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Nr. 323. Neunter Jahrg. Freitag. 18. Rovbr. 1804. Mcheint: Täglich früh 7 Uhr. Inserate werden angenommen: bis AbendS v,Sonn tags bis Mittag» 12 llbr: Marienfiraße 18. Auzeig- in dies. Blatte, da« jetzt in 10,000 Exemplare» erscheint, finden eine erfolgreiche Berbreilung. Monnement: Vierteljährlich 20 Kx- bei uncntgeldlicherL',>> serung in's Haut. Durch die Königl. vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltniig mid Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drodisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile L Ngr. Druck und Eigcnlhum der Herausgeber: kliepsch A Ntllhardt. — Verantwortlicher Redacteur: Julius Reilhardt. DreSde«, den 18. November. — Se. König!. Majestät hat genehmigt, daß der Ober forstmeister Freiherr von Manteuffel zu Colditz den von Sr. Majestät dem Kaiser von Rußland ihm verliehenen Stanislaus orden II. Classe annehme und trage, ingleichen dem Schul lehrer Johann Gottlicb Werner zu Ringenhain, aus Anlaß seines fünfzigjährigen Amtsjubiläums, die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Gold verliehen. — Oeffentliche Sitzung der Stadtverordne ten am 16. November. — Der Vorsitzende, Herr Hofrath Ackermann, zeigt an, daß dem akademischen Nathe aus An laß des 100jährigen Jubiläums der Akademie im Namen der Stadt ein Beglückwünschungsschreibcn überreicht worden sei. — Der Stadtrath meldet, daß die Urwahl der Stadtverordneten diesmal erst gegen Ende des laufenden Jah res, die Hauptwahl aber infolge dessen erst im Monat Ja nuar des kommenden Jahres werde stattfinden können. Die Einweisung des neu gewählten Dritttheils dürfte daher nicht vor Anfang Februar erfolgen. Stadtv. Or. Stübel bean tragt, den Stadtrath um möglichste Beschleunigung der Gemeinde Wahlen zu ersuchen. Die Residenzstadt Dresden gehe in dieser Beziehung mit schlechtem Beispiele voran; bei uns erfolgen allemal die Neuwahlen erst dann, wenn sie in den Provinzialstädten längst vollendet seien. Dieselbe Ver zögerung sei der Fall mit dem Haushaltplane. Der Stübelsche Antrag wird zum Beschlüsse erhoben. — Ueber die Sänger festangelegenheit haben wir bereits gestern kurz berichtet. Stadtrath wie Stadtverordnete erkennen die große Bedeut samkeit derartiger Feste an, welche es hauptsächlich sei, die einen ablehnenden Beschluß unmöglich mache. Solche Feste seien nicht die Idee einzelner schwärmerischer Köpfe, ihre Wiederkehr zeige, daß sie in der Zeitströmung liegen, der zu widerstreben ebenso unmöglich wie unglücklich wäre; diese Feste bezwecken Einigung und Uebereinstimmung der einzelnen Völkerschaften, hierauf aber beruhe das Glück des deutschen Vaterlandes. Außerdem seien bei genauer Erwägung der vorliegenden Zah len die Summen gar nicht zu hoch, die städtischen Finanzen kommen aber durch Gewährung des Vorschusses nicht in Ver legenheit. Der Stadt könne zwar keine Verpflichtung zuge schrieben werden, das Gesuch zu genehmigen, cs sei aber eine moralische Nothwendigkeit für dieselbe, die von ihr erbetene Gastfreundschaft nicht zurückzuweisen, zumal da andere deutsche Städte bei anderen Gelegenheiten mit so glänzendem Beispiele vorangegangen seien. Die Commun müsse durch Bewilligung des Crcdits die Ehre uud das Ansehn der Stadt wahren. Die Stadtverordneten stellen nun noch folgende Anträge, daß 1) der Finanzausschuß für das Sängerscst ermächtigt werde, mit dem Stadtrathe über die Modalität der Entnahme und Rückzahlung der Gelder in Verhandlung zu treten, daß es 2) demselben zur Pflicht gemacht werde, alle Ausgaben genau zu prüfen und auf die in dem Einnahmebudget ausgestellten Posten die höchste Sorgfalt zu verwenden, daß 3) ausgespro chen werde, daß man mit dieser Bewilligung für irgendwelche späteren Fälle nichts präjudicire. Wir haben bereits berichtet, daß das Votum der vereinigten