelten können. E» vergeht keine Woche, in der sich nicht unter den Personalveränderungen de» Militär- Wochenblattes solche Verabschiedungen finden. So führte di« jüngste Nummer al» abgegangen außer einem Gene ralmajor 2 Obersten, S Oberstleutnants, 6 Major», 6 Hauptleute und Rittmeister, S Premierleutnant» und v Sekondelevtnant». — Die Annahme deS Jesuitenantrag» durch den Reichs tag macht viel Aufsehen. Denn man ist nicht allenthal- > ben der Ansicht de» Herrn Sigl, die Jesuiten seien da» Ideal edler und wissenschaftlich tüchtiger Menschen und guter Staatsbürger, die wirklich „Edelsten der Nation." Da» Zentrum hat sich bei den Verhandlungen über die : Handelsverträge und die Steuerpläne einer Zurückhaltung befleißigt, die vermuten läßt, die Partei mache ihre Stet» ' lung zu diesen Anträgen von der Stellung der Regierung !zum Jesuitenanlr g abhängige Am Freitag schwieg dir Regierung. Weder der Reichskanzler, noch ein andere» BundeSraiSmitglieb nahm das Wort. Vor Jahr und Tag hat Graf Caprivi erklärt, daß er keine Handelsgeschäfte mit dem Zentrum mache, und daß die preugische Regie- ung im BunteSrat, soviel er wisse, ihre Stimme gegen die Aushebung des Jesuitengesetze- abgeben werde. Es bleibt abzuwarten, ob das Staatsministerium auf diesem Standpunkte verharrt auch nachdem der Reichskanzler all dem Ministttpräsidium geschieden ist. Daß der Reich-tag auch in dritter Lesung die Aufhebung de» Jesuiten gesetze» beschließen wird, ist jetzt wahrscheinlich genug. Sicher st aber auch, daß die Rückkehr der Jesuiten der letzte Schritt aus dem Wege nach Canossa wäre. — Der freisinnige ReichStagSabgeordnet.e für Zittau, Herr Buddeberg, ist der einzige sächsische Abgeordnete (au ßer den sozialdemokratischen), der sür die Zurückberufung der Jesuiten gestimmt hat. — Vom Reich-tagSabgeordneten Hrn. v. Frege spricht man in ganz Deutschland von Pommern bi» zum Elsaß. Und das haben seine kuriosen Vorschläge zur Rettung au« der Steuernot gelhan: Die 3 Pfennig-Marke adzuschaf- sen, den Geschäftsverkehr „vom Ballaste der Inserate durch «fne Anzeigen steuer zu befreien" und die SO Pfg.-Pakete zu besteuern. Auch die konservativen Zeitungen sind höchst mißvergnügt ob Freie- sonderbarer Weisheit und beklagen sich, daß die Partei keinen anderen Redner in» Feuer schickte. — Unter den Kieler Marinesvldaten tritt die Influenza äußerst heftig aus. Im Mariuelazarett liegen über 300 Kranke. — Major Leutwein aus Posen ist der Abgesandte der deutschen Regierung nach Südwejtafrika. Er soll unter suchen, warum die Schutztruppe dem Strauchdieb Wltbvi nicht beizukommen vermag. Italien. Die sizilianischen Sozialdemokraten-Bereine, die Fa-ei, die an die 400000 eingeschriebene und zahlend« Mitglie der umfassen, teilen sich in Männer- und Frauen-Bereinr. sNachdruck verboten. Aeuitleton. Die Gouvernante. Roman von Rudols Scipio. Fortsetzung. Der Nachmittag sollte diesmal nicht vergehen, ohne ihr noch eine zweite Unterbrechung ihre« bisherigen ruhige.» Leben» zu bringen, welche ihr noch mehr zu denken gab, al» die erste. Al» sie eben mit den au« der Schule heimgekehrten Kindern beim kaffe saß, ging drunten di» Echtll« und wenige Augenblicke später meldete der Diener ihren alten Freund Buchholz. „Lasten St« den Herrn in da« Wohnzimmer treten," gebot Gerda dem Di-ner, „ich werd« sogleich dort sein." E« hatte sür Buchholz nur de» Umtausche» seiner btS- herige« Livree gegen ein bürgerliche« kleid bedurft, um in der That einen Herrn au« ihm zu machen, und seine statt lich« militärisch stramme Gestalt mit deut ehrwürdigen weißen, noch vollen Haar machte sogar einen entschieden vornehmen Eindruck. Er hatte niemal« jene unangenehm« Untenvürsfigkeit besessen, welch« so häufig in dem Stände gefunden wird, dr« er