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Freitag. Rr. 42. 30. Mai 1873. Weißerih-Zeitung. Amts-Mlatt Mr die Herichts-Aemter und Stadträtye zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Ncdacteur: Carl Ichne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finden, werden mit I Ngr. für die Spalten - Zeile berechnet. Das Pfingstschießen, die Pfingstmaien, die Pfingsttänze. Ls giebt Gewohnheiten und Gebräuche im Volksleben, welche sich, wenn auch in verändertem Geschmack und Formen, Jahrhunderte hindurch fortpflanzen. Dazu gehört Obiges. Das Pfingstschießen ist heidnischen Ursprungs, aber in der christlichen Welt beibehalten. Es ist als Kampfsptel an die Stelle der heidnischen Stechkampfspiele getreten, die vormals am Majafest um die Zeit, da unser Pfingstfest einfällt, gehalten wurden. Als öffentliches Volksvergnügen wurde das Pfingst-(Vogel-)schießen zuerst vom Herzoge BogiSlauS zu Schweidnitz, im Jahre 1286 angeordnet und so ist es auch noch bis jetzt bei den Schützen-Gesellschaften verblieben. Vor Erfindnng der Feuergewehre ward es mit der Armbrust ausgeführt, später in Scheibenschießen ver wandelt. — Andere leiten allerdings die Entstehung dieses Volksfestes von der Bedeutung der Taube ab, als Sinnbild des heiligen Geistes. Man schoß, meinen sie, nach dem Adler, der die Taube verfolgt, und dachte sich darunter die Römer, welche die Christen verfolgten und den Adler als Reichszeichen führten. Noch andere Ansichten gingen im Schwange, ohne mehr als Hypothesen zu sein. Die Pfingstmaien. Bei den Juden war es allgemeine Sitte, zur Zeit ihres Pfingstfestes (Erinnerung an die Gesetzgebung aus Sinai und Feier des Erntefestes) die Synagogen, Wohnhäuser und deren Fenster mit Blumen und duftenden Zweigen zu schmücken. Auch bei den Heiden geschah dies am Feste ihrer Göttin Maja (zur christlichen Pfingstzeit), von welcher auch die Namen des Monat Mai und Maien herrühren. Die ersten Christen pflegten beim Mangel von Kirchen oft ihren Gottesdienst bei den Gräbern zu halten und pflanzten am Pfingstfest grüne Bäume darauf, um anzudeuten, daß Christus auck ihnen die Hoffnung der Auferstehung gebracht, wo neues Leben dem Grabe ersprießen werde. Später schmückte man statt dessen die Kirchen mit Maien, vielleicht nach Psalm 118: „Schmücket das Fest mit Maien," und war diese Sitte schon Ende des 11. Jahr hunderts allgemein üblich. In Sachsen, wo das Setzen von Maien in die Kirchen noch im vorigen Jahrhundert ge wöhnlich war, wurde es durch Befehl vom 3. April 1715 untersagt. Die Pfingsttänze. Bei allen Völkern gehörte von jeher das Tanzen, vorzüglich zur Zett des heitern Frühlings, eigens mit zur Sache. Die Heiden tanzte» am Majafest ""ter freiem Himmel im Schatten der Bäume, die Juden aber pflegten zur Zeit unser« Pfingstfestes sowohl in Familien, als auch öffentlich, Tanz zu halten. Diese Belustigungsart hat sich gleichfalls auf die christliche Welt fortgepflänzt, so daß noch an vielen ländlichen Orten die jungen Leute am zweiten Pfingst feiertage einen festlichen Tanz um eine dazu aufgerichtete und geschmückte Birke oder Maie (auch Linde) hallen. (Frohntanz zu Langenberg bei Gera, bis 1793 noch üblich und von Kaiser Heinrich dem Vogelsteller für alle Zeiten anbefohlen, weil die dasigen Bewohner, eben mit ihrem Pfingsttanz beschäftigt, aus dieser Ursache ihm den verlangten Vorspann bei seiner Durchreise verweigert hatten.) Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Seit mehreren Tagen hat der Quell zu unserm Steinborn an Mächtigkeit verloren, und es tritt ein Theil des Wassers an anderer Stelle zu Tage. Zwar ist die Wassermasse, welche dem Bassin zufließt, noch voll ständig hinreichend, den täglichen Bedarf unserer Stadt zu decken ; doch ist der, seit so langen Jahren noch nie dagewesene Fall so höchst wichtig, daß die städtische Behörde, wie wir hören, nach Untersuchung an Ort und Stelle beschlossen hat, Schritte zu thun, um Sachverständige herbeizuziehen, damit nach deren Angabe das jetzt abfließende Wasser wieder gefaßt und dem Quellausfluß, resp. dem Bassin zugeführt werde. Hoffen wir, daß dies Alles schleunigst geschehe, daß der Uebelstand vollständig gehoben und ein Werk unserer Stade in vollem Umfange erhallen werde, vas ein Segen für uns und unsere Nachkommen ist und bleiben möge! — Wir machen hierdurch darauf aufmerksam, daß vom hiesigen kaiserl. Post-Amte die österreichischen Gulden als Zahlung nicht mehr angenommen werden. * Dippoldiswalde. Es ist in etlichen Männern unsrer Stadt und aus deren Umgebung schon seit längerer Zeit der Wunsch rege, auch in unsrer Gegend den Bestrebungen der inneren Mission aufmerksame und thatkräftige Theilnahme zugewendet zu sehen. Die innere Mission hat bekanntlich zu ihrer Hauptaufgabe, die sittlichen Schäden in unserm Volks leben nach Kräften zu mindern oder zu heben, und sittlichen Nothständen, deren sich der Staat nicht oder nicht ausreichend annehmen kann, zu begegnen, beides im Geiste und in der Kraft evangelischen Christenthums. Vorläufig möchte man über die Ziele der inneren Mission, die Nothwendigkeit, sie sich zu stecken, und den Weg zu ihrer Erreichung Verständniß vermitteln und dadurch'Interesse an der Sache wecken. Man hofft das durch kirchliche Feiern erreichen zu können, die an etlichen der nächsten Sonntage Nachmittags in Kirchen der Umgegend (Reichstädt, SeiferSdorf, Schmiedeberg, eventuell auch an noch einem oder zwei Orten) sollen veranstaltet werden. Es sei darauf schon jetzt aufmerksam gemacht mit dem Bemerken, daß über die betreffenden Feiern auch in diesem Blatt wird Bekanntmachung erlassen werden, und mit der dringenden Bitte, sein schon gefaßtes oder noch zu