Finanz- und Verfassungsdeputa tion, in deren Namen Stadtv. Rülke Bericht erstattete, ohne Debatte einstimmige Annahme fand. Dieser Beschluß versetzte das Collegium in freudige Aufregung, und von vielen Seiten wurde er mit Bravorufen begrüßt. — In voriger Sitzung hatte man die Basis für die Reorganisation unseres Feuerlöschwesens gewonnen, indem man sich für gemisch tes System (Freiwilligcncorps und ständige Corps) erklärte. Man beschäftigte sich heut mit der weiteren Berathung des Teuchcrschcn Organisationsplanes, der im Allgemeinen genehmigt wurde. Im Einzelnen wurden einige Modifikationen beliebt. Die Stadtverordneten beschlossen die Anstellung eines soge nannten „Branddircctors" und eines Brandinspcctors, welch letzterer in einem andern städtischen Amte mit thätig sein kann. Von. einem Gutachten des erst noch zu wählenden Branddirectors erklären sie, alle ihre Beschlüsse über Anstel lung der Mannschaften, Beschaffung von Löschapparaten u. s. w. abhängig machen zu wollen. Im Voraus war man ein verstanden, daß die Telcgraphcneinrichtung eingeführt werde, nicht aber damit, daß alle Glockensignale und Thurmwachen wegfallen sollen. Erstere sollen nur beschränkt werden. Bei einem Feuer in Altstadt solle nur die Kreuzglocke, bei einem solchen in Neustadt nur die Glock: des Neustädter Thurmes anschlagen. Das sei nothwendig für Leute, welche nicht zu Hause seien, wenn Feuer ausbricht, und die so ganz ohne Nachricht bleiben würden. Mit der Errichtung von zwei De pots erklärten sich die Stadtverordneten ebenfalls einverstan den, doch nicht damit, daß für das in Altstadt die commun- lichen Gebäude auf der Breitestraße gewählt werden, welche einzig und allein zweckdienlich seien, später einmal einen gro ßen Saal für Concerte, Schaustellungen u. s. w. drinn zu erbauen. Sie schlagen vielmehr den Stadtbauhof vor. Bis zur Durchführung dieser Vorschläge will der Stadtrath einige provisorische Aenderungen im Feuerlöschwesen vorgenommen wissen, zu denen er die Zustimmung der Stadtverordneten erbittet. Zunächst will er die Einrichtung von Tagfeuer wachen, deren Nutzen die Stadtverordneten aber nicht einzu sehen .vermögen und daher gegen 1 Stimme ablehnen. Hinge gen bewilligen sic zur Anschaffung neuer Löschapparate die Summe von 3150 Thlr. und erklären sich ebenso für eine Telegraphenverbindung zwischen dein Kreuzthurm und dem Neustädter Thurme. — Im Frühling dieses Jahres kam das Projcct eines Kirchen- und Schulbaues in der pirnaischcn Vorstadt an die Stadtverordneten. Diese erklärten sich da mals damit einverstanden, gaben ihre Zustimmung zur Er werbung des dazu erforderlichen Areals des Ehrlich'schen Ge- stiftes und erklärten sich nur aus ästhetischen und praktischen Gründen gegen die beabsichtigte Combmation von Kirche und Schule in einen Complex. Der Stadtrath will nunmehr die Kirche auf der Strießncr Flur erbauen. Dem tritt aber die Finanzdeputation ganz entschieden entgegen: man wolle eine Kirche für die Pirnaische Vorstadt, nicht aber außerhalb der Stadt, welche dem Bedürfnisse nicht entsprechen könne. Die Deputation spricht sich in ihrem Berichte über dieses Vor haben des Stadtrathcs sehr scharf aus und schlägt vor, es unter diesen Umständen jetzt ganz fallen zu lasten. Den Schul bau aber befürwortet sie nach wie vor und beantragt hierzu 34000 Thlr. zu bewilligen. Nach einer kleinen Debatte, in welcher namentlich Stadtv. Gregor sich dahin ausspricht, daß eine neue Kirche so lange kein Bedürfniß sei, bis wir nicht Geistliche in Dresden hätten, welche die Leute in die Kirche zu ziehen vermöchten, wurde das Gutachten und Beschluß der Deputation einstimmig angenommen. — Zur Pflasterung ei nes Theiles der Carusstraße werden 371 Thlr., zur Errich tung einer neuen Hebestelle für indirekte Abgaben am Falken schlage 455 Thlr. bewilligt. Außerdem fanden eine große