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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration« Preis 22j Sgr. THIr.) vierteljährlich, 3 Thaler für daS ganze Jahr, ohne Er, Höhung, in allen Tbeitev der Preußischen Monarchie. für die Man vränumerirt auf dieses Beiblatt der Mg.Pr. Staat» Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren - Straße Nr. .34); in der Provinz so wie im Anstande bei den Wohllöbl. Post - Aemtcrn. Literatur des Auslandes. 77. Berlin, Freitag den 28. Zuni 1833. Frankreich. Moralische Statistik von Frankreich. Zu den wichtigsten, aber auch schwierigsten Gegenständen, die der Statistik anheimfalle», gehört die Ücbcrsicht und Vcnhcilung der nicnschlichen Handlungen, welche aus das Allgemeine oder den Ein zelnen einen äußerlichen Einfluß üben. Die Handlungen aber, die wir zu diesem Behuf erkennen müssen, umfasse» ein so ausgedehn tes Gebiet und haben einen so mannigfaltigen Ursprung und so verschiedenartige Farbe, daß in diesem Zweige statistischer Forschun gen erst nach einer langen Reibe von Beobachtungen etwas Nützliches geleistet werden kann. In Frankreich macht seit dem Jahre 1825 der Justiz-Minister allfäbriich eine Uebersicht der Verwaltung der Kriminal-Rechtspflege bekannt. Diese dienen als Grundlage zu einem Buche des Advokaten Guerrp"), das sich mit der sittlichen Statistik von Frankreich beschäftigt, und worüber die Herren Lacroiz, Silvestre und Girard der Akademie ter Wissenschaften einen sehr günstigen Bericht erstattet haben. Zunächst wird die Bemerkung gemacht, daß die Menge der be gangenen Verbrechen genauer ans der Anzahl der Angeklagten, als aus der der Vernnbeilren hervorgcbe, indem über die Wirklichkeit des Vergehens, selbst nach erfolgter Freisprechung, meist kein Zwei fel obwalte. Ferner ergeben sich aus den jährlich publizirten Tabci- ien allgemeine Resultate in den verschiedenen Theile» des Landes, die regelmäßig wicderkcbrcu und nicht Werk des Zufalls sehn können. Der Verfasser bat daher Frankreich in 5 Regionen, jede ans 17 De partements bestehend, eingetheill: den Norden, Süden, Listen, Westen und das Centrum. Während der sechs Jahre von 1825 bis 1830 hat die größte Variation in der Anzahl von Verbrechen, die i» jeder Region jährlich gegen die Personen begangen wurden, nicht 4 'Procent, nnd das Maximum dieser Verschiedenheiten hinsichtlich der Vergeben gegen das Eigenthnm nur 2 Procent betragen. In einer ersten Tabelle werden die jährlichen Verbrechen ausgczähll: gegen die Personen wurden 1900, gegen das Eigenthnm 5300 be gangen', unter diesen bildet der Diebstahl die zahlreichste Klasse. Aus den beiden folgenden Tabellen erstebt man das Verhällniß der beiden Geschlechter zu den Verbrechen. Unter 100 Vergehungen gegen Personen, wurden nur 14 von Frauen auSgeübt, während ihnen unter 100 Vergehungen gegen das Eigenthnm 21 zufallcn. Die geringere Anzahl weiblicher Verbrechen in Bezug auf die Per sonen rührt von der Furchtsamkeit der Frauen und ihren eigemhüm- iichcn LebcnSverhältnisscn her; bei Räubereien, Verwundungen und Rebellion wird man sie selten bethciligt finden. Aber sie werde» unternehmender, wen» die Gefahr geringer, die Entdeckung schwieri ger wird. Daher