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MsdmfferTageblaN Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt fÜk Wil^dkUff UNd i^MgegLNd Postscheckkonto Leipzig 28614 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 247. Sonntag den 24. Oktober 1920. 79. Jahrgang. Amtlicher Teil. Maul- und Klauenseuche. Unter dem Viehbestände des 1. Gutsbesitzers Arthur Beuchel in Kaufbach, 2. Gutsbesitzers Heuler in Helbigsdorf ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. Als Sperrbezirk werden die Gemeinden Kaufbach und Helbigsdorf bestimmt. Das Beobachtungsgebiet bilden die bereits bekannt gegebenen umliegenden seuchen freien Gemeinden. Meißen, am 22. Oktober 1920. Kex. V. -«? Die verkauf neuer RrbettsMefel. Bei den nachstehenden Verkaufsstellen befinden sich noch kleine Reste der in Siebenlehn hergestellteu Schaftstiefel zum Preise von 250 Mark. Der Bevölkerung wird, nachdem die kalte Jahreszeit eingrtreten ist, empfohlen, baldigst ihren Bedarf ein- zudrcken, zumal Verteilungen aus Heeresbeständen nicht mehr zu erwarten sind. Verkaufsstellen in Wilsdruff: Richard Busch, Hugo Nowotnik, Paul Harder, Emil Richter, Otto Westphal, Arthur Wolf, Julius Ulbrich,- Meitze«: Richard Beuthner, Hahnemannsplatz 15. Meißen, am 22. Oktober 1920. Nr. 928 II dk. N7 Kommuualverbaud Meißen-Land. Wnc Lurchen haben im „Wilsdruffer Tage blatt", das einen weitver zweigten u. kaufkräftigen Leser kreis besitzt, große Wirkung Kleine Zeitung für eilige Leser. * Die Abstimmung in Oberschlesten soll nach einer an amt- ffchen Stellen in Berlin eingetroffenen Mitteilung für den Monat April 1S21 angesetzt werden. * Die Reichstagsnachwahlen in Ostpreußen und Schleswig- Holstein werden voraussichtlich am 12. Dezember stattfinden. 'Drei Rumplerflugzeuge, mH denen der Luftverkehr München—Wien ausgenommen werden sollte, wurden m Wien von der Ententekommission beschlagnahmt. * Aus Amerika werden noch in diesem Monat 700 bis 1000 Milchkühe nebst Kraftfutter für vier Monate als Geschenk von Deutschamerikanern nach Deutschland abgehen und an die Großstädte verteilt werden. * Polen weigert sich, den Staatsvertrag mit Danzig anzu- erkeunen, so daß dessen Unterzeichnung vorläufig unterbleibt. * Aus Belgrad wird gemeldet, daß die serbischen Truppen Befehl erhalten haben, das Abstimmungsgebiet Karnten zu »äumen. Llm Oberschlesien! Wann in Oberschlesten über das endgültige Schicksal Ves Landes bestimmt werden soll, ist noch immer in Dunkel gehüllt: die Polen setzen wieder einmal in Paris alle Hebel in Bewegung, um die Entscheidung in ihrem Sinne zu be stimmen, während die Deutschen sich wie gewöhnlich auf sanfte und unwirksame Vorstellungen beschränken. Ihnen er scheint es als ein Unding, daß etwa jetzt im Winter zur Volksabstimmung aufgerufen werden könnte, aber die er leuchtete Weisheit der Pariser Weltenlenker hüllt sich vor läufig noch in undurchdringliches Dunkel. Man muß also einstweilen auf alles gefaßt sein. Inzwischen rüstet man sich in Berlin zu entscheidenden AchMWi Reichs- und Staatsregierung stecken seit Tagen Lie Köpfe zusammen und beraten mit oberschlestschen Partei führern darüber, was werden soll. Die Autonomiefrage ist auf die Tagesordnung gestellt, und soll nach allem, was man darüber hört, im Sinne der Erhebung Oberschlesiens zu einem selbständigen Bundesstaate entschieden werden. Noch ist es nicht ganz so weit. Starke Widerstände machen sich bemerkbar. In der Hauptsache natürlich von Preußen her, dem mit dieser Lostrennung einer seiner reichsten Provinzen ein Opfer zugemuiet wird, wie es seine eigenen berechtigten Interessen nach allem, was schon geschehen ist, kaum noch ertragen würden. Vor Jahresfrist hat es Oberschlesten als eigene Provinz «usgestattet, seine Verwaltungsrechte erweitert, und nun soll der Erfolg dieser Bemühungen darin bestehen, daß dieses unentbehrliche Glied vom Staatskörper vollends weggeschnitten wird. Anscheinend denkt man sich die Sache so, daß die Bevölkerung, wenn sie sich in der Abstimmung für Deutschland entschieden hat, dann sofort, ohne an die Fristen der Weimarer Verfassung, aber auch ohne an die vorgesehene qualifizierte Stimmenmehrheit gebunden zu sein, seine Konstituierung als Bundesstaat beschließen kann. Dem polnischen