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Dresdner Journal : 16.04.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-04-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-187904166
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18790416
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18790416
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-04
- Tag 1879-04-16
-
Monat
1879-04
-
Jahr
1879
- Titel
- Dresdner Journal : 16.04.1879
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.P 86 Mittwoch, den >6. April. 1878. lm x»»,,« L»ut»rk«» L«iei»«: iLkrtied: . . 18 Akltd ^i^kr>^k: « Ilarlc LV kf kinr«Ive Kummer«: I«?k I»««rk»Id 4s»4eut»cd«« keiokes tritt ?o»t- uoä Ltewpelruseklax Kiuru. Io»er«te«pr«i>te: kür «Iso liLiuu einer ^srpLltvueu ketttteite 2V kk. lluter „Liu^eEiät" tks Lells bv kl Liebst««« r kä^iiek mit ^u»u»km« äsr 3ouu- anä keiertLs;e ^beaci» für 6eo kolxenäen ^»8- A'tMltl Zmmal. Verantwortlicher Rcdacteur: Hofrath I. G. Hartmann in Dresden. lo^er«Ieo«»o»kme ««»»Irls: Lsipiill F>. Lra«<i»tettrr, 0omm,»,><>n»r <j<-» l>re»6u«r ^onruuls; U»«dor« - I«rU« Vi«u >—l - rr»Qkt» t «. » : Aaasrnst«» L kOAler, LsrUo Vt«»-S»mdiuA kr»8 M. Nüoek«»: I«rU»: S. L'o»»>ct /«rulxlrntiasU:, Nr,«»«: L Schlott«,- Sr«»I»u: /,. Lta»»-«n'« Larenu; VLmmUt,: Fr. 1>»L>rt»rt » ».: F ^arArr'seke u. 0. Z/rrrman«- »cke Üuckk»u61iin8i 0Lrll^: 6. LfMrr, Smmsr»r: 6 Sc^-itrr,' kiri, L«rlt» - rrmUrturt «. N. LtnN^il! Davt>« L l.V, LuudmU: F L7r»<tA««, Steiner. N«r»«88ederr KSnisI. L«p«ti6on äe« vreiällsr ^ouru«t«, Orexte«, 2»in8«r»tr»»»« Ho 2V. Amtlicher Theil. Se. Majestät der König hat der Pianistin Laura Rappoldi geb. Kahrer aus Allerhöchsteigener Be wegung das Prädikat „Königliche Kammervirtuos«," zu verleihen geruht. Nachdem durch kaiserliche Verordnung vom 8. lau senden Monats — Reichsgesctzblatt von 1879, Seite 125 — die Vorschriften in den 88 1 und 3 der in Nr. 30 des „Dresdner Journals" von 1879 beson ders veröffentlichten kaiserlichen Verordnung vom 29. Januar dieses Jahres, betreffend Beschränkungen der Einfuhr aus Rußland — ReichSgesetzblatt von 1879, Seite 3 — dahin abgeändert worden sind, daß vom Tage der Verkündigung der kaiserlichen Verordnung vom 8. dieses Monats an zu Verhütung der Ein- schlrppung ansteckender Krankheiten bis auf Weiteres nur noch die Einfuhr von: gebrauchter Leib- und Bettwäsche, gebrauchten Kleidern, Hadern und Lumpen aller Art aus Rußland über die Reichsgrenze verboten sein soll, so wird Solches hierdurch noch besonders zur öffent lichen Kenntniß gebracht. Dresden, am 12. April 1879. Ministerium des Innern. Für den Minister: Schmaltz. Kr Mchlllmiticher Theil. Telegraphische Nachrichte«. St.Petersburg, Montag, 14. April, Abend». (W. T. B.) Al» sich die Nachricht von dem heute Morgen auf den Kaiser verübten Attentate (vgl. die „ LageSgeschichte") in der Stadt verbreitet hatte, begab sich eine große Anzahl von Würdenträgern de» Militärs und Civil und sonstigen Notadili- täten nach dem PalaiS. Der Kaiser war daselbst inzwischen mit enthusiastischen HurraHS begrüßt worden, welche er dankend erwiderte. Der Kaiser sprach seinen Dank auS für die ihm bei dieser so traurigen Veranlassung dargebrachten Beweise der Treue. Er wisse sich unterstützt von allen an ständigen Leuten; er hoffe, daß Gott ihm vergön nen werde, sein Werk für die Wohlfahrt Ruß lands zu vollenden. Hierauf fuhr der Kaiser ohne EScorte auS dem PalaiS. St. Petersburg, Dienstag, 15. April, MorgruS. