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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.08.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191208110
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19120811
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19120811
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-08
- Tag 1912-08-11
-
Monat
1912-08
-
Jahr
1912
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»ezngv-Preis «r >"b dxrch,»1«« I,Sa«r »nv E»«dttruK Lmal ti glich i„ Hau, «kbillchl: « P». m»natL. L7V ML v»«n»ljähkl. Lei unl«r« tzclialen ». Lu- n«chmrst«ürn abg»l>olt: 7S PI. »»natL, llS Ät. »i«rt«ljahkü Dur» »t« V«ft: lnurrhalb Druychland» und dar deutsch«, tt-lant«, virrrcljähll. S.« ML. monatl. I.ro Bit. au.ichl. Poitdeltellgeld. Arrnek in Belgir«, Dänemark, den Donaulraaten, Italien. Luxemburg. Niederlande, Nor wegen. Oelierrcich - Ungarn, Rußland, Schweden und «chwer». 2a allen übrige» Staaten nur direkt durch die Trichasi»» stell, »«» Blatte» erhältlich. Da» Letpitger Tageblatt «rlchetnt 2mal täglich, Sonn» «. Lexttag» nur morgen». Ädonnement^Bnnahm« 2,haaui.gal>« 8, dei unleren Trägern. Filialen, Spedlteure» und Annahmestellen, lowi» Poslämlcrn und Bnrsträgern. Et»,,lo,rka«s,»r,t» l» Ps. . -u i"E»r iNachtinschüch, . 1 «llaem.in. Deutlch« Lrebi». «.l..Aniq,^«<M Handelszertung. . L» Amlsklatt des Nates und -es Nolizeiamtcs der Nabt Leipzig. W7A» Anzeigeu-Preit M Swserat» «»» Letpttg und Umgebung die lsoalttg» V«ttti.tl. L «s_ dt. N«Il.»^ »eil» l ML oon au»wärt» jll Ps. Neklame» llv ML Inserat* oon BehLrden tm amt lich«. T,U dte Bett,»eil, M VI S«>chäft»«m»»tg,n mit Plagoorlchtttt«» tm Preis« «rhähi ltiadatt »achTarit B«ila,»gedSde S«s«»r- auslag« i ML o Tausend «rtl. Poftgibähr. T«lld«tlag» köy«r. ff«ä«rr»tlt» Äusträa« können nicht ,»rütk- a««o,«n »«rden. Für da» Lrich«inr» an velttmmt«» Tagen und Plägrn wird k«tn« Garantt« üb«rn»mm«n. T»«eig«a - »unadm«: 2*d»«n»gals« 8, d«i sämlltch«» Filial«« » ollen Ann«nc«it» Er»«ditton«n d«. In» und tlu»lanü«». Dru« »n» v«rlag »«» Atsch«« L Nllrst«» 2nhab«r: Paul Mir»«». Nidattio» ,,» G«schäkt»st«ll«: Iodanntigass« 8. H»»M - Ailial« Dm.»«u: Seegran« 4, l (Telephon äkril. Nr. 407 Sonntag, üeii ll. llugnk ISIS. lvS. IshryklNg. 38 Seiten Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 8 Seiten, die vorliegende Morgennummer 28 Seilen, zusammen Dss VWigtte. * Das endgültige Programm über den Besuch des Kaisers in der Schweiz ist veröffentlicht worden. (S. bes. Art. S. 1.) * Der der Spionage verdächtige russische Hauptmann Ko sie Wit sch ist Sonnabend nach mittag aus der Haft entlassen worden. (S. Leipz. u. Umg. S. 9.) * Der Dresdener Komponist Reinhold Becker feiert heute seinen 70. Geburtstag. (S. Feuill. S. 2.) * Der Erbauer des Reichstagsgebäudes Paul Wal lot ist in Langenschwalbach ge storben. (S. Feuill. S. 2.) * Die Beisetzung der Opfer von Gerthe findet am Montag statt. (S. Tageschr. S. 7.) * Theateranzeigen siehe Seite 25 u. 26. „Vernunft wirkt llnllnn." —n. