Volltext Seite (XML)
Fasergewinnung und ^Untersuchung, Roh? und Hilfsst Fasern als Juteersatz in Brasilien. Von G. Herlt. Brasilien hat großen Bedarf an Säcken (für seinen Kaffee). Packleinwand und Segeltuch. Die für diese groben Stoffe erfor derliche Jute wird aus Indien eingeführt. 1927 betrug diese Ein fuhr nach einer Veröffentlichung des brasilianischen Ackerbau- und Handelsmuseums 28 475 t im Wert von 1283 000 £. 1923 waren sogar 32 000 t Rohjute eingeführt worden. Mit der Verarbeitung von Jute befassen sich 22 Fabriken, wovon die meisten im Staat Sao Paulo liegen. Nun gibt es aber in Brasilien einige Pflanzen arten, die eine der ostindischen Jute ebenbürtige, selbst überlegene Faser haben. Aber man hat sich bisher mit dem Anbau dieser Pflanzen nicht befaßt, höchstens die in ungeheuren Mengen vor kommenden wildwachsenden gesammelt und zu groben Geweben und Seilen verarbeitet. In Brasilien gedeiht auch die Jute selbst sehr gut, und im Staat Sao Paulo hat man damit bereits Anbau versuche gemacht, die zufriedenstellend ausgefallen sind. Die Jutefabriken begünstigen diese Anbauversuche, eine hat sogar aus Indien einen Jutefachmann und Arbeiter kommen lassen. Man glaubt, daß sich Brasilien bald ganz unabhängig von der ost indischen Jute machen könnte. Aber auch der Anbau jener Pflanzen, die eine der Jute ähn liche Faser haben, soll jetzt methodisch in Angriff genommen wer den. Die wichtigsten sind folgende: Caroa (Neoglaziovia varie- gata). Sie wächst auf trockenem Boden und hat Blätter bis zu 2'1'2 m Länge. Davon eignen sich drei bis vier für die Fasergewin nung, die 25 g trockne Fasern geben. Diese Faser ist der Jute faser überlegen, ganz weiß und bedarf für ihre Verarbeitung nicht der Vorarbeiten wie diese, das Garn ist fester und das Gewebe dichter und dabei leichter. Ein Jutesack für Kaffee oder Kakao wiegt 600—800 g, der gleiche Sack aus Caroa wiegt nur die Hälfte und ist widerstandsfähiger. 1927 sind 42 372 kg Caroa- fasern im Wert von 810 £ ausgeführt worden. Diese Ausfuhr nimmt zu, man beginnt sich für diese Faser zu interessieren. G u a x i m a R o x a (Urena lobata). Eine in Indien, auf Mada gaskar, Kuba, Florida und im Amazonengebiet wildwachsende Pflanze, die Fasern von 1 m Länge liefert. Diese Fasern sind fast weiß, seidenartig, weich und sehr fest. Sie werden zu Seilen, Netzen und groben Geweben verarbeitet. Dieses Gewebe eignet sich vortrefflich für Kaffeesäcke, die hiermit angestellten Ver suche haben befriedigt; man will die Erzeugung solcher Säcke jetzt in größerem Umfang aufnehtnen. Sie zeichnen sich haupt sächlich durch ihre große Widerstandsfähigkeit gegen die Beschä digungen beim Transport aus. Angestellte Festigkeitsproben haben ergeben, daß die Zerreißfestigkeit der Guaximafaser bei 4 Fäden 20—26 kg (bei Jute 15 kg), bei 8 Fäden 34—44 (Jute 25), bei 16 Fäden 78—82 (Jute 44), bei 40 Fäden 130—140 (Jute 84), bei Geweben mit 19 Kettenfäden 36 (Jute 28) kg beträgt. Eine wertvolle Faser ist auch die T u c u m f a s e r (Bactris setosa), eine Palmenart. Die Fasern sind bis zu 45 cm lang, fein, sehr fest und fühlen sich wie Wolle an. Man verwendet sie zu Stoffen und als Wollersatz. Sie sind besonders gegen Wasser widerstandsfähig, weswegen man sie auch als Umhüllung für Kabel gebraucht. Die Tucumfaser ist eine der schönsten Fasern Brasiliens, die auch schon die Aufmerksamkeit ausländischer Tex tilindustriellen erregt hat. Mit ihrer Gewinnung beschäftigt man sich eigentlich nur im Staat von Bahia. Sehr häufig findet sich diese Palme im Staat von Rio Grande do Sui. Brasilien besitzt auch noch andere Palmenarten, die Fasern geben, hauptsächlich für die Seilerei. Zum Schluß sei noch der brasilianische Hanf (Hibiscus radia- tus) erwähnt, eine sehr verbreitete Pflanze, deren Anbau keine Schwierigkeiten bereitet; sie kann zu jeder Jahreszeit ausgesät werden, blüht in jeder Jahreszeit und verträgt starke Hitze und Regengüsse. Hanf kann dreimal im Jahre geerntet werden, der europäische Hanf nur einmal. Ein ha gibt bis zu 3800 kg Fasern I. Qualität. Die Stengel werden bis zu 4 m hoch und können schon in 90—100 Tagen geschnitten werden. Die Zerreißfestig keit des brasilianischen Hanfes ist größer als die des europäischen Hanfes und Flachses und beträgt 10—12 kg. Je älter die Pflanze ist, desto feiner ist die Faser. Im Jahre 1927 wurden gegen 1901 ausgeführt. Spinnerei • Zwirnerei Die Berechnung der Herstellungskosten von Zwirnen. Von Oberstudiendirektor Prof. E. Möller, Reichenbach i. V. Bei einem Zwirn, der nur aus einfachen Fäden gleicher Nummer besteht, ist die Berechnung sehr einfach, indem man auf den Preis der einfachen Garne einen Prozentsatz für den beim Zwirnen entstehenden Abfall und den Zwirnlohn, einschließlich Fabrikationsunkosten, hinzuschlägt. Beispiel: Aus 30/1 Kammgarn zum Preise von 10 JIM je kg sei ein zweifacher Zwirn herzustellen, wobei ein Material verlust von 1 % entsteht und der Zwirnlohn einschließlich Un kosten 1 JIM je kg beträgt, so stellt sich der Preis für 1 kg des fertiggestellten Zwirnes 30/2 auf: 10 + 1% + 1,— = 11,10 JIM. Hierzu käme dann noch der Reingewinn, welcher je nach der Ge schäftslage (Konjunktur) verschieden sein wird, weshalb wir die sen hier unberücksichtigt lassen. Für Effektzwirne werden oft die verschiedensten Num mern der einfachen Garne verwendet, deren Anteil im Preise des Zwirnes nicht nur durch den unterschiedlichen Preis der ein fachen Garne selbst, sondern auch durch die verschiedenen Ge wichtsanteile derselben, aus denen ein ungleicher Zwirn besteht, beeinflußt wird. Beispiele: 1. Ein Baumwollzwirn besteht aus den einfachen Nummern