Volltext Seite (XML)
Voigtländischer Anzeiger. Fünfundsechszigster Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Jährlicher Abonnementspreis für dieses Blatt, auch bet Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 6 Ngr. — Die JnsertionSgebühren werden mit 1 Ngr. für die gespaltene Corpus-Zeile berechnet, größere Schrift nach Verhaltniß des Raumes. — Dienstag. 140« 28. November 1854. Die neue Civilliste. Dem Landtage ist unter andern eine Gesetzvorlage über eine neue Regelung der Civilliste Sr. Majestät des Königs zugegangen. Die Civilliste des höchstseligen Königs betrug bekanntlich eine halbe Million Thaler, da nun die neue um 60—100,000 Thlr., wie man vernimmt, erhöht werden soll, so diene Folgendes zu näherer Kenntniß der Sache. Nach der früheren Verfassung, d. h. bis 1831 hotte der König das Recht, über das Kammervermögen (die Domainen, Forsten rc.) und olle Einnahmen des Fiscus (der Staatscasse) die nicht von den Lanvständen bewilligt zu werden brauchten, nach eigenem Gefallen, ohne Jemandem Rechenschaft zu ge ben, wie jeder Privatmann über sein Eigenthum, zu verfügen. Dieses Recht sollte bei Eintritt der gegenwärtigen Verfassung 1831 gegen Festsetzung einer beständigen Civilliste und der übrigen hausgesetzlichen Gebührnisse für die Mitglieder des König!. Hauses aufgegeben werben. Allein die damaligen Landstände gingen auf die Festsetzung einer beständigen Ci. villiste nicht ein, weil sie glaubten, der Werth der vom Kö nige dem Lande überwiesenen Domainen rc. könne im Laufe der Zeit sich sehr vermindern, und deshalb wurde beschlossen, daß die Civilliste nur auf die Dauer der Regierung des je desmaligen Königs festgestellt werden sollte. Damals, 1831, wurde man über eine halbe Million Thlr. einig, obwohl man eine höhere Summe als nothwendig bezeichnete und anerkannte, daß eine solche Civilliste geringer war, als in andern deutschen Staaten gleicher Größe. Wer da meint, die Civilliste sei ein Geschenk aus Landeskassen, ist demnach im größten Jrrthume; sie ist nur eine noch dazu geringe Abfindungssumme für die von dem Königlichen Hause dem Lande überlassenen weit größeren Einkünfte von den Domainen rc. Diese letzteren tragen jetzt dem Lande ziemlich eine Million Thaler ein. Nach dem Uebereinkommen von 1831 und da die Stände auf eine beständige Civilliste nicht eingingen, steht nun ge. setzlich fest, daß die überlassenen Nutzungen den Staatskassen nur so lange überwiesen bleiben sollen, als eine Civilliste be- willigt wird, welche der damals vereinbarten an Höhe min. destens gleichkommt, (Landesherrlicher Vorbehalt) und daß anderseits die Stände erklärten: Die Civilliste sei lediglich als eine Abfindungssumme für die dem Staate überwiesenen Nutzungen zu betrachten, und liege daher schon darin die Gewähr, daß von den Ständen stets eine den Nutzungen des Domainengutes entsprechende Civilliste gewährt werden würde. — Die neue Vereinbarung ist also nicht ein Verlangen Sr. Maj. des Königs, sondern eine Folge des Gesetzes, wie es damals 1831 die Stände haben wollten. Aeitungen. Sachsen. Dresden, 23. Nov. Landtag. Die Erste Kammer hat sich heute in einer länger» Sitzung zuvörderst mit der Gesetzvorlage über die Forst-, Feld', Garten-, Wild» und Fischdiebstähle beschäftigt und den Entwurf nach den Vorschlägen ihrer Deputation einstimmig angenommen. Hierauf erledigte dieselbe sodann noch den Gesetzentwurf, die Beschä digung von Eisenbahnen und Telegraphen betreffend, welcher ebenfalls Annahme fand. Dresden, 21. Nov. Heute feierte der Geh. Kirchen- und Schulrath vr. Mei ßner sein bOjähriges Amtsjubiläum. Außerzahlreichen Glückwünschen und sonstigen Ehrenbezeugungen von vielen Seiten wurde dem Jubilar von Sr. Maj. dem Könige das Comthurkreuz II. Classe des Verdienstordens zu Theil. — Die Zahl der Schulkinder in Dresden beträgt 12,645, die in den Gymnasien, Realschulen, Seminarien rc. daselbst 2643. Oelsnitz, 22. Nov. Heute Morgen Schlag 7 Uhr entstand hier in der ganz isolirt an der Straße nach Adorf stehenden Scheune des Stadtraths Adv. Schanz Feuer, wel» ches dieselbe gänzlich in Asche legte, glücklicherweise ohne wetteren Schaden anzurichlen. Die Ursache des Brandes ist noch nicht ermittelt. Frankreich. Paris, 23. Novbr. Die Kaiserin soll wieder ein wenig (aber nicht gefährlich) leidend sein. Die Kanonen der Invaliden sind gestern Mittags zu Ehren des am 5. November erfochtenen Sieges abgefeuert worden. Vom Winde begünstigt wurde der Donner der Ge, schütze in der ganzen Stadt gehört. — Der vor Sebastopol gefallene General de Lourmel war kaum 40 Jahre alt und hinterläßt eine Wittwe. Er war ursprünglich gar nicht nach dem Orient bestimmt. Bei einem der Feste, die der Expe dition vorausgingen, antwortete er, vom Kaiser, dessen Ad jutant er war, über sein Befinden befragt: „Sire, es geht schlecht; ich kann den Schmerz nicht ertragen, der Armee des Orients nicht anzugehören?' General de Lourmel büßte sei nen kühnen Versuch, das Gewirr unter den Russen zu be- nutzen und mit ihnen zugleich in die Festung einzudringen, mit dem Leben. Was Canrobert betrifft, so soll er seit eini ger Zeit an den Augen leiben. Die Wagen der Eisenbahn von Palence bis Marseille sind auf vier Tage in Beschlag genommen, um 30,000 Cent-