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Ein hier um laufendes Gerücht, wonach der Verbrecher, welcher daS Attentat auf den Kaiser verübte, sich vergiftet haben soll, ist bis jetzt amtlicherseitS nicht bestätigt wordeu. Die Untersuchungen zur Feststellung der Personalien deS ThätrrS dauern fort. Das Re sultat der Ermittelungen wird selbstverständlich in den ersten Stadien der Untersuchung noch nicht veröffeutlicht. St. Petersburg, Dienstag, 15. April, Vormittags. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Gestern Abend war die Stadt glänzend illuminirt, und vor dem WinterpalaiS fand eine enthusiastische Ovation Statt. Aus allen Theilen des Reichs und von sämmtlichen Regierungen Europas find Glück- wünschungstelegramme an Se. Majestät den Kaiser eingetroffeu. Au der Mauer deS GeneralstabS- gebäudeS wurden die Spuren von 3 Kugeln ge- fuudeu. Ueber die Personalien deS Verbrechers, welcher vorgiebt, Zwau Sokolow zu heißen uud Kinauz ¬ beamter in der Provinz zu sein, dauern die amt lichen Erhebungen fort. Weitere Auskunft ver weigerte der Verbrecher. Unter den Achselhöhlen wurden zwei mit Wachs befestigte Giftkapsrln bei ihm gefunden. Ob derselbe bereits Gift genom men, war nicht sofort zu ermitteln. Bei seiner Verhaftung hatte er die Zähne fest aufeinander gebissen und Schaum vor dem Munde; auch trat Erbrechen bei ihm ein. Trotz seines Widerstrebens gelang es, ihm Arzneien beizudringen, die gewirkt zu haben scheinen. St. Petersburg, Dienstag, 15. April, Mit tags. (Tel. d. Dresdn. Journ. , Nachdem das Leben des Attentäters durch die Maßnahmen der Aerzte gesichert worden, wurde derselbe, unter starker EScorte des Leibgarderegiments zu Pferde, auü dem Gebäude der Polizeipräfectur nach der Peter- Paul-Kestung übergrführt. Se. Majestät der Kaiser empfängt Mittags 1 Uhr im WinterpalaiS die Glückwünsche der höheren Würdenträger. Tagesgeschichte. Dresden, 15. April. In den Paradefälen des königl. Schlosses fand gestern, am zweiten Osterfeier tage, das für diesen Tag zum Schluß der Winterfest lichkeiten am königl. Hofe herkömmliche Hofconcert Statt. Bor Beginn desselben hatten Ihre königl. Majestäten, sowie Ihre königl. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Georg die genehmigten Vor stellungen der angemeldeten Damen und Herren ent gegengenommen und hieraus Oeroie abgehalten. Das Concert, welches im Banketsaale stattfand, wurde in seinem ersten Theile unter Leitung des Kapellmeisters Professors vr. Wüllner, in seinem zweiten Theile unter Leitung des Kapellmeisters Schuch von der königl. musikalischen Kapelle nach Maßgabe des (im „Feuille ton" abgedruckten) Programms ausgesührt. Dresden, 15». April. Im allerhöchsten Auftrage Sr. Majestät des Königs wohnte der Oberkammerherr v. Gersdorff dem aus Anlaß der glücklichen Errettung des Lebens Sr. Majestät des Kaisers von Rußland heute Mittag 12 Uhr in der hiesigen russischen Kirche stattgefundenen Te Oeum bei. (Vgl. um stehend.) Den Kammerherrndienst bei Sr. Majestät dem König hat auf die Zeit vom 13. bis 26. d. M. der Kammerherr geh. Legationsrath v. Watzdorf über nommen. Berlin, 14. April. Die Nachricht von dem Attentat auf den Kaiser von Rußland verbreitete sich hier zwischen 11 und 12 Uhr Vormittags wie ein Lauffeuer und brachte begreiflicher Weise große Auf regung hervor. Im hiesigen kaiserlichen Palais war das Telegramm aus St. Petersburg um 11 Uhr Vor mittags eingetroffen. Im russischen Botschaftshotel sand sofort ein Dankgottesdienst Statt. Dem Tedeum wohn ten der Botschafter, das gesammte Botschaftspersonal in großer Uniform mit den Damen und vielen hier wohnenden Russen bei. Der Kaiser Wilhelm hat den Kaiser Alexander sofort anläßlich seiner glücklichen Er rettung telegraphisch