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts v. Kidcrlen-Waechter hat einem französischen Journalisten gegenüber sich über die deutsch-französischen Beziehungen geäußert. Die Geschwätzigkeit gehört nicht zu den Fehlern des deutschen Staatssekretärs, das können ihm auch seine Feinde nicht nachsagen; wem sein dies maliges Hervortreten nicht paßte, hätte ihm also vielleicht wegen der Seltenheit des Falles Pardon gewähren können. Eine schädliche Wirkung ist aber in keiner Weise eingetreten; unsere Be ziehungen haben sich nicht „verschlechtert", keine andere Macht ist vor den Kopf gestoßen, es ist überhaupt keine „Entgleisung" erfolgt. Das ist nämlich gar nicht so einfach, wie es aus sieht. Wenn hervorragende deutsche Parlaments politiker sich mit ausländischen Journalisten — und gerade mit frauzöjischen — einließen, sind gelegentlich schon Aeußernngen publiziert wor den (ob auch getan, ist eine andere Frage), daß sich dem Leser ob der Taktlosigkeiten und Unge reimtheiten die Haare sträuben mußten. Die Kider- lenschen Aeußerungen dagegen haben es an sich, in keiner Weise einen „Zwischenfall" zu schaffen und doch nicht inhaltlos zu sein. Trotzdem haben mehrere deutsche Preßprgane die Schale des Spotts über Kiderlen ausgegossen. Die Kritik ist zum Teil in so alberner und zugleich prätenziöser Weise geübt worden, daß es geboten ist, diesem Treiben einmal entgegen- zutreten. Natürlich kann jemand über die deutsch französischen Beziehungen eine andere Meinung als Herr v. Kiderlen haben; er kann also dessen Aussprüchen seine Ansicht entgegenstellen oder er kann auch mitleidig darüber zur Tagesordnung übergehen und das deutsche Bolk mit seiner besse ren und tieferen politischen Weisheit versorgen. Aber man hat es anders gemacht. Ein Blatt knüpft an folgende Mitteilung des Interviewers an: „Kiderlen würde ein kriegerisches Frankreich begreifen, das bereit wäre, den Degen zu ziehen und ein großes Abenteuer zu wagen; das wäre eine Politik; er versteht nicht ein schweigend abwehrendes und schmollendes Frankreich, um die Folgerung zu ziehen: da seht ihr's, Kiderlen sagt es selbst, er versteht von französischer Politik nichts. Ist der Ausdruck „kindisch" zur Kennzeichnung einer derartigen Kritik zu scharf? Es kann einem leid tun um das Lesepublikum, dem solche faule Witze als Ernst vorgesetzt werden. Es ist ein Jammer, welche hinterwäldlerische Ansichten über aus wärtige Politik manchmal gerade aus der Reichs hauptstadt, der Stadt der Intelligenz, ins Land getragen tverden. So bemüht sich seit einiger Zeit ein dortiger Wippchen — leider ohne den Humor seines Vorgängers — den Nachweis zu führen, daß die verantwortlichen Leiter der deutschen auswärtigen Politik vollständig un fähig seien, wenn sie der Welt nicht sofort von einem etwa mit NuUand geschlossenen Rückver sicherungsabkommen freundliche Mitteilung mach ten. Wahrscheinlich würde der Artikelschreiber Mutterwitz genug haben, um ein Verhalten, wie er es der deutschen Diplomatie ansinnt, in eige nen geschäftlichen Angelegenheiten zu vermeiden. Daß begeisterte Verehrer Bismarcks über nichts so schwer hinweg gekommen sind, als über seine Veröffentlichung des von ihm abgeschlossenen Rückabkommens mit' Rußland, dessen Geheim nis er als aktiver Staatsmann gehütet hatte, scheint vergessen zu sein. Man konnte sich damals nicht anders helfen, daß man jene Indiskre tion als den Tatzenschlag eines Löwen betrach tete, der in seinem Zorn nicht beachtete, wohin er traf. Sucht man nach dem Grundgedanken der Kiderlenschen Aeußerungen, die der französische Journalist, der sich ruhige Ucberlegung bewahrt zu haben scheint, durch seine eigenen Znsätze offenbar zu bekräftigen wünschte, so ist es der: Zwischen Frankreich und Deutschland kann, vor behaltlich der französischen Erinnerungen und Hoffnungen, diese und jene Angelegenheit, tvie die chinesische Anleihe und die