bither angthört hatte. Wenige Augenblick« nach seinem Eintritt in da» Zitz,- «er erschien auch Gerda, welch« ,hn wie einen alten lieben Freund begrüßte. ... „Verzeihen Sie, gnädige» Ftäuleln," begann Buchholz, der trotz Gerda'« mehrfach gegen ihn aü«gesprochenen Wunsch hartnäckig an dieser von ihm einmal angenommenen An rede sesthielt, „verzeihen Sie, wenn ich störe. Ich komme diesmal nur, um mich im Vorbeigehen zu erkundigen, wie da« gnädige Fräulein sich befinden und —" dabet leuch teten die Augen de« Alten in stolzer Freud«, „Ihnen zu gleich die ersten Blumen zu briugeu, die in meinem eigenen Garten gewachsen sind." „Da- ist ja prächtig," versetzte Gerda, da» kleine Eträuß. chen in Empfang nehmend. „Sie machen mir damit, ge rade weil di« Blumen auf ihrem Eigenthum gewachsen sind, eifie ganz besonder« Freude.' ,A, er den Blumen bringe ich auch noch eine andere Neuigkeit mit, die da» gnädige Fräulein, wie ich glaube, tnteressiren wird." Nun, da» wäre?" „Ich habe unfern alten Nachbar von Schloß Felde« hier gefunden. Al» man gar nicht» mehr von ihm Hirte, dächte ich schon, daß er in die weit« Welt gegangen wäre, bi« ich ihm gestern unerwartet auf der Straße begegnete. Ich dacht« mir, daß ich dem gnädigen Fräulein mit die ser Nachricht »ine Freud« machen würd»," sühr Buchholz unbefangen fort, — „weil," setzte er hinzu, al» er Gerda'- Gesicht sich «tt hoher Rithe bedecken sah, „weil ich an nahm, daß e» dem gnädigen Fräulein zum Zweck etwa zu beginnender Unterhandlungen mit dem gnädigen Herrn angenehm wäre, seinen Aufenthalt zu kennen. Ich hab« mir nämlich mit Verlaub de» gnädigen Fräu lein« «inen Plan gemacht, von dem ich hoff«, daß er zu« Ziele führen wird." i „Haben Sie den Freiherr« gesprochen?" fragte Gerda. „Nein," versetzt« Buchholz, „der gnädige Herr hat mich auch wohl «Uh» einmal bemerk^ da er sich im Gespräch, mit zwei anderen Herren befand." „Es würde mich inttresslren, zu erfahren, ob der Frei herr, den ich, ohne es zu wollen, zum verlassen seiner Besitzung vewogen habe und an dessen Ergehen ich des halb allerdings lebhaften Aaiheil nehme, hier wieder eine seinem Stande und seinen Kenntnissen angemessene Stel lung gesunden hat." „Ich habe mir erlaubt, nach dieser Richtung bereit» Nachforschungen anzustellen," versetzte Buchholz mit ern ster Miene, „muß aber leider gestehen, daß dieselben nicht zu einem Ergebniß geführt haben, wie ich e« gewünscht und gehofft halte. Der gnädige Herr bewohnt draußen in der Vorstadt eine MithSwohnung von zwei Zimmern und hat an seiner Thür rin Schild, welche« unter seinem Na men die Bezeichnung „Zivilingenieur" trägt." „Da- sieht ihm ähnlich," stieß Gerda mit dem Ausdruck halb der Bewunderung, halb de» Schmerze« hervor. „Er ist im Stande, jede Arbeit zu übernehmen, ja wenn e» sein sollte, dir aeußersten Entbehrungen zu erdulden, aber sein Stolz wirb sich nicht beugen. Es ist der alte Fel- ven'sch« Familienstvlz, der sich durch nicht» auf der Welt brechen läßt." Buchholz schien eine Entgegnung aus den Lippen zu haben, die er jedoch verschluckte. „Ich habe mir ein Mittel au-gedacht," begann er nach einigem Zögern, „durch welche» der Freiherr vielleicht be wogen «erden kann, aus Schloß Felben zurückzukehren. Ich kann freilich sür den Erfolg nicht etnstehen, aber <« wär« immerhin einmal zu versuchen, wenn da» gnädig« Fräulein damit einverstanden sind." „Was in mein« Macht steht, werde ich gern thun, um den Freiherr« au- seinen jetzigen drückenden Verhältnis sen zu befreien. Lasten Sir mir Ihren Plan hören.* > >>. Ich habe gedacht, wenn ich im Auftrag« de« gnädig»« Fräulein« den Freiherr« bäte, di« Herrschaft Felben zu verwalten, so würde er vielleicht au» Anhänglichkeit an di« «ltrn Umgebungen zustimmrn. Di« Herrschaft, di« äugen-