beglückwünscht, nachdem bereits dem hiesigen russischen Botschafter durch einen Ver treter des Kaisers die Theilnahme desselben ausgedrückt war. Gegen 1 Uhr fuhren die Mitglieder des diplo matischen Corps, sowie andere Personen aus den Hof- kreisen bei dem Botschafter vor, um ihm Glückwünsche zur Errettung seines Herrschers darzubringen. Im Botschaftshotel wußte man noch nicht, ob es gelungen sei, deS ThätrrS habhaft zu werden. Die „Köln. Ztg.", der wir die vorstehende Meldung entnehmen, bemerkt hierzu: „ES ist eine erschütternde Kunde, welche uns heute der Tele graph aus St. Petersburg bringt. Nach all' den Unthaten der Nihilisten, welche daS gewaltige Zarenreich monate lang in Schrecken versetzten, ist jetzt auch die Mord waffe gegen den Kaiser erhoben worden. Während es bisher angeblich nur der Kampf gegen das Beamten thum war, zu welchem verbrecherische Banditen ihre Hand bewaffneten, hat man sich jetzt an der geheiligten Person des Kaisers selbst vergriffen Bevor wir die Thatsache in ihren wahrscheinlichen Folgen näher be sprechen, wird es angezeigt sein, weitere Nachrichten abzuwarten. Das Eine aber können wir schon heute aussprechen, und wir wünschen, daß unsere Stimme die Macht habe, über unser Vaterland hinaus in alle Kreise Rußlands zu dringen: der Abscheu, welchen dieses verruchte Attentat in Rußland Hervorrufen wird, kann nicht größer sein, als der, den wir hier in Deutsch land empfinden." * Berlin, 13. April. Die Abreise Sr. Majestät des Kaisers zur Vorcur nach Wiesbaden soll gegen Ende dieser Woche erfolgen, und dürfte der Aufenthalt Sr. Majestät daselbst 3 bis 4 Wochen dauern. Nach Angabe der hiesigen Blätter kehrt dann der Kaiser ungefähr gegen Mitte Mai hierher zurück und wird, je nach den Umständen, theils in Berlin, theils in Babelsberg verweilen. Des Weiteren ist der Gebrauch der Bäder von Teplitz wieder in Aussicht genommen, doch ist über die Zeit der Abreise noch keine definitive Bestimmung getroffen. Mit ziemlicher Bestimmtheit ist anzunehmen, daß die Reise bald nach der am 11. Juni stattfindenden goldenen Hochzeitsfeier des Kaiserpaares, also um die Mitte Juni, angetreten wer den wird. Ueber den Aufenthalt in Teplitz hinaus sind noch keine Verfügungen bezüglich weiterer Reisen des Kaisers getroffen. — Die kronprinzlichen Herr schaften, welche m dieser Woche nach Berlin zurück zukehren gedachten, werden ihren Aufenthalt in Wies baden etwas verlängern, und werden in den nächsten Tagen nur die kronprinzlichen Kinder von dort hier eintreffen. — Nach der „N. A. Z." sind die Arbeiten der Enquetecommission, welcher es abgelegen hat, zu prüfen, in welchem Falle der Spiritus, der zu gewerblichen Zwecken benutzt wird, steuerfrei abgegeben werden kann, bis aus Fertigstellung und Uebergabe des Berichts an den Bundesraths beendigt. Es wird alsdann das Ergebniß dieser Berathungen in einem Gesetzentwurf seinen Ausdruck finden, der dem Bundes- rath in nicht allzu langer Zeit vorgelegt werden wird. — Wie der „K. Z." von hier berichtet wird, besteht jetzt sicher die Absicht, dem Reichstage eine Vorlage über Aenderungen des Reichsgesetzes vom 6. Juni 1870 betreffs des ÜnterstützungswohnsitzeS zu machen. Insbesondere wäre 1) als Ansangsfrist für den Lauf der im Gesetze festgesetzten Fristen statt des 24. das 21. Lebensjahr zu bestimmen, und überdies 2) die Dauer der eben erwähnten Fristen von zwei Jahren auf ein Jahr herabzusetzen-, ferner 3) die Anordnung, wonach der Ortsarmenverband des DienstortS vervfliA tet ist, Personen, ivelche im Gesindedienste stehen, Ge sellen, Gewerbegehilfen und Lehrlingen, welche am