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Sonnabend, 12, August 1848 Dicse« Blatt erscheint täglich Abend« und ist »nrch alle Poft, ««kalten de« 3«» «nd An-lanbe« zu briiehen. Preis für Dresdner Journal. »a« VierleljaZr TUr. 3nsertio«rgcbüh» rrn fürdenRan» einer gespaltene» Zeile » Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Anzeigen aller Art für da- Abends erscheinende Blatt werden bis 12 Uhr Mittags angenommen. Inhalt. Das Dresdner Vogelschießen (Schluß). — TageSgeschicht«: Dresden: Sitzung der zweiten Kammer; Sitzung der Arbeiter» kommission. Leipzig: Deutscher BaterlandSverein. Aut Oelsnitz: Die Entlassung der Hilfslehrer Schilbach und Rochlitz. Aus dem Gebirge: Politische Gesinnung. Zschopau: Feier des 6. August. Berlin. Hannover. Darmstadt. Stuttgart. Wien. Lombard«. Neapel. Paris. London. — Wissenschaft und Kunst: Hoftheater: „Fidelio". — Feuilleton. — Eingesendetes. — Geschäftskalender. — OrtS- kalender. — Angekommene Reisende. —---- - - . 7-.. — - .. Das Dresdner Vogelschießen. ii. (Schluß.) Es ist kühl geworden. Gehen wir in die Waffelkuchenbude von Bruin, um ein GlaS Punsch zu trinken. Wir finden zahlreiche Gesellschaft dort, und entweder täuscht unS Alles, oder eS sind bereits Viele hier in daS trauliche Verhältniß der Stammgäste eingetreten. Da- machen die beiden Tyrolermädchen, die dort unter der Estrade sitzen, und Karolinchen, die schöne Schänkin. Zwischen diesen beiden Anziehungspunkten schwankt die Auftnerksamkeit der Gäste offenbar sehr unentschieden hin und her. Das Interesse beider widerstreitet sich zwar, wie das Oesterreichs und Preußen-, aber beide gehen in dem Hähern Interesse de- ZeltbesitzerS glücklich auf und selbst die außerzelt- tichen Besitzungen dieser Großmächte stören diese Harmonie de- Ge- fammtreiches nicht. Die Tyrolerinnen sind Reichsfeldherren. Wenn sie anstimmen: „Muß i denn, muß i denn zum Städtele naus", so folgt ihnen der ganze Chor nach. Karolinchen repräsentirt das Mini, sierium, sie hat im Innern zu verwalten, die Finanzeinnahme zu über- «achen u. s. w. Gegen die Interpellationen, die sie zu erdulden hat, sind die Tzschirner'schen gar Nicht-. Wir verlassen das Zelt, um »och einmal nach dem Tanzsalon zu sehen, blos der Vollständigkeit unserer Umschau wegen, denn etwa- besonders Eigenthümliches finden wir dort nicht. Es ist ein Tanzsaal, wie wir sie das ganze Jahr hin durch in Dresden zu Dutzenden haben, mit derselben Gesellschaft, die sich dort herumtreibt, nur mit dem Unterschiede, daß sich hier, weil eS gerade auf dem Vogelschießen ist, Mancher die Sache mit ansiehk, der dorthin nicht kommt. Wer Dre-den bei Nacht kennt, hat der Mehr zahl der Tänzerinnen schon irgendwo begegnet. — Wir haben un eben dem Heimwege zug,wendet, da schnurrt und pfeift es von dem Platze an den Kletterstangen her, daß einem die Ohren gellen. Dort wirst du gepflegt, sanfter Zögling diese- Jahre-, liebliche Katzenmusik. Die Gewerbtreibenden diese- Zweige- wollen, wie man hört, bei der Arbeiterkommission um besondere Vertretung einkommen, und bei dem großen Umfange, den das Geschäft zu gewinnen verspricht, und der Eigeuthümlichkeit seine- Betriebe- ist kaum zu bezweifeln, daß ihr Gesuch gewährt werden wird. — Jetzt nach Haus,. Nur zuvor noch auf ein paar Minuten in jene- Zelt, nicht weit vom Eingänge, dessen dicke Inhaberin schon freundwilligst auf