Bagdadbahn, als rein geschäftliche Frage behandelt werden; Frank reichs eigener Vorteil wird nicht gewahrt, wenn es sich von dieser nüchternen Auffassung ab- drängen läßt. Das ist, wenn man's recht über legt, eine Ansicht über die deutsch-französischen Beziehungen, die nicht nur dem gesunden Men schenverstände entspricht, sondern auch von der Mehrheit des deutschen Volkes — die so oft zu Unrecht als Eideshelfer angerusen wird — bei einer Abstimmung bekräftigt tverden würde. Auch dte eifrigsten Alldeutschen können zugeben, daß, wenn und solange es sich nicht unr den Auf marsch des deutschen Heeres, sondern eben um Geschäfte handelt, es nicht notwendig ist, daß stets Frankreich der Widersacher eines deutschen Geschäfts oder Deutschland der Widersacher eines französischen Geschäftes sei. Ucber die Bagdad sache hat inzwischen der „Figaro", in dessen Spal ten das Interview erschien, eine Art Enthül lung gebracht. Ein anderer Redakteur des Blat tes erklärt, daß Frankreich sich zu seinem Wider stände gegen die Finanzierung der Bagdadbahn durch die Rücksicht auf seinen russischen Bundes genossen habe bestimmen lassen. Dadurch wird die Aeußerung des Jnterviewartikels bestätigt: die Deutschen könnten schließlich ungeduldig wer den, daß man ihnen immer Petersburg oder London antwortet, wenn sie Paris sagten. Die Rücksicht auf den russischen Bundesgenossen kann übrigens nach den Potsdamer Abmachungen wohl nicht mehr gut gegen das Bagdader „Geschäft" geltend gemacht werden. Diese Feststellung ist gegenüber den Erörterungen angebracht, die im „Figaro" an das Interview geknüpft werden. Man braucht mit solchen Feststellungen nicht aus schweifende Hoffnungen zu verbinden, aber das Bemühen, die Atmosphäre, die zwischen den bei den Völkern herrscht, von Mißverständnissen und einseitigen Auffassungen zu reinigen, gehört schließlich doch zur pflichtgemäßen politischen Ar beit. Und wenn der deutsche Staatssekretär des Aeußern persönlich sich nach dieser Akichtung — sicherlich ebenfalls ohne übertriebenen Optimis mus — bemüht, so ist das ein einfacher, fast selbstverständlicher Vorgang, für den er nicht Spott verdient. LnügüftMs Programm über Sie Schmelzer ksuerreile. Das endgültige Programm für den Besuch des Deutschen Kaisers in der Schweiz ist am Sonn- abcno erschienen. Der kaiserliche so n Verzug wird am D i e n s t a g. den 3. September, nachmittags 3 Uhr 35 Min., in Basel einrreffen, wo sich sogleich die zu der Person des Kaisers kommandierten drei schweizerischen Offizier« vorstellen werden. Die A b- oronung des Regierungsrates des Kantons Basel- Stadt und ein Vertreter der schweizerischen Bundes bahnen werden dem Kaiser vorgestellt. Um 3,45 Uhr erfolgt die Abfahrt nach Zürich und die An kunft daselbst um 5,30 Uhr auf dem Hauptbahnhof, wo der Kaiser durch eine Delegation des Bun desrats, den Bundespräsidenten, den Vorsteher des Militärdepartements und dessen Stellvertreter, begleitet von den Züricher Behörden, begrüßt wird. Dann erfolgt die Abfahrt nach Villa Rietberg, dem Absteigequartier de, Kaisers. Die bundesratliche Delegation nimmt Wohnung im Hotel Daur-au-Lac. Abends 7,30 Uhr ist D i n e r im Hotel Baur. Mittwoch, den 4. September, etwa Uhr morgens, erfolgt die Abfahrt von Zürich nach Wyl die Ankunft daselbst 7^ Uhr. Fahrt im Automobil ins Manöoergebiet, IlH Uhr Schluß der Manöver. Fahrt im Automobil nach Karthause Jtinden bei Frauenselbe. 3,30 Uhr Abfahrt von Frauenfeld, 4,22 Uhr Ankunft in Zürich. Fahrt ins Absteigequartier. 