Dienstorle erkranken, während eines Zeitraumes von sechs Wochen die erforderliche Cur und Verpflegung zu gewähren, auch auf Fabrikarbeiter, land- und sorst- wirthschaftliche Arbeiter auszudehnen und statt sechs Wochen drei Monate zu setzen: 4) zur Erleichterung des Beweises der Landarmeneigenschast diese anzunehmen nicht nur, wenn der Unterstützte keinen Unterstützungs- Wohnsitz hat, sondern auch, wenn ein solcher sich nicht ermitteln läßt; 5) dem Gesetze eine Bestimmung ein- zusügen, wonach es, in ähnlicher Weise wie nach dem preußischen Gesetze vom 21. Mai 1855 der Fall ge wesen, den Behörden wiederum die Befugniß beilegt, Personen, deren nicht arbeitsfähigen Angehörigen öffent liche Unterstützung gewährt werden muß, ohne vorher gehende gerichtliche Procedur zur Arbeit inner- oder außerhalb eines Arbeitshauses anzuhalten. Den preußi ¬ schen Behörden sei bereits aufgegeben worden, auch durch die OrtSbehörden über vorerwähnte fünf Punkte gutachtliche Aeußerungen einziehen und dabei gleich zeitig sonstige für nothwendig erachtete Aenderungen des mehrerwähnten Gesetzes zur Sprache bringen zu lassen. Als besonders erwünscht werde eS bezeichnet, wenn die Vorschläge durch gesammeltes statistisches Material begründet werden könnten. — Die „Post" berichtet, daß die lebhafte Theil nahme, ivelche sich in allen Theilen Deutschlands für die Ausstellungen in Australien: Sidney und Melbourne, kund giebt, die Frage in den Vorder grund gedrängt hat, inwieweit die Betheiligung deS deutschen Reiches an diesen Ausstellungen stattzufinden habe. Wie daS genannte Blatt hört, wird dem Bun- desrathe eine darauf bezügliche Vorlage zur Beschluß fassung zugehen. Köln, 12. April. (Fr. Journ.» Eine ganze Reihe von Socialdemokraten, Vorstandsmitglieder der Metallarbeiter, Klempner und Tischler, waren vom Zuchtpolizeigericht von der Beschuldigung, in ihrem Kranken- rc. Kassenverband politische Erörterungen ge pflogen und Verbindungen mit ähnlichen socialsstischen Vereinen unterhalten zu haben, freigesprochen worden. Vorgestern, in der Appellationsinstanz, kamen sie nicht so glimpflich davon. Von 18 Beschuldigten wurden 10 verurtheilt: 1 zu 4 Wochen, 2 zu je 14 Tagen, 1 zu 6 Tagen Gefängniß uud 6 zu je 30 M. Geldbuße. Bei den Metallarbeitern wurde die Be schuldigung durch bei der Haussuchung vorgefundene Briefe erhärtet. Weimar, 14. April. (Tel.) Aus Veranlassung der glücklichen Errettung des Kaisers Alexander fand in der hiesigen russischen Kirche ein feierliches Tedeum Statt, welchem auch der Großhcrzog beiwohnte. Prag, 13. April. (Boh.) Gestern wurde eine im Verlage des Buchhändlers Steinhäuser erschienene Broschüre, betitelt: „Entlarvte Geschichtsfälschung über Leben und Thaten des Preußenkönigs Friedrich 11." mit Beschlag belegt. — Di« Rinderpest ist auch in Schönpriesen und Aussig erloschen, und wurde die Abberufung des zur Ortssperre daselbst verwendeten Militärs bereits veranlaßt. Madrid, 14. April. (Tel.) Wie der „Jmparcial" aus Sevilla meldet, wurden in die Kirche San Antonio daselbst zwei große Sprenggeschosse geworfen, die mehrere Personen verwundeten. Der Zweck des Attentates war, die Kirchenkleinodren, die von gro ßem Werthe sind, zu entwenden. — Der Kronprinz Rudolf von Oesterreich wird am 1. Mai in Bar celona ankommen und sich zum Könige nach Madrid begeben. Lissabon, 14. April. (Tel.) Im Verlaufe der Krank heit der Königin von Portugal hat sich eine Affection beider Lungenflügel ergeben. St. Petersburg, 14. April. (TeO Eine amt liche Meldung über den versuchten Meuchelmord sagt: Heute gegen 8 Uhr Morgens, während der Kaiser seinen üblichen