Anzahl Petitionen Erledigung. — Die Verkaufsstellung der für die wohlthätigen Zwecke des Pestalozzistiftes cingegangenen Geschenke findet nächste Mittwoch im Saale des „Hotel de Saxe" statt. Der ge nannten Wohlthätigkeitsanstalt noch zugedachtc Gaben der Liebe werden bis nächsten Dienstag an den Frauencomitv für das Pcstalozzistift einzusendcn gebeten. — Der Pianist Carl Tausig, welcher mit seinem letzt- vergangenen Conccrt so ungemein reüissirte, wird dem Ver nehmen nach und um den zahlreichen Aufforderungen zu genü gen, in den ersten Tagen kommenden Monats ein zweites und letztes Concert veranstalten. — Das zweite Theater bietet seit seiner Nestaurir- ung nicht blos im Allgemeinen einen freundlichen Aufenthalt, sondern man ist auch Seiten der Direktion sichtlich bemüht, die innere Vervollkommnung mit der äußern in gleichem Schritte gehen zu lassen. Das am Dienstage begonnene Gastspiel des Fräul. Dina Weihrauch aus Berlin giebt davon Zeugniß. Wir sahen sie in „Hanns und Hanne", Posse mit Gesang, wo sie lebhaft an Frida v. Schütz erinnerte, in „Sachsen und Preußen", Posse mit Gesang von Hahn, wo ein außerordentlich naturwüchsiger Humor zur Geltung kam und endlich in „Herrmann und Dorothea", Liederspiel in einem Act von Kalisch und Weihrauch. Mittwoch setzte Frl. Weihrauch in „Unruhige Zeiten", große Posse mit Gesang in drei Acten und acht Bildern von Pohl und Conradi, ihr Gast spiel in g lungencr Weise fort und wir verfehlen nicht, auf die nächsten Gastspielabcnde hierdurch aufmerksam zu machen. — Vielfach hört man immer noch von Droschken- bcsitzcrn darüber Klagen aussprechen, daß das Droschken fahren nicht lohne. Einen thatsächlichen Widerspruch aber er langt diese Klage durch das so häufig vvrkommende Ver weigern der Fahrt Seiten der Droschkenkutscher, insbesondere in den späten Abendstunden. Die Verweigerung zu dieser Zeit wird in der Regel damit motivirt: „Ach. werde ich noch dahin fahren!" Wenn das Droschkenfahrcn wirklich schlecht lohnte, so müßte man annehmen, würde jeder Kutscher froh sein, wenn er eine Fahrt erhält. Das Verweigern der Fahrt beweist also, daß der Kutscher an diesem Tage be reits genug verdient hat. — Es ist zu beklagen, daß im Publicum die Bestimmung nicht genug bekannt ist, daß der Droschkenkutscher für Verweigerung einer Fahrt bestraft wird, wenn der Fall bei der Behörde zur Anzeige kommt Die Er stattung einer solchen Anzeige ist im Uebrigen dem Publiknm sehr leicht gemacht, indem jeder Gensdarm eine solche an nimmt, vorausgesetzt, daß der Fahrgast die Nummer der Droschke bezeichnen und den Ort und die Zeit, wo und wann ihm die Fahrt verweigert wurde, angeben kann. — — Der Eröffnung der neuen Gasanstalt in Neustadt wird mit großen Erwartungen entgegen gesehen, denn mit derselben tritt doch zweifellos auch die Beleuchtung aller be wohnten und zur Zeit noch nicht beleuchteten Straßen in das Leben. Die Zahl der zuletzt gedachten Straßen ist wirklich nicht unbedeutend. In den letzten Tagen hat der Mond in dieser Belcuchtungscalamität ausgeholfen, aber bei der Un beständigkeit dieses Gestirns darf es nicht Wunder nehmen, daß man jetzt schon wieder die Laternenhändler in Nahrung setzen muß, wenn man das Unglück hat, zu den Bewohnern der fraglichen Straßen zu gehören oder veranlaßt ist Jemand in den Abendstunden auf diesen Straßen aufzusuchen. — Wie wir hören, sollen bis Ende dieses Monats 8000 Mann österreichische aus Schleswig zurückkehrende Truppen durch Dresden befördert werden. Dieselben werden über Berlin hier eintreffen und mittelst der böhmischen Bahn weiter befördert werden. Ueber den Tag, wann die Militairtransporte beginnen werden, verlautet noch nichts Be stimmtes. Der Geh. Finanzrath und Staats-Eisenbahndirector v. Tschirksky soll sich in dieser Angelegenheit dermalen in Berlin aufhalte.n — — Die Eisengießerei, ein