7 Uhr Abfahrt des Dampfschiffes. Fahrt auf dem Züricher See; Seenachtsfest auf dem Züricher See. Donnerstag, den 5. September: Frühmorgens Abfahrt nach Wyl; danach im Automobil in» Ma növergebiet. 9^4 Uhr vormittags Schluß der Ma növer. 10,55 Uyr Abfahrt des oundesratlichen Zu ges von Wyl nach Bern; Ankunft daselbst 2,15 Uhr. 11,01 Uhr Abfahrt des kaiserlichen Zuges von Wyl nach Bern, wo der Zug um 2,30 Uhr eintrifft. Emp fang des Kaisers durch den Bundesrat, begleitet von den Präsidenten des Rationalrates, des Ständerates, des Bundesgerichts und Vertreter der Berner Behör den. Besuch des Bundeshauses. Um 3 Uhr nachmit tags Fahrt durch di« Stadt. Auf der deutschen Ge sandtschaft verabschiedet sich der Bundesrat vom Kaiser. Nach dem Besuche auf der Gesandtschaft be gibt sich der Kaiser mit Gefolge nach dem Hotel „Ber ner Hof", wo um 6,30 Uhr abends Empfang der in Bern beglaubigten Missionschefs durch den Kaiser stattfindet. Diesem Empfange folgt ein offlziel, les Diner. Um 9,15 Uhr abends Abfahrt nach Interlaken. Daselbst Ankunft um 10,25 Uhr. Der Kaiser steigt im Hotel „Viktoria" ab. Freitag, den 6. September: 7,55 Uhr morgens Abfahrt von Interlaken über Lauterbrunnen nach Zungfraujoch. Ankunft daselbst 11,03 Uhr. Ankunft im Eismeer um 12 Uhr. Daselbst Lunch. Um 1,10 Uhr Abfahrt vom Eismeer über Grindel wald zurück nach Interlaken, daselbst Ankunst um 4,15 Uhr. Bei ungünstigem Wetter wird die Fahrt nur bis Eismeer ausgefühlt, die Rückfahrt nach Interlaken würde HL Stunde früher erfolgen. 7,30 Uhr abends Dinertm Hotel „Viktoria". Um 9 Uhr abends Konzert im Kursaal und Feuerwerk. - SonnaLend, den 7. September: Um 8,30 Uhr. morgens ein Aufzug, der das Leben in den Alpen in der Vergangenheit und Gegenwart dar stellt. 9,20 Uhr von Interlaken über Brünig nach Alpnachstad. Fahrt im Dampfschiff nach Luzern, wo selbst Ankunft um 1.40 Uhr. Lunch im Hotel „Na tional". 3,50 Uhr Verabschiedung auf dem Bahnhof Luzern und Abfahrt de» kaiserlichen Sonder zuges nach Basel. Ankunft daselbst um 5,42 Uhr. vor hundert Jahren. Vom 24. Juni bis 18. August 1812. (Wilna-Smolensk). Von Gen.-Leutn. z. D. E. v. Liebert, M. d. R. Der Uebergang über den Riemen vollzog sich nicht so glatt und schnell, wie Napoleon nach seinen klaren und bestimmten Anordnungen es angenommen hatte. Während der Kaiser bereits am 29. Juni in Wilna heimliches 8Iüch. Die kleine Welt, die mich umgibt, Ist wohl nicht wert, daß man sie liebt. Ein armes Heim im Wiesengrün, Davor zwei Rosenbäumchen blühn. Die Grille zirpt in träger Ruh', Ein Kornfeld träumt der Ernte zu. Kaum daß vom Dörfchen, waldgekrönt, Der Glocken Gruß herübertönt. — - Wißt, daß ich doch ein Herz gewann, Das meine Heimat lieben kann! Wißt, daß doch «ine zu mir hält. Ob auch mein Acker karg bestellt! Nun schreit' ich singend Hinterm Pflug; Das Leben macht mich reich genug. Die Rosen plaudern Tag und Nacht Vom Glück, da» in zwei Herzen wacht. („Hinterm Pflug", Verse eines Bauern.) Wnikekr M8 äsr Zonlmerlrkelie Ein Stimmungsbild von Paula SuttuEwald (München). ^Nachdruck verbot««.) Ort der Handlung: Dor der Bauernstube am Kaffeetisch. Mttwirkende: Di« Eltern, Mei Kinder, spielende Kätzchen. Die Mutter wischt sich dte Stirn und läßt sich mit einem Seufzer der Erleichterung am Kaffeetisch nieder, denn sie hat eben die sechs Kolli Eilgut ge packt und vom gHtrengen Gatten mehr denn ein an- zügliche, Wort üoer den „vielen Krempel", den