Spaziergang in der Umgegend des WinterpalaiS machte, kam Sr. Majestät ein an ständig gekleideter Mann in einer Uniformmütze mit Locarde entgegen. Als derselbe sich dem Kaiser näherte, zog er auS einer Tasche seines Paletots einen Revolver und schoß auf Se Majestät, worauf er noch einige Schüsse abfeuerte. Vorbeigehende Personen, sowie Schutzmänner ergriffen sofort den Uebelthäter, wobei Letzterer noch einen Schuß abfeuerte und einen von den ihn Umringenden leicht an der Wange verwundete. Gottes Vorsehung erhielt den für Rußland theueren Monarchen unversehrt. Der Verbrecher ist verhaftet; die Untersuchung hat begonnen. — Die Nachricht von dem auf den Kaiser verübten Attentat verbreitete sich rasch durch die Stadt. Die Entrüstung ist so groß wie die Freude über das Mißlingen des Attentates. Man Feuilleton. Netngirl von Otto Bauet. Dresden. Das am 14. April stattgehabte (und oben unter „Tagesgeschichte" bereits erwähnte) Hof concert bot im ersten Theile deS Programm-: Ouver türe, Scherzo und Finale von Schumann; Arie aus -II U« ?««tore" mit obligater Violine von Mozart (Frau Sembrich, Hr. Lauterbach); Andante aus dem (I-mvU-Concert für Tlarioette von K. M r. Weber (Hr. Demnltz); Duo-Nocturne aus der Oper „Beatrice und Benedict" von Berlioz (Frl. Malten, Frl. Nanitz). Im zweiten Theile gelangten^r Aufführung: Romanze aus „Euryanthe" von S. M. v. Weber (Hr. Riese); Capriccio für Violine (Manuscrivt) von Gade (Hr. Lauterbach); Nachtigallenarie von Mass« (Frau Schuch); Intermerro-Valse leote und Divertissement aus dem Ballet „Sylvia" von Leo DelibcS. K. Hoftheater. — Neustadt. — Am 13. April: „Die Juuggesellensteuer", Lustspiel in 4 Acten von Julius Wolff. (Zum ersten Male?» Es ist für die Kritik wie für das Publicum eine angenehme Situation, die Vorführung dieser respectablen Novität al- eine glückliche Wahl bezeichnen zu dürfen. Da- durch einen vorwaltend interessanter: Inhalt fesselnde, durchaus anspruchslose Stück au- der büraer- licheu Sphäre de- tätlichen Leben- macht vor Allem den Eindruck einer geistigen, mit Innigkeit und Fleiß ausgeführten Arbeit, die der spekulativen Production de- sogenannten leichten Wurfe-, d. h. der frivolen Oberflächlichkeit, fern steht. Man fühlt mit moralischer Genugthuung, daß der Verfasser in dem Ernste, der jeder Kunstaufgabe gezollt werden sollte, seine ganze Kraft aufgeboten hat, um das seiner individuellen Be gabung Mögliche und deshalb für ihn Beste zu leisten. Die Wahrnehmung, wie es ein Autor mit seinem Streben eigentlich gemeint hat, drängt sich jedem ge bildeten Zuschauer, mehr oder minder bewußt oder un bewußt, im Theater stet- deutlich auf, und wenn das Ergebniß ein vortheilhasteS ist, so wird diese wohl- thuende Ueberzeugung eine Stütze, ein solider Hinter grund der guten Unterhaltung. DaS ist ein Vorgang der Gerechtigkeit, denn man will nicht zu einem ^ge nannten geistigen Genüsse feierlich eingeladen werden, dessen Bereitung dem Darbringer wenig Zeit und Kopfanstrengung gemacht hat und dessen scemsche Aus führung ebensowenig der Zeit und der Mühe werth ist. Die meisten Bühnenschriststeller — ja die meisten öffentlichen Producenten überhaupt — haben aufge hört, zu bedenken, was sie der Würde ihrer Gäste schul dig sind. Die „weiten Kreise", das sogenannte „große Publicum", für welche auch das Oberflächliche, momen tan Amüsante gut genug sei, sind nichts als alberne Redensarten, mit denen sich die Mittelmäßigkeit im be quemen Bündniß mit der Faulheit und Eitelkeit ent schuldigen: Jede- versammelte Publicum repräsentirt stets, entweder formell oder durch Anwesenheit einiger