fallen unter 14 Vergiftungen 12 den Frauen zur Last. Gleiche Bewandnuß hat es mit den Hausdiebsläblen; sic machen aller von Frauen begangenen Diebstähle aus, während sie nur unter den von Männern verübten ausmachc». Eine vierte Tabelle zeigt die Vcrtheilung der Verbrechen auf die verschiedenen Lebens-Epochen, von dem Älter der Mannbarkeit bis über das siebzigste Jahr hinaus. Die meisten Verbreche» werde» innerhalb der Periode vom 25sten bis zum ZOsten Jahre begangen, und findet dies bei beiden Geschlechtern statt. Die Neigungen zum Verbrechen entwickeln sich schneller und nehmen auch früher ab bei dem männlichen als bei dem weiblichen Geschlechte z aber vom 50stcn Jahre an ist bei beiden Geschlechter» die Hinneigung zu straffälligen Handlungen gleich. Es gicbt auch Verbrechen, die jedem Ailer eigentbümlich sind. Auf der fünften Tabelle findet man eine Ucher- sicht für die beiden äußersten LcbenSpcrioden. Die sechste Tabelle macht de» Einfluß der Jahreszeiten auf Nalur und Anzahl der Ver brechen deutlich. Im Sommer wird mehr Strafbares gegen die Personen,, im Winter mehr gegen das Elgenlhum verübt; den größten Einfluß unter allen Verbrechen gegen Personen übt die Jahreszeit bei den Angriffen ans die Keuschheit. Unter 100 Verbrechen dieser Art zählt man 36 im Sommer, 25 im Frühling, 21 im Herbst, 18 im Winter. Höchst wichtig würde derjenige Theil der Kriminal-Statistik sehn, welcher die wahrhaften BcwegnngSgründe der strafbaren Hand- lungcn zu erkennen gebe. Aber diese Untersuchung ist von solchen Schwierigkeiten umringt, daß bis jetzt nur die Klassisizirung der Grande vom Kapitan-Verbreche» möglich wurde. Herr Gncrrh zählt f) dl-t-nü -«ne la ^lati-chgue luvrato ün la Trance, in 4., avec 7 ptaaekea deren zwölf auf, die nach dem Verhällniß ihrer Häufigkeit in der siebente» Tabelle angegeben werden. Unter 100 Vergiftungen, Mordihalcii und Brandstiftungen geschehen die meisten, nämlich 26, aus Haß und Rachsucht. Die folgende Tabelle stellt die Kapital- Verbrechen nach der Reihe ihrer offenkundige» Ursachen auf. So findet maii z. B.,' daß unter 100 Vergiftungen 35 eine Folge des Ehebruchs sind. Fast die Hälfte der aus dieser Ursache verrühren ¬ den verbrecherischen Angriffe ist gegen den beleidigten Gatten ge richtet; dahingegen wird durch Vergehungen, weiche eine Folge des lüdcrlichcn Lebens und der Verführung sind, mehr das Leben der Konkubine oder der Verführten bedroht. Was die verschiedene» sünf Regionen des Landes anbclangt, so ergebe» die Register der Jahre 1825 bis 1830 für die Verbrechen gegen Personen einen Angeklagten im Süden unter 11,003 Bewoh nern, im Osten unter 17,349, im Norden unter 19,964, im Weste» unter 20,984, im Cc»tr»m murr 22,168. Diese Unterschiede werden »och größer, wen» man die einzelne» Departements berücksichtigt. Korsika zählt imlcr 2199 Einwohner eine» Ängeklagtcn, das Depar tement ter Ercuse aber nur einen unter 37,014. Hinsichtlich ter Verbrechen gegen das Eigenthnm stellt das Verhällniß sich anders, nämlich ein Angeschuldigter unter 3984 im Norden, im Osten unter 6949, im Süten unter 7534, im Westen iintcr 7945, im Ccntrnm unter 8265. Das Seme-Departement (Paris) bat unter 1368 Be wohnern eine» Angeklagten (wegen Verbrechen gegen das Eigenlhum), das Departement der Ercuse aber nur einen unter 20,235. Um de» Einfluß der Unwissenheit auf das Thun der Verbrecher zu ermitteln, Hal Herr Gucrry die Angaben zu Nalhc gezogen, welche seil 1827 aus Bcsebl des Kriegsministcriums über die Zahl der des Lesens und Schreibens kundige» Miliiairpflichttgeu alljährlich gesam melt werde». Der zehnte» Tabelle zufolge, konnten i» de» Jabrcw 1827 bis 1829 unlcr 100 zum Dienst ausgcrufcnen jungen Leuten im Osten 53 lesen und schreiben, im Norden 52, im Süden 33, im Westen 27, im Cenlrum 25. Nun aber waren unlcr 100 Angeklag ten, die vor die Ecschworncngerichte gestellt wurden, des Lesens und Schreibens kundig im Osten 52, im Norden 47, im Süden 29, im Westen 26, im Cenlrum 24. ES giebl demnach im Durchschnitt über all unter 100 Angeklagten und unter 100 Nicht-Angeklagten eine gleich große Anzahl, welche Elementar-Uiiterrichi genossen bat. Uebri- gcns herrscht in den einzelnen Departements eine große Verschieden heit in diesem Punkte, da unter 100 Conscribirlen im MaaS-Depsr- ttmcnt nur 26 nicht lesen und schreiben können, während in Corröze dies 88 nicht im Stande sind. Eine eigene Charle macht die Verhältnisse klar, die bis jetzt über die uneheliche» Gcburlen iu den verschiedenen Landcslbcilen beobach tet wurde». Die meisten finde» in de» Städten Paris, Lvon, Rouen, Lille, Marseille und Bordeaux stall, nicht bloß wegen der dichlere» Bevölkerung, sondern in Folge der Gelegenheit, welche die Findel- Häuser darbiclcn, solche Kinder nnlcrznbringen. Auch Hal der Ver fasser einige Dokumcnlc über die den Armenanstallc», Schulen und geistlichen Stiftungen gemachten Geschenke und Vermächtnisse ge sammelt und dieselben nach dem Geschlecht, Alter, LebcnSverhält- nissc und Wohnort der Geber geordnet. Jndcß sind diese Do kumente »och nicht zahlreich genug, um daraus bestimmte Folgerun gen zu ziehen. Der letzte Theil der Untersuchungen ist de» Selbstmorden gewid met. Innerhalb der vier Jahre von 1827 bis 1830 sind in Frank reich 6900 Selbstmorde vorgcfalle»; diejenigen ungerechnet, wo der Tod nicht erfolgt oder doch wenigstens keine gerichtliche Untersuchung eingeleitct worden. Da nun jährlich 600 Angriffe ans das Leben Anderer gemacht, und mithin von der Zahl der Selbstmorde um das Dreifache übertroffen werden, so kann man jedesmal, wenn in Frank reich ei» Mensch vorsätzlich und gewaltsam umkommt, drei gegen eins weiten, daß er selber seinem Leben ein Ende gemacht habe. Unter 100 Selbstmorden geschehen jährlich 51 im Norden, 16 im Osten, 13 im Westen, 11 im Süden nnd 9 im Cenlrum. Der sechste Theil aller Selbstmorde wird im Seine-Departement begangen, doch sind die meisten Sünder dieser Art der Hauptstadt fremd. Unter lausend Personen, die in Paris sich dieses Vergebens schuldig machen, flam mcn 505 aus dem Norden, 168 aus dem Süten, 65 aus dem Wcsten, 52 aus den; Cenlrum. In Paris zähl! man unter 3600 Einwohnern eine» Selbstmörder, im Deparlement dcr Ober-Loire nur einen unter 163,000 Einwohnern. Was das Verhältnis! in den fünf Regionen betrifft, so kommt ein Selbstmörder aus 9853 Seelen im Norden, auf 21,734 im Osten, auf 27,393 im Cciurum, auf 30,499 im Westen,