man immer wi«der mitschleppt, hören müssen. „Gottlob, daß die Sonne wieder scheint," sagt sie, „nun können wir di« l«tzt«n vi«r Tage »och so recht genießen! Wie froh bin ich, daß ich die Minna habe, die mir die ! Stadtwohnung fein säubert. Da kommen wir da- s heim wenigstens in ein blitzsauberes Nest." Der Briefträger überreicht einen Brief an die Hausfrau. „Ranu? Aus Landsberg? Ah, nein — Das ist doch stark!" „Was denn? Lies doch vor!" „Die Mina kann leiter die Stähle nicht mehr an nähmen, wegen das Ihr« Mutter es an der Lunge hat! . . ." „Da haben wir's! Es ist zum Lachen! Die armen Mütter, die immer herhalten und krank wer- den müssen, wenn's einer nicht mehr paßt und sie sich „verändern" will! Nein, nein! Das muß ich mir bieten lassen! So eine undankbare Person, der ich noch vor dem Weggehen alle meine alten Blusen schenkte ." „Wahrscheinlich hätte sie lieber die neuen ge habt ." „Und «in Paket für ihr« Mutter mit dem Rest aller Lebensmittel mitaab ." „Natürlich war der R est viel zu wenig ." „Spotte du nur! Dafür wird diese Person nun krank!" „Vielleicht hat ihr der „Rest" den Rest gegeben." ,Lhr Männer habt gut lachen! Was tu ich denn nur?" Ruhig sein, es geht alles, ich helfe schon mit," be ruhigt der Hausherr. Darüber brechen die Kinder in schallendes Gelacht«! aus, denn di« Mutter sagt nur zu oft, daß der Vater im Haus „rein zu gar nichts zu gebrauchen sei!" In Anbetracht der verärtderten Situation ent» schließt man sich schweren Herzens, schon morgen ab» Preisen, damit man doch vor Schulanfang mit allem fertig wird und bis dahin auch noch «ine neue „Perle" gefunden hat. „Wenn man nur keine mehr brauchte," philo sophiert Mama, „sie sind ja doch alle unsere ge schworenen Feinde, und alle unsere Guttaten ver gelten st« mit Urchank; es ist zu deprimierend!" Zn der Stadtwohnung. Dämmerung üb«r den Räumen. Zn ihrer lädengeschlossenen Weltab- aeschiedenheit träumen Möbel, Bilder und Nippe», betäubt von Kampfer- und sonstigen schönen Ge- rüchen und eingeschlossener Lust. Mama reißt die Fenster auf und öffnet die Läden, Paoa niest so ost hintereinander, al» hätt« «r «in« Prise genommen, und das tut er doch nur, wenn's gar niemand sieht. Er kann «s jetzt selbst nicht begreifen, daß er die ersten vier Wochen vor seinem Urlaub, während seine Gattin schon Landozon schlürfte, in dieser öden, roten Wohnung, in der selbst die Wanduhr ihren Herzschlag einstellte, in diesen stark parfümierten Räumen sein Junggesellendajein fristete; daß er sich so geduldig sein Beit selbst machte (d. h. das Lein tuch ein bißchen glatt strich) — auf dem Gas den Tee selbst — gegen einen heimlichen Obolus — von der Hausmeisterin — kochen ließ — ldas brauchte ja aber die sparsame Gattin nicht zu wissen), seine Stiefeln — nie putzte und zum Frühstück nach und nach sämtliche Tassen aus dem Küchenschrank holt«, denn Abspülen hielt er denn doch unter seiner Würde. „Na, du hast uns ja in der Küche eine hübsche Bescherung hinterlassen," ruft eben sein Weib, das er mit weiß eingebundenem Kopf und mit Besen beinahe für was nicht sehr Schmeichelhaftes gehalten hätte, zumal ihr« Stimm« nicht sehr zart klingt. „Hast wohl Gesellschaft gehabt, daß da so viel schmutziges Geschirr 'rumsteht?" Die Zeitung wird abgegeben! O holde Zeitung, die du den examinierenden Gedanken dieser holden Scheuerfee plötzlich eine andere Richtung gibst! Sie stürzt sich über die Dienstboteninserate, streicht alles für sie Znbetrachtkommende blau