unS zugewatschelt kommt. „Guten Abend, ihr Herre, wa- wollet ihr denn saufa? Eine Flasch Wein?" Auf dem Büffet im Hintergründe stehen kleine hölzerne Lrinkgeschirre. Wa-sind denn Das i „Lanze. Wollet ihr e Lanze zsammet breche?" Nein, lieber eine Taffe Kaffee. „Ach, ihr Herre, ikönnt gar nit mehr saufa, - ist e Schänd!" ruft sie entrüstet und läßt sich auf einen Stuhl nieder, schwätzt aber doch gutmüthig weiter und wünscht ua- zuletzt eine „gute Nacht, ihr Herre, kommt bald wieder." Am Eingänge der Wiese sitzen immer noch viele unglück ¬ liche Blinde mit ihren Leierkasten und rufen das Mitleid der Heim- kehrenden an, im Gegensatz zu dem Dampfkarouffel und den Hoch schaukeln, auf denen sich die ganze Nacht hindurch die Lustigkeit den Zügel schießen läßt. Bei den Schaukeln bemerkt man schon seit Be ginn des Vogelschießens einen eifrigen Beobachter. Man hat sich vergeblich darüber den Kopf zerbrochen, wer es wohl sein möchte. Die außerordentliche Zuvorkommenheit, mit der ihn die Polizei be handelt, hat endlich auf die Spur geführt. Es ist zuverlässigen Nach richten zufolge niemand Andere-, al- ein geheimer Agent der ReichS- regierung, der den gewandtesten Hochschaukler alS Lehrmeister für dieselbe engagiren soll. St — n. Tagesgeschichte. Dresden, 10. August. Sitzung der zweiten Klammer. Bevor die Kammer zur Tagesordnung überging, wurde der Stellvertreter de- Abg. Rittner, Kommission-rath Schubert, verpflichtet. Derselbe bevorwortete sodann eine Petition mehrerer konstitutionellen Vereine um ein Zweikammersistem, Reform der ersten Kammer und direkte Wahlen. Hierauf erstattete der Abg. Wehner Bericht über das Vereinigung-verfahren, welche- die zweite Deputation mit der zweiten Deputation der ersten Kammer über die Differenzen gepflogen, welche noch zwischen den Beschlüssen beider Kammern hinsichtlich des Gesetze- über die Erhebung von 1H Procent der Einkommensteuer obgeschwebt hatten. Die beiden Depu tationen halten sich dahin vereinigt, daß der Vorbehalt, daß im Falle de- Nichtzustandekommens des ganzen Gesetze- die 1H Proceat al- An leihen zu betrachten und zurückzuerstatten seien, fallen solle, und daß dieselben auch nicht al- Vorausbezahlung auf die später zu erhebende« Termine der Einkommensteuer angesehen werden könnten. Mit die sen Vorschlägen erklärte sich die Kammer allenthalben einverstanden. Sodann stellte der Abg. Seyfferth eine Anfrage an die Regierung,» wie eS sich in Betreff der von der Centralgewalt Deutschlands von der^ sächsischen Regierung verlangten Truppensendung nach Schleswig ver halte. Der Staat-Minister v. d. Pfo rdten antwortete statt de- in seinem Berufe abwesenden Krieg-Minister- auch für diesen mit, daß die Regierung am 1. d. M. von dem Reichskrieg-minister eine Auffor derung erhalten habe, um ein Hilfskorps von etwa H000 Mann nach Altona zur kräftigem Führung de- dänischen Kriege- zu schicken. Am 2. d. M. sei schon die Antwort an da- Reichskriegsministerum abge gangen, daß dessen Befehle allenthalben aachgekommen werden solle. Gestern sei jedoch ein anderweitige- Schreiben de- Reich-krieg-mini- ster- eingetroffen, daß die Mobilmachung zwar stattfindm, daß aber der Abmarsch der Truppen nicht eher geschehen solle, bi- dazu beson derer Befehl ergehen »erde. Die Kammer seh« hierau-, daß die säch sische Regierung auf da- bereitwilligste die Maßnahmen der Central»!