Industriezweig, an den vor einem Jahrzehnt kaum Jemand in unserer Stadt dachte, gewinnt immer mehr an Ansehen und Beachtung. Wenn auch noch Tausende von Centnern aus auswärtigen Gie ßereien hier eingeführt werden, so liefern die hiesigen nach auswärts wiederum bedeutende Arbeiten. So hat beispiels weise die Gießerei von I. G. Hafner in Friedrichstadt im Laufe dieses Sommers für die Merbitz'sche Fabrik in Bautzen mehrere Tausend Centner Eiscngußwaaren gefertigt. Es waren dies größtentheils Säulen und Fenster. Aber auch am hiesi gen Orte stehen Arbeiten zur Ansicht aus derselben Eisengie ßerei, unter andern in der neuen russischen Kapelle. Wem gefielen nicht die reichverzierten Säulen im Innern derselben, sowie die Veranda? Alles ist geschmackvoll ausgeführt, und legt ein gutes Zeugniß ab für das Streben unserer Industrie. — Wie die S. Dfztg. angiebt. hat der Stadtrath auf Antrag der städtischen Schuldeputation eine entsprechende Er höhung der Lehrergehalte an den beiden Realschulen, mit Ausschluß der zwei unteren, schon bisher mit 500 Thaler fundirten Stellen beschlossen. — Ebenso ist von Seiten des Stadtraths der Antrag, in der Kirche zu Friedrichstadt Hei zung cinzurichten, wieder zurückgezogen worden, nachdem eine größere Anzahl der betheiligten Parochianen dagegen vor stellig geworden und darauf hingcwiesen hat. daß die Anlage des neuen Kirchhofs, die Anschaffung einer neuen Orgel re. der Parochie bereits so bedeutende Opfer auferlegt habe, daß die Ausführung, welche sich ohnehin nicht so dringlich heraus stelle, mindestens für jetzt kaum zu rechtfertigen wäre. — Der Fremdcnbesuch der Residenz ist diesen Winter schwach, es sollen über 700 möblirte Wohnungen jeglicher Größe leer stehen, dadurch aber den Hausbesitzern und Ver- miethern große Sorgen und Bekümmernisse erwachsen. Vor nehme Rüsten fehlen gänzlich, weil diesen das Geld fehlt, Polen halten sich etwa 800 auf; allein diese leben ungemein eingeschränkt, ja viele sogar ärmlich und sind kein Ersatz für die fehlenden Rüsten und Engländer. — Im Verlag der Roßberg'schen Buchhandlung in Leipzig wird künftiges Jahr eine größere Zeitung unter dem Namen „Abendpost" erscheinen — f Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 17. November. Drei Angeklagte sind heut vorgeladcn, aber nur zwei erschienen, der Angeklagte, Georg Vartzsch aus Colm bei Pörlitz ist weggebliebcn. Sein Sohn Georg Wilhelm Ru dolph Bartzsch, wie sein Vater des Betrugs beschuldigt, hat erst das 22. Lebensjahr hinter sich und nenn: Colm bei Rothenburg in Preußen seine Heimath. Der dritte Ange klagte ist Gottlob Gustav Buschbcck, seines Gewerbes ein Privatcxpedient und Barbier. Es ist von einer doppelten Anklage die Rede und acht Zeugen sind vorgeladen. Zwei Vertheidiger sind da, die Herren Advokaten Fränzel und Hendel. Zuerst handelt cs sich um einen Pferdckauf, bei welchem der Verkäufer eine Frist zum Zahlen von 4 Wochen stellte und zuletzt noch sagte, daß cs noch nicht so ängstlich sei, er könne auf die Zahlung noch länger warten. Der Gutsbesitzer Carl Schurich kam im Frühjahr 1802 auf den Viehmarkt nach Friedrichstadt zu Dresden und bot ein paar Pferde feil, ein paar braune Wallache. Diese kauften die beiden Bartzsch, Vater und Sohn. Der Preis dafür ist 340 Thaler gewesen. Vater und Sohn nannten sich bei diesem Handel sehr reiche Leute. Theils waren sie Besitzer von mehreren Gütern, einigen Häusern mit Garten, auch Eigen- thümcr von Pferden und doch war Alles nur Illusion. Auf dem „wilden Mann" wurde der Handel abgeschlossen. Der Bartzsch sen. wurde als eigentlicher Schuldner angesehen. Ein Dokument wurde über den Handel aufgesetzt, aber trotz aller vermeintlichen Vorsichtsmaßregeln von Seiten des Schurich, erhielt er später nur einmal einen Dopvellouisd'or. Obgleich Schurich kein weiteres Geld erhielt, hat er dennoch de«