an, und nun muß der arme Vater auf die Walze gehen und eine neu« Donna suchen, obgleich er dazu natürlich eigentlich nicht zu brauchen ist und einen schönen „schund" mieten wird. Als ob das von ihr Gemietete nach drei Wochen in ihren Augen je was anderes ge wesen wär«! Mittags darf er noch mal im Gasthaus essen, denn das „Kalte", mit dem sich Mutter und Kinder behelf«», langt gottlob nicht für ihn. Als er fort ist, geht nun die Putzerei los nach allen Richtungen, und di« Arbeit fliegt förmlich unter den Händen der Frau und ihren wütenden Ge danken an Minna, die sie in diese Lage gebracht. Hurtig fleckt das Schaffen! — Da rücken auf einmal die sechs Kolli Eilgut an. Di« müssen nun einst weilen im Wohnzimmer aufgestellt werden und ver schandeln glücklich wieder alles. Aber man kann dock am Abend schon um den sauber gedeckten Tisch Herumsitzen mit dem Bewußtsein, viel geschafft und eine neue „Perle" errungen zu haben. Sie heißt Nina und ist «in netter Käfer, wie Papa sagt, und an den etwas indifferenten Zeugnissen ist nur di« Herrschaft schuld. Er tut einen tiefen Zug aus dem Bierkrug, uns als er ihn mit erquicktem „Ah, das war gut," hinsetzt, fügt er hinzu: „Auf drei Dinge hab' ich mich schon lange gefreut: auf das erste Glas Bier nach dem abgestandenen Gebräu in dem Dorfe, auf mein Bett und auf meinen Friseur. Der Kerl da draußen hat mir ja mehr Schmiße beigebracht, als ein Korpsstudent aufzuweisen hat, alle Kragen waren gleich hin unter seinem Schlachtmesser. Aber heute! Da schau, Mama, wie fein ich rasiert bin. Na. gib's Coscherl her und versuch's, wie glatt dein Männi ist! — Nun kommt noch der dritte Genuß, das Bett. Nein, der Moment, wenn man das erstemal nach den harten, viel zu kurzen Bauernketten mit der schweren „Duchet" wieder in sein eigenes Bett kriechen kann!" „Sybarit!", denkt die Mama, als sie ihn im Nebenzimmer eine Stunde später schnarchen hört. Sie muß noch die 6 Kolli auspacken, denn Lei aller Energie wagte sie ihn doch nicht zu dieser Arbeit aufzufordern oder besser — zu kommandieren, weil ihm oon diesen 6 Kolli nur ein winziges Hand- kofferchen gehörte. Auf Reisen war er wirklich an spruchsloser als sie, das mußte sie ihm lassen! Als sie fertig war und sich endlich auch zur Ruhe begibt, fühlt sie sich an allen Gliedern so zerschlagen, als hätt« man sie mit Knüppeln durchgeprügelt. Rach der langen Ruhezeit die ungewohnte Arbeit — das spürte man. Hoffentlich ist nicht di« ganze Erholung futsch. Za, das Kommen und Gehen, das sind immer ein paar böse Tage. Nächstes Zahl wollen sie mal daheim bleiben. Hier ließ sicy's auch aushalten. Wenn man Ausflüge macht«, täglich ins Schwimm- bad ging Dabei fiel ihr der glitzernde See ein, dessen weiches Wasser sie oft so wohlig auf der Haut empfunden, und di« Berge, die ihn blaudustig umstanden sie atmete ttef, als wollte st« die rdürzige Lust ihrer Tannen mit hinübernehmen in ihr — Traumland und war doch fest ent ¬ schloßen, nächstes Jahr nicht wieder hinzugehen. Wenn aber der Frühling in» Land zi^t und die Sommerferien kommen, dann find all« Mühen und Plagen vergessen; dann fängt e» ganz merkwürdig im Herzen zu rumoren an, und man mochte gern und freudig manche Bequemlichkeit aufgeben, wenn man nur „Vater, wo gehen wir den» diesen Sommer hin?" Endlich ist e» deraur, u»d der wundert sich auch gar nicht weiter üoer diese Sinn«»ändemng, di« ihm ja nichts — N««» mehr ist.,
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