Autonomieversprechen, das natürlich darauf be rechnet ist, Mäuse zu fangen, soll auf diese Weise eine gleich wertige, unzweifelhaft rechtsverbindliche Zusage gegenüber gestellt werden, um der skrupellosen Agitation von Korfanty und Genossen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Wen erinnert dieser Wettlauf nicht einigermaßen an ge wisse Erfahrungen aus dem Weltkrieg? Wie zum Beispiel die Mittelmächte, als die britische Regierung mit der Aner kennung der zionistischen Ansprüche auf ein eigenes Staats wesen in Palästina vorangegangen war, sich beeilten, auch ihrerseits die gleiche Zusicheruug zu geben? Die nur zu be kannten Erfolge dieses Verfahrens können indessen die jetzige Regierung in Preußen-Deutschland nicht treffen. Sie scheinen sich vor dem Vorwurf zu fürchten, daß wieder einmal ver absäumt werden könnte, im entscheidenden Augenblick politische Notwendigkeiten nachzugeben, und so soll als letztes Mittel im Kampf um Oberschlesien ein Entschluß gefaßt weiden, von dem möglicherweise ebenso viel Segen wie un>egen ausgehen kann. Statt Lie Zahl der deutschen Klein staaten zu verringern, soll jetzt noch im Rahmen des Reiches ein neues Staatswesen geschaffen werden, ohne Rücksicht darauf, ob es wirklich seiner Lage, seiner Beschaffenheit, seiner Bevölkerung nach die Voraussetzungen für ein selbständiges und ersprießliches Dasein in sich trägt. Was Oberschlesien im Laufe der letzten Jahrzehnte geworden ist, hat es in der Hauptsache doch wohl der Fürsorge des preußischen Staates zu danken. Die Naturschätze allein, die in seinem Schoße entdeckt wurden, hätten nicht hingereicht, um diese blühende Entwicklung zu gewährleisten, wenn nicht die fachkundige, geordnete und weitausschauende Leitung der preußischen Staatsverwaltung zur Stelle gewesen wäre, und Laß Lie Oberschlesier sich jemals als etwas anderes, denn als Preußen gefühlt hätten, wird wohl kein Kenner des Landes mit gutem Gewissen behaupten können. Wie sie trotzdem plötzlich dazu kommen sollten, ein besonderes Volk dac- zustellen, ist schwer zu begreifen; und ob auf diesem Wege nicht erst künstliche Gelüste großgezogen werden, die das Land auf Abwege führen müsse, das ist doch noch sehr die Frage. Die polnischen Umwerbungen werden bestehen bleiben, solange wie Oberschlesien sich nicht für Polen entscheidet. Werden sie nicht noch ungleich gefährlicher wirken, wenn hier erst eine staatliche Selbständigkeit begründet ist, für Lie es an den erforderlichen realen Unterlagen fehlt? Werden diese Bestrebungen nicht gerade von der Gegenseite als ein Beweis unserer Schwäche, unserer Furcht vor der sieg haften .Überlegenheit" der polnischen Kultur, des polnischen Staatsgedankens ausgedeutet werden? Wird die Verwirrung der Geister, die Wankelmütigkeit der Seelen nicht noch größer werden, statt daß die Liebe zur deutschen Heimat, zur allumfassenden Mutter Germania, in den Herzen unserer oberschlestschen Brüder fester als je verankert werden soll? Es gehört ein selsen- fester Glaube an die beglückende Macht bloßer Verfassungs bestimmungen dazu, um einen solchen Sprung ins Dunste zu wagen; aber richtig ist, daß unsere sturmbewegte Zeit rasche und große Entschlüsse erfordert, wenn nicht noch mehr Unheil entstehen soll, als schon über uns gekommen ist. Möge ein gütiger Himmel den Sinn derjenigen Männer, die in dieser Schicksalsfrage das Wohl des Vaterlandes zu führen haben, zum Rechten lenken. 0/l Frankreichs Kohkenüberfiuß. Angeblich falsche Berechnungen. Eine Havasnote erklärt, daß die Mitteilungen in der deutschen Presse, daß Frankreich Überfluß an Kohlen habe, Deutschland aber Mangel an Kohlen leide, auf falschen Be rechnungen beruhen. Diese Behauptung von Haoas wird widerlegt durch eine Rede des französischen Ministers Le Troquer, der ausdrücklich betonte: „Ich habe nicht alle Ziffern gegenwärtig, aber ich kann I Ihne» sagen, daß, waS die Eisenbahnen anbetrifft, der Vorrat, der im Januar nur 180 00V Tonnen betrug, was I kaum für sechs Tage ansreichte, sich hente ans 800 000 Tonnen, d. h. die normale Vorkriegszeit, beläuft. Der Vorrat der Gasanstalten von Paris, der im Lause des Jahres 1019 niemals SS 000 Tonnen überstiegen hatte, übersteigt heute 900 000 Tonnen. Der Vorrat der Seine- Präfektur beträgt ungefähr 