gescheidter Geister, in Wirklichkeit, den Intellekt der Ge genwart und somit auch die Ansprüche, welche derselbe an die Leistungen der Zeit erhebt oder erheben dürste. DaS sollten doch alle Unreife und Vorschnelle erwägen, ehe sie in dem molligen Schlafrocke ihre» geistigen Richt« vor die Oeffentlichkeit treten. Der Verfasser hat an einen zeitgemäßen humoristi schen Einfall, den er übrigens blos zur einleitenden Nebensache macht, seinen Lustfpielvorgang angeknüpst. Ein Herr v. Drehwitz, selbstgefälliger Dilettant in Staatsangelegenheiten, macht sich die vergebliche Hoff nung, zum Landtagsabgeordneten gewählt zu werden, und will mit einer Jungfernrede über Einführung einer Junggesellensteuer debutiren. Der Eindruck, den die Mittheilung dieser Idee auf verschiedene Personen, be sonders alte Jungfern macht, giebt zu erheiternden Scenen Anlaß, sowie denn das Stück reicher an amüsanten Episoden, als an dem seltenen Werth einer geschlossenen, aus den inneren Impulsen der Charaktere hervorgehendcn Handlung ist. Wohl aber muß man die Entwickelung der Lebensanschauungen dieser Cha raktere, die 'ämmtlich natürlich und schauspielerisch dankbar gezeichnet sind, anerkennen. Jene Entwickelung ist besonder» anziehend gestaltet bei der psychologischen Hauptaction des Lustspiels, welche die allmähliche Bekehrung zur ehelichen Liebe von emancipirten, aber nur in einer romantischen Auf fassung lebenden, sehr freien Liebesbegriffen zeigt. Die Wandlung vollzieht sich als ein Doppelvorgang an einem Geschwisterpaar, einem Junggefellensonderling, dem Privatdocenten Rittberg, der über die Liebe allerdings gar keine Ansichten hat, und an seiner Schwester Julie, der freien Schwärmerin, die sich end lich mit dem Bildhauer-Dichter Rodeck verlobt. In den sehr beweglichen Rebenscenen hat der Autor manche zur Krankhaftigkeit aewm dene Zeitsitte berührt, so ^-B. die Frauenvereintfrage und auch die innere Mission. In letzter Beziehung würde er taktvoller berührt haben, wenn er dir Form überspannter, aber vielleicht herzlich und ehrlich gemeinter Frömmig keit markirter von der mit Heuchelei vereinten Frömmelei unterschieden, die letztere satirisirt und die erstere ge schont hätte. Diese wünschenswerthe Aenderung, ange nehm für manches gläubige Gemüth, könnte noch jeden Augenblick angebracht werden. Die Charaktere Hanna und der hinter der Scene stehende DiakonuS Blümlein können, so wie sie jetzt sind oder erscheinen, dem Spotte nicht Preis gegeben werden. DaS ist verletzend. Die Aufführung war so vortrefflich, wie das Amü sement des PublicumS, dem der spirituelle, verständige, in den bewegten Momenten mit feiner poetischer An empfindung geschriebene Dialog sympathisch und der gefällige Humor in den Scenen erfrischend war. Frl. Ulrich und Hr. Dettmer, Julie und Rodeck, spielten die Hauptrollen mit Anmuth und Geist, ganz in das Leben der Gegenwart eingehend und ohne Ueber- treibung in den Pointen. Hr. Jaffe gab den alten v. Drehwitz mit tüchtiger Genrebildlichkeit und wurde von Frau Bayer, der Darstellerin seiner Gattin, einer kleinen Rolle, angenehm unterstützt. Hrn. Bauer ge lang der pedantische Gelehrte Rittberg ungewöhnlich gut. In den Nebenpartien wirkten ferner als Frau und Herr Assessor Balmer, Hedwig und Frl. v. Schnee gans und Frl. Lerche zum Besten de» Stücke» Frl. Guinand, Hr Richelsen, Frl. Bormann, Frau Wolff und Frl Quanter mit. Ganz besonder» ist die würdige und lebenSnatür- liche Darstellung zu loben, welche Frl. Berg ihrer Hanna gab, hierdurch manche Di»harmonie de» Ein druck» mildernd. O. B.
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