150000 Tonne«, während er sich im letzten Jahre zur gleichen Zeit ans kaum 50000 Tonnen belief. Der Vorrat der Gasanstalte« der Vororte hat sich verdoppelt, der der Elektrizitätswerke ist von 15- auf 60 000 Tounen gestiegen." Weiter erklärte der französische Minister in der nämlichen Rede: „Ich kann endlich hinzufügen, daß uns die Wieder anlage der Vorräte nicht gehindert hat, die dringlichsten Bedürfnisse zu befriedigen; so sind für Druschkohle 370 000 Tonnen geliefert worden. Das sind, schloß der Minister, einige Ziffern, die das Vertrauen rechtfertigen, mit dem ich die Zukunft betrachte." Verschärfung im englischen Streik. Neue Verhandlungen. Nach einer Meldung aus London hat sich im Berg arbeiterstreik die Lage plötzlich verschärft. Es ist so gut wie sicher, daß die Transportarbeiter gleichfalls in den Streik treten werden. Gerade die Dienste dieser Leute werden in diesem Augenblick besonders benötigt, da der Eisenbahn verkehr mit den Seehäfen durch den Kohlenmangel be hindert ist. Besonders gefährlich wird aber die Lage dadurch, daß die Konferenz der Eisenbahner beschlossen hat, am Sonntag un» Mitternacht den Streik zu beginucn, wenn nicht bis dahin die Verhandlungen zwischen der Negierung »nd den Bergarbeiter»» wieder ausgenommen werden. Die Regiernng ist denn auch bereit, mit den Bergleuten erneut in Verhandlungen zu treten, sofern diese grund sätzlich damit einverstanden sind, daß eine Lohnerhöhung von der Zunahme der Produktion abhängig gemacht werde. Demgegenüber erheben die Bergarbeiter folgende Forde rungen: Die Regierung müsse die Zusicherung der Arbeiter annehmen, daß sie eine größere Produktion bewirken werden; zweitens müsse die Regierung die Lohnerhöhungen mn zwei Schilling bewilligen; drittens soll die Regierung Ausschüsse ernennen, um die Produktionssrage zu lösen. Die Berg arbeiter sind bereit, eine höhere Produktion zu sichern unter der Bedingung, daß die Bergwerksbesitzer ihnen eine Kon trolle zugestehen, damit die Ursachen, die die Produktion auf dem niedrigen Stand erhalten, befestigt werden. politische Rundschau. Deutsches Reich. 4 Tie Kompetenzen des Staatsgcrichtshofes. Der Reichsrat erledigte den Entwurf einer Verordnung über die Wahl des Reichspräsidenten. Die Verordnung lehnt sich an die Vorschriften der Neichstagswahlordnung an. An genommen wurde der Gesetzentwurf über den Staatsgerichts hof. Der Entwurf nimmt für den Staatsgerichtsbof eine zweifache Kompetenz in Aussicht: 1. Entscheidender Gerichts hof für Versaffungs- und Verwaltungsstreitigkeiten, die auf Grund der Verfassungsurkunde entstehen: 2. Gerichtshof zur Entscheidung über Ministeranklagen und über Anklagen gegen dei» Reichspräsidenten und den Reichskanzler. Der Staats- gerichtshof soll beim Reichsgericht eingerichtet werden, sein Präsident ist in der Regel der Reichsgerichteprästdent selbst. Das Verfahren in Verfassungs- und Verwaltungsstreitig ketten ist grundsätzlich nicht öffentlich, für die Entscheidung in Ministeranklagesachen ist das Verfahren öffentlich und auch das Urteil wird öffentlich gesprochen. 4 Entlastung der kleinen Zenfiten. Die Reichsregierung ist in Erwägungen eingetreten, in welcher Weise im Hinblick auf die Teuerungsverhältnisse eine steuerliche Entlastung der Steuerpflichtigen mit kleinerem Einkommen herbeigesührt werden kann. 4 Die TieselmotorenaFäre wird in den nächsten Tagen anläßlich einer Zentrumstnterpellation die Reichsregierung veranlassen, eingehend zu dieser wichtigen wirtschaftlichen Frage Stellung zu nehmen und Kenntnis zu geben von den untemommenen Schritten, die anscheinend von Erfolg gekrönt sein dürften, da die Entente ihre ursprünglichen Forderungen auf Zerstörung zurückziehen will. 4 Erzberger und das Zentrum. Wie in parlamenta rischen Kreisen verlautet, ist in der Zentrumsfraktion die Angelegenheit Erzberger in seiner Anwesenheit erörtert worden. Erzberger hat dabei erklärt, daß er auf der Auf nahme in die Reichstagsfraktion des Zentrums bestehen müsse, aber einstweilen darauf verzichten wolle, sich im Parlament durch persönliches Hervortreten zu beiätigen. 4 Die Freiheit unter Zensur! Im Beiriede des Ber liner Organs der Unabhängigen, der Freiheit, ist ein eigen artiger Konflikt ausaebrochen. Das technische Personal steh»